TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/12 W236 2182676-1

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Veröffentlicht am 12.11.2018
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Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

1) W236 2182685-1/7E

2) W236 2182679-1/7E

3) W236 2182681-1/7E

4) W236 2182676-1/7E

5) W236 2182673-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1) XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia

2) XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen,

3) XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen,

4) XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen,

5) XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen,

jeweils gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2017, Zlen.

1) 1091417908-151552815,

2) 1091418502-151552853,

3) 1091418208-151552837,

4) 1091418404-151552845,

5) 1091418001-151552829,

zu Recht:

A) Den Beschwerden wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1

Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, sowie XXXX , XXXX , XXXX und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 und 4 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der (teils minderjährigen) Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer (alle gemeinsam als Beschwerdeführer bezeichnet). Die Erstbeschwerdeführerin ist Staatsangehörige Somalias, die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer sind jemenitische Staatsangehörige.

2. Die Beschwerdeführer stellten am 07.10.2015 jeweils Anträge auf internationalen Schutz. Als Begründung der Anträge gab die Erstbeschwerdeführerin an, ursprünglich aus Mogadischu zu stammen und dem Clan der Reer Hamar anzugehören. Somalia habe sie kriegsbedingt bereits im Jahr 1995 in den Jemen verlassen. Dort habe sie ihren Ex-Ehemann kennengelernt, der jemenitischer Staatsangehöriger gewesen sei, und mit diesem ihre vier Kinder bekommen. Die Familie ihres Mannes sei immer gegen diese Ehe gewesen und sie habe sich letztlich im Jahr 2011 scheiden lassen. Danach haben ihr Ex-Ehemann und dessen Familie versucht, ihr die Kinder wegzunehmen und ihre Töchter zwangszuverheiraten. Deswegen sei sie schließlich im Mai 2015 nach Kriegsausbruch im Jemen nach Europa geflohen. In Somalia habe sie niemanden mehr. Ihre Eltern seien beide verstorben, ebenso ihr Bruder; ihre Schwester lebe im Jemen. Zu ihrem Ex-Ehemann habe sie keinen Kontakt mehr.

3. Mit den o.a. Bescheiden vom 11.12.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihnen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 jedoch den Status der subsidiär Schutzberechtigten (in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia bzw. Jemen) zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis 11.12.2018 (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesamt im Bescheid der Erstbeschwerdeführerin - soweit wesentlich - aus, dass die Erstbeschwerdeführerin keinerlei Fluchtgründe in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Somalia vorgebracht habe. Ihre gesamte Fluchtgeschichte habe sich auf Vorkommnisse im Jemen bezogen. Die Erstbeschwerdeführerin habe jedoch glaubhaft vorgebracht, Somalia bereits im Jahr 1995 in den Jemen verlassen zu haben und in Somalia über keine Verwandten mehr zu verfügen. Für den Fall ihrer Rückkehr nach Somalia habe eine Bedrohungssituation festgestellt werden können. Somalia befinde sich in einer schwierigen Phase. Sowohl ihre Ausführungen, als auch die Berücksichtigung individueller Faktoren (fehlende familiäre Unterstützung, alleinstehende Frau und Mutter von drei minderjährigen Kindern, kaum Schulbildung, kaum Berufserfahrung, etc.) und die derzeitige Lage in Somalia lassen darauf schließen, dass die Erstbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr nach Somalia in eine ausweglose Lage geraten würde.

4. Gegen die Spruchpunkte I. dieser Bescheide erhoben die Beschwerdeführer am 08.01.2017 fristgerecht Beschwerde, in welcher - soweit wesentlich - unter Zitierung zahlreicher Berichte zur Lage von Frauen in Somalia eine unrichtige rechtliche Beurteilung moniert wird. Vor dem Hintergrund der Feststellungen im angefochtenen Bescheid und den genannten Länderberichten hätte der Erstbeschwerdeführerin als alleinstehender Frau und Mutter von vier Kindern ohne jeglichen familiären Schutz in Zusammenschau mit ihrer Minderheitenangehörigkeit der Status der Asylberechtigten zuerkannt werden müssen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten der Beschwerdeführer, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführer stellten am 07.10.2015 Anträge auf internationalen Schutz, die mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen wurden (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde den Beschwerdeführern der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Erstbeschwerdeführerin) bzw. Jemen (Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer) zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 11.12.2018 erteilt (Spruchpunkt III). Gegen die Spruchpunkte I. dieser Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

1.2. Zur den Personen der Beschwerdeführer:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer. Die Erstbeschwerdeführerin ist Staatsangehörige Somalias, die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer sind Staatsangehörige des Jemens. Ihre Identitäten stehen mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente nicht fest.

