Entscheidungsdatum
12.11.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W239 2208864-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX auch XXXX, geb. XXXX, StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 16.08.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Zu seiner Person liegt zu Italien ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 28.01.2015 vor.
Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (16.08.2018) gab der Beschwerdeführer an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. In Österreich oder der EU habe er keine Familienangehörigen oder Verwandten.
Zur Ausreise führte der Beschwerdeführer an, er habe im Jahr 2013 beschlossen, seine Heimat zu verlassen, und sei Mitte des Jahres 2013 illegal von Gambia über den Senegal, Mali, Burkina Faso und Niger nach Libyen gelangt, wo er sich etwa neun Monate aufgehalten habe. Nachdem er in Italien angekommen sei, sei er zuerst in einem Lager inXXXX, später für zwei Monate in XXXX, und anschließend wieder in XXXX gewesen. Vor etwa einer Woche habe er das Lager verlassen, um nach Österreich zu kommen, da die Schule dort zu Ende gewesen sei und er etwas Neues lernen habe wollen. Er wolle hier in Österreich studieren. In Italien habe er einen Asylantrag gestellt. Den dortigen Verfahrensstand kenne er nicht; er glaube, das Verfahren laufe noch. Er habe sich seit seiner Ankunft im Juli 2014 bis zu seiner Ausreise am 10.08.2018 durchgehend in Italien aufgehalten, vorwiegend in einem Lager in XXXX. Sein Aufenthalt in Italien sei gut gewesen. Er habe dort zur Schule gehen können. Befragt, ob etwas dagegenspreche, sein Asylverfahren in Italien zu führen, erklärte der Beschwerdeführer, das wäre kein Problem, aber er wolle hierbleiben, um Deutsch zu studieren.
Anschließend machte der Beschwerdeführer nähere Angaben zu seinen Fluchtgründen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 03.09.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien.
Italien ließ das Ansuchen unbeantwortet. Mit Schreiben vom 19.09.2018 teilte das BFA der italienischen Dublin-Behörde daher mit, dass gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO Verfristung eingetreten und Italien nunmehr seit 18.09.2018 zur Führung des inhaltlichen Verfahrens zuständig sei.
Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 04.10.2018 im Beisein einer Rechtsberaterin die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Hierbei gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, sich psychisch und physisch dazu in der Lage zu sehen, die Einvernahme durchzuführen. Er habe bis dato die Wahrheit gesagt und könne keine weiteren Dokumente oder Beweismittel vorlegen.
Zu seiner Person führte er aus, er sei in Gambia geboren, sei ledig, habe keine Kinder und habe in Gambia drei Jahre die Grundschule und in Italien etwa zwei Jahre die Berufsschule besucht. Dort habe er Koch gelernt, er habe aber keine abgeschlossene Berufsausbildung. In Italien habe er als Stallbursche gearbeitet, in Gambia sei er keiner Beschäftigung nachgegangen.
Die Frage, ob er in Österreich oder dem Bereich der EU Familienangehörige oder Verwandte habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe, verneinte der Beschwerdeführer. Er lebe auch mit niemandem in einer Lebensgemeinschaft, sondern wohne hier im Betreuungsquartier.
Es sei richtig, dass er in Italien um Asyl angesucht habe. Wann genau das gewesen sei, wisse er nicht. In welchem Stand sich sein Verfahren in Italien befunden habe, wisse er nicht, da er das Lager verlassen habe. Insgesamt sei er etwa vier Jahre lang in Italien aufhältig gewesen. Als er in Italien angekommen sei, sei er in einem Lager in XXXX untergebracht worden und man habe ihn später nach XXXX verlegt. Danach sei er nach XXXX gebracht worden. Seit seiner Ankunft bis zum Jahr 2016 sei er in Lagern untergebracht gewesen und habe in dieser Zeit auch die Berufsschule besucht. Dann habe er es vorgezogen, zu arbeiten, und habe das Lager eigenständig verlassen, um nach XXXX zu gehen und dort als Stallbursche zu arbeiten. Es sei ihm auch eine Unterkunft zur Verfügung gestellt worden. Diese Arbeit habe er etwa ein bis zwei Jahre gemacht. Dann habe er aber beschlossen, dass es besser für ihn sei, in ein anderes Land zu gehen, um dort die Schule zu besuchen. Außerdem habe er festgestellt, dass er einen Fehler gemacht habe und das Lager verlassen habe; er habe nicht mehr zurückgehen können.
