TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/4 LVwG-AV-1171/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.12.2018
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Entscheidungsdatum

04.12.2018

Norm

ABGB §309
AVG 1991 §37
AVG 1991 §45 Abs3
AVG 1991 §59 Abs1
AVG 1991 §66 Abs4
AWG 2002 §2 Abs1
AWG 2002 §15 Abs5
AWG 2002 §15 Abs5a
AWG 2002 §15 Abs5b
AWG 2002 §73 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28
VVG §1 Abs1
VVG §4 Abs1
VVG §10 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde des 1. A und der 2. B, beide vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 08. Oktober 2018, Zl. ***, betreffend Maßnahmenauftrag nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), zu Recht:

1.   Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen. Anlässlich der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid dahingehend konkretisiert, als A und B zur nachweislichen Entfernung und zur ordnungsgemäßen Entsorgung sämtlicher Brandrückstände, vermischt ua. mit Holz-, Metall- und Dämmstoffenteilen, insgesamt ca. 200 m³, welche auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, lagern und wie auf dem nachfolgenden Foto vom 04. Juli 2018 ersichtlich,

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…“

sowie sämtlicher Brandrückstände, vermischt u.a. mit Holz-, Metall- und Dämmstoffenteilen, insgesamt ca. 50 m, welche auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, lagern und wie auf dem nachfolgenden Foto vom 04. Juli 2018 ersichtlich

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…“


bis spätestens 28. Februar 2019 unter Beachtung der Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) verpflichtet werden. Die Frist für die Vorlage der Entsorgungsnachweise wird mit 10. März 2019 festgelegt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 73 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002)

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)

§§ 76ff Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 18. Oktober 2018, Zl. ***, wurden die nunmehrigen Beschwerdeführer wie folgt verpflichtet:

„Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten verpflichtet A und B, vertreten durch RA C, ***, ***, als Verursacher folgende Maßnahmen durchzuführen:

Die auf den Grundstücken Nr. *** und ***, KG ***, gelagerten Abfälle, und zwar

-        ca. 200 m³ Brandreste, Holz, Metalle, Dämmstoffe, welche auf der Kellerdecke auf Grundstück Nr. ***, KG ***, lagern,

und

-        ca. 50 m³ Brandreste, Holz, Metalle, Dämmstoffe, welche auf der Wiese auf Grundstück Nr. *** der KG ***, lagern,

sind nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 30. November 2018 zu entfernen und nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen.

Die Entsorgungsnachweise sind der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten bis längstens 15. Dezember 2018 vorzulegen.

Kosten

Sie werden gleichzeitig verpflichtet, folgende Verfahrenskosten binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten:

Kommissionsgebühren
f.d. Erhebung der technischen Gewässeraufsicht
(1 Amtsorgan, Dauer 2 halbe Stunden)

€ 27,60

 

einzuzahlender Gesamtbetrag: € 27,60“

Gestützt wurde die behördliche Entscheidung insbesondere auf die Überprüfung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft durch die technische Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten am 04. Juli 2018, und wurde deren Gutachten samt Fotodokumentation in die Begründung der behördlichen Erledigung aufgenommen. Nach Wiedergabe der Stellungnahme der nunmehrigen Rechtsmittelwerber zu diesen fachlichen Ausführungen verwies die belangte Behörde auf die ergänzend eingeholte Stellungnahme des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz sowie auf die darauf bezugnehmende Stellungnahme der Einschreiter.

Weiters gab die Verwaltungsbehörde den Inhalt der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz vom 05. Oktober 2018 wieder. Nach Darstellung der Rechtslage nahm die belangte Behörde an, dass die im Zuge des Lokalaugenscheines festgestellten Brandreste, Hölzer, Metalle und Dämmstoffe nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden könnten und somit im gegenständlichen Fall von einer Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 auszugehen sei.

