TE Bvwg Beschluss 2018/11/8 W240 2208767-1

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Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W240 2208767-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Weißrussland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.10.2018, Zl. 1202199706-180751752, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid wird behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Weißrusslands, stellte nach ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 08.08.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen ihrer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 08.08.2018 brachte die Beschwerdeführerin insbesondere vor, über Polen, Deutschland, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Deutschland und die Schweiz nach Österreich gelangt zu sein. Befragt, ob die Beschwerdeführerin in eines der durchreisten Mitgliedstaaten zurückkehren könnte oder etwas dagegen sprechen würde, gab sie an: "Ich habe in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt. Ich habe mich im jeweiligen Land an die zuständigen Behörden gewannt, damit sie mir ein Dokument ausstellen, dass ich als ‚OPFER' anerkannt bin."

Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung ergab sich, dass die Beschwerdeführerin am 20.04.2017 in Belgien, am 30.06.2017 in den Niederlanden, am 30.11.2017 in Deutschland und am 30.05.2018 in der Schweiz jeweils im Zuge einer Asylantragstellung erkennungsdienstlich behandelt wurde. Weiters ergab sich, dass der Beschwerdeführerin am 20.01.2016 von der polnischen Botschaft in Minsk ein polnisches Visum, gültig bis 28.01.2018, ausgestellt wurde.

Am 10.08.2018 wurde ein Konsultationsverfahren mit der Schweiz eingeleitet.

Mit schriftlicher Erklärung vom 13.08.2018 teilten die Schweizer Behörden dem BFA mit, dass eine Zuständigkeit Frankreichs für das Asylverfahren gegeben wäre.

Mit schriftlicher Erklärung vom 31.08.2018 teilte Frankreich seine Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO mit.

Mit gutachterliche Stellungnahme vom 11.09.2018, erstellt von einer Ärztin für Allgemeinmedizin, für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin, wurde insbesondere festgestellt, dass die Beschwerdeführerin an einer paranoiden Schizophrenie,

F 20.0, leidet. Weiters wurde festgehalten, dass eindeutig Denkstörungen mit Störungen der Ich-Grenze feststellbar seien. Die kognitiven Funktionen seien ausreichend, jedoch sei die Realitätsprüfung vermindert. Verfolgungsideen sowie komplexe Wahngebäude seien ebenfalls feststellbar. Insbesondere sei eine Krankheits- und Behandlungseinsicht nicht gegeben. Daher würde eine eindeutige Störung der Realitätswahrnehmung mit durchgehendem Wahngebäude wie Verfolgungswahn bei der Beschwerdeführerin bestehen. Es wurde in der gutachterlichen Stellungnahme insbesondere festgestellt, dass die Beschwerdeführerin einen Sachwalter benötigen würde, da sie ihr Verfahren nicht ohne Nachteil für sich selbst führen könne. Weiters sei eine medikamentöse Therapie anzuraten.

Das BFA hat am 11.09.2018 an ein österreichisches Bezirksgericht das Ersuchen geschickt, zur Durchführung des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin einen Sachwalter zu bestellen.

Am 13.09.2018 wurde die Beschwerdeführerin vor dem BFA einvernommen und gab im Wesentlichen wie folgt an.

"(...)

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstige Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

Anm.: Die AW beginnt zu weinen.

VP: Nein. Ich habe hier vor niemandem etwas zu befürchten, aber mir geht es im Moment nicht so gut. Wenn "er" entscheidet, dass ich weinen muss, dann muss ich weinen. Es geht mir heute nicht so gut.

Anm.: Die AW nimmt eine Baldrian-Tablette, Valeriana.

LA: Wer ist "er"?

VP: Das ist ein bioenergetischer Verbrecher, der sich energetisch an mich anschließt. Es ist eine Gruppe von Menschen, die sich anschließen. Ich habe mich in Österreich an die Behörde gewandt, um ein Dokument zu bekommen, das "Victim" heißt. Ich sollte dieses Dokument bekommen. Mein Fall wird hier aber so untersucht, als wäre ich ein Dublin-Fall. Gesetzlich dürfte ich in jedem europäischen Land eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, es dürfte mir nirgendwo verweigert werden. Ich dürfte nicht als normale Asylwerberin angesehen werden.

LA: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

VP: Gut.

LA: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

VP: Ja.

LA: Haben Sie im gegenständlichen Verfahren einen Vertreter oder Zustellbevollmächtigten?