Die Erstbeschwerdeführerin gehört dem Clan der Reer Hamar an. Sie wurde in Mogadischu, Somalia, geboren, floh kriegsbedingt im Jahr 1995 in den Jemen, wo sie nach traditionellem islamischem Ritus einen jemenitischen Mann ehelichte. Dieser Ehe entstammen die Zweitbis Fünftbeschwerdeführer. Im Jahr 2011 ließ sich die Erstbeschwerdeführerin von diesem Mann scheiden. Die Beschwerdeführer reisten im Mai 2015 aus dem Jemen aus.

Die Erstbeschwerdeführerin besuchte in Mogadischu sporadisch die Schule, sie kann kaum Lesen und Schreiben. Im Jemen hielt sie sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.

In Somalia verfügt die Erstbeschwerdeführerin über keine Familienangehörigen. Ihre Eltern und ihr Bruder sind bereits verstorben, ihre Schwester lebt im Jemen. Sie verfügt in Somalia auch über keine Bekannten oder Freunde. Die Erstbeschwerdeführerin muss in Somalia als alleinstehende Frau und alleinerziehende Mutter ohne männlichen Schutz und ohne familiäres oder clanbezogenes Netzwerk angesehen werden.

Die Beschwerdeführer sind gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär. Frauen und Mädchen bleiben den besonderen Gefahren der Vergewaltigung, Verschleppung und der systematischen sexuellen Versklavung ausgesetzt. Wirksamer Schutz gegen solche Übergriffe, insbesondere in den Lagern der Binnenvertriebenen, ist mangels staatlicher Autorität bisher nicht gewährleistet (AA 1.12.2015).

Gewalt gegen Frauen - insbesondere sexuelle Gewalt - ist laut Berichten der UNO und internationaler NGOs in der gesamten Region weit verbreitet (ÖB 10.2015; vgl. UNHRC 28.10.2015). Besonders betroffen sind davon IDPs in Flüchtlingslagern, insbesondere in Mogadischu (ÖB 10.2015; vgl. UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016). Auch Frauen und Mädchen von Minderheiten sind häufig unter den Opfern von Vergewaltigungen. Dabei gibt es aufgrund der mit einer Vergewaltigung verbundenen Stigmatisierung der Opfer eine hohe Dunkelziffer (UNHRC 28.10.2015; vgl. UKHO 3.2.2015; USDOS 13.4.2016). Die Täter sind bewaffnete Männer, darunter auch Regierungssoldaten, Milizionäre (HRW 27.1.2016; vgl. UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016), Polizisten und Mitglieder der al Shabaab (UNHRC 28.10.2015).

Vergewaltigung ist zwar gesetzlich verboten (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015), die Strafandrohung beträgt 5-15 Jahre, vor Militärgerichten auch den Tod (USDOS 13.4.2016). Hinsichtlich geschlechtsspezifischer Gewalt herrscht aber weitgehend Straflosigkeit. Strafverfolgung oder Verurteilungen wegen Vergewaltigung oder anderer Formen sexueller Gewalt sind in Somalia rar (UKHO 3.2.2015; vgl. AA 1.12.2015; ÖB 10.2015; USDOS 13.4.2016). Bei der Strafjustiz herrscht Unfähigkeit (UNHRC 28.10.2015). Manchmal verlangt die Polizei von den Opfern, die Untersuchungen selbst zu tätigen (Suche nach Zeugen, Lokalisierung von Schuldigen) (USDOS 13.4.2016; vgl. UKHO 3.2.2015). Von staatlichem Schutz kann nicht ausgegangen werden (ÖB 10.2015; vgl. UKHO 3.2.2015), für die am meisten vulnerablen Fälle ist er nicht existent (HRW 27.1.2016).