Dass die Lagerungen der oben angeführten Abfälle die nachhaltige Nutzung von Wasser und Boden nachträglich beeinträchtigen können, ergebe sich aus den schlüssigen und fachlichen Stellungnahmen des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz. Weiters nahm die Abfallrechtsbehörde auf ein Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2008 Bezug, wonach die Lagerung von als Abfällen zu qualifizierenden Sachen das öffentliche Interesse am Schutz des Landschafts- oder Ortsbildes dann beeinträchtige, wenn sie nicht bloß dem ästhetischen Empfinden eines bestimmten Einzelbetrachters zuwiderlaufe, sondern von einem Durchschnittsbetrachter, gemessen am Landschafts- oder Ortsbild, als belastend empfunden werde. Die Lagerungen in der gegenständlichen Form seien nicht genehmigt. Überdies sei die Entfernung dieser Lagerungen im öffentlichen Interesse gelegen, weshalb die ordnungsgemäße Entfernung vorgeschrieben werden müsse. Die Frist zur Entfernung stütze sich auf die Stellungnahmen des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In ihrer rechtzeitig, durch ihre rechtsfreundliche Vertretung dagegen erhobenen Beschwerde beantragten die Rechtsmittelwerber, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu die im Bescheid vom 08. Oktober 2018 der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten verbriefte Frist zur Räumung und Entsorgung der dort näher bezeichneten Abfälle zu verlängern.

Begründet wurden diese Anträge wie folgt:

„1. Die bescheiderlassende Behörde stützt den Entfernungs- und Entsorgungsauftrag hinsichtlich der Grundstücke *** und *** der KG *** bis 30.11.2018, insbesondere auf die eingeholten Stellungnahmen der technischen Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 04.07.2018 sowie des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz vom 22.08.2018.

Offensichtlich gibt es weitere Stellungnahme des Amtssachverständigen für

Deponietechnik und Gewässerschutz vom 05.10.2018, welche im angefochtenen Bescheid enthalten ist, den Beschwerdeführern aber nicht mehr zugestellt wurde.

Zusammengefasst geht hier der Sachverständige davon aus, dass ein Gefährdungspotential dieser Brandreste für das Grundwasser nach wie vor vorhanden sei und ordnungsgemäß bzw. fachgerecht zu entsorgen sei. Er schlägt hier eine Frist von 4 Wochen vor.

Bei den beschriebenen Brandreste würde sich um Fahrnisse der Verwirklichung des

objektiven Abfallbegriffes zu § 2 Abs 1 Z 2a AWG 2002 handelt.

Die Behandlung dieser Abfälle sei im öffentlichen Interesse gemäß § 1 Abs 3 Z 2, 3 und 9 AWG 2002 gelegen.

Die Lagerung der oben angeführten Abfälle sei geeignet, die Nutzung von Wasser und Boden zu beeinträchtigen. Die Lagerung von den Abfällen zu qualifizierenden Sachen beeinträchtige auch das öffentliche Interesse am Schutz des Landwirtschafts- und Ortsbildes.

2. Die bescheiderlassende Behörde geht davon aus, dass die nunmehrigen Beschwerdeführer als Verpflichtete im Sinne des § 73 AWG 2002 anzusehen sind.

Verpflichteter im Sinne des § 73 Abs 1 AWG 2002 ist derjenige, der eine

abfallrechtswidrige Handlung in zurechenbarer Weise gesetzt hat (Verursacher). Auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an. Außerdem ist als Verpflichteter nach § 73 Abs 1 Z 2 AWG 2002 derjenige anzusehen, der eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen zu verantworten hat (VwGH 2011/07/0225; VwGH 2010/07/0007).

Für die Eigenschaft als „Verpflichteter“ im Sinne des § 73 Abs 1 AWG 2002 ist

wesentlich (auch ausreichend), ob jemand eine abfallrechtswidrige Handlung in

zurechenbarer Weise gesetzt hat, ob er also in zurechenbarer Weise Abfälle entgegen dem AWG 2002 oder einer nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnung gesammelt, gelagert, befördert, verbracht und behandelt hat (VwGH 2010/07/0144; 2010/07/0109; LVwG-AV-417/001-2017).

Das AWG 2002 stellt somit zur Qualifikation als „Verpflichteter“ im Sinne des § 73

AWG 2002 darauf ab, dass der vom Bescheid Betroffene eine Handlung gesetzt haben muss.

Eine derart gesetzte Handlung setzt ein aktives Tun voraus.

Dies ist im konkreten Sachverhalt genau nicht der Fall.

