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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §891;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Juni 1997, Zl. UVS-07/A/02/186/97, betreffend Aufhebung eines Haftungsbescheides nach § 9 Abs. 7 VStG in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Topicana Cafe Ges.m.b.H., 1020 Wien, Taborstraße 49), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien beabsichtigte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk mit Straferkenntnis vom 24. September 1996 über P als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als (gemäß § 9 VStG) zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T Cafe Gesellschaft mbH mit Sitz in Wien wegen illegaler Beschäftigung einer namentlich genannten Ausländerin als Animierdame am 14. Mai 1996 eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- zu verlangen. Dieser Bescheid konnte dem Bestraften nicht zugestellt werden.
Mit Datum 10. März 1997 (und gleicher Geschäftszahl) erließ die Behörde erster Instanz einen Bescheid mit folgendem Inhalt:
"Herr P hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T Cafe GesmbH mit Sitz in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in Wien, Geschäftsanschrift Wien 2, am 14.05.1996 in deren Barbetrieb in Wien 2
die slowakische Staatsangehörige Frau K
geb. am 08.10.1974, als Animierdamie
beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.
Er hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, idF BGBl. Nr. 257/1995, zuletzt geändert durch das Antimissbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, Art. I und das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, Art. 32 sowie in Verbindung mit § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling 20.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen,
gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a 1. Strafsatz Ausländerbeschäftigungsgesetz.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
2.000,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 22.000,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
Das Magistratische Bezirksamt für den 2. Bezirk stellt fest, dass die T Cafe Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien und der aufrechten Gewerbeberechtigung zur Reg.Zl.: 10.633/k/2 im Standort Wien 2, gemäß § 9 Abs. 7 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG BGBl. Nr. 52/1991, für die über den verantwortlichen handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn P, geboren am 18.05.1950, welcher in Österreich über keinen ordentlichen Wohnsitz verfügt, mit gegenständlichem Straferkenntnis verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand haftet.
Zahlungsfrist: Wenn Sie keine Berufung erheben, ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Sie haben dann den Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahl(Erlag)schein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei uns einzuzahlen. Bei Verzug müssen Sie damit rechnen, dass der Betrag zwangsweise eingetrieben und in Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.
Begründung:
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begeht, wer entgegen dem § 3 leg. cit. einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde, eine Verwaltungsübertretung und ist bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern im Falle der erstmaligen Beschäftigung für jeden unberechtigt Beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis S 60.000,-- zu bestrafen.
Der im Spruch näher ausgeführte Sachverhalt ist auf Grund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 14.05.1996 als erwiesen anzusehen.
Das als Partei gehörte Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten, Abteilung 2 - Kontrolle illegaler Beschäftigung, hat einer Bestrafung zugestimmt.
Mittels Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter wurde Ihnen Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, wovon Sie jedoch keinen Gebrauch gemacht haben; das Verwaltungsstrafverfahren wurde daher - wie angedroht - gemäß § 42 Abs. 1 lit. b VStG ohne Ihre weitere Anhörung durchgeführt.
Bei der Strafbemessung wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd berücksichtigt.
Auf das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung beziehungsweise Gefährdung der durch die Strafdrohung geschützten Interessen und die durch die Tat bewirkten nachteiligen Folgen wurde Bedacht genommen.
Übertretungen des AuslBG führen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene regelmäßig zu schweren volkswirtschaftlichen Schädigungen. Das Unrecht der Verwaltungsübertretung konnte daher nicht als gering bewertet werden.
Die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten blieben mangels Mitwirkung an der Feststellung dieser Umstände der Behörde unbekannt. Es wurden daher ungünstige finanzielle Verhältnisse angenommen.
Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haften juristische Personen für die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis wird über Herrn P eine Geldstrafe verhängt.
Für diesen kann laut Bericht des Zentralmeldeamtes vom 19.01.1997 keine Pfändung vorgenommen werden, da Herr P in Österreich nicht gemeldet ist. Die Haftung ist daher geltend zu machen."
Gegen diesen Bescheid erhob die T Gesellschaft mbH mit Datum 7. April 1997 (fristgerecht) Berufung, die wie folgt lautet:
"Betrifft: MBA 2 - S/5756/96
Berufung
Gegen den Bescheid vom 10.3.1997 über die Verhängung einer Verwaltungsstrafe in Höhe von S 20.000,00 gegen Herrn P wird in offener Frist das Rechtsmittel der Berufung erhoben.