Zwangsehen sind weit verbreitet (ÖB 10.2015). Zwangsehen durch al Shabaab kommen in der Regel nur dort vor, wo die Gruppe die Kontrolle hat (C 18.6.2014; vgl. USDOS 13.4.2016; UKHO 3.2.2015; DIS 9.2015). Dort sind Frauen und Mädchen einem ernsten Risiko ausgesetzt, von al Shabaab entführt, vergewaltigt und zu einer Ehe gezwungen zu werden (UKHO 3.2.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Eine Verweigerung kann für das Mädchen oder ihre Familie den Tod bedeuten (DIS 9.2015; vgl. NOAS 4.2014). Aus Städten unter Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee gibt es keine Berichte hinsichtlich Zwangsehen mit Kämpfern der al Shabaab; wohl aber gibt es Berichte über diesbezügliche Drohungen via SMS (DIS 9.2015). Hingegen zwingen auch Angehörige bewaffneter Milizen und Clanmilizen Mädchen zur Eheschließung (UNHRC 28.10.2015).

Generell haben Frauen nicht die gleichen Rechte, wie Männer, und sie werden systematisch nachrangig behandelt (USDOS 13.4.2016). Frauen leiden unter schwerer Ausgrenzung und Ungleichheit in vielen Bereichen, vor allem; Gesundheit, Beschäftigung und Arbeitsmarktbeteiligung (ÖB 10.2015), Kreditvergabe, Bildung und Unterbringung (USDOS 13.4.2016). Laut einem Bericht einer somaliländischen Frauenorganisation aus dem Jahr 2010 besaßen dort nur 25% der Frauen Vieh, Land oder anderes Eigentum (USDOS 13.4.2016).

Für alleinstehende Frauen und Alleinerzieherinnen ohne männlichen Schutz - vor allem für Minderheitenangehörige - ist eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit nicht gegeben. Dies gilt in Anbetracht der Umstände, dass weder relevante Unterstützungsnetzwerke noch eine Aussicht auf einen ausreichenden Lebensunterhalt gegeben sind (UKHO 3.2.2015).

Es mangelt den IDPs an Schutz (UNHRC 28.10.2015). Die Regierung und Regionalbehörden bieten den IDPs nur unwesentlichen Schutz und Unterstützung. Dies ist vor allem auf die beschränkten Ressourcen und Kapazitäten sowie auf eine schlechte Koordination zurückzuführen (USDOS 13.4.2016). So sehen sich IDPs der Diskriminierung sowie sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt (UNHRC 28.10.2015). In Mogadischu sind dafür Regierungs- und alliierte Kräfte sowie Zivilisten verantwortlich (HRW 27.1.2016). Viele der Opfer von Vergewaltigungen waren Frauen und Kinder in und um Mogadischu, im Afgooye-Korridor, in Bossaso, Galkacyo und Hargeysa (USDOS 13.4.2016).

IDPs - und hier v.a. Frauen und Kinder - sind extrem vulnerabel. Humanitäre Hilfsorganisationen sehen sich Sicherheitsproblemen und Restriktionen ausgesetzt (HRW 27.1.2016). Viele IDPs leben in überfüllten und unsicheren Lagern und haben dort nur eingeschränkten Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und grundlegender Hygiene (UNHRC 28.10.2015).

1.4. Zur Verfolgungsgefährdung der Erstbeschwerdeführerin:

Festgestellt wird, dass der Erstbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Somalia kein Schutz durch (männliche) Verwandte, ihren Clan oder von staatlicher Seite zur Verfügung steht. Sie verfügt in Somalia über kein verlässliches familiäres oder clanbezogenes Netzwerk. In diesem Zusammenhang muss weiter davon ausgegangen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr als IDP in ein entsprechendes Lager gehen müsste.

Festgestellt wird, dass der Erstbeschwerdeführerin in Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit landesweit eine an ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität in Form der Gefahr der Verletzung ihrer körperlichen Integrität droht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zum Verfahrensgang:

Die Feststellungen zu den Verfahren der Beschwerdeführer sowie der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergeben sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zu den Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer legten weder vor der belangten Behörde, noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Dokumente im Original vor, die ihre Identität zweifelsfrei belegen hätten können und mit ihren Identitätsangaben übereinstimmen würden, weshalb die genaue Identität nicht festgestellt werden konnte. Die im Spruch angeführten Daten dienen lediglich zur Identifizierung der Beschwerdeführer als Verfahrensparteien.