Es ist unbestritten, dass die nunmehrigen Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des

Brandereignisses im Ausland aufhältig waren und per Telefon durch die Polizei informiert wurden, dass zur Zeit ihr Haus abbrenne.

Dies zeigt aber auch, dass den Beschwerdeführern nicht einmal eine Unterlassung in

irgendeiner Art und Weise vorgeworfen werden kann.

Sie waren schlichtweg nicht zu Hause, als der Brand, dessen konkrete Ursache noch

immer nicht abschließend geklärt ist, verursacht wurde.

3. Wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegt, ist eine Räumung des

gegenständlichen Bauschuttes bis dato schlichtweg aus finanziellen Gründen unterblieben.

Nach wie vor ist das Zivilrechtsverfahren gegen die D AG als

damalige Brandversicherung vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängig.

Es hat zuletzt Anfang November 2018 die vorbereitende Tagsatzung stattgefunden.

Diese Tagsatzung wurde zur Einvernahme von Zeugen und der Bestellung eines

Gutachters auf vorerst unbestimmte Zeit erstreckt.

Die D AG hat bis dato jegliche Zahlung aus der Brandversicherung abgelehnt; dies hat für die nunmehrigen Beschwerdeführer natürlich in finanzieller Hinsicht katastrophale Folgen.

4. Weiters wird seitens der Beschwerdeführer die Unbestimmtheit des gegenständlichen Auftrages im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 08.10.2018 geltend gemacht.

Der Entfernungsauftrag nach § 73 Abs 1 AWG 2002 spricht von „Brandreste, Holz,

Metalle, Dämmstoffe, welche auf der Kellerdecke lagern“ sowie von ca. 50 m³

„Brandreste, Holz, Metalle, Dämmstoffe, welche auf der Wiese“ lagern.

Dieser Auftrag entspricht aber nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs 1 AVG, zumal nicht ersichtlich ist, inwiefern Holz oder angesprochene Metalle, die sich auf dem Grundstück befinden, Abfall im Sinne des AWG 2002 darstellen.

Es handelte sich nun einmal um ein Holzriegelhaus, weshalb Holz und auch Metalle

bereits vor dem Brand auf der Liegenschaft situiert waren.

Nach Auffassung der Beschwerdeführer wäre die erstinstanzliche Behörde verpflichtet gewesen, konkret Gegenstände und bewegliche Sachen zu bezeichnen, welche als Abfälle im Sinne des AWG 2002 angenommen und dem Bescheid zugrunde gelegt werden.

5. Unklar ist auch der Auftrag hinsichtlich der 200 m³ Brandreste, Holz, Metalle und

Dämmstoffe, welche auf der Kellerdecke auf Grundstück *** lagern.

Beim gegenständlich abgebrannten Haus handelte es sich um eine Holzriegelkonstruktion, ein Keller ist gar nicht vorhanden.

Es ist daher ausgeschlossen, dass Materialen auf der Kellerdecke lagern.

6. Weiters angesprochen wurden oben, dass eine Räumung, insbesondere aus finanziellen Gründen bis dato nicht möglich war.

Nach der Rechtsprechung RSpr (LVwG-AV-536/001-2015) ist die Erfüllungsfrist zwar

dann angemessen, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können, allerdings ist dabei auch auf die wirtschaftlichen Umstände soweit Bedacht zu nehmen, als dies die von der Behörde in erster Linie zu wahrenden öffentlichen Interessen nach den Umständen des Einzelfalles zulassen (VwGH 95/05/0308). Die Behörde hat somit bei der Festsetzung der zur Behandlung der Abfälle zu bestimmenden Frist auf die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführer Bedacht zu nehmen.

Die von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzte Frist von 4 Wochen ist hier in keiner Weise angemessen und widerspricht diametral den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer.“

3.   Feststellungen:

Die Rechtsmittelwerber sind Eigentümer des Grundstückes Nr. *** der
KG *** und wurde von ihnen auf dieser Liegenschaft ein Wohnhaus in Holzriegelbauweise errichtet. In der Nacht von 02. Dezember 2017 auf
03. Dezember 2017 brannte dieses Einfamilienhaus völlig nieder. Im Zuge der Löscharbeiten durch die Freiwilligen Feuerwehren wurden ca. 50 m³ Brandrückstände, vermischt u.a. mit Holz-, Metall- und Dämmstoffteilen, auf das Grundstück Nr. *** der KG ***, gebracht, welches im Eigentum der E steht. Ca. 200 m² Brandrückstände, vermischt mit Holz-, Metall- und Dämmstoffteilen, wurden ohne weitere Maßnahmen auf dem im Eigentum der Rechtsmittelwerber stehenden Grundstück zurückgelassen.