VP: Nein. Ich habe mich an Rechtsanwälte von der Diakonie gewendet, bis dato untersuchen sie nur diesen Asylfall. Ich habe einen Vertrag mit der Diakonie auf Russisch. Uns wurde gesagt, dass wir hier einen Rechtsanwalt haben, der uns vertritt. Ich kenne die genaue rechtliche Lage nicht. Nach internationalen EU-Normen sollte jedes Land jemandem wie mir, einem Opfer, einen Anwalt und einen Dolmetscher rund um die Uhr zur Verfügung stellen, aber hier ist das nicht so. Nach der EMRK sollte ich auch nicht in der BS untergebracht sein, sondern eine normale Unterkunft bekommen.

Anm.: Die RB gibt an, dass es sich lediglich um die Datenschutzerklärung handelt, welche die AW in Händen hält.

Belehrung: [...]

Die VP wird darauf hingewiesen, dass in der gegenständlichen Einvernahme keine das Heimatland betreffende Erörterung der Fluchtgründe erfolgt und die Einvernahme dem Parteiengehör im Hinblick auf die Zuständigkeit für das Asylverfahren der VP dient.

Haben Sie alles verstanden?

A: Ja.

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich, sind Sie aktuell in medizinischer Behandlung?

VP: Nein, bin ich nicht, weil ich es bisher noch nicht geschafft habe, zu einem Arzt zu kommen. Ich kann mir dafür keinen Dolmetscher leisten. Die Wartezeiten, damit man zum Arzt kommt, sind sehr lange, ich warte seit August, dass ich zum Arzt komme. Ich habe eine Entzündung des Lymphsystems, diese Krankheit müsste sofort behandelt werden. Seit zwei Tagen wird mir übel und ich kann gar nichts essen. Das ist die Reaktion meines Körpers auf die gesamte Situation. Diesen Zustand habe ich, seit ich nach Österreich gekommen bin. Nachgefragt, welchen Zustand ich meine, gebe ich an, dass ich seit 08.08.2018 an Appetitlosigkeit leide und seitdem hat sich nichts verbessert. Diese Entzündung soll von Ärzten in Österreich diagnostiziert werden, aber das, was Opfer sagen, muss geglaubt werden. Ich habe auch Befunde aus der Schweiz bei mir, die ich vorlegen kann. Ich habe auch ein Schreiben aus Frankreich, dass ich in mein Heimatland deportiert werden sollte. Ich bin ein Opfer, doch will mein Heimatland das nicht anerkennen.

Anm.: Die AW legt eine Überweisung zum Lungenfacharzt vor sowie Befunde aus der Schweiz (Anm.: in italienischer Sprache) und ein französisches Schriftstück, welche in Kopie zum Akt genommen werden.

LA: Seit wann sind Sie an dieser Entzündung des Lymphsystems erkrankt?

VP: Seit 1994.

LA: Haben Sie sich diesbezüglich in Ihrem Heimatland behandeln lassen?

VP: Ja, die Diagnose wurde in Minsk gestellt. Es wurde eine Bronchoskopie gemacht. Ich musste etwas schlucken, damit in meine Lungen geschaut werden konnte. Ich kann in Österreich nicht behandelt werden, ohne diesen Bioenergetiker abzuschalten. Ich brauche ein Dokument, dass ich ein Opfer bin, damit ich in einem UNO-Krankenhaus eine Behandlung bekomme und dass der Bioenergetiker abgeschaltet werden kann.

LA: Nehmen Sie aktuell Medikamente?

VP: Ich habe mir Antioxidationsmittel besorgt, niemand verschreibt mir diese. Es geht mir so schlecht, dass ich nicht einmal Wasser trinken kann. Jetzt habe ich Baldrian genommen, doch ich konnte es nicht schlucken, weil es zu bitter war. Ich nehme die Antioxidantien, weil wenn ich die Entzündung des Lymphsystems nicht behandle, kann dies zu Leukämie führen. Ich warte seit drei Jahren auf das Dokument, dass ich Opfer bin, aber alle Länder schicken mich immer wieder aufgrund der Dublin-VO nach Frankreich und Frankreich kann mir nicht helfen. Das Dublin-Gesetz verbreitet sich nicht auf Opfer wie mich. Es steht im Gesetz, dass dieses Gesetz sich nicht auf Opfer ausbreitet.

Anm.: Die AW legt einen Kassenbon aus der Apotheke vor, aus dem hervorgeht, dass Sie Hafesan Selen ACE gekauft hat. Die AW wird darauf hingewiesen, dass sie in Österreich jederzeit zu einem Arzt gehen kann, sogar innerhalb der Betreuungsstelle befindet sich eine Ärztestation.