Dem Beschwerdeführer wurde sodann zur Kenntnis gebracht, dass Italien für die inhaltliche Führung seines Verfahrens zuständig sei, weshalb seine Außerlandesbringung dorthin geplant sei. Dazu hatte er nichts zu sagen. Auch zu den aktuellen Länderberichten zu Italien wollte er keine Stellungnahme abgeben. Über Nachfrage erklärte er, dass er in Österreich momentan keine Anknüpfungspunkte habe. Abschließend führte er aus, dass er obdachlos werde, wenn man ihn jetzt nach Italien zurückschicke. Sollte er eine Unterkunft dort haben, könnte er nach Italien zurückkehren.
Die anwesende Rechtsberaterin stellte keine Fragen und erstattete kein weiteres Vorbringen.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 17.10.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Lage in Italien traf das BFA folgende Feststellungen (Stand:
27.09.2018, unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 21.3.2018; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).
Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis zum 21. September 42.613 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 38.512 Anträge negativ erledigt (inkl. unzulässige),
4.756 erhielten Flüchtlingsstatus, 2.838 erhielten subsidiären Schutz, 17.728 erhielten humanitären Schutz. 5.433 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 21.9.2018).
Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 20.4.2018).
Am 24.9.2018 hat Italiens Regierung ein Dekret verabschiedet, das Verschärfungen im Asylrecht vorsieht. Der Schutz aus humanitären Gründen würde weitgehend abgeschafft werden, besetzte Häuser sollen geräumt werden und deren Bewohnern drohen Haftstrafen. Auch die Regelungen für den Verlust des Schutzanspruchs würden verschärft werden. Das vom Kabinett einstimmig verabschiedete Dekret bleibt unter Juristen jedoch umstritten. Es muss nun vom Präsidenten unterzeichnet und dann innerhalb von 60 Tagen auch noch vom Parlament verabschiedet werden, bevor es in Kraft treten kann. In Anbetracht der umstrittenen Materie, kann es also noch zu einer Abschwächung des Dekrets kommen (NZZ 25.9.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018
-
MdI - Ministero dell'Interno (21.9.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail
-
NZZ - Neue Zürcher Zeitung (25.9.2018): Italien verschärft sein Asylrecht: Der Schutz aus humanitären Gründen wird abgeschafft, https://www.nzz.ch/international/italien-verschaerft-sein-asylrecht-ld.1422862, Zugriff 25.9.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018
Dublin-Rückkehrer
Wenn Italien einer Überstellung ausdrücklich zustimmt, wird der Flughafen angegeben, welcher der für das konkrete Asylverfahren zuständigen Quästur am nächsten liegt. Wenn Italien durch Fristablauf zustimmt, landen Rückkehrer üblicherweise auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Quästuren sind oft weit von den Ankunftsflughäfen entfernt und die Asylwerber müssen auf eigene Faust und zumeist auch auf eigene Kosten innerhalb weniger Tage dorthin reisen, was bisweilen problematisch sein kann (AIDA 21.3.2018).
Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:
1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 21.3.2018).
2. Ist das Verfahren des Rückkehrers in der Zwischenzeit positiv ausgegangen, hat er eine Aufenthaltserlaubnis erhalten (AIDA 21.3.2018).
3. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 21.3.2018).
4. Wenn das Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).
5. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, nachdem der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 21.3.2018).
6. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein Schubhaftlager gebracht werden (AIDA 21.3.2018).
7. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 21.3.2018).
(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3. Dublin-Rückkehrer.)