Auf Grund des Zustandes dieser Materialien ist eine bestimmungsgemäße Verwendung dieser ausgeschlossen. Durch das hohe Schadstoffpotenzial der Brandrückstande, vermischt u.a. mit Holz-, Metall- und Dämmstoffteilen, kann eine Gefährdung von Boden und Gewässer nicht ausgeschlossen werden, und wurde vom Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz aus diesem Grund die Entfernung und Entsorgung der gesamten Lagerungen binnen einer Frist von vier Wochen am 22. August 2018 gefordert.

4.   Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem verwaltungsbehördlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, insbesondere aus dem Gutachten der technischen Gewässeraufsicht samt umfassender Fotodokumentation, sowie aus den Stellungnahmen des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz, und wird der festgestellte Sachverhalt von den Rechtsmittelwerbern in ihrer Beschwerdeschrift grundsätzlich auch nicht bestritten.

Dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerschutz und Deponietechnik kann zweifelsfrei entnommen werden, dass eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen zum Schutz von Boden und Gewässer durch die verfahrensgegenständlichen Lagerungen möglich ist.

Den fachlichen Ausführungen des im verwaltungsbehördlichen Verfahren bestellten Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz, welche als in sich schlüssig und nachvollziehbar zu bezeichnen sind, wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten (Vergleich zum Erfordernis des Entgegentretens auf gleicher fachlicher Ebene bei Vorliegen eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens z.B. VwGH 25.09.2014, 2012/07/0001), weshalb das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich keinen Grund sieht, an diesen fachlichen Ausführungen zum Gefährdungspotenzial der verfahrensgegenständlichen Lagerungen zu zweifeln.

Dass seit dem Brandereignis von den Rechtsmittelwerbern keine weiteren Maßnahmen getroffen wurden, ergibt sich eindeutig aus der Fotodokumentation vom 07. Juli 2018 und wird Gegenteiliges auch nicht behauptet.

Die Feststellung, dass die Brandrückstande u.a. mit Holz-, Metall- und Dämmstoffteilen vermischt sind, ist insbesondere durch die von der technischen Gewässeraufsicht aufgenommene Fotodokumentation bestätigt. In Zusammenschau mit deren fachlichen Ausführungen und der unbestrittenen Tatsache, dass es sich hierbei um jene Brandreste handelt, welche nach dem Brand des Einfamilienhauses der Einschreiter übrig geblieben sind, ist unzweifelhaft davon auszugehen, dass es sich bei den von der belangten Behörde angeführten Materialien „Holz, Metalle und Dämmstoffe“ um jene Teile der Brandrückstände handelt, welche auf den Fotos dargestellt sind, und nicht um sonstige, noch bestimmungsgemäß zu gebrauchende andere Sachen.

Im Übrigen ist dem Vorbringen der Rechtsmittelwerber im Beschwerdeverfahren zu entnehmen, dass eine ordnungsgemäße Entsorgung der verfahrensgegenständlichen Lagerungen lediglich wegen der angespannten finanziellen Lage der Einschreiter bis dato nicht vorgenommen werden konnte, welche in Folge von Streitigkeiten mit der Brandversicherung bestehen würde. Darüber hinaus wurde vordergründig die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren moniert.

5.   Rechtslage:

§ 28 VwGVG lautet wie folgt:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

         1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG – soweit das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz selbst nichts anderes normiert - die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten stützt sich auf § 73 Abs. 1 Z 1 AWG 2002, welcher wie folgt lautet:

Wenn Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden, hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179). Der objektive Abfallbegriff ist erfüllt, wenn durch die verfahrensgegenständlichen Lagerungen die in § 1 Abs. 3 AWG 2002 normierten öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden könnten. Dabei ist für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Kontamination erforderlich, vielmehr reicht bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 aus (VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088).

