Kopf
Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten Dr.Bott (Vorsitz), die Richterin Dr.Kraschowetz-Kandolf und den Richter Dr.Deu als weitere Senatsmitglieder in der Sozialrechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Prutsch & Partner Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei *****, im Rekursverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld (Rekursinteresse EUR 484,31), über den Rekurs der klagenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 26.September 2018, 24 Cgs 118/18k-15, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.
Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Mit der angefochtenen Entscheidung gibt das Erstgericht dem gegen den Bescheid der Beklagten vom 3.Mai 2018, mit welchem dem Kläger das bisher bezogene Pflegegeld der Stufe 1 mit Ablauf des Monats Juni 2018 entzogen wurde, gerichteten Klagebegehren statt und verpflichtet die Beklagte zur Leistung von Pflegegeld der Stufe 1 in der Höhe von EUR 157,30 monatlich über den 30.Juni 2018 hinaus.
In seiner Kostenentscheidung verpflichtet es die Beklagte zur Bezahlung der mit EUR 592,08 (darin EUR 6,20 an Barauslagen und EUR 98,68 an USt) bestimmten erstinstanzlichen Verfahrenskosten des Klägers.
Diese begründet es - den Einwendungen der Beklagten in ON 14 folgend - damit, dass die Replik des Klägers auf die Klagebeantwortung (ON 3) weder aufgetragen worden sei noch neues Vorbringen enthalte und damit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich sei. Die mit dieser Replik vorgelegten Urkunden hätten auch bei der Untersuchung beim Sachverständigen vorgelegt werden können wie ebenso die weiteren Urkundenvorlagen vom 27.Juni 2018 (ON 4) und vom 16.August 2018 (ON 7), deren etappenweise Einbringung dem Grundsatz einer raschen und kostengünstigen Abwicklung von Sozialgerichtsverfahren widerspreche. Diese Urkundenvorlagen seien zusammengefasst einmalig nach TP1 zu honorieren.
Kein Kostenersatzanspruch bestehe auch für den Gutachtenserörterungsantrag vom 6.September 2018 (ON 10), zumal für die Klagsvertretung aus dem bereits vorliegenden und zugestellten medizinischen Gutachten Dris.***** schon eindeutig das Obsiegen des Klägers erkennbar gewesen sei. Der beantragten Gutachtenserörterung habe es demnach nicht bedurft.
Gleiches gelte für den Schriftsatz vom 19.September 2018 (ON 11), zumal dieser darauf abziele, eine höhere Pflegegeldstufe als die entzogene zu erzielen, was aus rechtlichen Gründen mangels Änderung der Sach- und Rechtslage gar nicht möglich sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, ihm in Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung einen weiteren Kostenbetrag von EUR 453,18 inklusive USt, somit insgesamt einen Kostenersatzbetrag von EUR 1.045,26 zuzuerkennen.
Die Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, dass nach dem Inhalt des Rechtsmittels des Klägers die Versagung der Kosten für den Schriftsatz vom 18.September 2018 (ON 11) ausdrücklich nicht angefochten wird.
Das Rechtsmittel ist insofern widersprüchlich, als in der Anfechtungserklärung ein Kostenersatz von EUR 1.076,39 angestrebt wird, während der Rekursantrag selbst ausdrücklich auf einen Kostenersatzanspruch von EUR 1.045,26 abzielt, der sich auch aus der ziffernmäßigen Aufstellung in der „Zusammenfassung“ des Rechtsmittels rechnerisch ergibt.
Der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens bedarf es jedoch einerseits deshalb nicht, da das Rekursgericht an einen ziffernmäßig bestimmten und rechnerisch dargestellten Rekursantrag gebunden ist, und andererseits sich das Rechtsmittel im gesamten Umfang als unberechtigt erweist.
Das Rekursgericht hält die Begründung der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, weshalb grundsätzlich auf diese verwiesen werden kann (§ 526 Abs 3 iVm § 500a ZPO).
Ergänzend ist den Rekursausführungen nur noch zu erwidern:
Nach der auch im Sozialrechtsverfahren geltenden Systematik der ZPO (§ 2 Abs 1 ASGG) sind alle Schriftsätze - unabhängig von ihrer Bezeichnung und von ihrer prozessrechtlichen Qualifikation - immer nur unter dem Erfordernis ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit zu honorieren. Selbst das prozessuale Recht zur Einbringung eines Schriftsatzes begründet, wenn er zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war, keinen Honoraranspruch, und zwar auch dann nicht, wenn seine Zurückweisung unterbleibt (hg 6 Ra 57/18a mzwN; Obermaier, Kostenhandbuch2 Rz 674 mwN; Kodek in Fasching/Konecny3 III/1 § 257 Rz 35ff; hg 6 Rs 39/16a, 6 Rs 58/13s uva).