VP: Sie schicken mich zu Leuten, die mir nicht helfen können. Nur ein UNO-Krankenhaus kann mir helfen, dazu brauche ich aber dieses Dokument. Sie würden den Bioenergetiker abschalten, der meinen Zustand so verschlechtert. Die Entzündung des Lymphsystems habe ich ebenfalls nur, weil der Bioenergetiker sich eingeschaltet hat. Wenn ich die Medikamente, die billigen chemischen Präparate, die die Krankenkassen zahlen, nehmen würde, würde sich die Leukämie beschleunigen.

LA: Das Ergebnis der PSY III Untersuchung vom 11.09.2018 wird Ihnen zur Kenntnis gebracht und eine Kopie wird Ihnen ausgefolgt. Wollen Sie dazu Stellung nehmen?

VP: Ich brauche keine Übersetzung des Gutachtens, ich habe einen Psychologen, der mir dies übersetzen kann. Ich war im Jänner in Deutschland und der Arzt sagte, dass die Gefahr bestünde, dass ich mein Gehör verliere. Der Bioenergetiker ist schuld daran, dass ich immer wieder eine Ohrentzündung bekommen und er verursacht auch Knochenschmerzen.

Anm.: Die Übersetzung wird abgebrochen. Der AW wird eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme bis 20.09.2018 beim BFA einlangend gesetzt.

LA: Es wurde die Bestellung eines Sachwalters für Sie bei Gericht beantragt und kann das Verfahren erst fortgeführt werden, wenn dieser bestellt wurde. Sie erhalten dann eine neuerliche Ladung zur Einvernahme.

VP: Das habe ich verstanden. Ein Opfer kann keinen Sachwalter haben. Ich brauche keinen Sachwalter. Ich kann niemandem vertrauen.

LA: Ich beende jetzt meine Befragung. Möchten Sie sonst noch irgendwelche Angaben machen?

VP: Ich habe in der EB angegeben, dass mein Reisepass sich in der Schweiz befindet. Ich weiß nicht, ob ich ihn zurückbekommen kann, bisher habe ich ihn nicht bekommen. Ich habe in der Schweiz meinen Fahrschein ohne Pass gekauft. Bei der Polizei wurde mir gesagt, dass man verstanden hätte, dass ich ein Opfer bin, wenn ich einen Pass gehabt hätte, aber so wurde mir in Wien nicht geglaubt.

Vorhalt: In der EB haben Sie angegeben, Sie hätten die RP ein Monat zuvor verloren.

VP: Man darf einem Opfer den Reisepass nicht abnehmen, das entspricht einem Diebstahl. Ich habe den RP nicht zurückbekommen, also ist es so, als wenn er gestohlen worden wäre.

Anmerkung: Der RB wird die Möglichkeit eingeräumt, Fragen anzuregen oder eine Stellungnahme abzugeben, wovon kein Gebrauch gemacht wird.

LA: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

A: Ja.

Anm.: Der AW wird die gesamte Niederschrift wortwörtlich rückübersetzt.

LA: Haben Sie nach der Rückübersetzung Einwendungen oder Korrekturen zu machen?

VP: Ja, der Absatz zu meinem gesundheitlichen Zustand auf Seite drei ist falsch. Ich habe nämlich Sarkoidose, das ist eine Entzündung des Lymphsystems. Diese Diagnose steht auf der Liste der WHO und Leute mit dieser Krankheit dürfen nicht deportiert werden.

(...)"

Mit Beschluss vom 24.09.2018 wurde vom österreichischen Bezirksgericht die Einstellung des Erwachsenenschutzverfahrens gemäß § 122 AußStrG verfügt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die allenfalls noch durchzuführenden ergänzenden Einvernahmen der Beschwerdeführerin auch nur unter Beiziehung eines Dolmetschers bzw. eines Rechtsberaters erfolgen könnten und die konkreten Vertretungshandlungen eines Erwachsenenvertreters nicht ersichtlich seien. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen des Asylverfahrens mit Unterstützung eines Rechtsberaters ihre Angelegenheiten selbst besorgen könne.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 02.10.2018 tätigte die Beschwerdeführerin insbesondere folgende Angaben:

"(...)

LA: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

VP: Ja, ich fühle mich zwar unwohl, aber ich bin in der Lage, die Einvernahme durchzuführen.

LA: Haben Sie eine ausführliche Rechtsberatung in Anspruch genommen?

VP: Ja.

Anmerkung: Die RB erklärt auf Nachfrage, dass die Rechtsberatung am gestrigen Tag stattgefunden hat.

LA: Haben Sie im gegenständlichen Verfahren einen Vertreter oder Zustellbevollmächtigten?

VP: Nein.

Belehrung: [...]

