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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §22 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des H R in L, vertreten durch Dr. Thomas Rohracher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat II, vom 18. Februar 1994, 30.376-3/93, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ermittelte den Gewinn aus seiner Tätigkeit als Notar gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988. Wegen Erreichung der Altersgrenze stellte er am 31. Jänner 1990 seine Tätigkeit als Notar ein, veräußerte den Großteil seines Betriebsvermögens an den an seine Stelle tretenden Notar und übernahm den Rest seines Betriebsvermögens in sein Privatvermögen.
Der Beschwerdeführer erklärte zunächst einen Übergangsgewinn von rund 1,2 Mio S sowie einen (steuerpflichtigen) Veräußerungsgewinn von rund 31.000 S, wofür er die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 37 EStG 1988 beantragte. Darüber hinaus erklärte er neben anderen Einkünften nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegende Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von 150.000 S, wofür er ebenfalls die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 37 EStG 1988 beantragte.
Auf Vorhalt des Finanzamtes teilte der Beschwerdeführer mit, er habe aus Anlass der Beendigung seiner Tätigkeit als Notar von der Unterstützungseinrichtung der in der österreichischen Notariatskammer vereinten Notariatskammern (Länderkammern) (idF: Unterstützungseinrichtung) am 7. Mai 1990 150.000 S als Beisteuer nach § 1 Abs 1 Statut der Unterstützungseinrichtung erhalten. Die Beisteuer stelle eine freiwillige Zuwendung dar, die den Veräußerungsgewinn erhöhe. Unter Berichtigung des Übergangsgewinnes auf rund 1,5 Mio S und des (steuerpflichtigen) Veräußerungsgewinnes auf rund 163.000 S beantragte der Beschwerdeführer die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 37 EStG 1988 auf den nunmehr erklärten Übergangs- und Veräußerungsgewinn.
Mit der Begründung, einmalige Geldzuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbstständig Erwerbstätigen gehörten gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 zwar zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit, erfüllten aber nicht den Tatbestand des § 37 leg cit, versagte das Finanzamt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Beisteuer.
In der gegen den Einkommensteuerbescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, die aus Anlass der Beendigung seiner Tätigkeit als Notar einmalig ausbezahlte Beisteuer stehe unmittelbar mit der Veräußerung seines Betriebes im Zusammenhang, weswegen auf die Beisteuer der ermäßigte Steuersatz nach § 37 EStG 1988 anzuwenden sei.
In einer Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage in § 37 EStG 1988 könne der ermäßigte Steuersatz auf die Beisteuer nicht angewandt werden.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellte der Beschwerdeführer außer Streit, dass die Beisteuer unter § 22 Z 4 EStG 1988 zu subsumieren sei. Nach Wiederholung seiner Ausführungen, wonach die Beisteuer unmittelbar mit der Veräußerung seines Betriebes im Zusammenhang stehe, weswegen auf die Beisteuer der ermäßigte Steuersatz nach § 37 EStG 1988 anzuwenden sei, brachte der Beschwerdeführer vor, der Anspruch auf Gewährung der Beisteuer sei bereits mit Beendigung seiner Tätigkeit als Notar, somit am 31. Jänner 1990 entstanden. Die so entstandene Forderung sei daher ebenso wie eine am 31. Jänner 1990 entstandene Honorarforderung bei Ermittlung des Übergangsgewinnes zu berücksichtigen, weswegen auf die Beisteuer der ermäßigte Steuersatzes nach § 37 EStG 1988 auch deswegen anzuwenden sei, weil die Beisteuer zum Übergangsgewinn gehöre.
In Beantwortung eines Vorhaltes der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer bekannt, es bestehe kein Rechtsanspruch auf Gewährung der Beisteuer mit Beendigung der Tätigkeit als Notar. Trotzdem werde seit dem Jahr 1952 jedem seine Tätigkeit beendenden Notar die Beisteuer gewährt, die im Jahr 1990 150.000 S betragen habe. Wie sich aus seinem beiliegenden Schreiben vom 27. März 1990 an die Unterstützungseinrichtung ergebe, werde die Beisteuer auf Grund eines formlosen Antrages, der mit Beendigung der Tätigkeit als Notar ohne weitere Voraussetzungen oder Bedingungen gestellt werden könne, gewährt.
Im nunmehr angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde die Ansicht, auf die Beisteuer sei der ermäßigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 nicht anzuwenden, weil die Beisteuer weder zum Übergangs- noch zum Veräußerungsgewinn gehöre. Wie der Beschwerdeführer im Einklang mit dem Statut der Unterstützungseinrichtung ausgeführt habe, bestehe kein Rechtsanspruch auf Gewährung der Beisteuer. Es sei daher mit Beendigung der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Notar am 31. Jänner 1990 keine Forderung gegenüber der Unterstützungseinrichtung entstanden, weswegen die Beisteuer bei Ermittlung des Übergangsgewinnes nicht zu berücksichtigen sei. Selbst unter der Annahme, gegenüber der Unterstützungseinrichtung wäre mit dem am 27. März 1990 gestellten Antrag auf Gewährung der Beisteuer eine Forderung entstanden, habe sich am 31. Jänner 1990 noch keine Forderung und damit kein Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen des Beschwerdeführers befunden, das bei der Ermittlung des Übergangsgewinnes zu berücksichtigen gewesen wäre. Mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 werde der Zweck verfolgt, die Progression, die sich aus der zusammengeballten Besteuerung stiller Reserven ergebe, zu mildern. In der Beisteuer seien jedoch keine stillen Reserven enthalten, weswegen ungeachtet der Frage, ob die einmalig ausbezahlte Beisteuer unmittelbar mit der Veräußerung des Betriebes im Zusammenhang stehe, auf die Beisteuer der ermäßigte Steuersatz nach § 37 EStG 1988 nicht anzuwenden sei.