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018
-
EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail
Non-Refoulement
Das italienische Innenministerium hat explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden und keine Ausweisungen zu erhalten, ohne zuvor korrekt darüber informiert worden zu sein. Die italienische Kooperation mit Libyen im Kampf gegen die Migration über das Mittelmeer ist Gegenstand starker Kritik durch Menschenrechtsorganisationen. Es gibt Berichte über sogenannte Push-backs an der österreichischen Grenze (AIDA 21.3.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018
Versorgung
Asylwerber dürfen zwei Monate nach Antragstellung legal arbeiten (AIDA 21.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).
Im SPRAR gibt es die Möglichkeit an Jobtrainigsprogrammen teilzunehmen und es werden auch standardisierte Integrationsprogramme für Asylwerber und Schutzberechtigte angeboten. Dazu gehören auch Ausbildungen und Praktika. Diese Art von Integrationsmaßnahmen wird nur im SPRAR angeboten, allerdings auch hier mit regionalen Unterschieden. Berufliche Schulungen oder andere Integrationsprogramme können auch mit nationalen Mitteln (8xmille) oder mit Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) über das Innenministerium und NGOs bereitgestellt werden. Die im Rahmen von AMIF finanzierten Projekte sind jedoch in Bezug auf die Dauer der Aktivität und die Anzahl der Projekte sehr begrenzt. Kommunen können auch Berufsausbildungen, Praktika und spezielle Beschäftigungsstipendien finanzieren (borse lavoro), die sowohl Italienern als auch Ausländern offenstehen, einschließlich Asylsuchenden. Die Möglichkeit, an Berufsausbildungen oder Praktika teilzunehmen, ist im Falle von Asylsuchenden, die in Regierungszentren untergebracht sind, erheblich begrenzt. In der Praxis haben Asylwerber Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa durch Verzögerungen bei der Registrierung ihrer Asylanträge (die damit einhergehende Aufenthaltserlaubnis ist für den Zugang zum Arbeitsmarkt wichtig), oder durch die anhaltende Wirtschaftskrise, die Sprachbarriere, Abgelegenheit der Unterbringungszentren usw. (AIDA 21.3.2018).
Es gibt Berichte über Diskriminierung und Ausbeutung von Migranten durch Arbeitgeber. Die hohe Arbeitslosigkeit schmälert die Chancen von Migranten auf legale Anstellung (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018
Unterbringung
Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Asylwerber können überall in Italien untergebracht werden, je nach Verfügbarkeit von Plätzen und ohne Einspruchsmöglichkeit. Gemäß der Praxis in den Jahren 2016 und 2017 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten bis zu mehreren Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. In ganz Italien gibt es auch informelle Siedlungen oder besetzte Häuser, in denen Fremde leben (AIDA 21.3.2018).
Schätzungen der NGO Médecins sans Frontières (MSF) zufolge, waren im Feber 2018 im ganzen Land mindestens 10.000 Personen von der Unterbringung faktisch ausgeschlossen, darunter Asylwerber und Schutzberechtigte. Sie leben nicht selten in besetzen Gebäuden, von denen mittlerweile durch Involvierung von Regionen oder Gemeinden aber auch viele legalisiert wurden (MSF 8.2.2018). Vertreter des UNHCR, von IOM und anderer humanitärer Organisationen und NGOs, berichteten ebenfalls über tausende von legalen und illegalen Migranten und Flüchtlingen, die in verlassenen Gebäuden und in unzulänglichen und überfüllten Einrichtungen in Rom und anderen Großstädten leben und nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, Rechtsberatung, Bildung und anderen öffentlichen Dienstleistungen haben (USDOS 20.4.2018).
Von den in Aufnahmestellen der Regierung untergebrachten Migranten ist ein kleiner Prozentsatz in Zentren untergebracht, die direkt von lokalen Behörden geführt werden und deren Qualität allgemein als hoch gilt, während der Rest in Zentren mit sehr unterschiedlicher Qualität untergebracht ist, unter anderem in alten Schulen, Kasernen und Wohnungen (USDOS 20.4.2018).
