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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §299 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des G M in G, vertreten durch Dr. Ernst Chalupsky, Dr. Maximilian Gumpoldsberger und Dr. Alexander Anderle, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Bauernstraße 9/WDZ III, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. Dezember 1993, 291/1-3/Ba-1993, betreffend Aufhebung des Bescheides des Finanzamtes Gmunden hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1991 gemäß § 299 Abs 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezieht aus seiner Tätigkeit als Radiologe sowohl Einkünfte aus selbständiger Arbeit als auch solche aus nichtselbständiger Arbeit.
Im Jahr 1986 erwarb der Beschwerdeführer ein Reihenhaus in S-B und eine Eigentumswohnung in H. Im Jahr 1987 erwarb er eine Eigentumswohnung in G. Alle Objekte waren Bauherrenmodelle, die von den jeweiligen Organisatoren mit dem Argument der Steuerersparnis und dem der Vorsorge angeboten worden waren. Aus den von ihm erworbenen Objekten erklärte der Beschwerdeführer bis zum Jahr 1992 nur negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Im Frühjahr 1993 fand beim Beschwerdeführer eine abgabenbehördliche Prüfung statt, anlässlich derer die eben genannten Objekte auf ihre Eignung als Einkunftsquellen überprüft wurden. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten, zum Teil von den jeweiligen Organisatoren erstellten Unterlagen (Anbote, Prognoserechnungen, Miet- und Kreditverträge) ergibt sich, dass aus dem Reihenhaus in S-B nach 29 Jahren, aus der Eigentumswohnung in H nach 16 Jahren und aus der Eigentumswohnung in G nach 48 Jahren jeweils ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt werden könne. Der Prüfer gelangte zu dem Schluss, die Eigentumswohnung in G stelle wegen des erst nach 48 Jahren erzielbaren Gesamtüberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten keine Einkunftsquelle dar. Das Reihenhaus in S-B und die Eigentumswohnung in H sah der Prüfer hingegen als Einkunftsquellen an.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ dementsprechende Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1987 bis 1991, die in Rechtskraft erwuchsen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die eben erwähnten Bescheide gemäß § 299 Abs 2 BAO auf. Für die Jahre 1987 bis 1989 sei zur Beurteilung, ob das Reihenhaus in S-B und die Eigentumswohnung in H (idF: beide Objekte) als Einkunftsquellen anzusehen seien, die Rechtslage vor Erlassung der LVO heranzuziehen. Nach der zu dieser Rechtslage ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse eine Tätigkeit in absehbarer Zeit geeignet sein, positive Ergebnisse abzuwerfen, um die jeweilige Tätigkeit als Einkunftsquelle ansehen zu können. Bei der Bewirtschaftung von Objekten sei als nicht mehr absehbarer Zeitraum eine Zeitspanne von 13 bis 14 Jahren anzusehen. Bei beiden Objekten werde diese Zeitspanne wesentlich überschritten, weswegen das Finanzamt von steuerlich unbeachtlichen Einkunftsquellen hätte ausgehen müssen. Für die Jahre 1990 und 1991 sei zur Beurteilung, ob beide Objekte als Einkunftsquellen anzusehen seien, die LVO heranzuziehen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Bewirtschaftung von Eigentumswohnungen eine Betätigung iSd § 1 Abs 2 Z 1 LVO mit Liebhabereivermutung dar. Gleiches müsse auch für ein Reihenhaus, ein Eigenheim und einzelne Bungalows gelten. Die Liebhabereivermutung könne nach § 2 Abs 4 LVO nur widerlegt werden, wenn die Art der Tätigkeit einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lasse. Bei einer Betätigung iSd § 1 Abs 2 Z 1 LVO sei die zur Rechtslage vor Erlassung der LVO ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiterhin anwendbar, weswegen das Finanzamt von steuerlich unbeachtlichen Einkunftsquellen hätte ausgehen müssen. Da das Finanzamt die Rechtslage sowohl nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als auch nach der LVO verkannt habe, seien die erlassenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben gewesen. Hiebei sei Ermessen insofern ausgeübt worden, als dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit vor dem der Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der Vorrang eingeräumt worden sei. Dem Interesse des Beschwerdeführers an der Nichtaufhebung der Bescheide komme im Vergleich zum öffentlichen Interesse an der Aufhebung derselben in Anbetracht der nicht bloß geringfügigen Rechtswidrigkeit der Bescheide geringeres Gewicht zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe vor Erlassung des angefochtenen Bescheides weder die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Aufhebung der vom Finanzamt erlassenen Bescheide ermittelt, noch ihm Parteiengehör gewährt.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer schon deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die belangte Behörde ihrem Bescheid jenen unbestrittenen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergibt.
Unter Hinweis auf Tz 12 des gemäß § 151 Abs 3 BAO erstatteten Berichtes behauptet der Beschwerdeführer, der Prüfer und ihm folgend das Finanzamt hätten sehr wohl davon Kenntnis gehabt, dass sich bei der Bewirtschaftung von Eigentumswohnungen innerhalb einer Zeitspanne von weniger als 12 Jahren ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ergeben müsse, widrigenfalls derartige Objekte nicht als Einkunftsquellen anzusehen seien.
Mit dieser Behauptung zeigt der Beschwerdeführer zwar die Rechtswidrigkeit der vom Finanzamt erlassenen Bescheide, jedoch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belange Behörde auf. Dem Prüfer und ihm folgend dem Finanzamt ist bekannt gewesen, dass bei beiden Objekten das Vorliegen von Einkunftsquellen zu verneinen gewesen wäre, weswegen das Finanzamt im Spruch anders lautende Bescheide hätte erlassen müssen
Der Beschwerdeführer behauptet, ihm seien vom Prüfer weder Vorhalte bezüglich der beiden Objekte gemacht noch sei er vom festgestellten Sachverhalt in Kenntnis gesetzt worden. Er habe daher davon ausgehen können, beide Objekte seien als Einkunftsquellen anzusehen.
Auch mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Prüfer hatte bei Anerkennung der beiden Objekte als Einkunftsquellen keine Veranlassung, dem Beschwerdeführer Vorhalte zur Frage der Einkunftsquelleneigenschaften zu machen, bzw ihn über den Inhalt der von ihm vorgelegten Unterlagen zu informieren. Auch die belangte Behörde war vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer den Inhalt der von ihm vorgelegten Unterlagen zur Kenntnis zu bringen. Denn die belangte Behörde konnte zu Recht davon ausgehen, dass dem Beschwerdeführer der Inhalt der von ihm vorgelegten Unterlagen bekannt gewesen ist. Bemerkt wird, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen in den Verwaltungsakten einliegen.
Wenn der Beschwerdeführer behauptet, er hätte bei Gewährung des Parteiengehörs Umstände dargelegt, wonach die beiden Objekte als Einkunftsquellen anzusehen wären, weswegen es nicht zur Aufhebung der vom Finanzamt erlassenen Bescheide gekommen wäre, genügt es darauf hinzuweisen, dass er niemals vorgetragen hat, der Inhalt der von ihm vorgelegten Unterlagen sei unrichtig. Überdies stellt der Beschwerdeführer auch nicht dar, was er vorgebracht hätte, falls ihm Parteiengehör gewährt worden wäre. In der Beschwerde wird jegliche Konkretisierung der Umstände, auf Grund derer aus den beiden Objekten in absehbarer Zeit Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt werden könnten, unterlassen.
Da die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vorliegt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 27. Juli 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994140044.X00Im RIS seit
20.11.2000