Entscheidungsdatum
03.01.2019Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §45 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Wieser über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 4.10.2017, Zl ***, betreffend Übertretungen nach dem LMSVG,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
„…
Sie haben es als Erzeuger dieses Lebensmittels mit der Bezeichnung „Schokolade Eis“ zu verantworten, dass das von ihnen vertriebene Produkt zum Zeitpunkt der Kontrolle bei -19 °C tiefgefroren im Tiefkühlschrank des Verkaufsraumes im gegenständlichen Betrieb am 11.07.2017 um 09:43 Uhr im Standort Z, Adresse 2, durch bereithalten für den Verkauf an den Endverbraucher und somit in Verkehr gebracht wurde, obwohl laut dem amtlichen Untersuchungsergebnis der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmittelsicherheit X vom 01.08.2017, Auftragsnummer: ***, bei diesem Lebensmittel Rückstände von:
Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC-10) von 0,58 ± 0,29 mg/kg,
Benzyldimethyldodecylammoniumchlorid (BAC-12) von 0,36 ±0,18 mg/kg
Benzyldimethyltetradecylammoniumchlorid (BAC-14) von 0,24 ± 0,12 mg/kg
somit in Summe 0,30 mg/kg an BAC und 0,29 mg/kg an DDAC nachgewiesen wurde, wodurch die Höchstgehalte an Rückstände von Didecyldimethylammoniumchlorid und Didecyldimethylammoniumchlorid in oder auf bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (Milch) von 0,1 mg/kg nach Abzug der Messunsicherheit überschritten wurden.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 90 Abs. 3 Ziffer 1 iVm § 4 Abs. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), BGBl. I Nr. 13 aus 2006 idgF iVm Kapitel III Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 über die Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs (Milch) iVm der Verordnung (EU) Nr. 1119/2014 zur Änderung des Anhanges III. der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Höchstgehalte an Rückständen von Benzalkoniumchlorid und Didecyldimethylammoniumchlorid in oder auf bestimmten Erzeugnissen.“
Daher wurde über den Beschwerdeführer gem § 90 Abs 3 Z 1 iVm § 4 Abs 1 LMSVG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt. Weiters wurde dem Beschuldigten gem § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von Euro 30,00 vorgeschrieben und er zum Ersatz der Untersuchungskosten der AGES in Höhe von EUR 250,76 verpflichtet.
In der dagegen zunächst beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingebrachten, aber innerhalb offener Frist an die belangte Behörde weitergeleitete und damit fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Ergebnisse der AGES- Untersuchungen für ihn nicht schlüssig seien und wird dies näher ausgeführt. Auch sei unerklärlich, warum die Untersuchungen der AGES bei ein und derselben Grundmasse aus der die verschiedenen Geschmacksrichtungen hergestellt würden, unterschiedliche Rückstände ergeben hätten.
Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.
Vom Landesverwaltungsgericht Tirol wurde eine weitere Stellungnahme der AGES eingeholt (vgl OZ 3), in der dargelegt wurde, dass Quartäre Ammoniumverbindungen als Desinfektionsmittel zur Reinigung von Eismaschinen verwendet würden. Diese würden nach der Anwendung an gut behandelten Oberflächen haften bleiben. Werde nach der Desinfektion nicht ausreichend mit heißem Wasser nachgespült, könnten Reste davon auf Lebensmittel übergehen.
Am 4.09.2018 wurde die erste mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer persönlich erschien. Er legte dar, dass eine umfangreiche Untersuchung gestartet worden sei um herauszufinden, woher die Rückstände stammen würden. Bislang sei man zu keinem Ergebnis gekommen. Das Lebensmittelaufsichtsorgan BB wurde als Zeuge einvernommen.
An der zweiten mündlichen Verhandlung am 10.10.2018 nahm außer dem Beschwerdeführer der von ihm beigezogene Sachverständige CC, gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für Lebensmitteltechnologie, Fleisch, Fleischwaren, Ernährungsforschung und Lebensmittelhygiene, teil und wurde das Lebensmittelaufsichtsorgan BB nochmals als Zeuge einvernommen.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, dabei insbesondere in das Gutachten der AGES vom 1.08.2017. Weiters wurde Beweis aufgenommen durch Einholung zweier ergänzender Stellungnahmen der AGES (vom 24.07.2018, OZ 3 und vom 28.11.2018, OZ 13), durch Einsichtnahme in die Stellungnahmen des CC, gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für Lebensmitteltechnologie, Fleisch, Fleischwaren, Ernährungsforschung und Lebensmittelhygiene, vom 13.12.2018 (OZ 15), vom 26.10.2018 (OZ 11), und vom 21.09.2018 (OZ 7), in die Stellungnahme des Fachbereichsleiters der Lebensmittelaufsicht DD vom 3.12.2018 (OZ 14), sowie durch Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen in der das Lebensmittelaufsichtsorgan jeweils als Zeuge einvernommen wurde und der vom Beschwerdeführer beigezogene Sachverständige, der an der Verhandlung am 10.10.2018 teilnahm, Ausführungen tätigte.