Es wird der Antrag
gestellt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Begründung: Herrn P, slowakischer Staatsangehöriger ist wohl handelsrechtlicher Geschäftsführer obiger Gesellschaft m.b.H., kann aber auf Grund der derzeitigen restiktiva Maßnahmen gegenüber Ausländern nur sporadisch nach Österreich einreisen.
Auch am 14.5.1996 hatte er nicht die Möglichkeit in Österreich zu sein um seinen Verpflichtungen als Geschäftsführer nach zu kommen.
Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes wird der Antrag
gestellt, der Berufung stattzugeben.
Hochachtungsvoll"
Diese Berufung enthielt die Firmenstampiglie der betroffenen Gesellschaft mbH und eine - unleserliche - Originalunterschrift.
Mit dem nunmehr angefochtenen Berufungsbescheid vom 27. Juni 1997 entschied die belangte Behörde "über die Berufung der T Cafe Gesellschaft mbH, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 10. März 1997 (Unterstreichung nicht im Original), Zl. MBA 2-S 5756/96, womit die Haftung der genannten Gesellschaft iSd § 9 Abs. 7 VStG festgestellt wurde", dass dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben werde. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach wörtlichem - wenn auch teilweise unrichtigem - Zitat des bekämpften erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der Berufung sowie nach Darstellung der Rechtslage aus, die Solidarhaftung nach § 9 Abs. 7 VStG sei nicht eine gesetzliche Straffolge, sie dürfe erst nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens und zwar durch eigenen Bescheid ausgesprochen werden. Aus dem Verfahrensakt sei ersichtlich, dass P mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 24. September 1996 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T Cafe GesmbH der Verletzung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- verhängt worden sei. Dieses Straferkenntnis habe jedoch nie zugestellt werden können, daher sei es nicht erlassen und könne auch nicht in Rechtskraft erwachsen sein. Damit stehe fest, dass die Voraussetzung für die Erlassung eines Haftungsbescheides, nämlich die Rechtskraft des Straferkenntnisses gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer, nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 28a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 gestützte Amtsbeschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Bundesministerin hält den angefochtenen Bescheid deswegen für inhaltlich rechtswidrig, weil sich aus dem Spruch, aus der Begründung und aus der Zustellverfügung des Bescheides vom 20. März 1997 (offenkundig gemeint der angefochtene Bescheid vom 10. März 1997) als auch im Hinblick auf die von der belangten Behörde selbst festgestellte Nichtzustellung des Straferkenntnisses vom 24. September 1996 an den Mitbeteiligten ergebe, dass die Behörde mit dem zweiten Bescheid ( d.i. jener vom 10. März 1997) zugleich das Straferkenntnis neuerlich gegenüber dem Mitbeteiligten erlassen habe. Die Behörde erster Instanz habe bei ihrem Bescheid "offensichtlich den § 59 Abs. 1 AVG iVm § 24 VStG herangezogen, wonach eine in Verhandlung stehende Angelegenheit in der Regel zur Gänze zu erledigen ist und bei Trennbarkeit des Gegenstandes dann gesondert abgesprochen werden kann, wenn dies zweckmäßig erscheint". Aus der von der beschwerdeführenden GesmbH eingebrachten Berufung, die auch die Frage der Richtigkeit des Straferkenntnisses geltend mache, gehe mangels einer Einschränkung hervor, dass von dieser der gesamte Bescheid angefochten werde. Da eine juristische Person im Strafverfahren gegen ihr verantwortliches Organ keine Parteistellung habe, wäre die Berufung der GesmbH gegen das Straferkenntnis als teilweise unzulässig zurückzuweisen gewesen. Dies habe die belangte Behörde trotz Trennbarkeit der Spruchpunkte im Bescheid vom 20. März 1997 (gemeint ist der angefochtene Bescheid vom 10. März 1997) übersehen. Die an sich teilweise zulässige Berufung der GesmbH gegen den sie selbst betreffenden Spruchteil bezüglich der Haftung wäre aber aus dem Grund "als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da diesbezüglich keine Begründung in der Berufung zu finden" sei. Die Behauptung des nur sporadischen Aufenthaltes des bestraften Organs in Österreich und des Nichtbestehens einer Möglichkeit, den Verpflichtungen als Geschäftsführer zum Tatzeitpunkt nachzukommen, sei erkennbar als bloßes Bestreiten des Verschuldens ohne nähere Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Verhinderung bzw. einer konkreten Maßnahme zu deren Beseitigung oder einer unverschuldeten Unmöglichkeit zur Beendigung der Verantwortlichkeit