Entscheidungsdatum
11.06.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L507 2165667-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2017, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 02.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.07.2015 und bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 10.04.2017 brachte der Beschwerdeführer zusammenfassend vor, dass er Staatsangehöriger des Irak und moslemischen (schiitischen) Glaubens sei. Der Beschwerdeführer sei ledig, habe keine Kinder und habe gemeinsam mit seinen Geschwistern und seinen Eltern in einem Haus in Bagdad gelebt.
Der Vater des Beschwerdeführers sei Finanzmanager XXXX. Mitglieder der Miliz Saraya al-Salam hätten vom Vater des Beschwerdeführers verlangt, dass er ihnen eine "Extraunterstützung" gewähren solle; dies habe der Vater des Beschwerdeführers in seiner Funktion als Finanzmanager XXXX verweigert. Aus diesem Grund hätten Mitglieder der Miliz Saraya al-Salam im Februar 2015 versucht, den Beschwerdeführer zu entführen; dem Beschwerdeführer sei es aber gelungen, sich loszureißen und zu seiner Tante zu flüchten, wo er sich versteckt habe. Aufgrund dieses Vorfalls habe der Vater des Beschwerdeführers beschlossen, dass der Beschwerdeführer den Irak verlassen müsse.
Zum Beweis seines Vorbringens brachte der Beschwerdeführer ein Konvolut von verschiedenen Schriftstücken in arabischer Sprache in Vorlage (AS 145 bis 151 und AS 157 bis 165).
Eine Anordnung betreffend eine Übersetzung der vom Beschwerdeführer in arabischer Sprache vorgelegten Schreiben bzw. Übersetzungen dieser Schreiben in die deutsche Sprache finden sich im Akt des BFA nicht.
2. Mit Bescheid des BFA vom 05.07.2017, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).
Im angefochtenen Bescheid wurden unter anderem folgende Beweismittel aufgezählt:
-
2 Dienstausweise v. Vater
-
-Nachweise über das Arbeitsverhältnis ihres Vaters in Kopie
Dazu traf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter anderem die Feststellung, dass der Vater des Beschwerdeführers seit 03.03.2015 die Funktion als Leiter der Buchhaltung innehabe.
Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Funktion seines Vaters verfolgt worden sei. Weiters könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung ausgesetzt gewesen sei.
Der vom Beschwerdeführer zur Begründung des Asylantrages vorgebrachte Fluchtgrund könne nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.
Beweiswürdigend wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid unter anderem folgendes wörtlich ausgeführt:
"[...]
Untermauert werden ihre widersprüchlichen und unglaubwürdigen Aussagen dadurch, dass weder ein inhaltlicher noch ein zeitlicher Zusammenhang von der erkennenden Behörde erkannt wurde, da es erstens nicht glaubwürdig ist, dass sie am nächsten Tag problemlos und ohne jegliche Verfolgung durch die Saraya al-Salam nach Hause kehren [sic!] konnten und zweitens ihr Vater erst mit 03.03.2015 die Funktion als Leiter der Buchhaltung - laut vorgelegten Nachweis - innehat. Somit konnte festgestellt werden, dass ihre Angaben im gesamten Verfahren nicht der Wahrheit entsprechen und sie die erkennende Behörde in die Irre führten.
Unterstrichen wird die Ansicht der erkennenden Behörde über ihre unglaubwürdigen Angaben dadurch, dass kein Vater, der genau die Brutalität und Vorgangsweise der schiitischen Miliz Saraya al-Salam kennt, seinen einzigen Sohn auffordert, nach Hause zu kehren [sic!], nur weil er ihn bei sich haben möchte und er der einzige Sohn ist.
Hätten sie und ihr Vater tatsächlich eine unmittelbare Gefahr für ihr Leben vermutet, so hätten sie wohl nicht drei Monate mit Vorbereitungen zugebracht und gewartet bis ihr Onkel in der Türkei war, vor allem, wenn die Miliz Saraya al-Salam tatsächlich den von ihnen behaupteten allumfassenden Einfluss haben würde. In diesem Fall würde ihr Aufenthalt ausgerechnet im Elternhaus diese wohl nicht von einem neuerlichen Versuch abhalten, sie neuerlich zu entführen, da dies wohl der erste Ort wäre, an dem man nach ihnen suchen würde. Genau das ist nach ihren eigenen Angaben eben nicht geschehen und sie wurden weder in diesen drei Monate bzw. auch nicht nach ihrer Ausreise jemals von der Miliz Saraya al-Salam bedroht oder aufgesucht.
Aus der vorangegangenen, ausführlichen Würdigung schließt erkennende Behörde, dass in ihrem Fall keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung in ihrem Heimatland vorliegt.
[...]"
In der rechtlichen Beurteilung wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid unter anderem folgender - unverständlicher und grammatikalisch fehlerhafte - Absatz angeführt:
"Die von ihnen geltend gemachten bzw. befürchtete Verfolgung durch Miliz Saraya al-Salam können ihre Flüchtlingseigenschaft nicht begründen, da weder eine hohe Verfolgungsintensität, noch nicht vorhandene Vermeidungsmöglichkeit für sie gegeben waren. Um den Schutz des Staates zu erhalten entspricht es der Allgemeinnotorietät, dass man diesen auch in Anspruch nehmen muss. Dies haben sie nicht einmal versucht."
3. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 10.07.2017 persönlich zugestellten Bescheid wurde am 24.07.2017 fristgerecht Beschwerde erhoben und die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung beantragt.
Begründend wurde unter anderem Folgendes ausgeführt:
"[...]
