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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der H GmbH in B, vertreten durch Zamponi - Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG, 4020 Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. April 1999, RV121/1-8/1998, betreffend Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Inhalt der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
JF ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH. Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung wurde die Feststellung getroffen, dass JF in den Jahren 1994 und 1995 eine Geschäftsführervergütung von monatlich 60.000 S erhalten habe. Auf der Grundlage dieser Entlohnung schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Säumniszuschlag vor.
Die gegen diese Abgabenvorschreibung gerichtete Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Arbeitslöhne iSd § 41 Abs. 3 FLAG seien die Bezüge nach § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie jene nach § 22 Z. 2 EStG 1988. Im gegenständlichen Fall bestehe die persönliche Arbeitsleistung des JF darin, dass er das Unternehmen aus organisatorischer Sicht leite. Er stelle seine Arbeitskraft dahingehend zur Verfügung, dass ihm die Planung und Überwachung obliege und er die Geschäftstätigkeit kontrolliere. Für die Geschäftsführung erhalte er monatliche Vergütungen von 60.000 S. JF sei in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert. Im Beschwerdefall erfordere die Erfüllung der JF übertragenen Tätigkeitsbereiche eine faktische Eingliederung in den betriebliche Ablauf, und zwar sowohl in zeitlicher und örtlicher als auch in organisatorischer Hinsicht. Die Besorgung der Geschäftsabläufe bestimmten u.a. die Wahl des Arbeitsplatzes und stelle auch eine zeitliche Rahmenbedingung dar. Auch wenn der Geschäftsführer mit der Organisation und Planung der Betriebsabläufe befasst sei und über die Möglichkeit verfüge, sich im Rahmen seiner Tätigkeit vertreten zu lassen, schulde er der Beschwerdeführerin seine Arbeitskraft. Dem Vorbringen, dass JF keinen Urlaubsanspruch und keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalls habe, halte die belangte Behörde entgegen, dass derartige Ansprüche ihre Wurzeln im sozial gestalteten Arbeitsrecht hätten. Das Dienstverhältnis eines Gesellschafter-Geschäftsführers sei aber steuerlich zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin habe auch auf umfangreiche Haftungen des JF für ihre Verbindlichkeiten hingewiesen. Nach Ansicht der belangten Behörde hingen allerdings solche Haftungen primär mit der Stellung als Gesellschafter und nicht mit jener als Geschäftsführer zusammen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass JF kein Unternehmerrisiko zukomme. Da er auch in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert sei, liege nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - abgesehen von der auf Grund der gesellschaftlichen Beziehung fehlenden und hier hinzuzudenkenden Weisungsgebundenheit - ein Dienstverhältnis vor. Die dem Geschäftsführer gewährten Gehälter und sonstigen Vergütungen zählten daher zur Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG idF BGBl. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. 818/1993 ist der Beitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt wird.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 finde sich kein Verweis auf § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b und auch kein anderer Hinweis darauf, dass diese Gesetzesbestimmung die Weisungsgebundenheit nicht voraussetze.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 und aus dem Zusammenhang mit der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988, dass der Formulierung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" in § 22 Z. 2 das Verständnis beizulegen ist, dass es auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an der Gesellschaft nicht gegeben ist, im Übrigen aber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Es ist die auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit hinzuzudenken und dann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbständigkeit oder jene der Selbständigkeit im Vordergrund stehen. Dabei kommt dem Vorliegen bzw. Fehlen des Unternehmerwagnisses wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1996, 96/15/0121, und vom 24. Februar 1999, 98/13/0014). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch das Beschwerdevorbringen nicht zu einem Abgehen von seiner Rechtsprechung veranlasst.
Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen die Annahme der belangten Behörde, dass JF in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert gewesen sei. Im Hinblick auf die volle "Personenidentität Gesellschafter und Geschäftsführer (sei) eine Eingliederung gleich einem Dienstnehmer absurd". Die beschwerdeführende GmbH stelle nichts anderes als das seinerzeitige Einzelunternehmen des JF dar, sodass keine Vereinbarung über das Schulden der Arbeitskraft vorliegen könne. JF stehe nämlich nach wie vor jederzeit dem Unternehmen zur Verfügung, und zwar an Wochentagen wie an Sonn- und Feiertagen, im Firmenbüro, aber auch in den privaten Räumlichkeiten. Eine Regelung über Arbeitszeit und Arbeitspausen habe nie bestanden und sei auch nicht denkbar. JF komme auch Unternehmerwagnis zu. Es seien seine Entscheidungen und seine Geschicklichkeit, die es ermöglichten, dass das Unternehmen gute Ergebnisse erwirtschafte. Zudem hafte er für Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin.