Das Erstgericht hat eine Honorierung des Schriftsatzes des Klägers vom 15.Juni 2018 (ON 3), den er als Replik auf die Klagebeantwortung eingebracht hat, mit zutreffenden Argumenten abgelehnt. Dieser Schriftsatz war tatsächlich weder aufgetragen noch enthält er relevantes neues Vorbringen zum erhobenen Pflegegeldanspruch, sondern gibt weitestgehend den Inhalt der Klage nahezu wortgleich wieder. Inwiefern ein geschilderter Krankenhaus-Aufenthalt des Klägers für die Ermittlung des bei ihm bestehenden Pflegebedarfs von Relevanz sein sollte, stellt auch das Rechtsmittel nicht dar. Damit erweist er sich als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig.
Der Kläger kann sich auch nicht dadurch beschwert erachten, dass das Erstgericht ihm für sämtliche Urkundenvorlagen zusammenfassend nur einmal einen Kostenersatz nach TP1 RATG zuerkannt hat. Abgesehen davon, dass der Kläger - wie dargestellt - mit seinem Rekursantrag eine Honorierung der Urkundenvorlage vom 16.August 2018 (ON 7) ohnehin nicht anstrebt, wurde mit dieser neben der Bestätigung einer Energetikerin, deren Relevanz für das Pflegegeldverfahren nicht erkannt werden kann, auch eine Bestätigung Dris.***** vom 14.August 2018 (Beilage ./O) vorgelegt, die nahezu wortgleich der bereits mit der Urkundenvorlage vom 27.Juni 2018 (ON 4) vorgelegten Bestätigung Dris.***** vom 22.Juni 2018 (Beilage ./N) entspricht. Auch diesbezüglich hat das Erstgericht zutreffend die Auffassung vertreten, dass sowohl eine Mitnahme dieser Urkunden zum noch ausständigen Untersuchungstermin beim Sachverständigen erfolgen hätte können wie auch eine gemeinsame Vorlage in einem einzigen Schriftsatz, den das Erstgericht ohnehin honoriert hat.
Was den am 10.September 2018 beim Erstgericht eingelangten Antrag auf Gutachtenserörterung (ON 10) betrifft, vermag das Rekursgericht auch diesbezüglich eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung und damit einen berechtigten Anspruch auf dessen Honorierung nicht zu erkennen.
Der Kläger stützt sein Begehren einerseits darauf, der gestellte Antrag habe der notwendigen Ergänzung des vorliegenden Sachverständigengutachtens gedient, und andererseits wäre auch der Zuspruch eines höheren Pflegegeldes (als des zuvor gewährten) möglich gewesen. Letztlich hätten die (begehrten) ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen auch Relevanz für „etwaige weitere Verfahren und Anträge des Klägers“ dargestellt.
All diese Argumente vermögen nicht zu überzeugen.
Auszugehen ist davon, dass dem Kläger mit dem bekämpften Bescheid das bisher gewährte Pflegegeld der Stufe 1 mit Ablauf des Monats Juni 2018 entzogen wurde und er mit seiner Klage die Weitergewährung von Pflegegeld über den genannten Zeitpunkt hinaus „zumindest in Höhe der Stufe 1“ anstrebt.
Schon das Erstgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der mögliche Umfang der Klage durch den Grundsatz der sukzessiven Kompetenz der Gerichte auf den konkreten Entscheidungsgegenstand des im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheids eingeschränkt wird. Wird also Klage gegen einen Bescheid erhoben, mit dem etwa das Pflegegeld entzogen wurde, kann sich die Klage nur gegen diesen Entzug richten und die Entscheidung nur auf Weitergewährung der Leistung im zuletzt rechtskräftig zuerkannten Umfang lauten, nicht aber auf Zuerkennung einer höheren Leistung (vgl Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4, Rz 8.63, 8.83 mwN; 10 ObS 95/02x; OLG Wien zu 7 Rs 173/11d).
Der genannte Gutachtenserörterungsantrag zielt im Wesentlichen darauf ab, die vom Sachverständigen im schriftlichen Gutachten bereits verneinten Voraussetzungen für das Vorliegen eines „Erschwerniszuschlags“ darzustellen, wie auch den bereits ermittelten Stundenbedarf noch erhöhen zu können, was jedoch nach den dargestellten Grundsätzen nicht möglich ist und auch nicht erforderlich war. Abgesehen davon vermag das Rekursgericht nicht zu erkennen, inwieweit eine diesbezügliche Fragestellung an den Sachverständigen nicht auch im Rahmen der nachfolgenden Tagsatzung vom 26.September 2018 möglich gewesen wäre. Damit scheidet aber auch eine Relevanz für „etwaige weitere Verfahren und Anträge des Klägers“ aus.
Zusammenfassend erweisen sich die Rekursausführungen als unberechtigt, weshalb dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge zu geben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
Oberlandesgericht Graz, Abteilung 6
Textnummer
EG00153European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0639:2018:0060RS00074.18A.1218.000Im RIS seit
24.01.2019Zuletzt aktualisiert am
24.01.2019