II. Sachverhalt (soweit entscheidungsrelevant):
Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt Gewerbeinhaber und Betreiber des Gastgewerbes in der Betriebsart Cafe in Z, Adresse 3 (von der belangten Behörde fälschlicherweise mit „Adresse 2“ angegeben). Im Rahmen dieses Betriebes war er Erzeuger von Speiseeis.
Am 11.07.2017 wurde um 09:43 Uhr im Cafe am Standort Z, Adresse 3, aus der Eisvitrine des Kaffeehauses vom Lebensmittel mit der Bezeichnung „Schokolade Eis“ durch das Lebensmittelaufsichtsorgan BB eine Probe entnommen und von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmittelsicherheit X, untersucht. Bei diesem Lebensmittel wurden Rückstände von:
Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC-10) von 0,58 ± 0,29 mg/kg,
Benzyldimethyldodecylammoniumchlorid (BAC-12) von 0,36 ±0,18 mg/kg,
Benzyldimethyltetradecylammoniumchlorid (BAC-14) von 0,24 ± 0,12 mg/kg,
somit in Summe 0,30 mg/kg an BAC und 0,29 mg/kg an DDAC nachgewiesen, wodurch die Höchstgehalte an Rückständen von Didecyldimethylammoniumchlorid und Didecyldimethylammoniumchlorid in oder auf bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (Milch) von 0,1 mg/kg nach Abzug der Messunsicherheit überschritten wurden.
Die Entnahme der Probe erfolgte in der Art, dass der Lebensmittelinspektor sich nach Betreten des Gewerbebetriebes zunächst seine Hände bei dem vorhandenen Waschbecken mit heißem Wasser reinigte. Dann zog er sich einen Hygienemantel (Einwegmantel) an. Bei der Kontrolle wurden sterile Behältnisse mitgeführt, die von der AGES zur Verfügung gestellt wurden. Danach nahm er aus der Wanne in der das Speiseeis aufbewahrt wurde eine Probe mit einem sterilen Löffel. Zur Probenentnahme verwendete er einen Löffel aus Metall, der von der AGES abgeholt wurde. Dieser war steril verpackt. Das Lebensmittelaufsichtsorgan nahm diesen Löffel so aus der Packung, dass dieser mit der Fläche, die mit dem Speiseeis in Berührung kommt, nicht in Berührung kommt. Er wird aus der Verpackung herausgeschoben. Das Behältnis in das die Probe gefüllt wird, war ebenfalls steril und verschlossen. In dem Behältnis befand sich noch ein Extradeckel der herausgenommen wurde und in den Deckel hineingelegt wurde, damit eine Berührung mit anderen Flächen ausgeschlossen war. Es wurde versucht jeglichen Kontakt mit anderen Flächen oder Materialien zu vermeiden.
Der Probebehälter wurde dann wieder zugemacht und der Transport erfolgte im Kühlgerät des Dienstfahrzeuges. Der verwendete Löffel wurde im Betrieb grob gereinigt und bei der AGES wieder abgeliefert. Sowohl die verwendeten Löffel als auch die verwendeten Behältnisse werden bei der AGES nach einer oberflächlichen Reinigung mit Wasser autoklaviert und steril verpackt. Diese Behältnisse werden sowohl an die Behörden als auch an Privatkunden zur Probenziehung ausgehändigt. So zum Beispiel an den Beschwerdeführer, der selbst Speiseeisproben zur Untersuchung an die AGES übersendet hat. So wurden vom Beschwerdeführer bereits am 23.08.2016 zwei Teilproben (Pistazieneis 5.8 und Pistazieneis 9.8. mit Alkohol gewaschen) zur Untersuchung an die AGES übermittelt und entsprachen beide Teilproben laut Gutachten der AGES vom 30.08.2016 den für Rückstände von BAC und DDAC geltenden Anforderungen. Auch eine nochmalige vom Beschwerdeführer selbst in Auftrag gegebene Untersuchung durch die AGES am 31.05.2017 (Vanilleeis, Karamelleis, Pistazieneis, Schokoladeeis, Amarena-Joghurteis) ergab keine Überschreitung der Grenzwerte für BAC und DDAC laut Verordnung (EU) Nr 1119/2014 von 0,1 mg/kg. Zuletzt wurden vom Beschwerdeführer am 27.08.2018 mehrere Proben (Vanille, Mango, Zitrone, Erdbeer) vom eigenen Betrieb gezogen sowie eine Milchprobe an die AGES zur Untersuchung übersandt. Bei allen Proben lagen die Gehalte an BAC und DDAC unter dem Rückstandshöchstgehalt von 0,1 mg/kg. Überschreitungen des Rückstandshöchstgehaltes wurden daher nur bei den amtlichen Proben festgestellt.