Das italienische Unterbringungssystem ist in drei Phasen eingeteilt:
die Phase der unmittelbaren Notversorgung in sogenannten CPSA/Hotspots in den Hauptankunftsorten von Bootsflüchtlingen; die Erstaufnahmephase in großen Zentren (CARA bzw. CDA) bzw. in temporären Strukturen (CAS), wenn keine Plätze verfügbar sind; und schließlich die Zweitaufnahmephase in den sogenannten SPRAR-Unterkünften. Gemäß Gesetz muss die Unterbringung in der Erstaufnahme lediglich grundlegenden Bedürfnissen Rechnung tragen, während sie im SPRAR die individuelle Integration im Fokus haben soll:
(...)
(AIDA 21.3.2018)
Grundsätzlich sollten Antragsteller dieses System "so schnell als möglich" durchlaufen und in SPRAR-Strukturen untergebracht werden. Platzmangel hat aber dazu geführt, dass dies nicht immer eingehalten wird (AIDA 21.3.2018).
Mit Stand 31.8.2018 waren 155.619 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht. (VB 24.9.2018).
CPSA (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots
Im Zuge der zunehmenden Migrationsbewegungen in Richtung Europa hat die Europäische Kommission im Mai 2015 zur besseren Steuerung der Migration den sogenannten "Hotspot approach" eingeführt, um in den Hauptankunftsstaaten für Migranten (Griechenland und Italien) eine rasche Identifizierung und Registrierung der ankommenden Migranten zu gewährleisten und die Effektivität der EU-Relocationprogramme zu erhöhen (GDP 18.1.2018).
Personen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien gelangen, kommen zunächst in die großen Zentren (CPSA, derzeit formell als Hotspots operativ) in Pozzallo, Trapani und Messina (Lampedusa und Taranto wurden im März 2018 vorläufig geschlossen) und werden dort formell erkennungsdienstlich behandelt und in Asylwerber und Migranten getrennt und entsprechend weiter behandelt - also wenn möglich außer Landes gebracht (eventuell verbunden mit Schubhaft in einem CPR) bzw. in Asylwerberunterkünfte verlegt. Kritiker bezeichnen die Art und Weise wie diese Gruppen identifiziert werden, als oberflächlich (AIDA 21.3.2018).
Der Aufenthalt in den Hotspots soll so kurz als möglich sein und 48 bis 72 Stunden nicht überschreiten, was aber oft nicht eingehalten wird. Kritiker sprechen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in Hotspots von Haft ohne ausreichende gesetzliche Basis und richterliche Anordnung (AIDA 21.3.2018; vgl. GDP 18.1.2018). Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, dürfen nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento) die Hotspots in der Regel zwar ungehindert verlassen und betreten, es wurden in der Vergangenheit aber Verzögerungen bei der Einbringung von Asylanträgen beobachtet, wodurch Antragsteller für Monate in Hotspots bleiben mussten (AIDA 21.3.2018).
Die Gesamtkapazität der Hotspot-Zentren lag im Juli 2017 bei ca.
1.600 Plätzen (GDP 18.1.2018).
CDA (Centri di accoglienza) / CARA (Centri d'accoglienza richiedenti asilo) / CAS (Centri di accoglienza straordinaria)
Zum Unterschied von der Phase der ersten Hilfe und Unterstützung an den Hauptanlandungspunkten von Migration über das Mittelmeer (siehe oben) findet die klassische Erstaufnahme in kollektiven Zentren und - wenn nötig - in temporären Strukturen statt. CDA und CARA sind kollektive Erstaufnahmezentren (AIDA 21.3.2018).
Wenn in anderen Unterbringungsstrukturen temporäre Engpässe herrschen, können CAS als Notunterkünfte, solange als unbedingt notwendig, von den Präfekturen zur Verfügung gestellt werden. Von den CAS sollen die Unterzubringenden im Idealfall dann in SPRAR weitervermittelt werden. Ende August 2017 gab es 9.150 CAS in Italien, 77 davon reserviert für unbegleitete Minderjährige. Anfang Dezember 2017 lebten 151.239 Personen in CAS, das waren 81% des gesamten italienischen Aufnahmesystems (AIDA 21.3.2018).
