Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §32 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/20/0374 98/20/0375Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, 1.) über den Antrag des Bundesministers für Inneres auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der (zur hg. Zl. 98/20/0374 protokollierten) Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Juli 1998, Zl. 203.959/0-I/01/98, (erstmitbeteiligte Partei: KA, geboren am 9. Mai 1963, Gattendorf), betreffend Asylgewährung (hg. Zl. 99/20/0236), 2.) über die Beschwerde gegen diesen Bescheid (hg. Zl. 98/20/0374), sowie 3.) über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Juli 1998, Zl. 203.958/0-I/01/98, (zweitmitbeteiligte Partei: SA, geboren am 6. Mai 1965, Gattendorf), betreffend Asylgewährung (hg. Zl. 98/20/0375),
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.
II. zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die Mitbeteiligten, Staatsangehörige Afghanistans, reisten am 23. Juni 1998 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und beantragten am 29. Juni 1998 die Gewährung von Asyl. Das Bundesasylamt wies diese Anträge jeweils mit Bescheid vom 29. Juni 1998 gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 (AsylG) als unzulässig zurück, weil die Mitbeteiligten in Ungarn Schutz vor Verfolgung gefunden haben. Die Mitbeteiligten erhoben Berufung.
Die belangte Behörde gab mit den angefochtenen Bescheiden den Berufungen gemäß § 32 Abs. 2 AsylG statt, behob die bekämpften Bescheide des Bundesasylamtes und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurück. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen vertrat die belangte Behörde (zusammengefasst) die Ansicht, die Regelung des § 32 Abs. 2 AsylG sei erkennbar dem § 66 Abs. 2 AVG nachgebildet; der unabhängige Bundesasylsenat solle - u.a. wegen der Viertagesfrist des § 32 Abs. 3 AsylG - der sonst gegebenen Verpflichtung der Berufungsbehörde enthoben sein, einen von der Behörde erster Instanz mangelhaft oder gar nicht erhobenen Sachverhalt selbst zu ermitteln. Das Bundesasylamt sei jeweils seinen Ermittlungspflichten nicht nachgekommen, habe den Berufungswerbern keine Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt und habe auch keine Beweismittel hinsichtlich der von ihm getroffenen Feststellungen (über die Drittstaatssicherheit in Ungarn) vorgelegt; auf Grund der vorliegenden Verfahrensmängel sei mit einer Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Durchführung und Erlassung eines Bescheides vorzugehen gewesen.
Nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde der Bescheid betreffend die erstmitbeteiligte Partei dem Bundesasylamt per Telefax am 10. Juli 1998 zugestellt; der Bescheid betreffend die zweitmitbeteiligte Partei wurde dem Bundesasylamt - ebenfalls mittels Telefax - erst am 20. Juli 1998 zugestellt. Der Bundesminister für Inneres erhob am 31. August 1998 die zu den hg. Zlen. 98/20/0374 und 0375 protokollierte Beschwerde gegen die Bescheide des unabhängiges Bundesasylsenates je vom 9. Juli 1998.
Mit einem am 12. Mai 1999 überreichten, zu hg. Zl. 99/20/0236 protokollierten Schriftsatz beantragte der beschwerdeführende Bundesminister schließlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den die erstmitbeteiligte Partei betreffenden Bescheid (hg. Zl. 98/20/0374).
1.) Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hg. Zl. 99/20/0236):
Der Antragsteller bringt vor, ihm sei am 29. April 1999 der zur hg. Z1. 98/20/0283 ergangene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1999 zugestellt worden, nach dessen Begründung die Frist für die Erhebung einer Amtsbeschwerde gemäß § 38 Abs. 5 AsylG in den Fällen der Eintragung des anzufechtenden Bescheides in das "Asylwerberinformationssystem" bereits mit dieser Eintragung beginne. Hievon sei der Antragsteller bisher nicht ausgegangen, weshalb er die zu der hg. Zl. 98/20/0374 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Juli 1998, Zl. 203.959/0-I/01/98, über die der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht entschieden habe, erst am 28. August 1998 (richtig: 31. August 1998) erhoben habe. Der angefochtene Bescheid sei ihm vom Bundesasylamt erst am 28. Juli 1998 mit einem Bericht vorgelegt, aber schon kurze Zeit nach der Zustellung an das Bundesasylamt am 10. Juli 1998 in das "Asylwerberinformationssystem" eingetragen worden.
Dem auf diese Begründung gestützten Wiedereinsetzungsantrag war - in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. e VwGG gebildeten Dreiersenat - aus den im hg. Beschluss vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0253, dargestellten Gründen gemäß § 46 Abs. 1 VwGG stattzugeben. Gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG wird auf den genannten Beschluss verwiesen.
2) Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid (Zl. 98/20/0375):
Nach dem Ausweis der Verwaltungsakten gelang eine ebenfalls am 10. Juli 1998 versuchte Übermittlung des zweitangefochtenen Bescheides an das Bundesasylamt nicht. Dieser Bescheid wurde dem Bundesasylamt (per Telefax) erst am 20. Juli 1998 zugestellt. Eine Eintragung in das "Asylwerberinformationssystem" konnte daher frühestens mit diesem Tag erfolgen. Angesichts dessen erweist sich aber die am 31. August 1998 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde des Bundesministers für Inneres als innerhalb der Frist des § 26 Abs. 1 VwGG erhoben und daher als rechtzeitig.
3) Zur Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide (hg. Zlen. 98/20/0374, 0375):
Die Beschwerde erweist sich als berechtigt. Praktische Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Frist des § 32 Abs. 3 AsylG bieten keine Rechtfertigung dafür, entgegen der Vorschrift des § 66 Abs. 4 AVG nicht in der Sache selbst zu entscheiden. Die vorliegenden Fälle gleichen insofern, als die belangte Behörde jeweils davon ausging, ihr stünde im vorliegenden Verfahren nach § 32 AsylG über eine Berufung gegen die Zurückweisung eines Asylantrages gemäß § 4 AsylG eine kassatorische Entscheidungsbefugnis zu, demjenigen, der dem hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/20/0175, zugrundelag. Auf das zuletzt zitierte Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Aus den dort dargestellten Gründen waren auch die vorliegenden Bescheide - in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.
Wien, am 23. Juli 1999
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Inhalt der BerufungsentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999200236.X00Im RIS seit
04.05.2001