Der Beschwerdeführer hat ursprünglich für seine Geräte zur Speiseeisherstellung Produkte der Firma EE für die Desinfektion (EE CLEAN ***) und Reinigung verwendet. Das Desinfektionsmittel enthält BAC und DDAC. Aufgrund der Beanstandungen im Jahr 2016 hat er jedoch auf Produkte der Firma FF GmbH in W und der Firma GG GmbH in V umgestellt und im Jahr 2017 nur noch diese Produkte (JJ und KK) verwendet.
Woher die Rückstände an BAC und DDAC stammten konnte letztlich nicht festgestellt werden.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, insbesondere aus dem Gutachten der AGES vom 1.08.2017 und den beiliegenden Lichtbildern, aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Untersuchungszeugnissen der AGES vom 30.08.2016, vom 20.06.2017 und vom 5.10.2018. Der Ablauf der amtlichen Probenziehung durch das Lebensmittelaufsichtsorgan ergibt sich aus der Aussage des Lebensmittelaufsichtsorgans BB, welcher zweimal vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol als Zeuge einvernommen wurde. Das Vorbringen des Sachverständigen in Bezug auf die Mängel bei der Einvernahme per Videokonferenz kann nicht überzeugen. Das Lebensmittelaufsichtsorgan erschien anlässlich der ersten mündlichen Verhandlung persönlich vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 4.09.2018 und wurde bereits bei der ersten mündlichen Verhandlung wahrheitsbelehrt (wie vom Sachverständigen gefordert „unter Eid gestellt“) und auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Beweisaussage hingewiesen. Im Rahmen einer weiteren mündlichen Verhandlung reicht der Hinweis darauf, dass der Zeuge immer noch unter Wahrheitspflicht steht aus, was von der erkennenden Richterin und Verhandlungsleiterin auch so gehandhabt wurde und im Protokoll über die mündliche Verhandlung am 10.10.2018 auch so festgehalten ist. Darüber hinaus hat das Lebensmittelaufsichtsorgan nur seine bereits am 4.09.2018 persönlich und unmittelbar vor der erkennenden Richterin getätigte Aussage als Zeuge ergänzt und näher ausgeführt, ohne dabei jedoch von seiner ursprünglichen Aussage abzuweichen. Dass sich der Lebensmittelinspektor nie die Hände desinfiziert, hat dieser so nicht ausgesagt, sondern hat er lediglich angegeben, sich die Hände nur mit heißem Wasser zu waschen, sobald er sich in dem zu kontrollierenden Betrieb befindet. Das Landesverwaltungsgericht Tirol ist bei der Feststellung des Sachverhaltes im Rahmen der freien Beweiswürdigung berechtigt und verpflichtet, zu berücksichtigen, dass der Zeuge im Rahmen des durchgeführten Verfahrens wahrheitsbelehrt seine Aussage gemacht hat. Andererseits hat der Beschwerdeführer in Verwaltungsstrafverfahren dadurch, wenn er sich bei seiner Anhörung oder förmlichen Vernehmung nicht an die Wahrheit hält, keinerlei Rechtsnachteile zu befürchten.
Dass die Überschreitungen des Rückstandshöchstgehaltes an DDAC und BAC nur bei den amtlichen Probenziehungen vorlagen, ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Untersuchungszeugnissen der AGES. Bei den vom Beschwerdeführer privat in Auftrag gegebenen Untersuchungen durch die AGES war der Rückstandshöchstgehalt nie überschritten. Gerade aus dieser Tatsache ergeben sich aber zumindest Zweifel daran, dass die Rückstände aus der Sphäre des Beschwerdeführers stammen.
