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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des ArtIII Abs1 des BG BGBl 678/1991 (BSVG-Novelle) mit E v 16.06.97, G364/96.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 agen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 12. November 1993 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer vom 1. Jänner 1974 bis 10. März 1993 in der Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert war. Dem dagegen erhobenen Einspruch des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. August 1994 keine Folge gegeben. Auch der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 2. März 1995 keine Folge gegeben.
2. Gegen den letztgenannten Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung, hilfsweise die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein "fair trial" geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes hat sie sich zu den Fragen, unter welchen Voraussetzungen vor dem 1. Jänner 1992 eine Meldepflicht der im §2 Abs1 Z1 BSVG genannten Personen bestand und ob die durch die Novelle BGBl. Nr. 678/1991 in diese Bestimmung eingeführte Vermutungsregelung auch für die Unfallversicherungspflicht nach §3 Abs1 Z1 BSVG maßgeblich ist, geäußert.
4. Aus Anlaß der Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 10. Oktober 1996 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs1 Z1 letzter Satz BSVG idF BGBl. Nr. 678/1991 und des ArtIII Abs1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 678/1991 ein. Mit Erkenntnis vom 16. Juni 1997, G364/96, wurde ArtIII Abs1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 678/1991 als verfassungswidrig aufgehoben.
5. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B1471.1995Dokumentnummer
JFT_10029384_95B01471_00