Erstaufnahmestrukturen sind große Zentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Nahrung, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um. Die Qualität der Leistungen, insbesondere bei juristischer und psycho-sozialer Unterstützung, ist jedoch regional unterschiedlich. Die Identifizierung und Betreuung von Vulnerablen lassen oft zu wünschen übrig. In diesen Strukturen ist auf die persönlichen Bedürfnisse der Antragsteller (Alter, Geschlecht, Familienverhältnisse, Vulnerabilität) Rücksicht zu nehmen. In CDA, CARA und CAS gibt es in der Regel ein Taschengeld. Ende November 2017 gab es 15 Erstaufnahmezentren in sieben Regionen Italiens, mit damals 10.738 Untergebrachten (AIDA 21.3.2018).
SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)
Das SPRAR bietet Unterbringung, Unterstützung und Integration für Asylwerber und Schutzberechtigte. Finanziert wird dieses System durch das italienische Innenministerium und die Gemeinden. In der Praxis deckt das SPRAR aber nur rund 20% des Unterbringungsbedarfs in Italien ab. Die SPRAR-Projekte bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, Sprachtraining, Einschulung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Jobtrainings, Integrationsberatung sowie kulturelle und Freizeitaktivitäten und ein Taschengeld. Auch im SPRAR kann die Qualität der gebotenen Leistungen regional unterschiedlich sein. Das SPRAR besteht (Stand Feber 2018) aus 876 kleineren dezentralisierten, öffentlich finanzierten Aufnahmeprojekten lokaler Gemeinden und NGOs mit gesamt 35.869 Plätzen. Davon waren 3.488 Plätze in 143 Projekten für unbegleitete Minderjährige und 734 Plätze in 52 Projekten für psychisch beeinträchtigte Personen reserviert. Meist handelt es sich bei den Unterbringungen um Wohnungen (AIDA 21.3.2018).
NGOs
Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben von karitativen Organisationen bzw. Kirchen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie speziell in Notfällen oder als Integrationsmittel. Im April 2017 beherbergten über 500 Familien in Italien einen Fremden. In einer Initiative der Caritas waren im Mai 2017 rund 500 weitere Migranten privat untergebracht (AIDA 21.3.2018).
CPR (Centri di Permanenza per il Rimpatrio)
Personen, die sich illegal im Land aufhalten und keinen internationalen Schutz beantragen, kommen unter bestimmten Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem Schubhaftzentrum (CPR) infrage. Gleiches gilt für Personen die eine Ausweisung erhalten haben. Italien verfügt über fünf CPR mit zusammen 610 Plätzen; vier weitere CPR sind derzeit inaktiv. Unbegleitete Minderjährige und Vulnerable können nicht in CPR untergebracht werden, Familien hingegen schon. In der Praxis werden aber nur sehr selten Kinder in CPR untergebracht (AIDA 21.3.2018). Wenn Migranten in den Hotspots die Abgabe von Fingerabdrücken verweigern, können sie für max. 90 Tage (30 Tage mit zweimaliger Verlängerungsmöglichkeit) in CPR inhaftiert werden (CoE-CPT 10.4.2018).