Zur Erfüllung des objektiven Abfallbegriffes reicht es zufolge des Verweises in § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 auf § 1 Abs. 3 aus, wenn die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 3 normierten öffentlichen Interessen zu bejahen ist. Das Vorliegen einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden qualifizierten Wahrscheinlichkeit, dass die in Rede stehende Sache die in § 1 Abs. 3 normierten öffentlichen Interessen zu gefährden vermöge, ist nicht erforderlich. Noch weniger ist naturgemäß der tatsächliche Eintritt einer Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 3 normierten öffentlichen Interessen erforderlich. Wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Beeinträchtigung zu rechnen ist, ist bereits von einer qualifizierten Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung und nicht mehr von einer bloßen Möglichkeit einer Beeinträchtigung zu sprechen (Bumberger/Hochholdinger/ Niederhuber/Wolfslehner, AWG 2002², K 24 und K 25 zu § 2).

Nach § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall dann erforderlich, wenn anderenfalls

1.   die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirken können,

2.   Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.   die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.   die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.   Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.   Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.   das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.   die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.   Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

Wie festgestellt wurde vom Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz die möglichst rasche nachweisliche ordnungsgemäße bzw. fachgerechte Entsorgung der Brandrückstände (vermischt u.a. mit Holz-, Metall- und Dämmstoffenteilen) aufgrund deren Schadstoffpotenzial gefordert, um negative Auswirkungen insbesondere auf das Grundwasser zu verhindern. Eine mögliche Bodengefährdung wurde ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Deshalb teilt das Verwaltungsgericht die Rechtsansicht der belangten Verwaltungsbehörde, dass im konkreten Fall der objektive Abfallbegriff gemäß
§ 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 erfüllt ist.

Die Legaldefinition des § 2 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 bestimmt, dass „Abfallbesitzer“ der Abfallerzeuger oder jede Person, welche die Abfälle innehat, ist, sodass aufgrund dieser Bestimmung ein Besitzwille – im Unterschied zur zivilrechtlichen Rechtslage – nicht erforderlich ist. Den ErläutRV 1005 GP XXIV zu BGBl I Nr. 9/2011 ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber klargestellt hat, dass Voraussetzung für die Innehabung (Sachherrschaft) und den Abfallbesitz einer Person an Abfällen ist, wenn sich die Abfälle in ihrem Herrschaftsbereich befinden, wobei sich die Gewahrsame nach der Verkehrsauffassung bestimmt. Es geht hierbei keineswegs um die ständige körperliche Verfügung des Inhabers über die Sache, sondern lediglich um die Tatsache, dass Gegenstände, die sich in einem bestimmten Bereich einer Person befinden, von anderen erfahrungsgemäß als fremdes Gut geachtet werden. Unbestritten waren die Rechtsmittelwerber vor Ausbruch der Feuersbrunst Eigentümer des nunmehr zerstörten Einfamilienhauses, welches in ihrem Auftrag auf dem in ihrem Besitz stehenden Grundstück Nr. ***, KG ***, errichtet worden ist.

Die auf dem Grundstück Nr. *** der KG *** gelagerten Brandrückstände aus dem Brand dieses Hauses, welche von der Freiwilligen Feuerwehr im Zuge der Löscharbeiten auf dieses verbracht wurden, sowie jene, welche auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer zurückgelassen wurden, stehen zweifelsfrei im Abfallbesitz der Einschreiter: Keinesfalls wurde die Marktgemeinde ***, welche sich iSd § 4 Abs. 1 NÖ Feuerwehrgesetz 2015 (NÖ FG 2015) bei der Brandbekämpfung im Rahmen der Besorgung der örtlichen Feuerpolizei der Freiwilligen Feuerwehr als Hilfsorgan bediente, Abfallbesitzer der durch das Brandereignis entstandenen Brandrückstände, vermischt mit anderen beim Hausbrand zurückgebliebenen Materialien. Für die Annahme, der Liegenschaftseigentümer bzw. der frühere Eigentümer des in Brand geratenen Hauses wäre in einem solchem Fall von der Verpflichtung zur Entsorgung der Brandreste befreit, fehlt es an jeder sachlichen Rechtfertigung (so VwGH 21.11.2012, 2009/07/0117).