Gerade mit dem Hinweis auf eine solche umfangreiche, im Wesentlichen durchgehende Tätigkeit des JF für die Beschwerdeführerin zeigt die Beschwerde dessen Eingliederung in den betrieblichen Organismus auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1996, 96/14/0028). Es ist zudem bei ambitionierten, insbesondere leitenden Dienstnehmern durchaus nicht ungewöhnlich, dass sie auch an Wochenenden und noch zu Hause Tätigkeiten für den Dienstgeber entfalten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in den Erkenntnissen 96/14/0028 und vom 20. November 1996, 96/15/0094, ausgesprochen hat, ist ein gegen Einkünfte iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG sprechendes Unternehmerwagnis nur dann gegeben, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer bezieht. Es kommt nicht auf ein Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder gar auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft an. Daher weist weder die Haftung für Bankkredite der Gesellschaft noch der Vergleich des Alleingesellschafter-Geschäftsführes mit einem Einzelunternehmer auf das Unternehmerwagnis des Geschäftsführers hin (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 96/14/0028).
Zur Frage der Gleichstellung des Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers mit einem Einzelunternehmer bringt die Beschwerdeführerin auch vor, dass für die Beitragsgrundlage nach dem GSVG auch Gewinnausschüttungen einbezogen würden. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 12. Mai 1998, 95/08/0183, diese Regelung als verfassungskonform angesehen, weil bei den nach dem GSVG versicherten Einzelunternehmern und Personengesellschaftern eine fiktive Zerlegung der Einkünfte in Arbeitseinkommen samt Unternehmergewinn einerseits und Nichterwerbseinkommen (Kapitalverzinsung) andererseits ebenfalls nicht erfolge. Wenn daher ausgelöst durch eine Umwandlung zahlreicher Personengesellschaften in Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine Personengruppe in die Pflichtversicherung einbezogen worden sei, bei der weder die Eigenschaft als Geschäftsführer noch die Beteiligung als Gesellschafter jeweils für sich allein, sondern nur das Zusammentreffen beider Umstände unter bestimmten weiteren Voraussetzungen zur Pflichtversicherung führe, so müsse die Annahme einer unter den für die Einbeziehung in die Pflichtversicherung maßgeblichen Gesichtspunkten gegebenen Vergleichbarkeit mit Einzelunternehmern und Gesellschaftern von Personengesellschaften eine Einbeziehung auch der aus der Beteiligung an der Gesellschaft herrührenden Kapitaleinkünfte sachlich geboten erscheinen lassen.
Diesem Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, dass für steuerliche Zwecke eine Unterscheidung zwischen der Stellung als Geschäftsführer und jener als Gesellschafter geboten ist. Dies ergibt sich schon aus den unterschiedlichen Einkunftsarten und der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung der Einkünfte aus der Geschäftsführungstätigkeit einerseits und aus der Gesellschafterstellung andererseits. Auch zählt eine Gewinnausschüttung unstrittig nicht zur Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag.
Den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach JF monatliche Vergütungen von 60.000 S erhalten habe, wird in der Beschwerde entgegengehalten, dem Verrechnungskonto des JF seien die Geschäftsführervergütung gutgeschrieben worden, und zwar für 1994 in Höhe von 660.000 S und für 1995 in Höhe von 780.000 S. Von diesem positiven Verrechnungskonto habe JF Entnahmen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes wie ein Einzelunternehmer getätigt. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde sei von einer monatlichen Entlohnung ausgegangen, obwohl in der Berufung vorgebracht worden sei, dass die Geschäftsführervergütung vom Erfolg und den Möglichkeiten der Beschwerdeführerin abhängig gewesen seien.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf zu verweisen, dass nach dem Beschwerdevorbringen der Geschäftsführervergütung in den beiden Streitjahren (1994 und 1995) insgesamt 1,440.000 S betragen hat, was einem Bezug von 60.000 S für 24 Monate exakt entspricht. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass eine neben einem im Vordergrund stehenden Fixbezug gewährte Erfolgsprämie bei Dienstverhältnissen nicht unüblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 97/15/0175). Dass aber der Geschäftsführerbezug in den Streitjahren zu einem wesentlichen Anteil von der Unsicherheit des Erfolges der beschwerdeführenden GmbH abhängig gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet. In welcher Weise der Geschäftsführer von seinem Verrechnungskonto Abhebungen tätigt, ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung.
Mit den bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen, wonach sich JF vertreten lassen könne und weder einen ausdrücklichen Anspruch auf Urlaub noch einen solchen auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auseinander gesetzt. Beim leitenden Führungspersonal stellt es eine nicht unübliche Vorgangsweise dar, Arbeit zu delegieren und Hilfskräfte heranzuziehen (vgl. die hg. Erkenntnisse 97/15/0175 und vom 20. November 1995, 96/15/0094). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in den Erkenntnissen 96/14/0028 und 96/15/0094 zum Ausdruck gebracht hat, steht der Umstand, dass keine feste Arbeitszeit und kein Urlaubsanspruch bestehen, im Zusammenhang mit der auf Grund gesellschaftsrechtlicher Beziehungen fehlenden Weisungsgebundenheit. Die belangte Behörde hat somit den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auch in Anbetracht dieser Umstände nicht von einem Überwiegen der für die Selbständigkeit sprechenden Verhältnisse ausgegangen ist.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999140136.X00Im RIS seit
01.06.2001