Die VP wird darauf hingewiesen, dass in der gegenständlichen Einvernahme keine das Heimatland betreffende Erörterung der Fluchtgründe erfolgt und die Einvernahme dem Parteiengehör im Hinblick auf die Zuständigkeit für das Asylverfahren der VP dient.

Haben Sie alles verstanden?

A: Ja.

LA: Ihnen wird mitgeteilt, dass mit Beschluss des BG Baden vom 24.09.2018 das Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit eines gerichtlich bestellten Erwachsenenvertreters eingestellt wurde. Haben Sie das verstanden?

VP: Ja.

LA: Wollen Sie Beweismittel oder Dokumente, welche für das Verfahren von Relevanz sind vorlegen?

VP: Ich habe bereits eine Information vorgelegt, dass ich ein Opfer bin. Ich bin nicht verpflichtet, irgendwelche Dokumente vorzulegen, da ich ein Opfer bin.

LA: Sind die Angaben, die Sie im Rahmen der Erstbefragung gemacht haben richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?

VP: Ja.

LA: Verfügen Sie derzeit über identitätsbezeugende Dokumente wie Reisepass, Personalausweis oder verfügen Sie über eine Geburtsurkunde mit Lichtbild?

VP: Ich habe nur eine Passkopie, und wo mein Pass im Original ist, habe ich schon in der Einvernahme am 13.09.2018 mitgeteilt. Meine Tasche war in einem Aufbewahrungsschließfach am Bahnhof, ich habe keine Tasche bei mir. Ich habe nur die Passkopie und die Kopie eines polnischen Visums. Diese lege ich nun vor. Ich habe auch ein französisches Dokument bei mir, dieses bekommt man, wenn man in Frankreich einen Asylantrag stellt, so wie man in Österreich die Grüne Karte bekommt. Am 03.03.2016 wurde das Verfahren eingeleitet und nach 14 Monaten, am 22.02.2017, wurde mir mitgeteilt, dass es mir verboten ist, mich in Frankreich aufzuhalten und dass mein Verfahren in Frankreich nicht geführt wird. Ich habe Dokumente, dass ich versucht habe, ein Beschwerdeverfahren einzuleiten. Laut Information der Polizei von Toulouse ist dieses Dokument noch immer gültig. Mir wurde am Flughafen gesagt, dass diese Entscheidung noch nicht aufgehoben wurde und ein Verfahren in Frankreich nicht möglich sei, solange diese Entscheidung noch aufrecht wäre.

Anm.: Die Kopie des Visums wird zum Akt genommen und das französische Schriftstück wird ebenfalls in Kopie zum Akt genommen.

LA: Nehmen Sie aktuell Medikamente?

VP: Ja, ich nehme Selen + A+C+E, weil die Gefahr besteht, dass ich Krebs bekomme und ich nehme Burgerstein TopVital-Kapseln. Ich habe einen akuten Zustand seit 2015 und behandle auch meine Schleimhäute. Ich werde nicht zur Arzt geschickt, weil ich eine Untersuchung durchführen muss, aber ich darf das nicht machen. Ich habe eine Behandlung bekommen vom medizinischen Zentrum im Lager, ich habe eine Spülung des Mund- und Rachenraumes bekommen, weil der Arzt sieht, dass ich tiefe Entzündungen des Rachens habe. Ich verwende außerdem auch Nitroglycerine Sandoz 0,4mg Spray und Motilium 10mg-Tabletten gegen Übelkeit und Erbrechen.

LA: Können Sie aktuelle Befunde vorlegen?

VP: Ich habe eine Bestätigung, dass ich beim Lungenfacharzt war. Der Arzt hat aber keine Aufnahme ohne Untersuchung gemacht. Der Arzt ersucht, dass die Mitarbeiter der Behörde sich hinsichtlich der Bestimmungen für Opfer erinnern, weil Opfer nicht Untersuchungen durchführen lassen müssen. Ich kann nur geheilt werden, wenn ich ein Dokument bekomme, dass ich ein Opfer bin und ich ersuche Sie, mir ein solches Dokument auszustellen. Mit diesem Dokument wird die Bioenergetik der Tätergruppe ausgeschaltet und dann kann man sehen, was übrig bleibt. Jede Untersuchung wird dem Täter helfen, sein Ziel zu erreichen. Wegen der Bioenergetik des Täters ist das Gewebe im Kopf entzündet. Es muss eine MRT-Untersuchung durchgeführt werden, aber ich darf das nicht machen lassen. Ich habe eine Überweisung bekommen vom Lagerarzt zum Neurologen, aber ich habe sonst keine Ladung bekommen. Ich muss eine MRT-Untersuchung machen, darf diese aber nicht machen und ohne diese wird mich der Arzt nicht anschauen. Aus diesem Grund besteht die Gefahr, dass ich einen Gehörsturz bekomme und dass ich meine Stimme verliere. Mein Zustand wird sich nicht verbessern, bis ich nicht eine gerichtliche Hilfe bekomme.