Die näheren Feststellungen zur Familienzusammengehörigkeit und zu den Staatsangehörigkeiten der Beschwerdeführer sowie zur Clanzugehörigkeit der Erstbeschwerdeführerin gründen sich auf die kohärenten und glaubhaften Schilderungen der Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen im verwaltungsbehördlichen Verfahren. Diese wurden zudem bereits durch die belangte Behörde festgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung an den diesbezüglichen Angaben der Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin im Jemen seit dem Jahr 1995 und jene, dass sie seither nicht mehr nach Somalia zurückkehrte, basieren ebenfalls auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens. Auch dies wurde bereits durch die belangte Behörde festgestellt (vgl. S 10 des angefochtenen Bescheides betreffend die Erstbeschwerdeführerin). Für das Bundesverwaltungsgericht ergab sich auch in dieser Hinsicht kein Grund, an diesen Angaben zu zweifeln.

Die Feststellung über die mangelnden familiären, freundschaftlichen und sozialen Anknüpfungspunkte der Erstbeschwerdeführerin in Somalia beruhen einerseits auf dem Umstand, dass diese - wie soeben ausgeführt - glaubhaft vorbrachte, Somalia bereits vor über 23 Jahren in den Jemen verlassen zu haben und nicht mehr dorthin zurückgekehrt zu sein. Andererseits ging auch die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung davon aus, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um eine alleinstehende Frau und alleinerziehende Mutter ohne familiäre Unterstützung in Somalia handelt (vgl. S 69 des angefochtenen Bescheides betreffend die Erstbeschwerdeführerin) und erkannte der Erstbeschwerdeführerin auf Grundlage dieser Ausgangslage den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zu.

Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin in Mogadischu nur sporadisch die Schule besuchte, kaum Lesen und Schreiben kann und sich im Jemen mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt, gründet auf deren glaubhaften Angaben. Zudem wurde auch dies bereits durch die belangte Behörde festgestellt (vgl. S 10 des angefochtenen Bescheides betreffend die Erstbeschwerdeführerin).

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit aller Beschwerdeführer ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie hinsichtlich des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers auch aus dessen Strafunmündigkeit. Hinweise auf Erkrankungen der Beschwerdeführer kamen im Laufe des Verfahrens nicht hervor.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation in Somalia:

Die Feststellungen zur Situation in Somalia beruhen auf den im angefochtenen Bescheid der Erstbeschwerdeführerin rezipierten Länderinformationen, die nicht bestritten wurden. Sie fußen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 25.04.2016, letzte Kurzinformation eingefügt am 27.06.2017, und beruhen auf den folgenden Detailquellen:

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

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C - Experte C (18.6.2014): Dieser Experte arbeitet seit mehreren Jahren zu Somalia.

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DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, Zugriff 4.4.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

-

NOAS - Norwegian (4.2014): Persecution and protection in Somalia,

A fact-finding report by NOAS,

http://www.noas.no/wp-content/uploads/2014/04/Somalia_web.pdf, Zugriff 14.4.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):

Asylländerbericht Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

-

UKHO - UK Home Office (3.2.2015): Country Information and Guidance

-

Somalia: Women fearing gender-based harm / violence, http://www.refworld.org/docid/54d1daef4.html, Zugriff 14.4.2016

-

UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Grund, an der Ausgewogenheit und Verlässlichkeit der Länderinformationen zu zweifeln.

Zwischenzeitlich wurden diese Länderinformationen zu Somalia jedoch aktualisiert; das Länderinformationsblatt zur Gänze am 12.01.2018; die Versorgungssituation zuletzt am 17.09.2018. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich nach einer Einschau in die aktualisierten Länderberichte jedoch davon versichern, dass sich die relevante Situation von Frauen und IDPs nicht geändert, insbesondere nicht verbessert, hat (vgl. dazu die S 101ff des LIB 2018 betreffend Frauen und S 120f LIB 2018 betreffend IDPs und Flüchtlinge).