Diese Zentren waren vormals unter der Bezeichnung Centri di identificazione ed espulsione (CIE) bekannt (GDP 18.1.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018
-
CoE-CPT - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (10.4.2018): Report to the Italian Government on the visit to Italy carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 7 to 13 June 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1428908/1226_1523350206_2018-13-inf-eng-docx.pdf, Zugriff 21.9.2018
-
GDP - Global Detention Project (18.1.2018): Immigration Detention in Italy,
https://www.globaldetentionproject.org/wp-content/uploads/2017/11/GDP-Immigration-Detention-Report-2018.pdf, Zugriff 21.9.2018
-
MSF - Médecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018
-
VB des BM.I Italien (24.9.2018): Bericht des VB, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von mangelnder Information der Rückkehrer am Flughafen zum Wiedereintritt in das italienische Unterbringungssystem, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. Berichten zufolge kommt es auch vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen. Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Gestützt auf Daten aus dem Jahr 2016, denen auch für 2017 Gültigkeit bescheinigt wird, bezeichnen NGOs den Zugang von Dublin-Rückkehrern, auch von Familien mit Kindern, zu Unterbringung in Italien, als willkürlich (AIDA 21.3.2018). Die NGO Baobab Experience betreibt in Rom ein informelles Migrantencamp und berichtet von einer Zunahme von Dublin-Rückkehrer, Antragstellern die das offizielle Unterbringungssystem verlassen müssen, weil sie die maximale Unterbringungsdauer erreicht haben und Inhabern eines Schutztitels unter den von ihnen Betreuten (MSF 8.2.2018).
Im Sinne des Tarakhel-Urteils des EGMR stellte Italien im Februar 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 4. Juli 2018 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Diese umfasst nun 19 SPRAR-Projekte mit zusammen 79 Unterbringungsplätzen, welche für die Unterbringung von Familien mit Kindern im Rahmen der Dublin-Rückkehr reserviert sind (MdI 4.7.2018).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018
-
MdI - Ministero dell'Interno (4.7.2018): Circular Letter, per E-Mail
-
MSF - Médecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018
Medizinische Versorgung
Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann in Bezug auf medizinische Versorgung dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger. Das gilt unabhängig davon, ob sie staatliche Versorgung genießen oder nicht. Das Recht auf medizinische Versorgung entsteht formell im Moment der Registrierung eines Asylantrags, wobei es aber in der Praxis in einigen Regionen bis zu einigen Monaten Verzögerung kommen kann, weil bei bestimmten Quästuren die Zuweisung des Steuer-Codes (codice fiscale), die im Zuge der Formalisierung des Asylantrags erfolgt und für den Zugang zur medizinischen Versorgung wichtig ist, so lange dauert. Bis dahin haben die betroffenen Asylsuchenden nur Zugang zu medizinischen Basisleistungen wie etwa einer Notfallversorgung, wie sie gemäß Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes (TUI) auch illegalen Migranten zusteht. Die Anmeldung beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitarie locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen:
freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Das Recht auf medizinische Versorgung sollte im Rahmen der Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis nicht erlöschen. In der Praxis kann es aber bei der Erneuerung zu Verzögerungen kommen. Eines der größten Hindernisse für den Zugang zu Gesundheitsdiensten ist die Sprachbarriere (AIDA 21.3.2018).
Die Wohnsitzmeldung ist für Asylwerber und Schutzberechtigte die größte administrative Hürde für die Registrierung beim nationalen Gesundheitsdienst. Wenn sie aus der Unterbringung ausziehen, wird ihr Wohnsitz dort abgemeldet. Folglich müssen sie sich anderswo melden. Eine Wohnsitzmeldung in einem besetzten Gebäude oder unter einer fiktiven Adresse (wie bei Obdachlosen) ist in der Regel nicht möglich, wenn auch in Rom einzelne Kommunen gelegentlich schon Ausnahmen gemacht haben. Die Folge ist ein zunehmender Rückgriff auf das System der vorübergehend aufhältigen Fremden (Straniero Temporaneamente Presente, STP), das illegal aufhältigen Migranten den Zugang zu medizinischer Notfallbehandlung ermöglicht. Medizinische Behandlung wird vermehrt über die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch genommen. Auch die medizinischen Leistungen von privaten humanitären Organisationen werden immer wichtiger. Diese können aber keine Medikamente zu Kassenkonditionen verschreiben, so dass die von ihnen behandelten Migranten die Medikamente zum vollen Preis kaufen müssen (MSF 8.2.2018).