LA: Haben Sie in Österreich oder sonst in Europa aufhältige Verwandte?

VP: Ich habe schon Personen, aber ich kenne deren Kontaktdaten nicht. Meine Familie kämpfte gegen internationalen Terrorismus. Ich kannte meine Verwandten nicht, außer die Personen, die mit mir in der Wohnung lebten. Ich weiß nicht, ob ich in Österreich oder sonst in Europa Verwandte habe, ich kenne deren Namen nicht. Sie sind alle Opfer aufgrund der Gerichtsentscheidung.

LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

VP: Nein.

LA: Gehen Sie derzeit einer Beschäftigung nach, wenn ja, beschreiben Sie diese näher, was verdienen Sie dabei bzw. wie lange üben Sie diese bereits aus?

VP: Nein.

LA: Haben Sie bereits Deutschkurse besucht?

VP: Ich darf in Fremdsprachen nicht reden, es besteht die Gefahr, dass ich meine Stimme verliere. Ich kann nicht einmal meine Zähne behandeln lassen, denn ohne Röntgen werden die Zähne nicht behandelt. Ich darf kein Röntgen machen lassen.

LA: Sind Sie Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen?

VP: Ich bin Mitglied einer internationalen Organisation in Österreich, aber ich weiß nicht, wo das Büro dieser Organisation in Österreich ist. Nachgefragt, welche Organisation dies ist, gebe ich an, dass Conchita Wurst über diese Organisation geredet hat und sie ein aktives Mitglied dieser Organisation ist. Sie hat das im Fernsehen gesagt, wir sind alle aktive Mitglieder dieser Organisation und alle haben wir uns gegenseitig als Verwandte anerkannt.

Vorhalt: Sie haben am 10.09.2018 eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes gem. § 29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist Ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Zuständigkeit des Dublinstaates Frankreich für Ihr Asylverfahren angenommen wird. Mittlerweile ist die Zustimmung zur Übernahme durch die französischen Behörden eingelangt. Es ist beabsichtigt Sie nach Frankreich auszuweisen. Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Stellung zu nehmen. Wollen Sie diesbezüglich etwas angeben?

VP: Mein Verfahren ist dort schon beendet. Ich habe ein Rechtsmittel dort beantragt, und dieses wurde abgewiesen. Es ist mir verboten, mich in Frankreich aufzuhalten. Selbständig kann ich diese Entscheidung nicht aufheben lassen.

LA: Was steht einer Ausweisung Ihrer Person nach Frankreich entgegen?

VP: Das reicht schon aufgrund der Genfer Konvention, damit die Dublin-Entscheidung aufgehoben wird und nicht angewendet wird.

LA: Wie lange waren Sie in Frankreich aufhältig?

VP: 14 Monate.

LA: Gab es konkret Sie betreffende Vorfälle in Frankreich?

VP: Meine Opferrechte wurden dadurch verletzt, dass mir kein Opferausweis innerhalb von 10 Tagen und auch nicht innerhalb von 14 Monaten ausgestellt wurde. Man wollte mich auch ein paar Mal mit einem Fahrzeug überfahren, damit ich ins Spital komme und dort eine Versicherung bekomme. Ich habe auch ein Dokument, eine Hotelrechnung, dass ich ein Monat lang in Straßburg war und wurde in diesem Monat kein Asylverfahren eingeleitet. Ich war am 04.02. und am 05.02. bei den Behörden und das Verfahren wurde erst im März eingeleitet. Ich habe keine Unterkunft bekommen und hatte nicht einmal eine Übernachtungsmöglichkeit.

LA: Dem Bundesamt liegen schriftliche Feststellungen zur Lage in Frankreich vor. Wollen Sie in diese schriftlichen Feststellungen zu Frankreich samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht nehmen, eine Kopie davon ausgefolgt und eine auszugsweise Übersetzung bekommen?

VP: Nein, ich brauche keine Länderfeststellungen, ich kenne die Situation dort schon sehr gut.

LA: Möchten Sie zur Lage in Frankreich sonst noch eine Stellungnahme abgeben?

VP: Ich habe eine Entzündung des Lymphknotensystems, ich habe ihnen diesbezüglich auch Dokumente vorgelegt. Laut Information der internationalen Gemeinschaft haben Opfer solche Krankheiten. Mit dieser Krankheit muss eine Wohnung zur Verfügung gestellt werden und in Frankreich wird nur ein Heim für die Übernachtung zur Verfügung gestellt, wobei dies sogar nicht jede Nacht und nur wenn ein Verfahren eingeleitet wird. In meinem Fall ist es unmöglich, ein Verfahren einzuleiten.