2.4. Zu den Feststellungen zur Verfolgungsgefährdung der Erstbeschwerdeführerin:

Zu den Feststellungen unter Punkt II.1.4., die insbesondere der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden, ist auszuführen, dass bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in Bezug auf die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ausführte, dass für die Erstbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr nach Somalia eine Bedrohungssituation festgestellt werden könne und unter Berücksichtigung der individuellen Faktoren (fehlende familiäre Unterstützung, alleinstehende Frau und Mutter von drei minderjährigen Kindern, kaum Schulbildung, kaum Berufserfahrung, etc.) sowie vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage in Somalia davon auszugehen sei, dass die Erstbeschwerdeführerin in eine ausweglose Lage geraten würde (vgl. S 69 des angefochtenen Bescheides betreffend die Erstbeschwerdeführerin). Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kamen keine Hinweise darauf hervor, dass diese Einschätzung der Behörde nicht zu teilen wäre.

Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin daher in Gefahr wäre, im Falle einer Rückkehr als IDP in ein entsprechendes Lager gehen zu müssen, stellt eine Konsequenz zu ihren fehlenden sozialen Anknüpfungspunkten in Somalia dar. Die Feststellung zur maßgeblichen Verfolgungswahrscheinlichkeit der Erstbeschwerdeführerin, im Falle einer Rückkehr als alleinstehende Frau, alleinerziehende Mutter und Minderheitenangehörige Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden, ergibt sich aus der Zusammenschau der Feststellungen zur persönlichen Situation der Erstbeschwerdeführerin als alleinstehende Frau ohne männlichen Schutz und den unter Punkt II.1.3. festgestellten Länderinformationen. Aus diesen ergibt sich auch, dass staatlicher Schutz nicht gewährleistet ist. Da zudem bereits die belangte Behörde entsprechende Schlüsse aus den Länderinformationen zog und diese ihrer rechtlichen Beurteilung zur Begründung der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zugrunde legte, konnte eine entsprechende Feststellung zur Gefährdung der Erstbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A)

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung".

Der VwGH hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (vgl. dazu etwa das hg. Erk. v. 21.8.2001, 2000/01/0443, u.a.; siehe auch die zusammenfassende Darstellung der Rechtsprechung in Thurin, Der Schutz des Fremden vor rechtswidriger Abschiebung (2009 132 ff). In jedem Fall setzt eine durch die Lebensumstände im Zielstaat bedingte Verletzung des Art. 3 EMRK aber eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr voraus. Die bloße Möglichkeit eines dem Art. 3 EMRK widersprechenden Nachteils reicht hingegen nicht aus, um Abschiebungsschutz zu rechtfertigen.

In diesem Zusammenhang s. VwGH 28.1.2015, Ra 2014/18/0108: "Soweit das BVwG die Rechtsansicht vertritt, der Revisionswerber habe sein Heimatland nach eigenem Vorbringen ‚letztlich aus wirtschaftlichen Gründen' verlassen, derartige Gründe seien aber nicht asylrelevant,

greift diese Beurteilung zu kurz. ... Dem Umstand, dass der

Revisionswerber von den Taliban (etwa aus Gründen politisch oder religiös unterstellter oppositioneller Gesinnung) unter Todesdrohung genötigt wurde, seinen Beruf als Lehrer aufzugeben, wodurch er in eine existentielle Notlage geraten ist und sich zur Flucht entschlossen hat, kann im Lichte der Rsp. des VwGH (vgl. etwa VwGH vom 8.9.1999, 19 98/01/0614, mwN, und vom 29.3.2011, 2000/20/0539) die Asylrelevanz nicht von vornherein abgesprochen werden. Es hätte vielmehr einer Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, ob die durch den Verlust des Arbeitsplatzes bewirkte Notlage des Revisionswerbers existenzbedrohend war und ob für ihn die Möglichkeit bestand, dieser Situation entgegen zu wirken (vgl. dazu auch den Überblick über bezughabende internationale Rechtsprechung, in Foster, International Refugee Law and Socio-Economic Rights, [2007] 94ff). Derartige Überlegungen hat das BVwG jedoch nicht angestellt."