nicht einmal tauglich, einer Berufung gegen ein Straferkenntnis zum Erfolg zu verhelfen. Es sei offenkundig, dass die Begründung sich nur auf die Verhängung der Geldstrafe beziehe. Dazu sei aber die beschwerdeführende GesmbH nicht legitimiert gewesen. Aber auch bei Bejahung der teilweisen Zulässigkeit der Berufung sei der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit in Bezug auf die Voraussetzung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses behaftet. Die Berufungsbehörde habe ihre Entscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die maßgebende Sachlage zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides abzustellen und Änderungen der Sachlage im Zuge des Berufungsverfahrens zu berücksichtigen. Für die rein formale Frage der Rechtskraft eines Straferkenntnisses habe daher sinngemäß dasselbe zu gelten, "zumal die Rechtskraft der Geldstrafe in diesem Zusammenhang nur hinsichtlich der Höhe der Haftung von Bedeutung sein kann". In Verkennung der Rechtslage und der Trennbarkeit des erstinstanzlichen Bescheides vom 10. März 1997 habe die belangte Behörde aber den Bescheid der Behörde erster Instanz ohne nähere Begründung allein deswegen zur Gänze aufgehoben, weil sie nur die Rechtskraft des Strafbescheides vom 24. September 1996 geprüft habe. Im Übrigen sei auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass lediglich ein rechtskräftiges Straferkenntnis unabdingbare Voraussetzung für den Haftungsbescheid nach § 9 Abs. 7 VStG sei, "nicht eindeutig".
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die beschwerdeführende Bundesministerin geltend, im Übrigen ergebe sich aus der Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass diese "jedenfalls nicht vom organmäßig dazu berechtigten Vertreter, dem handelsrechtlichen Geschäftsführer P, erhoben wurde und somit Zweifel am Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis der für die T. GesmbH zeichnenden Person bestehen. Gemäß § 10 Abs. 2 iVm § 13 Abs. 3 AVG und in Hinblick auf § 66 Abs. 4 AVG wäre auch die Vertretungsbefugnis als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Berufung zu prüfen gewesen."
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte - ohne eine Gegenschrift zu erstatten - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am
Beschwerdeverfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Haftung juristischer Personen für die gemäß § 9 VStG über ihre Organe verhängten Geldstrafen ist im § 9 Abs. 7 VStG geregelt.
Diese Norm bestimmt:
"Juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand."
Zur Konkretisierung dieser Haftung im Einzelfall bedarf es keines gesonderten bescheidmäßigen Abspruches; sie tritt vielmehr als gesetzliche Folge einer auf § 9 VStG gestützten Bestrafung ein. Eine dennoch erfolgte bescheidmäßige Erledigung kann aber rechtens keine über die bereits ex lege eingetretenen Rechtsfolgen hinausgehenden Wirkungen entfalten.
Im Beschwerdefall ist zunächst klarzustellen, dass der im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG den Gegenstand des Berufungsbescheides (des angefochtenen Bescheides) bildende erstinstanzliche Bescheid vom 10. März 1997 lediglich einen Abspruch über die Haftung der Gesellschaft gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die mit Straferkenntnis vom 24. September 1996 über ihren handelsrechtlichen Geschäftsführer P verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- zum Gegenstand hat und nicht ein Straferkenntnis gleichen Inhaltes gegen diesen. Daran ändert auch nichts die Zustellverfügung des Haftungsbescheides, in dem - auch - die Zustellung an P verfügt wurde. Aus dem oben wiedergegebenen wörtlichen Zitat des erstinstanzlichen Haftungsbescheides geht hervor, dass die den Geschäftsführer P betreffenden Passagen - nicht wie unrichtig zitiert im angefochtenen Bescheid in der Gegenwartsform, sondern - in der Vergangenheitsform formuliert wurde, woraus sich schon sprachlich ergibt, dass hier nicht die Wiederholung des Straferkenntnisses gegen den Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft, sondern die Feststellung der Haftung der Gesellschaft für diese Strafe Gegenstand des Bescheides sein sollte. Daran ändert weiter auch nichts die zum Teil überflüssige, zum Teil mißverständliche Begründung dieses Bescheides. Insoweit also die beschwerdeführende Bundesministerin (zu Punkt A 1. der Beschwerde) mit der Unzulässigkeit der gleichzeitig erfolgten Erlassung des gegen den Geschäftsführer gerichteten Straferkenntnisses und des Haftungsbescheides argumentiert, gehen die diesbezüglichen Ausführungen ins Leere.