Asylwerber können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei den ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Die Praxis ist jedoch nicht im ganzen Land einheitlich, die Befreiung gilt aber überall zumindest für zwei Monate ab Asylantragstellung (=der Zeitraum in dem kein Zugang zum Arbeitsmarkt besteht). Um die Ticket-Befreiung danach beizubehalten, müssen sich die AW offiziell arbeitslos melden (AIDA 21.3.2018).
Asylwerber mit psychischen Problemen und Folteropfer haben dasselbe Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung wie italienische Bürger. In der Praxis haben sie die Möglichkeit von speziellen Leistungen des nationalen Gesundheitsdienstes und spezialisierten NGOs zu profitieren. Die NGOs ASGI und Ärzte und Grenzen betreiben in Rom seit April 2016 ein Zentrum zur Identifikation und Rehabilitation von Folteropfern. ASGI arbeitet auch mit anderen Institutionen zusammen und beobachtet die Einhaltung der verfassungsmäßigen Rechte der Migranten auf medizinische Versorgung (AIDA 21.3.2018).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018
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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
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MSF - Médecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018
Begründend führte das BFA unter anderem aus, der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, da gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Der Beschwerdeführer leide an keinen schweren psychischen Störungen oder schweren ansteckenden Krankheiten. Er habe in Österreich keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe nicht. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.
3. Gegen den Bescheid des BFA vom 17.10.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und hielt fest, dass der Bescheid in vollem Umfang angefochten werde. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Bemängelt wurde die Unterbringungs- und Versorgungssituation in Italien, die sich nicht verbessert habe. Zahlreiche Asylwerber würden in informellen Siedlungen, besetzten Gebäuden, Baracken und Zeltlagern leben. Die Aufnahmeprogramme in Italien seien nicht in der Lage, die große Zahl ankommender Flüchtlinge zu versorgen. Auch die medizinische Versorgung von Asylwerbern sei in Italien keineswegs gewährleistet. Von daher hätte eine Einzelfallzusicherung eingeholt werden müssen, um sicherzustellen, dass der Beschwerdeführer in Italien ausreichend versorgt werde. Zudem drohe dem Beschwerdeführer eine Abschiebung von Italien nach Gambia, obwohl sein Fluchtgrund noch nicht ausreichend geprüft worden sei. Das Verfahren sei mit Mangelhaftigkeit belastet; eine Überstellung des Beschwerdeführers verletze Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC und sei demnach unzulässig. Es wäre zwingend das Selbsteintrittsrecht auszuüben gewesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste illegal aus einem Drittstaat (Libyen) kommend über Italien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein, wo er am 28.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er wurde in Italien in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften untergebracht und besuchte eine Berufsschule. In weiterer Folge gelangte er illegal ins österreichische Bundesgebiet und suchte hier am 16.08.2018 um internationalen Schutz an.
Das BFA richtete am 03.09.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien, dem Italien durch Verfristung zustimmte.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Italien sowie hinsichtlich der dortigen Antragstellung ergeben sich aus dem vorliegenden EURODAC-Treffer, den Angaben des Beschwerdeführers und aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren mit Italien. Dass der Beschwerdeführer in Italien untergebracht wurde und eine Berufsschule besuchte, brachte er selbst vor.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Italiens zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der italienischen Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes. Italien hat der Übernahme des Beschwerdeführers durch Verfristung gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO zugestimmt; Österreich hat Italien mit Schreiben vom 19.09.2018 auf die eingetretene Verfristung und den Zuständigkeitsübergang hingewiesen.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Italien den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer sohin nicht dargetan.
Dass der Beschwerdeführer weder unter gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, noch über besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen zu Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben. Er gab durchgehend an, gesund zu sein. Den Aussagen des Beschwerdeführers ist auch zu entnehmen, dass er in Österreich keine Familienangehörigen oder Verwandten hat. Konkrete Anhaltspunkte für eine Integrationsverfestigung haben sich im Verfahren nicht ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
§ 5 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt."
§ 10 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der In