3.1.2. Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Diese Bestimmungen gelten sinngemäß auch für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 34 Abs. 5 AsylG 2005).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

3.1.3 Die aktuellen und relevanten Länderinformationen zu Somalia gehen bereits allgemein bei schwachen Personen mit wenigen Ressourcen davon aus, dass diese auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder eines engen Netzwerks angewiesen sind, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt, sondern wendet man sich zuerst an die Familienebene. Eine übersiedelnde Person, die in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt noch auf Rimessen zurückgreifen kann, wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können. Dies gilt umso mehr bei alleinstehenden Frauen, die einer Minderheit angehören, da hier der zu erwartende Lebensunterhalt insbesondere vom Status und von den Ressourcen der Familienangehörigen im Aufnahmegebiet abhängt. Weiters gehen die relevanten Länderberichte davon aus, dass für alleinstehende Frauen und Alleinerzieherinnen ohne männlichen Schutz eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit - insbesondere in Anbetracht der Umstände, dass weder relevante Unterstützungsnetzwerke noch eine Aussicht auf einen ausreichenden Lebensunterhalt gegeben sind - nicht gegeben ist. Hervorgehoben werden muss letztlich insbesondere, dass Frauen die keine Unterstützung durch Clan oder Familie haben, keine Unterstützung aus dem Ausland erhalten oder keine echten Aussichten darauf haben, einen Lebensunterhalt zu verdienen, sich mit entsprechender Wahrscheinlichkeit in der Situation wiederfinden, in IDP Lagern Unterkunft nehmen zu müssen, wo sie wiederum einem echten Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt wären und die Lebensumstände nicht akzeptablen humanitären Standards entsprechen würden.

Die Lage für Frauen in Somalia stellt sich somit als besonders prekär dar. Insbesondere ist vorrangig in Lagern der Binnenvertriebenen, mangels staatlicher Autorität kein wirksamer Schutz gegen Übergriffe wie Vergewaltigung, Verschleppung oder systematische sexuelle Versklavung von Frauen gegeben. Besonders Frauen in Flüchtlingslagern und verstärkt Minderheitenangehörige sind Berichten der UNO und internationaler NGOs zufolge potentiell einem erhöhten Risiko für Vergewaltigungen ausgesetzt (UNHRC 28.10.2015; vgl. UKHO 3.2.2015; USDOS 13.4.2016).

Die Zahl der Binnenflüchtlinge stieg im Jahr 2017 zudem auf Grund der Dürre drastisch an, weshalb sich die Bedingungen in jenen Lagern und Stadtzentren weiter verschlechterte und Grundbedürfnisse nicht befriedigt werden können. Damit einhergehend stieg auch die Gefahr von Gesundheitsrisiken und geschlechtsspezifischer Gewalt, vor allem gegen Frauen und Mädchen (UNOCHA 26.09.2017).

3.1.4. Die Erstbeschwerdeführerin wurde zwar in Somalia geboren, verzog jedoch bereits im Jahr 1995 in den Jemen. Sie war seit 23 Jahren nicht mehr in Somalia und verfügt über keinerlei familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte. Wie bereits die belangte Behörde ausführte, handelt es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um eine alleinstehende Frau und alleinerziehende Mutter mit kaum Schulbildung und kaum Berufserfahrung. Sie würde im Falle der Rückkehr nach Somalia kein soziales oder familiäres Netz vorfinden, das ihr einen gewissen Schutz in Bezug auf die tatsächlich prekäre Sicherheitslage für Frauen gewährleisten könnte. Als Minderheitenangehörige ist auch nicht davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr auf den Schutz ihres Clans zurückgreifen könnte. Darüber hinaus gehen die Länderberichte durchwegs davon aus, dass es im Falle der Rückkehr in besonderen Maße auf das Vorhandensein der Kernfamilie ankommt, da die Familienebene unerlässlich ist, um in Somalia wieder Anschluss zu finden. Weiters ist auf den in den Länderberichten festgehaltenen Umstand hinzuweisen, dass gerade im Süden des Landes die Clansolidarität überbeansprucht wurde und damit ohnedies bereits von Grund auf eine geringere Aufnahmebereitschaft für fremde Clanmitglieder besteht. Dass diese Bereitschaft im konkreten Fall der Erstbeschwerdeführerin, die selbst seit 23 Jahren nicht mehr in Somalia war und somit keine Clanangehörigen kennt, noch geringer sein wird, ist nachvollziehbar und im Lichte der Länderfeststellungen auch plausibel.