Dass der Beschwerdeführer aufgrund der Beanstandungen im Jahr 2016 auf Produkte der Firma FF GmbH in W und der Firma GG GmbH in V umgestellt hat, welche keine quartären Ammoniumverbindungen (DDAC, BAC) enthalten, ergibt sich aus den glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers selbst, der im ganzen Verfahren sehr daran interessiert zu sein schien herauszufinden, woher die Rückstände in seinem Speiseeis stammten.
Die AGES führte in ihren Stellungnahmen zwar immer wieder ausführlich aus, wie es durch die Verwendung von diversen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln zu Rückständen von quartären Ammoniumverbindungen in Speiseeis kommen kann, übersieht dabei jedoch, dass nicht festgestellt wurde, dass diese im gegenständlichen Fall im Jahr 2017 vom Beschwerdeführer verwendet wurden.
Aufgrund der umfangreichen Überprüfungen und Probenziehungen durch den Beschwerdeführer selbst, wo keine Überschreitungen des Rückstandhöchstgehaltes festgestellt werden konnten, kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Rückstände nicht aus der Sphäre des Beschwerdeführers stammen.
IV. Rechtslage:
Die im gegenständlichen Verfahren maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 58/2018, lautet wie folgt:
§ 45
(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet …
V. Erwägungen:
Gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat das Landesverwaltungsgericht Tirol von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder nicht Vorliegen des maßgeblichen Sachverhaltes vermitteln (vgl VwGH vom 17.12.1992, Zahl 91/16/013). Unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ist dabei gemäß § 45 Abs 2 AVG nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (VwGH vom 16.06.1992, 92/08/0062).
Im vorliegenden Fall ist es dem Landesverwaltungsgericht Tirol trotz erheblicher Mitwirkung des Beschwerdeführers nicht gelungen festzustellen, woher die Rückstände an BAC und DDAC stammten. Es kann nicht einmal festgestellt werden, ob die „Kontamination“ des Speiseeises mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den Betrieb des Beschwerdeführers erfolgte.
Lässt sich eine Tatsache wie gegenständlich, nämlich dass die Kontamination des Speiseeises durch den Beschwerdeführer oder eines Mitarbeiters erfolgte, nicht feststellen, dann hat das Landesverwaltungsgericht Tirol grundsätzlich von deren nicht Vorliegen auszugehen (VwGH vom 16.06.1992, 92/08/0062; sowie vom 29.06.2000, 2000/07/0024). Das bedeutet aber nicht, dass vom bloßen Misslingen eines Nachweises auf das Erwiesen sein des Gegenteiles geschlossen werden kann (vgl VwGH vom 20.09.1995, 93/13/0006). Die Beweislast dahin, ob eine beschuldigte Person den objektiven Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes gesetzt hat, trifft das Verwaltungsgericht (bzw davor die Verwaltungsbehörde); eine Umkehrung tritt erst dann in den Blick, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht und lediglich das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede gestellt wird (vgl VwGH vom 3.10.2013, 2013/09/0107; vom 12.12.2005, 2005/17/0090). Gemäß der auch im Verwaltungsstrafverfahren zufolge § 17 VwGVG iVm § 24 VStG geltenden Grundsätze der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 37 AVG) und der Amtswegigkeit (§ 39 Abs 2 AVG) hat die Behörde dem Täter grundsätzlich den objektiven Tatbestand von sich aus nachzuweisen. Bestreitet der Beschuldigte, den objektiven Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes gesetzt zu haben, so trifft die Beweislast in dieser Hinsicht die Behörde bzw das Verwaltungsgericht. Zu einer Umkehr der Beweislast gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG kommt es nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, der Täter jedoch lediglich das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede stellt (vgl VwGH vom 3.10.2013, 2013/09/0107).
Der Grundsatz in „dubio pro reo" gilt nur für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte; nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen (vgl VwGH 24.2.2014, 2012/17/0549, mwN).
Im vorliegenden Fall kann nicht zur Gänze ausgeschlossen werden, dass die Rückstände im Speiseeis nicht aus der Herstellung und Lagerung durch den Beschwerdeführer stammen, sodass die Regel "in dubio pro reo" greifen musste.
Da bereits aus diesem Grunde der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, konnte davon abgesehen werden auf das übrige Vorbringen einzugehen.
Aufgrund der Einstellung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer hat dieser keine Kosten gemäß § 71 LMSVG zu ersetzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall war der Sachverhalt zu klären, sodass keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Wieser
(Richterin)
Schlagworte
Rückstände von quartären Ammoniumverbindungen; Speiseeis; Herkunft nicht feststellbar; in dubio;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.46.2554.15Zuletzt aktualisiert am
23.01.2019