Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1 idF 1998/I/158;Beachte
Besprechung in: AnwBl 3/2001, 164 - 166;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des BB in L, vertreten durch Dr. Günther Forenbacher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hans-Sachs-Gasse 14/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 2. Juni 1999, Zl. UVS 30.8-55,56/99-5, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen ein Straferkenntnis wegen Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 18. März 1999, mit dem der Beschwerdeführer wegen Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und des KFG 1967 bestraft worden war, wurde dem Genannten am 18. März 1999 durch unmittelbare Ausfolgung bei der Behörde zugestellt. Es enthielt folgende Rechtsmittelbelehrung:
"Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung Berufung zu erheben. Diese Berufung kann schriftlich oder mündlich eingebracht werden. Sie ist bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz einzubringen. Die Berufung hat den Bescheid gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und - ausgenommen bei mündlicher Berufung - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Bitte beachten Sie:
1. Schriftliche Berufungen können auch telegraphisch, fernschriftlich oder mittels Telefax eingebracht werden;
2. Die telefonische Einbringung einer (mündlichen Berufung) ist nicht zulässig;
3. Zur Entgegennahme einer mündlichen Berufung ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet."
Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Beschwerdeführer per Telefax Berufung ein, die am (Donnerstag, den) 1. April 1999 um
15.30 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz einlangte.
Die Amtsstunden bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz sind an Donnerstagen von 7.00 bis 15.00 Uhr festgelegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das angeführte Straferkenntnis als verspätet zurückgewiesen.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 58 Abs. 1 AVG hat jeder Bescheid - unter anderem - die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
Diese hat gemäß § 61 Abs. 1 erster Satz AVG anzugeben, ob der Bescheid noch einem weiteren Rechtszug unterliegt oder nicht und bejahendenfalls, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist.
Ist in dem Bescheid eine längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der angegebenen Frist eingebrachte Rechtsmittel gemäß § 61 Abs. 3 AVG als rechtzeitig.
Gemäß § 63 Abs. 5 erster und zweiter Satz AVG in der Fassung BGBl. Nr. 471/1995 ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündigung mit dieser.
Gemäß § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 können schriftliche Anbringen - unter anderem - mit Telefax eingebracht werden.
Mit Telefax eingebrachte Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden bei der Behörde einlangen, gelten gemäß § 13 Abs. 5 letzter Satz AVG in der zitierten Fassung erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als bei ihr eingelangt.
Die angeführten Bestimmungen sind gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers ergebe sich aus Punkt 3. der oben wiedergegebenen Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, "dass sohin schriftliche Berufungen oder mittels Telefax eingebrachte Berufungen bis zum Fristende von 2 Wochen eingebracht werden können, mündliche Berufung(en) jedoch nur während der Amtsstunden". Da der Beschwerdeführer die Berufung jedenfalls innerhalb der in der Rechtsmittelbelehrung genannten Frist eingebracht habe, sei ihre Zurückweisung durch die belangte Behörde zu Unrecht erfolgt.
Mit diesem Vorbringen hat der Beschwerdeführer offensichtlich § 61 Abs. 3 AVG im Auge; der Verwaltungsgerichtshof teilt jedoch nicht seine Meinung, dass die für die Anwendung der genannten Bestimmung erforderliche Voraussetzung, dass in dem Bescheid eine längere als die gesetzliche Rechtsmittelfrist angegeben sei, im Beschwerdefall erfüllt sei. Der Hinweis, dass zur Entgegennahme einer mündlichen Berufung die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet sei, enthält keine Aussage darüber, wann eine mit Telefax eingebrachte Berufung bei der Behörde als eingelangt gelte; er kann daher insbesondere nicht dahin gedeutet werden, dass eine in solcher Form außerhalb der Amtsstunden eingebrachte Berufung - entgegen § 13 Abs. 5 letzter Satz AVG - nicht erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als bei der Behörde eingebracht gelten solle. Da der erstinstanzliche Bescheid sohin zur Frage betreffend das Fristende bei einer mittels Telefax eingebrachten Berufung keine den Ablauf der zweiwöchigen Frist für diese Einbringungsform konkretisierende Rechtsmittelbelehrung enthielt, trafen die Folgen einer unrichtigen Beurteilung dieses gesetzlichen Erfordernisses allein den Beschwerdeführer (§ 61 Abs. 2 AVG).
Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage handelte die belangte Behörde somit nicht rechtswidrig, wenn sie davon ausging, dass die mit Telefax eingebrachte Berufung spätestens am 1. April 1999 bis 15.00 Uhr (Ende der Amtsstunden) bei der erstinstanzlichen Behörde hätte eingelangt sein müssen, und die erst nach diesem Zeitpunkt eingelangte Berufung als verspätet zurückwies.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde sei "auch nicht ihrer Anleitungspflicht nachgekommen, weil sie, ebenso wie die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz, den Beschwerdeführer bei Zutreffen ihrer Rechtsansicht anleiten hätte müssen, dass er in diesem Falle einen Antrag auf Wiedereinsetzung stellen könnte und sollte," geht - abgesehen davon, dass die Verpflichtung der Behörde zur Rechtsbelehrung nach § 13a AVG auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt ist und sich nicht auf die Belehrung in der Sache selbst und auf die Erteilung von Unterweisungen zur Gestaltung eines für die Partei vorteilhaften Vorbringens bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 97/03/0022) - fehl, weil die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages auf die hier zu beurteilende Rechtzeitigkeit der Berufung keinen Einfluss hat.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. August 1999
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999030311.X00Im RIS seit
29.01.2002