TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/14 LVwG-AV-1020/001-2018

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Veröffentlicht am 14.11.2018
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Entscheidungsdatum

14.11.2018

Norm

NAG 2005 §1 Abs2 Z1
AsylG 2005 §12 Abs1
AVG 1991 §62 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Mag. Schnabl über die Beschwerde der Frau A, geb. ***, StA.: Syrien, derzeit wohnhaft in ***, ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 17.08.2018, GZ. ***, mit dem der am 01.06.2018 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass dessen Spruch zu lauten hat:

„Der am 01.06.2018 gestellte Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels wird zurückgewiesen.“

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit zunächst durch ihren Rechtsvertreter mit 01.06.2018 datiertem und am 05.06.2018 bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf eingebrachtem sowie am 08.06.2018 beim Amt der NÖ Landesregierung eingelangtem Antrag sowie in weiterer Folge am 08.08.2018 schließlich persönlich beim Amt der

NÖ Landesregierung gestelltem Antrag beantragte die Beschwerdeführerin A die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).

Mit dem Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 17.08.2018, GZ.
***, wurde dieser Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels unter Zugrundelegung des § 1 Abs. 2 Z 1 NAG abgewiesen.

Begründend führte dazu die Landeshauptfrau von Niederösterreich zusammenfassend aus, dass sich laut Angaben im Antrag der Wohnsitz der Beschwerdeführerin in ***, ***, befinde und den der Behörde vorliegenden Unterlagen zu entnehmen sei, dass die Beschwerdeführerin den Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit dem als anerkannten Konventionsflüchtling im Bundesgebiet aufhältigen Ehegatten C, geb. ***, Staatsangehörigkeit: Türkei, beabsichtige. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe ein Quotenplatz aus der Niederlassungsverordnung 2018 dem Antrag zugeteilt werden können. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass betreffend die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 06.10.2017 bis 19.12.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz anhängig gewesen wäre, welches nunmehr am 17.07.2018 wieder aufgenommen worden wäre und womit die Beschwerdeführerin derzeit zum Aufenthalt nach dem Asylgesetz berechtigt sei. Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NAG würden demnach die Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zurzeit keine Anwendung finden, womit der Antrag abzuweisen gewesen wäre.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Mit der durch ihren Rechtsvertreter gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 17.09.2018 beantragte die Beschwerdeführerin, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem gegenständlichen Antrag vom 01.06.2018 stattgegeben werde, in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.

Begründend führte dazu die Beschwerdeführerin zusammenfassend aus, dass dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28.08.2018 vom zuständigen Referenten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an der Erstaufnahmestelle *** mitgeteilt worden wäre, dass der Antrag der Beschwerdeführerin nach dem Asylgesetz abgewiesen worden wäre und sie nicht nach Dänemark abgeschoben werde. Dieses Schreiben sei infolge des Vorliegens aller relevanten Merkmale als Bescheid zu werten, womit sich ergebe, dass das Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz nach dem Asylgesetz bereits tatsächlich abgeschlossen sei.

Im Übrigen würden auch die sonstigen Voraussetzungen zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Die Beschwerdeführerin verfüge über einen ausreichenden gesetzlichen Krankenversicherungsschutz der dänischen Sozialversicherung bzw. sei sie bei ihrem erwerbstätigen Ehegatten mitversichert, sie weise keine strafgerichtlichen Verurteilungen auf, habe den Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes durch die Eheschließung mit ihrem selbstständig erwerbstätigen Ehegatten erbracht und auch einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachgewiesen. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin zwischenzeitig ein Kind zur Welt gebracht und sei somit zur dauerhaften regelmäßigen Herstellung des Familienlebens im Sinne der EMRK geboten, dem ursprünglichen Antrag stattzugeben.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 20.09.2018, hg. eingelangt am 25.09.2018, legte das Amt der

NÖ Landesregierung dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Verwaltungsakt zur GZ. *** zur Entscheidung über die Beschwerde vor, dies mit der Mitteilung, dass von einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen werde.

Mit E-Mail vom 16.10.2018 legte ergänzend die Beschwerdeführerin dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den mittlerweile ergangenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2018 zur Verfahrenszahl *** vor, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 06.10.2017 gemäß § 4a Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen wurde und sich die Beschwerdeführerin nach Dänemark zurückzubegeben habe.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vom Amt der NÖ Landesregierung vorgelegten Akt zur GZ. ***, durch Einsichtnahme in die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Urkunde sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremden- und Melderegister die Beschwerdeführerin betreffend.

4.   Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin A, geboren am ***, ist Staatsangehörige Syriens und kommt ihr seit dem Jahre 2016 in Dänemark der Status einer Asylberechtigten zu.