Grundsätzlich ist der Prüfungsumfang der Verwaltungsgerichte durch § 27 VwGVG beschränkt, und zwar dahingehend, dass vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der angefochtene Bescheid auf Grund des Beschwerdevorbringens zu prüfen ist. Wegen der aus § 28 Abs. 2 VwGVG abgeleiteten Pflicht zur meritorischen Entscheidung ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen haben, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

„Sache des Verwaltungsverfahrens“ – und somit des Beschwerdeverfahrens – ist somit die Frage der Notwendigkeit von Maßnahmenaufträgen gemäß § 73 AWG 2002 betreffend die verfahrensgegenständlichen Abfalllagerungen.

Soweit die Rechtsmittelwerber bestreiten, nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 verpflichtet werden können, ist darauf hinzuweisen, dass für die Eigenschaft als „Verpflichteter“ iSd § 73 Abs. 1 leg. cit. wesentlich ist, ob derjenige in zurechenbarer Weise Abfälle entgegen dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 oder einer nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnung gesammelt, gelagert, befördert, verbracht und behandelt hat. Für einen Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist damit Voraussetzung, dass eine abfallrechtswidrige Handlung in zurechenbarer Weise gesetzt wird. Für die Stellung als Verpflichteter ist es nicht erforderlich, dass er hinsichtlich der betroffenen Abfälle einen Besitzwillen iSd § 309 ABGB hat (VwGH 28.11.2013, 2010/07/0109).

Die verfahrensrelevanten Behandlungspflichten sind in § 15 AWG 2002 wie folgt definiert:

Gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von 1. hierfür genehmigten Anlagen oder 2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

Nach § 15 Abs. 5 AWG 2002 hat der Abfallbesitzer die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben, wenn er zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande ist. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.

§ 15 Abs. 5a AWG regelt Folgendes:

Der Abfallbesitzer ist dafür verantwortlich, dass

a)

die Abfälle an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergeben werden und

b)

die umweltgerechte Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle explizit beauftragt wird.

Wer Abfälle nicht gemäß Abs. 5a übergibt, kann gemäß § 15 Abs. 5b leg. cit. bis zur vollständigen umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle als Verpflichteter gemäß § 73 Abs. 1 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden.

Seit der (am 16. Februar 2011 in Kraft getretenen) Novelle zum AWG 2002, BGBl. I Nr. 9/2011, kann ein Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 auch bei Zuwiderhandeln gegen die in § 15 Abs. 5a AWG 2002 genannten Verpflichtungen erteilt und eine Stellung als "Verpflichteter" im Falle des § 15 Abs. 5b AWG 2002 mit der Verletzung der Verpflichtung zur Übergabe von Abfällen an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder
-behandler nach § 15 Abs. 5a leg. cit. begründet werden (vgl. VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0067). Ist nämlich der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er gemäß § 15 Abs. 5 erster Satz leg. cit. die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben, wofür in § 15 Abs. 5 zweiter Satz leg. cit. bestimmte Fristen normiert sind (VwGH 24.04.2018, Ra 2016/05/0100).

Dem im behördlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz ist zu entnehmen, dass bereits im
August 2018 eine Entfernung der Brandrückstände von den inkriminierten Liegenschaften ehestmöglich gefordert wurde, um zu verhindern, dass das Schutzgut Grundwasser tatsächlich beeinträchtigt wird. Eine Gefährdung des Schutzgutes Boden wurde ebenfalls nicht ausgeschlossen und wurde deshalb iSd § 15 Abs. 5 AWG 2002 eine Entfernung innerhalb von vier Wochen aus fachlicher Sicht als notwendig erachtet.

Nachdem die Beschwerdeführer wie festgestellt es unterlassen haben, die nach § 15 Abs. 5a AWG 2002 gebotene Entfernung der Brandrückstände zu veranlassen, geht ihr Vorbringen ins Leere, sie hätten keine abfallrechtswidrige Handlung in zurechenbarer Weise gesetzt.

Die Bezirksverwaltungsbehörde muss dem Verpflichteten die „erforderlichen Maßnahmen“ gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 auftragen. Welche Maßnahme „erforderlich“ ist, muss der gebrochenen abfallrechtlichen Norm entnommen werden.