Auf Grund der kumulativen Effekte im konkreten Fall der Erstbeschwerdeführerin (eine alleinstehende Minderheitenangehörige, alleinerziehende Mutter, ohne familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte in Somalia, mit kaum Schulbildung oder Berufserfahrung) ist unter Berücksichtigung der prekären Lage für alleinstehende Frauen ohne familiäres oder soziales Auffangnetz davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin durch eine Abschiebung nach Somalia in eine ausweglose, existenzbedrohende Situation geraten würde. Vor dem Hintergrund der Länderinformationen ist es wahrscheinlich, dass die Erstbeschwerdeführerin durch diese exzeptionellen Umstände mangels familiärer oder clanspezifischer Unterstützung in ein IDP Lager käme, wo sie einem erhöhten Misshandlungsrisiko und erhöhter Gefahr für Leib und Leben (wie etwa durch Gewalt und Vergewaltigung) ausgesetzt wäre.

Es war daher festzustellen, dass der Erstbeschwerdeführerin als alleinstehende Frau, alleinerziehende Mutter, Minderheitenangehörige, ohne familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte in Somalia, mit kaum Schulbildung oder Berufserfahrung, die vor 23 Jahren aus Somalia ausreiste und nicht mehr dorthin zurückkehrte, dort keinen Schutz durch Familienangehörige oder Clanangehörige erhält, womit sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in ein IDP Lager käme, somit eine an ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe anknüpfender aktuelle Verfolgung entsprechender Intensität droht.

3.1.5. Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht nicht, da IDP Lager in allen Regionen Somalias vorhanden sind und Frauen in ganz Somalia einem erhöhten Gewaltpotential ausgesetzt sind. Da die Erstbeschwerdeführerin weder im Norden, noch im Süden des Landes über Anknüpfungspunkte verfügt und selbst noch nie in Somalia war, erscheint zudem keine innerstaatliche Fluchtalternative zumutbar (siehe EGMR, 05.09.2013, K.A.B./Schweden, Nr. 886/11, Abs. 82ff). Eine Prüfung der innerstaatlichen Fluchtalternative kann außerdem vor dem Hintergrund entfallen, dass die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Widerspruch zum gewährten subsidiären Schutz stehen würde, weil § 11 AsylG 2005 die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nur erlaubt, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

Von einer Schutzfähigkeit oder -willigkeit der somalischen Sicherheitsbehörden kann das Bundesverwaltungsgericht nach den aktuellen Länderinformationen nicht ausgehen.

Da sich im Verfahren auch keine Hinweise auf Ausschlussgründe des § 6 AsylG 2005 ergeben haben, ist der Erstbeschwerdeführerin nach dem oben Gesagten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist diese Entscheidung mit der Aussage zu verbinden, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass § 2 Abs. 1 Z 15 und § 3 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 24/2016, ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. hier keine Anwendung finden, da der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 07.10.2015 und somit vor dem 15.11.2015 gestellt wurde.

3.1.6. Im Einklang mit den Bestimmungen des § 34 Abs. 2 und 4 AsylG 2005 ist den Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ebenfalls der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 auch für diese auszusprechen, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Die mittlerweile eingetretene Volljährigkeit der Zweitbeschwerdeführerin steht einer Zuerkennung im Familienverfahren dabei nicht entgegen, da die Zweitbeschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig war (vgl. auch VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0230, 0231; VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040 bis 0044).

3.2. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint; im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Die belangte Behörde hat in den Länderfeststellungen in ihrem Bescheid selbst auf die prekäre, von Gewalt bedrohte Lage junger, alleinstehender Frauen Bezug genommen. Die Behörde hat diese Feststellungen lediglich rechtlich falsch beurteilt. Darüber hinaus hat die belangte Behörde selbst explizit auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W236.2182676.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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