LA: Sie können in Frankreich jederzeit einen Folgeantrag stellen.

VP: Das ist mir verboten. Ich bin berechtigt, hier keine Aussagen zu machen und Sie sind nicht berechtigt, mich zurückzuschicken. Sie sind verpflichtet, einem Opfer in jenem Land Hilfe zu bieten, in welchem es sich befindet. Opfer dürfen in mehreren Ländern gleichzeitig einen Antrag stellen.

LA: Haben Sie in Frankreich einen Asylantrag gestellt?

VP: Ja. Alle wollen, dass ich zurück nach Frankreich gehe und einen Asylantrag stelle, aber das wird nicht gehen, weil ich bereits einen Antrag gestellt hatte und dieser abgewiesen wurde.

LA: Wurde Ihnen in Frankreich bezüglich Ihres Asylverfahrens eine Entscheidung mitgeteilt?

VP: Ja, ich habe eine negative Entscheidung bekommen, sogar von der zweiten Instanz. Ich wollte in Toulouse auch einen zweiten Antrag stellen und mir wurde gesagt, dass dies nicht möglich ist. Der Präfekt von Toulouse hat gesagt, dass er mir nicht helfen wird, einen zweiten Antrag zu stellen. Wenn die Opferrechte verletzt sind, dürfen die Opfer nicht in dieses Land zurückgeschickt werden, wo ihre Rechte verletzt wurden.

LA: Ich beende jetzt meine Befragung. Möchten Sie sonst noch irgendwelche Angaben machen?

VP: Ich möchte Ihnen meinen Antrag geben, dass ich einen Opferausweis ausgestellt bekomme. Jede beliebige Behörde kann diesen Ausweis ausstellen.

Anm.: Der Antrag wird zum Akt genommen.

(...)"

Mit Aktenvermerk vom 25.09.2018 wurde vom BFA festgehalten, dass die Beschwerdeführerin laut Auskunft der Ärztestation der Erstaufnahmestelle mehrmals in der Ärztestation vorstellig geworden sei, wobei sie angegeben habe, eine Sarkoidose in der Lunge zu haben. Sie sei zur weiteren Abklärung zu einem Lungenfacharzt überwiesen worden, doch habe die Beschwerdeführerin ein Lungenröntgen und auch jede weitere Behandlung oder Untersuchung verweigert, weshalb sie zu einer Blutabnahme geschickt worden sei. Der Bluttest auf TBC sei negativ verlaufen, die Beschwerdeführerin sei in ein Zahnambulatorium überwiesen worden, habe jedoch das Panoramaröntgen verweigert. Die behauptete Sarkoidose könne somit ausschließlich über ein Lungenröntgen oder ein CT abgeklärt werden, beides habe jedoch die Beschwerdeführerin verweigert. Die Beschwerdeführerin würde jedoch Paracetamol, Paspertin und eine Tinktur zum Schlafen einnehmen bzw. anwenden. Es sei seitens der Ärztestation ein Termin bei einem Psychiater für den 25.10.2018 vereinbart worden, jedoch werde die Wahrnehmung des Termins durch die Beschwerdeführerin stark angezweifelt. Die Beschwerdeführerin habe im Zuge ihrer Besuche Angaben über ihre Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsverlust und Schlafstörungen gemacht, weshalb die vorzitierten Medikamente verschrieben worden seien.

Die Beschwerdeführerin brachte folgenden Unterlagen in Vorlage:

-

Kopie des weißrussischen Reisepasses

-

Kopie eines polnischen Visums

-

Zugticket von XXXX nach Wien Hbf. für den 07.08.2018

-

Konvolut an Schweizer Befunden in italienischer Sprache

-

Stellungnahmen in russischer und englischer Sprache vom 12.08.2018, vom 19.09.2018 und vom 01.10.2018

-

Schreiben des EGMR aus 2016 in russischer Sprache

-

Schreiben des Departments Bas-Rhin in französischer Sprache

-

Hotelrechnung eines Hotels in Straßburg vom 03.02.2016

-

ORS-Zeitbestätigungen vom 29.08.2018 und vom 14.09.2018

-

Schreiben des französischen Innenministeriums

-

Antrag auf Anerkennung als Opfer vom 02.10.2018 in englischer und russischer Sprache

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Norwegen zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Im Bescheid wurde insbesondere festgestellt:

"(...)