So hat das Höchstgericht zur Vorgängerbestimmung des § 73 Abs. 1 AWG 2002, nämlich zu § 32 Abs. 1 AWG 1990, ausgesprochen, dass mit den „entsprechenden“ Maßnahmen jene Verhaltensweisen umschrieben werden, die die Erfüllung der missachteten abfallrechtlichen Verpflichtung nach sich ziehen, wobei diese Maßnahmen nach der jeweiligen missachteten Verpflichtung oder im Hinblick auf § 1 Abs. 3 leg. cit. nach Gesichtspunkten der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu bestimmen sind (VwGH 09.11.2006, 2003/07/0083 mwN).

Dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten ist zu entnehmen, dass aus boden- und gewässerschutztechnischer Sicht die Entfernung der gesamten Brandrückstände (samt den vermischt gelagerten, mitzerstörten anderen Materialien) notwendig ist. Aus diesem Grund ist es grundsätzlich irrelevant, ob sich unter den Lagerungen eine Kellerdecke noch befindet oder nicht (weil eine solche vom Entfernungsauftrag ohnehin nicht umfasst wäre). Wesentlich ist, dass alle zurückgebliebenen Brandrückstände, vermischt mit anderen zerstörten Materialien, zu entfernen sind und war deshalb der Umfang des Maßnahmenauftrages in diesem Sinne zu konkretisieren.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die Hauptfrage u.a. in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung zu erledigen. Die von § 59 Abs. 1 AVG geforderte Deutlichkeit bedeutet für Leistungsbefehle Bestimmtheit – nicht bloß Bestimmbarkeit – in dem Sinne, dass auf Grund des Bescheides, ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens und neuerlicher Entscheidung, eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann (vgl. VwGH vom 11.10.1990, 90/06/0066).

Um diesen gesetzlichen Anforderungen zu genügen war der angefochtene Maßnahmenauftrag dahingehend zu präzisieren, als die gesamten im Spruch durch Lichtbilder konkretisierten Lagerungen zu entfernen sind. Zu dieser Änderung ist das erkennende Gericht bei seiner reformatorischen Entscheidung berechtigt, als sich dadurch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht ändert.

Für die Bestimmtheit einer Verpflichtung reicht es nämlich aus, wenn sie - allenfalls unter Beiziehung von Fachleuten – bestimmbar ist (VwGH 17.12.2014, 2013/10/0247). Ein Maßnahmenauftrag, der vorschreibt, dass zur Erfüllung des verwaltungsbehördlichen Auftrages die gesamte Lagerung zu entfernen ist, ist sowohl für die Beschwerdeführer als auch für Fachleute jedenfalls bestimmbar und bedürfte es hierfür für eine Vollstreckung des Bescheides keiner neuerlichen behördlichen Entscheidung.

An der verwaltungsbehördlichen Entscheidung, die verfahrensgegenständlichen Abfalllagerungen ordnungsgemäß und nachweislich zu entfernen, kann daher keine Rechtswidrigkeit erkannt werden, da nur so die Erfüllung der bislang missachteten, zitierten abfallrechtlichen Verpflichtung garantiert ist.

Aufgrund des Zeitablaufes der von der belangten Behörde festgelegten Paritionsfristen waren diese im Sinne des § 59 Abs. 2 AVG neu festzusetzen. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, wonach die neu festgesetzten Fristen nicht ausreichend wären. Die Frist für die Durchführung des Maßnahmenauftrages wurde entsprechend der Dauer des Rechtsmittelverfahrens angepasst, wobei hierbei berücksichtigt wurde, dass aufgrund des festgestellten Schadstoffpotenzials der Brandrückstände vom Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz bereits im August 2018 eine Entfernung und Entsorgung innerhalb einer Frist von vier Wochen im Hinblick auf die gefährdeten Schutzgüter Boden und Gewässer gefordert wurde. Auch mussten bei der Festsetzung der Frist die Jahreszeit bedingten Unsicherheiten in den nahenden Wintermonaten beachtet werden.

