TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/28 97/09/0337

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Veröffentlicht am 28.07.1999
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §123;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des Dr. G in Wien, vertreten durch Dr. Egbert Schmid, Dr. Michael Kutis, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 113, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 9. Oktober 1997, Zl. DK 95/04/97, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach dem BDG 1979 zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Forstliche Bundesversuchsanstalt, wo er bis zum 10. März 1997 Leiter der Abteilung Biometrie war.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschluss gefasst, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 das Disziplinarverfahren einzuleiten, weil der Beschwerdeführer im Verdacht stehe, dadurch schuldhaft eine Verletzung der allgemeinen Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 sowie die Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 begangen zu haben, dass er

1. seinen Dienst in der Abteilung 0.6 "Sonderaufgaben" der Forstlichen Bundesversuchsanstalt Wien, der er mit Wirksamkeit vom 11.03.1997 mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 06.03.1997 (Zl. BMLF 202.676/02-Pr.A6/97) zur Dienstleistung zugewiesen worden war, am 11.03.1997 nicht angetreten hat,

2. die vom Direktor der Forstlichen Bundesversuchsanstalt erteilte Weisung vom 01.04.1997, den Dienst in der Abteilung 0.6 "Sonderaufgaben" der Forstlichen Bundesversuchsanstalt mit sofortiger Wirkung anzutreten und sich beim Leiter dieser Abteilung, Dipl.-Ing. Dr. L, zum Dienstantritt zu melden, nicht befolgt hat,

3. die vom Direktor der Forstlichen Bundesversuchsanstalt erteilte Weisung vom 07.04.1997, den Dienst in der Abteilung 0.6 "Sonderaufgaben" der Forstlichen Bundesversuchsanstalt mit 09.04.1997, 08:00, anzutreten, nicht befolgt hat.

Die belangte Behörde begründete ihren Beschluss dahingehend, in der mit Schreiben vom 11. April 1997 erstatteten Disziplinaranzeige des Direktors der Forstlichen Bundesversuchsanstalt gegen den Beschwerdeführer sei ausgeführt worden, dass dieser mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 6. März 1997 "mit sofortiger Wirkung der Abteilung 0.6 'Sonderaufgaben' (Leiter: Dipl.-Ing. Dr. L) als Referent zur Dienstleistung zugeteilt" worden sei und der Beschwerdeführer diesen Bescheid am 11. März 1997 nachweislich übernommen habe. Aus der Disziplinaranzeige und der ihr beigeschlossenen Anlage 2 gehe hervor, dass die Direktion Dr. L am 25. März 1997 schriftlich mitgeteilt habe, dass ihm der Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung zur Dienstleistung zugewiesen worden sei und er die Aufgaben eines Vorgesetzen wahrzunehmen habe. Diese dienstliche Mitteilung sei auch dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden. Aus der der Disziplinaranzeige weiters beigeschlossenen Anlage 3 gehe hervor, dass Dr. L am 26. März 1997 der Direktion der Forstlichen Bundesversuchsanstalt schriftlich Mitteilung davon gemacht habe, dass der Beschwerdeführer keine Bereitschaft zeige, in der Abteilung 0.6 mitzuarbeiten und er sich daher nicht in der Lage sehe, die Aufgaben eines Vorgesetzten dem Beschwerdeführer gegenüber wahrzunehmen. Dieser wolle eine Revision durch die Dienstaufsichtsbehörde abwarten. Aus der der Disziplinaranzeige beigeschlossenen Anlage 4 gehe hervor, dass der Direktor der forstlichen Bundesversuchsanstalt am 1. April 1997 dem Beschwerdeführer folgende schriftliche Weisung erteilt habe:

"Unter Bezugnahme auf den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, GZ.: 202.676/02-Pr.A6/97, den Sie mit Übernahmebestätigung am 11. März 1997 entgegengenommen haben, werden Sie angewiesen, Ihren Dienst an der Abteilung 0.6/"Sonderaufgaben" mit sofortiger Wirkung anzutreten und sich beim Leiter der Abteilung, Herrn Dipl.-Ing. Dr. L, zum Dienstantritt zu melden".

Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, die Bestätigung über den Empfang dieser Weisung zu unterfertigen. Einer weiteren Beilage der Disziplinaranzeige sei zu entnehmen, dass der Direktor der Forstlichen Bundesversuchsanstalt am 7. April 1997 den Beschwerdeführer eine weitere schriftliche Weisung erteilt habe, wonach dieser seinen Dienst in der Abteilung 0.6 "Sonderaufgaben" am 9. April 1997 anzutreten habe und sich zu diesem Zwecke am 9. April 1997, 08.00 Uhr, bei seinen zukünftigen Vorgesetzten Dipl.-Ing. Dr. L, einzufinden habe, damit dieser mit ihm (dem Beschwerdeführer) die organisatorischen Abläufe der Abteilung und sein zukünftiges Aufgabengebiet besprechen und ihm seine Arbeit zuweisen könne. Im Falle der Nichtbefolgung werde gegen ihn Disziplinaranzeige erstattet. Dem Beschwerdeführer sei diese Weisung im Beisein von Zeugen ausgefolgt worden, er habe auch diese Weisung jedoch nicht befolgt. Der Beschwerdeführer stelle sich auf den Standpunkt, die erteilten Weisungen seien rechtswidrig, er habe sich weder verpflichtet noch in der Lage gesehen, eine Tätigkeit in der Abteilung 0.6 zu beginnen, zumal ihm ein bestimmter Dienstposten oder ein bestimmter Aufgabenbereich nicht zugewiesen worden sei. Nach seinem Urlaub am 20. Mai 1997 habe er seinen Dienst angetreten. Aus diesem Sachverhalt ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit der Verdacht, der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten seine allgemeinen Dienstpflichten insofern verletzt, als er die dienstlichen Aufgaben nicht treu, gewissenhaft und mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem besorgt bzw. deren Besorgung gänzlich unterlassen habe. Weiters sei durch den oben dargestellten Sachverhalt ausreichend der Verdacht begründet, der Beschwerdeführer habe die Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten durch die Nichtbefolgung von Weisungen verletzt. Ein Grund für eine Einstellung des Verfahrens liege nicht vor

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht einer Dienstpflichtverletzung beschuldigt und hierfür bestraft zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt und legte die Akten des Verwaltungsverfahren vor.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Sache bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe seinen Einwand, dass eine Abteilung "0.6 'Sonderaufgaben' weder rechtlich noch faktisch existent sei", ein Arbeitsplatz, auf dem er sich zum Dienstantritt hätte melden können, sei gar nicht vorhanden gewesen, ungeprüft gelassen. Da eine ins Leere gehende Weisung nicht befolgt werden könne, könne auch die Nichtbefolgung kein Disziplinarvergehen darstellen. Gäbe es keine Abteilung im rechtlichen Sinne, könne es auch einen weisungsbefugten Leiter einer solchen nicht geben, sodass zunächst zu prüfen gewesen wäre, ob überhaupt eine Weisung von einem zuständigen Organ erteilt worden sei. Im Übrigen habe der Bescheid vom 6. März 1997, den er erst am 11. März 1997 erhalten habe, keine Aufforderung zum Dienstantritt enthalten. Eine solche sei nach der Aktenlage frühestens am 25. März erfolgt, es sei auch sein vorgesehener Vorgesetzter, Dr. L, erst mit diesem Datum davon verständigt worden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0243, sowie vom 16. September 1998, Zl. 96/09/0320, und die jeweils darin angegebene Vorjudikatur), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen.

Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wird, nur in groben Umrissen zu umschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten umschrieben werden. Der Spruch eines solchen Bescheides ist nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Begründung zu beurteilen, insoweit sich aus dieser der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung zu dienen hat, ergibt (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 97/09/0264, und die darin angegebene hg. Judikatur).

Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn genügend Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es kommt auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen werden kann (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0113, sowie vom 15. April 1998, Zl. 97/09/0264, und vom 25. Mai 1992, Zl. 92/15/0061).

Diesen Voraussetzungen genügt der angefochtene Bescheid in allen Anschuldigungspunkten. Die Ausführungen in der Beschwerde beschränken sich in der Sache selbst auf die Darlegung entschuldigender Argumente bzw. auf die Gründe, weshalb nach seiner Ansicht sein Verhalten nicht als Dienstpflichtverletzung zu qualifizieren gewesen wäre, ohne die von der belangten Behörde dargelegten Verhaltensweisen, die durch die der Disziplinaranzeige beigelegten Urkunden belegt scheinen, im Einzelnen in Abrede zu stellen. Rechtfertigungs- bzw. Entschuldigungsgründe sind jedoch nicht bereits im Einleitungsbeschluss, sondern in dem in der Disziplinarsache zu fällenden Erkenntnis auszuräumen oder zu bestätigen. Zum Vorwurf der wiederholten Missachtung von Weisungen behauptet der Beschwerdeführer lediglich deren Rechtswidrigkeit. Eine bloße Gegendarstellung bzw. Darlegung allfälliger Rechtfertigungsgründe erscheint jedenfalls in diesem Verfahrensstadium nicht ausreichend, die Rechtswidrigkeit des Einleitungsbeschlusses auf Grund der dem Beschwerdeführer im Verdachtsbereich zum Vorwurf gemachten Dienstpflichtverletzungen darzutun.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juli 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997090337.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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