Ihr physischer und psychischer Zustand stellt sich folgendermaßen dar:

Sie haben laut vorliegendem PSY III-Gutachten vom 11.09.2018 eine paranoide Schizophrenie, F 20.0, sowie eine Lungensarkoidose, welche bereits im Jahr 1994 diagnostiziert wurde und aktuell nicht aktiv ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass in Ihrem Fall sonstige schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen.

(...)

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie in Frankreich systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sind oder diese dort zu erwarten hätten.

(...)

Aus medizinischer Sicht spricht nichts gegen eine Rücküberstellung Ihrer Person nach Frankreich.

Die in den Feststellungen angeführten Krankheiten ergeben sich aus dem vorliegenden PSY III-Gutachten und den von Ihnen in Vorlage gebrachten Befunden aus der Schweiz. Sie gaben selbst an, lediglich Selen + A+C+E-Kapseln, Burgerstein TopVital-Kapseln, eine Spülung für den Mund- und Rachenraum, einen Nitroglycerine Sandoz 0,4mg-Spray und Motilium 10mg Tabletten einzunehmen. Weiterführende Untersuchungen, wie etwa ein Lungenröntgen oder auch ein Panoramaröntgen verweigerten Sie.

Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen haben sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass Sie an einer sonstigen schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leiden.

(...)"

3. Gegen den zitierten Bescheid erhob die Beschwerdeführerin binnen offener Frist die vorliegende Beschwerde, verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass es der Beschwerdeführerin psychisch sehr schlecht gehe. Sie habe laut vorliegendem PSY III-Gutachten vom 11.09.2018 eine paranoide Schizophrenie, F 20.0, und eine medikamentöse Therapie werde empfohlen. Die Beschwerdeführerin sei bereits mehrmals nach Frankreich überstellt worden und habe sich ihre diagnostizierte Lungensarkoidose wieder verschlimmert. Aus dem Länderinformationsblatt zu Frankreich ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin erhebliche Probleme hätte, eine Unterkunft zu finden, da sie über keine eigenen finanziellen Mittel verfüge. Laut dem PSY III-Gutachten vom 11.09.2018 werde eine medikamentöse Therapie empfohlen, da die Beschwerdeführerin an einer paranoiden Schizophrenie, F 20.0, leide. Im Länderinformationsblatt sei der Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung für Asylwerberinnen nicht explizit erwähnt und würden viele Therapeutinnen zudem keine frankophonen Patientinnen nehmen. Besonders spezialisierte Zentren in Frankreich seien ebenfalls gering bzw. ungleich verteilt und könnten den wachsenden Bedarf nicht decken. Die Beschwerdeführerin sei keinesfalls einvernahmefähig, da ihre Antworten in den Einvernahmen vor dem BFA äußert wirr, unzusammenhängend und offensichtlich keine Antworten auf gestellte Fragen seien. Die Beschwerdeführerin sei auch aufgrund des Umstandes, dass sie alleinstehend sei, eine besonders vulnerable Frau. Es sei keine Einzelfallprüfung erfolgt und keine Einzelfallzusicherung betreffend Versorgung und Unterbringung der Beschwerdeführerin eingeholt worden. Aufgrund der schweren Erkrankung, der fehlenden Krankheitseinsicht und der Notwendigkeit spezieller Betreuung und Unterbringung werde der Selbsteintritt Österreichs in das Verfahren der Beschwerdeführerin gemäß Art. 17 Dublin III-VO angeregt.

Zusammen mit der Beschwerde wurden französische Dokumente samt einer englischen und russischen Zusammenfassung der Beschwerdeführerin ihrer eigenen Wahrnehmungen übermittelt. Sie schildert darin insbesondere Probleme aufgrund ihrer Eigenschaft als Opfer, welches in allen Ländern der Welt gleichzeitig den Flüchtlingsstatus und das Dokument eines Opfers beantragen dürfe und den Umstand, dass es notwendig sei, das Gericht an die Regeln für diese Opfer zu erinnern. Die Beschwerdeführerin thematisierte ua., dass sie sich keiner Behandlung mit Medikamenten unterziehen könne, da dies eine Gefahr darstellen würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Weißrusslands, stellte nach ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 08.08.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit schriftilcher Erklärung vom 31.08.2018 teilte Frankreich seine Zuständigkeit gemäß

Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO mit.