Die belangte Behörde stellt fest, dass das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers unwahr ist, weil aus einer Bestätigung, welche der Beschwerdeführer vorgelegt hat hervorgehen soll, dass sein Vater erst mit 03.03.2015 die Funktion als Leiter der Buchhaltung innehat.
Es wird der Antrag gestellt, dass diese Bestätigung in der mündlichen Verhandlung neuerlich übersetzt und ausgewertet wird, da an der Auswertung der belangten Behörde erhebliche Zweifel bestehen, da laut Auskunft des Beschwerdeführers, dessen Vater schon seit langem eine Leitungsposition innehat.
Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer niemals vorgebracht, dass er aufgrund der Tätigkeit seines Vaters als Leiter der Buchhaltung entführt hätte werden sollen, sondern aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Finanzmanager XXXX. Ein Zusammenhang zwischen einer vermeintlichen Beförderung des Vaters ab 03.03.2015 und der versuchten Entführung kann überhaupt nicht hergestellt werden, daher hat auch dieses Argument der belangten Behörde keinen Begründungswert.
[...]"
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).
Gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2.2. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen relevanter behördlicher Sachverhaltsermittlungen. Hinsichtlich dieser Voraussetzung gleicht die Bestimmung des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG jener des § 66 Abs. 2 AVG, der als - eine - Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung gleichfalls Mängel der Sachverhaltsfeststellung normiert, sodass insofern - auch wenn § 66 Abs. 2 AVG im Gegensatz zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG als weitere Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraussetzt - auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG zurückgegriffen werden kann.
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
3. Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Der Beschwerdeführer stützte sein Vorbringen insbesondere darauf, dass er aufgrund der Weigerung seines Vaters in seiner Funktion als "Finanzmanager XXXX" der Miliz Saraya al-Salam eine - dieser nicht zustehende - finanzielle Zuwendung zu gewähren, von Mitgliedern der Miliz Saraya al-Salam als Alarm entführt werden hätte sollen.
Vom Beschwerdeführer wurde zu Beweiszwecken bzw. zur Untermauerung seines Vorbringens ein Konvolut von Schreiben in arabischer Sprache in Vorlage gebracht.
Ohne jedoch eine Übersetzung dieser Schreiben in die deutsche Sprache zu veranlassen und sich im Ermittlungsverfahren mit diesen in Vorlage gebrachten Beweismittel auseinander zu setzen bzw. im Rahmen einer Einvernahme dem Beschwerdeführer eine Möglichkeit einzuräumen, sich zu den in Vorlage gebrachten Beweismittel zu äußern, traf die belangte Behörde sogleich eine Sachentscheidung.
Obwohl die belangte Behörde weder die Übersetzung der vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Beweismittel in die deutsche Sprache veranlasst hat, kam sie im angefochtenen Bescheid in den beweiswürdigenden Ausführungen zu dem Ergebnis, dass die gesamten Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft seien.
Da es die belangte Behörde unterlassen hat, die vom Beschwerdeführer in arabischer Sprache in Vorlage gebrachten und für die Beurteilung der Rechtssache relevanten Bescheinigungsmittel in die deutsche Sprache übersetzen zu lassen, war jedoch jegliche inhaltliche Auseinandersetzung hiermit unmöglich. Insbesondere bleibt auch im Verborgenen, worauf die belangte Behörde die Feststellung stützt, dass der Vater des Beschwerdeführers seit dem 03.03.2015 die Funktion als Leiter der Buchhaltung - von welcher Buchhaltung der Vater des Beschwerdeführers der Leiter sei, geht aus dem angefochtenen Bescheid auch nicht hervor - innehabe.
Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln sowohl in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret und gezielt gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfolgung maßgeblicher Intensität als auch in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer realen Gefahr, inwiefern eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Irak für den Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Irak für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers unter dem Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten oder der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten als so mangelhaft, dass weitere notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes diesbezüglich unerlässlich erscheinen.
Damit hat die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Ermittlungen teils gänzlich unterlassen, wobei diese Ermittlungen nunmehr durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden müssten.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist und weil eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll.
Da der maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Unterlassung notwendiger Ermittlungen der belangten Behörde nicht feststeht und diese Ermittlungstätigkeit sowie die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (erstmals) durch das Bundesverwaltungsgericht selbst vorgenommen werden müsste, war gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde vorzugehen.
Die belangte Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren - nach erfolgter Übersetzung der in arabischer Sprache in Vorlage gebrachten Dokumente und Schriftstücke in die deutsche Sprache und einer neuerlichen Einvernahme des Beschwerdeführers - mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sachverhalt - insbesondere mit der Funktion bzw. beruflichen Tätigkeit seines Vaters (war er Finanzmanager XXXX oder Leiter einer bisher nicht näher genannten Buchhaltung) - auseinander zu setzen haben.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsbehörde (lediglich) an die rechtliche Beurteilung des gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtes gebunden ist (s. § 28 Abs. 3,
3. Satz VwGVG; vgl. auch z.B. VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0010, VwGH 08.07.2004, Zl. 2003/07/0141 zu § 66 Abs. 2 AVG); durch eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG tritt das Verfahren aber in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hatte (Wirkung der Aufhebung ex tunc,
s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) Anm. 14 zu § 28 VwGVG; vgl. auch 22.05.1984, Zl. 84/07/0012), sodass die belangte Behörde das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete weitere Parteivorbringen zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs. 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass dieses ergänzt bzw. vervollständigt wird.
4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen in der Beschwerde feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen war.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) ab. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.
Schlagworte
Bescheinigungsmittel, Beweiswürdigung, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L507.2165667.1.00Zuletzt aktualisiert am
23.01.2019