Nachdem die Beschwerdeführerin, die bereits seit 23.01.2017 bis dato durchgehend in Österreich hauptwohnsitzgemeldet ist, am 06.10.2017 im Bundesgebiet aufgegriffen wurde, stellte sie hier am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Das daraufhin eingeleitete Verfahren vor dem Bundesamt von Fremdenwesen und Asyl wurde am 19.12.2017 gemäß § 24 Asylgesetz eingestellt und am 16.07.2018 fortgesetzt. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2018 zur Verfahrenszahl *** wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz vom 06.10.2017 gemäß § 4a Asylgesetz schließlich als unzulässig zurückgewiesen und hat sich die Beschwerdeführerin nach Dänemark zurückzubegeben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Am 04.05.2018 ehelichte die Beschwerdeführerin den in Österreich als Konventionsflüchtling anerkannten türkischen Staatsangehörigen C, geboren am ***, und entstammt dieser Ehe die am *** geborene Tochter D.

Mit Antrag datiert vom 01.06.2018 beantragte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf, welche zuständigkeitshalber diesen Antrag am 08.06.2018 an das Amt der NÖ Landesregierung weiterleitete, die Erteilung des Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten und der gemeinsamen Tochter.

5.   Beweiswürdigung:

Sämtliche dieser Feststellungen sind unstrittig und ergeben sich auch aus den unbedenklichen Akteninhalten bzw. aus den eingeholten Auskünften aus dem Zentralen Fremden- und Melderegister.

6.   Rechtslage:

Folgende gesetzlichen Bestimmungen sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:

§ 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

„Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG:

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

         1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

         2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

§ 59 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG):

„(1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.“

§ 62 Abs. 4 AVG:

„(4) Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden kann die Behörde jederzeit von Amts wegen berichtigen.“

§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG):

„(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen, sowie die Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen mit einem Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates (§ 58a).

(2) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für Fremde, die

         1.       nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind oder faktischen Abschiebeschutz genießen oder sich nach Stellung eines Folgeantrages (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) im Zulassungsverfahren (§ 28 AsylG 2005) befinden, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt;

(…)“

§ 8 Abs. 1 Z 2 NAG:

„(1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

         (…)

         2.       Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;

(…)“

§ 12 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005):

(1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.“

§ 24 Abs. 1, 2 und 2a AsylG 2005:

„(1) Ein Asylwerber entzieht sich dem Asylverfahren, wenn

         1.       dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG, §§ 15 oder 15a weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist oder

         2.       er das Bundesgebiet freiwillig verlässt, und das Verfahren nicht als gegenstandslos abzulegen ist (§ 25 Abs. 1) oder

         3.       er trotz Aufforderung zu den ihm vom Bundesamt im Zulassungsverfahren gesetzten Terminen nicht kommt.

(2) Asylverfahren sind einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig. Ist das Verfahren vor dem Bundesamt einzustellen, ist nach § 34 Abs. 4 BFA-VG vorzugehen.

(2a) Bei freiwilliger Abreise des Fremden in den Herkunftsstaat ist das Asylverfahren mit seiner Ausreise einzustellen, es sei denn der Sachverhalt ist entscheidungsreif. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, wenn sich der Fremde nach Einstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG oder § 34 Abs. 1 VwGVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig.“

7.   Erwägungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Der Spruch des angefochtenen Bescheides im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG lautet, dass der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels abgewiesen wird. Begründet wurde diese Entscheidung von der belangten Behörde ausschließlich damit, dass gegenständlich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Z 1 NAG vorliegen würden, sodass das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz nicht Anwendung zu finden habe.

In Fällen, in denen § 1 Abs. 2 NAG Anwendung findet, ist ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen, sohin mit einer Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages vorzugehen (vgl. VwGH 28.08.2008, 2008/22/0072; VwGH 03.04.2009, 2008/22/0448).

Ebendies hat vorausschickend der weiteren rechtlichen Beurteilung nun zum Einen zur Konsequenz, dass mit einer Spruchberichtigung vorzugehen war. Es liegt diesbezüglich auch eine Berichtigungsfähigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG vor, zumal sich offensichtlich die belangte Behörde lediglich im Ausdruck („Abweisung“ anstatt „Zurückweisung“) vergriffen hat und der Wortlaut des Spruchs den Gedanken, den die belangte Behörde offenkundig aussprechen wollte, unrichtig wiedergibt (vgl. VwGH 26.06.2014, 2013/03/0055 mwN). Aus der gesamten Begründung des angefochtenen Bescheides geht eindeutig hervor, dass die belangte Behörde keine inhaltliche Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag getroffen hat und eine solche auch nicht treffen wollte, sondern vielmehr gerade aus Formalgründen – nämlich wegen der von ihr konstatierten Unanwendbarkeit des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – mit verfahrensrechtlichem Bescheid das Verfahren einer Erledigung zuzuführen beabsichtigte. Dementsprechend ist der angefochtene Bescheid auch, obgleich er eben erst mit dem gegenständlichen Erkenntnis in dessen Spruch berichtigt wird, schon in eben dieser berichtigten Form zu lesen, sohin dahingehend, dass der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde zurückgewiesen wurde (vgl. dazu auch VwGH 26.09.2013, 2011/07/0111).