Über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Unter weitgehender Wiederholung seines Vorbringens im Administrativverfahren behauptet der Beschwerdeführer, er habe mit Beendigung seiner Tätigkeit als Notar, somit bereits am 31. Jänner 1990, einen Anspruch auf Gewährung der Beisteuer gehabt, weswegen die Beisteuer bei Ermittlung des Übergangsgewinnes zu berücksichtigen und der ermäßigte Steuersatz nach § 37 EStG 1988 anzuwenden sei. Der von ihm am 27. März 1990 gestellte Antrag auf Gewährung der seit Jahren allen ihre Tätigkeit beendenden Notare zuerkannten Beisteuer und die darauf erfolgte dementsprechende Beschlussfassung durch die Notariatskammer stellten hingegen nur formelle Voraussetzungen für die Auszahlung der Beisteuer dar. Es möge zutreffen, dass am 31. Jänner 1990 zivilrechtlich noch kein Anspruch auf Auszahlung der Beisteuer bestanden habe. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Beisteuer betriebswirtschaftlich gesehen bereits am 31. Jänner 1990 als zu seinem Betriebsvermögen gehörend bei Ermittlung des Übergangsgewinnes zu berücksichtigen sei, wenn die einzige Bedingung für die Auszahlung der Beisteuer, nämlich die Beendigung seiner Tätigkeit als Notar, erfüllt sei.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Ausweis einer Forderung und damit eines aktivierungsfähigen Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen setzt voraus, dass eine Forderung bereits entstanden ist. Wie auch vom Beschwerdeführer unbestritten, bestand ungeachtet der langjährigen Übung der Notariatskammer, mit Beendigung der Tätigkeit als Notar die Beisteuer zu gewähren, am 31. Jänner 1990 mangels gestellten Antrages und einer dementsprechenden Beschlussfassung der Notariatskammer noch kein Anspruch auf Auszahlung der Beisteuer. Bestand somit am 31. Jänner 1990 gegenüber der Unterstützungseinrichtung noch keine Forderung, durfte diese auch nicht als aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen des Beschwerdeführers ausgewiesen werden.
Im Einklang mit der belangten Behörde trägt der Beschwerdeführer zunächst vor, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 werde der Zweck verfolgt, die Progression, die sich aus der zusammengeballten Besteuerung stiller Reserven ergebe, zu mildern. Auf den von ihm erzielten Veräußerungsgewinn sei daher zu Recht der ermäßigten Steuersatz angewandt worden. Zu diesem Veräußerungsgewinn gehöre aber im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde auch die Beisteuer, die in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes als ein einmaliger Gewinn aus der von ihm jahrzehntelang ausgeübten Tätigkeit als Notar sei, den er anlässlich der Beendigung seiner Tätigkeit zusammengeballt erhalten habe. Auf die Beisteuer sei daher auch aus diesem Grund der ermäßigte Steuersatz nach § 37 EStG 1988 anzuwenden.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie bereits ausgeführt, bestand am 31. Jänner 1990 gegenüber der Unterstützungseinrichtung noch keine Forderung, weswegen diese auch nicht im Rahmen des Veräußerungsgewinnes zu berücksichtigen war. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers führen auch teleologische Erwägungen hinsichtlich des § 37 EStG 1988 zu keinem anderen Ergebnis. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzustimmen, dass mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 der Zweck verfolgt wird, die Progression, die sich aus der zusammengeballten Besteuerung stiller Reserven ergibt, zu mildern. Voraussetzung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist somit, dass es zu einer (regelmäßig progressionswirksamen) Zusammenballung von Einkünften, die sonst verteilt in mehreren Jahren steuerlich zu erfassen wären, in einem Jahr kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 16. November 1993, 90/14/0119, mwA). Die Beisteuer kann nur einmalig aus Anlass der Beendigung der Tätigkeit als Notar ausbezahlt werden und daher begrifflich nur in einem Jahr zufließen. Von einer Zusammenballung von Einkünften, die sonst verteilt in mehreren Jahren steuerlich zu erfassen wären, kann daher keine Rede sein. Die Beisteuer wird auch nicht im Hinblick auf eine jahrzehntelang ausgeübte Tätigkeit als Notar, sondern anlässlich der Beendigung der Tätigkeit als Notar gewährt.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Beisteuer als weder zum Übergangs- noch zum Veräußerungsgewinn gehörend angesehen und den ermäßigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 nicht angewandt hat.
Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, führt jedoch nicht aus, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll, noch welche Ermittlungen vermisst werden oder welche der von der belangten Behörde angestellten Überlegungen unschlüssig wären, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid hätte ergehen können. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig war, erübrigte es sich, auf die nur behauptete, nicht jedoch ausgeführte Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 27. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994140053.X00Im RIS seit
20.11.2000