In diesem Konnex ist festzuhalten, dass § 73 Abs. 1 AWG 2002 keine Ermessensbestimmung darstellt und ergo auch keine Interessensabwägung vorzunehmen ist, zumal die Abfallrechtsbehörde die im öffentlichen Interesse erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben hat. Mit der Verankerung des Wortes „erforderlich“ hat der Gesetzgeber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der zu erteilende Maßnahmenauftrag auf seine Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist, also ob dieser in Hinblick auf dessen verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist.

Soweit die Einschreiter die Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Lage bei der Bemessung der Leistungsfrist vermissen, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass Behandlungsaufträge nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 unabhängig von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Verpflichteten zu ergehen haben (so VwGH 09.11.2006, 2003/07/0083). Demnach ist bei der Festlegung der Erfüllungsfrist vordergründig, bis zu welchem Zeitpunkt die Leistung zur Verfolgung der öffentlichen Interessen umgesetzt werden muss.

Im von den Rechtsmittelwerbern zitierten Erkenntnis des Landesverwaltungs-gerichtes Niederösterreich vom 17. August 2016, LVwG-AV-536/001-2015, wurde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach zwar die Erfüllungsfrist dann angemessen ist, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können, allerdings ist dabei auch auf die wirtschaftlichen Umstände soweit Bedacht zu nehmen, als dies die von der Behörde in erster Linie zu wahrenden öffentlichen Interessen nach den Umständen des Einzelfalles zulassen. Insbesondere wurde ausgesprochen, dass die festzusetzenden Fristen nicht so bemessen sein müssten, dass sie gewährleisten, dass die beiden Beschwerdeführer die erforderlichen Kosten für die Behandlung der Abfälle in diesem Zeitraum lediglich durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft aufbringen (verdienen) können. Im gegenständlichen Beschwerdefahren liegt aber – wie oben ausgeführt - eine Gefährdung insbesondere des Schutzgutes Grundwasser vor, welche im Einzelfall zu beachten ist.

Angesichts des Umfanges des Entfernungsauftrages ist die gesetzte Frist objektiv geeignet, den Verpflichteten unter Anpassung aller ihrer Kräfte die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen. Wegen der Dauer des konsenswidrigen Zustandes (das Brandereignis fand vor einem Jahr statt) und der Gefährdung des Schutzgutes Grundwasser kann eine längere Frist aus objektiven Gründen nicht gewährt werden.

Zur behördlichen Kostenentscheidung ist auf § 76 Abs. 2 letzter Satz AVG zu verweisen, wonach in den Anwendungsbereich dieser Norm primär Amtshandlungen fallen, die in einem verwaltungspolizeilichen Auftragsverfahren vorgenommen werden. Das hierfür erforderliche Verschulden kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere darin erblickt werden, wenn der Beteiligte einen konsenslosen Zustand herstellt oder verwaltungspolizeiliche Anordnungen nicht befolgt (Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 76 Rz 50f).

Zu den in der Beschwerdeschrift monierten verfahrensrechtlichen Mängeln im behördlichen Verfahren ist Folgendes festzuhalten: Die ständige Rechtsprechung des VwGH, wonach eine im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Verletzung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren saniert werden kann, wird auf das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen - eine im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erfolgte Verletzung des Parteiengehörs kann dann durch die mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert werden, wenn der damit bekämpfte Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergegeben hat (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0056). Unbestritten wurde von der belangten Behörde das ergänzende Gutachten vom 05. Oktober 2018 in ihrer Begründung vollständig wiedergegeben. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass es der Partei obliegt, im Zuge der Erhebung des Rechtsmittels an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken, d.h. den Tatsachenfeststellungen der bescheiderlassenden Behörde konkret entgegenzutreten. Soweit dies erforderlich ist, hat die Partei dabei von ihrem Recht auf Akteneinsicht (z.B. bezüglich der Unterlagen, auf welche die Sachverständigen ihre Gutachten gründen) Gebrauch zu machen (Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 45, RZ 39f).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde weder seitens der Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde beantragt und konnte die Verhandlung schon zufolge des § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung auf diesen Fall bezogen auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen würde und dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegensteht.

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen z.B. VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. z.B. VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Behandlungsauftrag; Verfahrensrecht; Vollstreckung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1171.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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