Zum anderen ist demnach die „Rechtssache“ im Sinne der §§ 27 und 28 VwGVG im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nur mehr die Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht der verfahrenseinleitende Antrag selbst oder insbesondere seine allfällige inhaltliche Prüfung und Erledigung. Es ist konkret lediglich zu prüfen, ob die belangte Behörde die sachliche Behandlung des Antrages mangels Geltungsbereichs des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zu Recht verweigert hat und dementsprechend auf dieser Basis die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages zu Recht ergangen ist. Soweit eben die belangte Behörde nur prozessual entschieden hat, kann das Verwaltungsgericht den Prozessgegenstand nicht wechseln und in merito, das heißt in der Sache selbst, entscheiden (VwGH 03.04.2009, 2008/22/0448; VwGH 22.01.2015, Ro 2014/06/0055 uva); im Falle einer inhaltlichen Entscheidung würde in diesem Fall das Verwaltungsgericht die ihm verfahrensrechtlich gesetzten Grenzen überschreiten und das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belasten (vgl. zuletzt VwGH 22.08.2018, Ra 2018/15/004, oder analog VwGH 07.04.2011, 2008/22/0022; VwGH 18.12.2006, 2005/05/0142; VwGH 22.12.2005, 2004/07/0010 uva).

Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, sind zwar bis zur Zulassung des Asylverfahrens nicht zum Aufenthalt berechtigt, genießen jedoch bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung gemäß § 12 Abs. 1 AsylG 2005 faktischen Abschiebeschutz. Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NAG gilt das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz nun unter anderem eben auch nicht für Fremde, die faktischen Abschiebeschutz genießen.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass von der Beschwerdeführerin am 06.10.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, über den erst mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2018 in Form einer Zurückweisung entschieden wurde, wobei dieser Bescheid mittlerweile in Rechtskraft erwachsen ist. Erst mit diesem Zeitpunkt wurde somit rechtskräftig das Asylverfahren die Beschwerdeführerin betreffend beendet. Der verfahrenseinleitende Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels wurde von der Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum des noch anhängigen Asylverfahrens, nämlich am 01.06.2018, gestellt. Soweit sich nun dazu aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, dass zu diesem Zeitpunkt das Asylverfahren nach § 24 AsylG 2005 eingestellt war und erst am 16.07.2018 fortgesetzt wurde, ist festzuhalten, dass gemäß § 12 Abs. 1 AsylG 2005 dem Fremden auch dann faktischer Abschiebeschutz zukommt, wenn das Asylverfahren eingestellt ist, aber noch fortgesetzt werden kann, sohin gemäß

§ 24 Abs. 2 und 2a AsylG 2005 ab dem Zeitpunkt der Einstellung des Verfahrens zwei Jahre noch nicht abgelaufen sind.

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass sowohl zum Zeitpunkt der verfahrenseinleitenden Antragstellung als auch vor allem auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Beschwerdeführerin faktischer Abschiebeschutz zugekommen ist, womit das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz für die Beschwerdeführerin nicht anzuwenden war und sohin von der belangten Behörde die inhaltliche Behandlung des verfahrenseinleitenden Antrages zu Recht nicht erfolgte, sondern vielmehr demzufolge eben dieser verfahrenseinleitende Antrag (richtig) mittels eines verfahrensrechtlichen Bescheides zurückzuweisen war.

Da sich damit – wie oben ausgeführt – die Beschwerdesache und sohin der Prüfungsgegenstand des Verwaltungsgerichtes erschöpft, war spruchgemäß zu entscheiden. Der Beschwerdeführerin steht es frei, nach mittlerweile erfolgten Wegfall des gegenständlichen Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 2 Z 1 NAG infolge der rechtskräftigen (für die Beschwerdeführerin negativen) Beendigung des Asylverfahrens und insbesondere im Hinblick auf den Wegfall des faktischen Abschiebeschutzes einen neuen Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels zu stellen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben, zumal ungeachtet des bezughabenden Parteienantrages der Beschwerdeführerin in deren Beschwerde der verfahrensrelevante und festgestellte Sachverhalt völlig unstrittig ist sowie zudem die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der gegenständlichen Entscheidung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Im Übrigen wird auf die umfangreich zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Schlagworte

Fremden- und Aufenthaltsrecht; Aufenthaltstitel; Rot-Weiß-Rot-Karte-plus; Verfahrensrecht; Antrag; Zurückweisung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1020.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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