Mit gutachterliche Stellungnahme vom 11.09.2018, erstellt von einer Ärztin für Allgemeinmedizin, für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin, wurde insbesondere festgestellt, dass die Beschwerdeführerin an einer paranoiden Schizophrenie,

F 20.0, leidet. Weiters wurde festgehalten, dass eindeutig Denkstörungen mit Störungen der Ich-Grenze feststellbar seien. Die kognitiven Funktionen seien ausreichend, jedoch sei die Realitätsprüfung vermindert. Verfolgungsideen sowie komplexen Wahngebäude seien ebenfalls feststellbar. Insbesondere sei eine Krankheits- und Behandlungseinsicht nicht gegeben. Daher würde eine eindeutige Störung der Realitätswahrnehmung mit durchgehendem Wahngebäude wie Verfolgungswahn bei der Beschwerdeführerin bestehen. Es wurde festgehalten in der gutachterlichen Stellungnahme, dass die Beschwerdeführerin einen Sachwalter benötigen würde, da sie ihr Verfahren nicht ohne Nachteil für sich selbst führen könne. Weiters sei eine medikamentöse Therapie anzuraten.

Das BFA hat am 11.09.2018 an ein österreichisches Bezirksgericht das Ersuchen geschickt, zur Durchführung des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin einen Sachwalter zu bestellen.

Mit Beschluss vom 24.09.2018 wurde vom österreichischen Bezirksgericht die Einstellung des Erwachsenenschutzverfahrens gemäß § 122 AußStrG verfügt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die allenfalls noch durchzuführenden ergänzenden Einvernahmen der Beschwerdeführerin auch nur unter Beiziehung eines Dolmetschers bzw. eines Rechtsberaters erfolgen könnten und die konkreten Vertretungshandlungen eines Erwachsenenvertreters nicht ersichtlich seien. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen des Asylverfahrens mit Unterstützung eines Rechtsberaters ihre Angelegenheiten selbst besorgen könne.

Mit Aktenvermerk vom 25.09.2018 wurde vom BFA festgehalten, dass die Beschwerdeführerin laut Auskunft der Ärztestation der Erstaufnahmestelle mehrmals in der Ärztestation vorstellig geworden sei, wobei sie angegeben habe, eine Sarkoidose in der Lunge zu haben. Sie sei zur weiteren Abklärung zu einem Lungenfacharzt überwiesen worden, doch habe die Beschwerdeführerin ein Lungenröntgen und auch jede weitere Behandlung oder Untersuchung verweigert. Die Beschwerdeführerin würde jedoch Paracetamol, Paspertin und eine Tinktur zum Schlafen einnehmen bzw. anwenden. Es sei seitens der Ärztestation ein Termin bei einem Psychiater für den 25.10.2018 vereinbart worden.

In der Beschwerde wurde insbesondere darauf verwiesen, dass es der Beschwerdeführerin psychisch sehr schlecht gehe. Sie habe laut vorliegendem PSY III-Gutachten vom 11.09.2018 eine paranoide Schizophrenie, F 20.0, sowie eine medikamentöse Therapie werde empfohlen. Die Beschwerdeführerin sei bereits mehrmals nach Frankreich überstellt worden und habe sich ihre diagnostizierte Lungensarkoidose wieder verschlimmert. Aus dem Länderinformationsblatt zu Frankreich ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin erhebliche Probleme hätte, eine Unterkunft zu finden und aus den Länderberichten nicht ersichtlich sei, dass die medizinische Versorgung psychischer Erkrankungen von Asylwerbern in Frankreich gesichert sei. Laut dem PSY III-Gutachten vom 11.09.2018 werde eine medikamentöse Therapie empfohlen, da die Beschwerdeführerin an einer paranoiden Schizophrenie, F 20.0, leide. Die Beschwerdeführerin sei keinesfalls einvernahmefähig, da ihre Antworten in den Einvernahmen vor dem BFA äußert wirr, unzusammenhängend und offensichtlich keine Antworten auf gestellte Fragen seien. Die Beschwerdeführerin sei auch aufgrund des Umstandes, dass sie alleinstehend sei, um eine besonders vulnerable Frau.

Die belangte Behörde hat keine abschließende Beurteilung zum Gesundheitszustand und zur Einvernahmefähigkeit der Beschwerdeführerin mit dem Ziel vorgenommen, eine Grundlage für ihre Entscheidung zu schaffen.

Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen, weshalb zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide durch die belangte Behörde keine Entscheidungsreife vorlag.

Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalt wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

Insbesondere liegen keine ausreichenden Ermittlungen und in der Folge keine abschließende Beurteilung betreffend den Gesundheitszustand und die Einvernahmefähgkeit der Beschwerdeführerin vor sowie betreffend die Unterbringungssituation und die (medizinische) Versorgungslage für Asylwerber in Frankreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aufhebung des angefochtenen Bescheides:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) [...]

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.-5. [...]

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2)-(3) [...]

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. [...]

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertrage

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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