TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/20 99/19/0120

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Veröffentlicht am 20.08.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §10 Abs1 Z3;
FrG 1997 §10 Abs2;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;
MRK Art8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des 1984 geborenen LS in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. April 1999, Zl. 124.508/2-III/11/99, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. April 1999 wurde der am 4. Februar 1998 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 Z. 3 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen. Im Kopf dieses Bescheides wird eine inländische Adresse des Beschwerdeführers angeführt. Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung des zweitgenannten Versagungsgrundes aus, gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG 1997 sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen, wenn dieser, von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Der Beschwerdeführer habe zwar am 4. Februar 1998 den in Rede stehenden Antrag "via ÖGK Krakau" eingebracht, er sei jedoch in der Folge als polnischer Staatsangehöriger sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist. Mit der gegenständlichen Antragstellung wolle er seinen mit einer sichtvermerksfreien Einreise begonnenen Aufenthalt im Bundesgebiet verlängern. Auch habe der Beschwerdeführer seit 1993 regelmäßig in Österreich Schulen besucht, woraus sich ergebe, dass er die Zeit des zulässigen dreimonatigen Aufenthaltes überschritten habe. Gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 könne Fremden ein Einreise- und Aufenthaltstitel auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund wirksam werde. Bei Einräumung des in § 8 Abs. 1 FrG 1997 eingeräumten Ermessens sei nach den Kriterien des § 8 Abs. 3 leg. cit. vorzugehen. Im Falle des Beschwerdeführers sei den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen Priorität einzuräumen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, sein Vater habe die Familie bereits 1989 verlassen. Seine Mutter sei mit dem Vater nicht mehr in Kontakt. Seine Mutter sei 1989 nach Österreich gezogen. Sie habe den Beschwerdeführer in der Obhut von Angehörigen in Polen zurückgelassen. Die Möglichkeit der Beaufsichtigung des minderjährigen Beschwerdeführers sei jedoch in der Folge weggefallen. Die Mutter des Beschwerdeführers sei daher gezwungen gewesen, diesen zu sich zu nehmen. In rechtlicher Hinsicht setzt sich die Beschwerde ausschließlich mit dem von der belangten Behörde ebenfalls herangezogenen Versagungsgrund des § 21 Abs. 3 FrG 1997 auseinander.

Es kann aber dahinstehen, ob die belangte Behörde die Versagung der Bewilligung zu Recht auch auf § 21 Abs. 3 FrG 1997 gestützt hat, weil schon die Versagung aus dem Grunde des § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG 1997 nicht als rechtswidrig zu erkennen ist:

Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Bescheidfeststellung, er sei im Anschluss an die Antragstellung am 4. Februar 1998 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist, halte sich seither in Österreich auf und wolle mit dem gegenständlichen Antrag seinen Aufenthalt im Bundesgebiet verlängern, nicht entgegen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Jänner 1999, Zl. 98/19/0229, mit näherer Begründung ausgeführt hat, ist für die Frage, ob der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG 1997 vorliegt, maßgebend, dass sich der Fremde im Anschluss an eine sichtvermerksfreie Einreise im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Bundesgebiet aufhält, ohne dass er zwischenzeitig eine Berechtigung zum Aufenthalt aufgrund eines gewöhnlichen Sichtvermerkes, einer Aufenthaltsbewilligung, oder aber eines Aufenthaltstitels oder eines Aufenthaltsvisums (Visum D) nach dem FrG 1997 erlangt hätte.

Da der Beschwerdeführer nicht bestreitet, sich im Anschluss an eine sichtvermerksfreie Einreise im Bundesgebiet aufzuhalten und für die Ausstellung von Berechtigungen zum Aufenthalt an ihn keine Anhaltspunkte bestehen, ist der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG 1997 wirksam geworden.

Diesfalls ist die Erteilung einer Bewilligung nach § 8 Abs. 1 FrG 1997 ausgeschlossen. Eine Ermessensübung unter Berücksichtigung der in § 8 Abs. 3 FrG 1997 genannten Kriterien hat diesfalls (entgegen der Ansicht der belangten Behörde) nicht zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0233, welches auf sämtliche Versagungsgründe des § 10 Abs. 1 leg. cit. Bezug nimmt).

Insoweit das Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdeführers darauf abzielen sollte, durch Art. 8 MRK geschützte Interessen aufzuzeigen, vermag es der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG 1997 gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf derartige Interessen nicht zu erfolgen hat (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1999).

Sollte mit diesem Beschwerdevorbringen allerdings dargelegt werden, dass im Falle des Beschwerdeführers besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 10 Abs. 4 FrG 1997 vorlägen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der Abweisung des gegenständlichen Antrags die in § 10 Abs. 4 FrG 1997 geschaffene Möglichkeit, unter näher umschriebenen Voraussetzungen trotz Vorliegens des in Rede stehenden Versagungsgrundes von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, nicht entgegensteht. Ein subjektives Recht auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels gemäß § 10 Abs. 4 FrG 1997 besteht allerdings nicht. Eine Anwendung dieser Gesetzesbestimmung setzte im Übrigen das Vorliegen eines entsprechenden Sachverhaltes voraus (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1999).

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 20. August 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999190120.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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