Zu Punkt A 2. der Beschwerde betreffend die Behauptung des Vorliegens einer unzulässigen Berufung der vertretenen Gesellschaft gegen das an ihr Organ gerichtete Straferkenntnis ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides lediglich die Berufung der T Cafe Gesellschaft mbH, nicht aber eine Berufung des bestraften Geschäftsführers ist, die überdies - entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsansicht - alle Kriterien einer Berufung im Sinn des § 63 Abs. 3 AVG enthält. Sie ist an die Behörde erster Instanz unter Angabe der Geschäftszahl und Bezeichnung des Schriftsatzes als "Berufung" eingebracht, enthält die Berufungserklärung und den Berufungsantrag, eine - möglicherweise nicht stichhältige, nichts desto trotz vorhandene - Begründung und die Fertigung mit Firmenstampiglie sowie - unleserlicher - eigenhändiger Unterschrift. Eine nicht stichhältige Begründung der Berufung führt zu deren Abweisung, sofern nicht die Berufungsbehörde - wie im Beschwerdefall - von Amts wegen Gründe für eine Behebung des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides findet, nicht zu deren Zurückweisung. Zu der weiteren von der beschwerdeführenden Bundesministerin geltend gemachten Verletzung von Verfahrensvorschriften, die Berufungsbehörde hätte die Vertretungsbefugnis des die Berufung unterfertigenden Organs der Gesellschaft prüfen müssen, ist darauf zu verweisen, dass ein Verbesserungsverfahren im Sinne des § 13 Abs. 4 AVG nur dann zu erfolgen hat, wenn die Behörde Bedenken gegen die Zeichnungsbefugnis oder Echtheit der Unterschrift des Unterfertigenden hat, was aber vorliegendenfalls offenkundig nicht so war. Dass aber die urschriftliche Unterfertigung der mit Firmenstampiglie versehenen Berufung der Gesellschaft m.b.H. nicht von einem vertretungsbefugten Organ stamme, ist eine durch nichts näher belegte und für den Verwaltungsgerichtshof aus dem Akteninhalt nicht nachvollziehbare Behauptung in der Beschwerde.
Zur Rechtsrüge gemäß Punkt A 4. (betreffend die Frage der Rechtskraft des Straferkenntnisses als Voraussetzung für den Haftungsausspruch) ist zunächst festzuhalten, dass die oben zitierte Bestimmung des § 9 Abs. 7 VStG mit der Verwaltungsstrafgesetznovelle BGBl. Nr. 176/1983 eingeführt wurde, damit aber die bereits vorher - und zwar auch schon in der Stammfassung des VStG BGBl. Nr. 172/1950 sowie der Vorgängerbestimmung - bestandene Regelung der Haftung der Gesellschaft für die über ihre vertretungsbefugten Organe verhängten Geldstrafen zur ungeteilten Hand lediglich übernommen wurde, ohne eine wesentliche Änderung daran vorzunehmen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. Nr. 176/1983, 161 Blg NR 15. GP ist auf diesen Umstand auch lediglich verwiesen. Es handelt sich dabei nicht um eine Subsidiärhaftung - wie etwa jene im § 67 Abs. 10 ASVG normierte, sondern um eine gesetzliche Solidar-(Korreal-)Haftung im Sinn des § 891 ABGB. Entsteht aber nach dem Willen des Gesetzes die Haftung des einen ohne Parteiabsicht ex lege mit der Bestrafung des anderen, ist zunächst die Frage zu klären, wann die Schuld des Bestraften, das heißt die Verpflichtung zur Bezahlung der Geldstrafe "entstanden" ist. Diese Frage hat die belangte Behörde aber bereits zutreffend dahin beantwortet, dass die verhängte Geldstrafe (einschließlich der Verfahrenskosten) erst mit Eintritt der materiellen und formellen Rechtskraft des verurteilenden Erkenntnisses - sofern im Gesetz nichts anderes vorgesehen ist - dem Bestraften gegenüber vollstreckbar wird. Zutreffend hat aber auch die belangte Behörde bereits darauf hingewiesen, dass das die Strafe gegen P aussprechende Straferkenntnis vom 24. September 1996 noch nicht einmal rechtswirksam erlassen worden ist, damit aber eine Vollstreckbarkeit dieser Strafe noch nicht vorliegt. Eine Solidarhaftung der Gesellschaft für diese Strafe ist daher ebenfalls noch nicht entstanden.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 28. Juli 1999
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997090335.X00Im RIS seit
25.01.2001