TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/30 I407 2009062-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §13
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §52 Abs1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2009062-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2018, Zl. 821789603/150438335, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.05.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, welcher den eigenen Angaben zufolge bereits im Jahr 2004 in Griechenland einen Asylantrag gestellt hatte, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 07.12.2012 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei seiner Erstbefragungen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.12.2012 erklärte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt, dass er eine muslimische Freundin gehabt habe, welche von ihm schwanger geworden sei. Als die Familie seiner Freundin von der Schwangerschaft erfahren habe, habe sie ihn mit dem Umbringen bedroht, weswegen er das Land verlassen habe.

3. Am 12.12.2012 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen und wiederholte aufgrund der Schwangerschaft seiner Freundin mit deren muslimischen Familie Probleme gehabt zu haben und mit dem Umbringen bedroht worden zu sein.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2012, Zl. 12 17.896-BAT, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz vom 07.12.2012 gemäß § 3 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.). ¿

5. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 08.03.2013, Zl. A15 431823-1/2013/4E, gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet abgewiesen.

6. Mit angefochtenem Ladungsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2014, Zl. 821789603-14000484 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am 13.06.2014 im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, 1080 Wien, Hernalser Gürtel 6-12 als Partei persönlich zu erscheinen. Als Ladungsgrund wurde eine vorzunehmende Identitätsprüfung ausgeführt.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 12.06.2014 Beschwerde, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.11.2014, Zl. I405 2009062-1/2E als unbegründet abgewiesen wurde.

8. Der Beschwerdeführer stellte am 29.04.2015 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner schriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer an, einen neuerlichen Asylantrag zu stellen, da er homosexuell sei und dies in Nigeria verboten sei. Er habe dies in der Einvernahme aus Angst verschwiegen und würde sich für seine sexuelle Orientierung schämen. Bei einer Rückkehr befürchte er inhaftiert und von der Gesellschaft gemieden zu werden. Aufgrund der andauernden Stresssituation habe er auch psychologischer Probleme.

9. Am 27.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und gab neuerlich befragt nach seinen Fluchtgründen an, dass sein Bruder 2004 in einem Bus zwischen Lagos City und Benin City getötet worden sei. 2017 seien die Leute vom Geheimdienst in Lagos City von Tür zu Tür gegangen und hätten willkürlich Menschen getötet. Im selben Jahr seien Menschen in einer Kirche in Anambra State, seinem Staat, von Boko Haram erschossen worden. Zudem sei er homosexuell und habe in Biafra gekämpft. Die Regierung töte Menschen, die für die Unabhängigkeit für Biafra gekämpft haben.

10. Mit dem Bescheid vom 28.02.2018, Zl. 821789603/150438335, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung ((Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VII.). Ferner wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 31.03.2016 verloren hat (Spruchpunkt VIII.). Außerdem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.). Begründet wurde der Bescheid mit der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens.

11. Mit Schriftsatz vom 28.03.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Begründet wurde die Beschwerde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge ihm nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung Asyl zumindest aber subsidiären Schutz zuerkennen und seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen sowie das gegen ihn verhängte Einreiseverbot für die Dauer von drei Jahren zur Gänze beheben, in eventu auf ein angemessenes Maß herabsetzen.

12. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 06.04.2018 vorgelegt.

13. Am 16.05.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer der Beschwerdeführer ein weiteres Mal zum Sachverhalt befragt wurde. Der Beschwerdeführer gab an, in Österreich einen festen Freund zu haben, jedoch nicht mit diesem zusammenzuleben. Sein damaliger Fluchtgrund sei eine Verfolgung durch Muslime gewesen, die aktuellen Ereignisse in Nigeria, wie die Verfolgung durch Boko Haram oder andere Geheimgesellschaften seien später dazugekommen. Zudem sei er in Gefahr, weil er den IBOB, den Einheimischen von Biafra, angehöre und für die Unabhängigkeit Nigerias kämpfe und seit seiner Jugend homosexuell sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der I(g)bo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist, abgesehen von einem erhöhten Blutdruck, gesund und arbeitsfähig.

Er hält sich spätestens seit dem Tag seiner ersten Asylantragstellung am 07.12.2012 in Österreich auf. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2012, Zl. 12 17.896-BAT, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz negativ entschieden.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Es konnte nicht festgestellt waren, dass der Beschwerdeführer in Österreich eine homosexuelle Beziehung führt.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine geringgradige Schulbildung und Berufserfahrung im Verkauf.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 31.03.2016, GZ XXXX, wurde er wegen § 27 (1) Z 1 8. Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Es haben sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine homosexuelle Orientierung des Beschwerdeführers ergeben und konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria wegen seiner homosexuellen Orientierung verfolgt wird. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten habe.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur allgemeinen Situation in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 28.02.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 07.08.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Unter Zugrundelegung der aktuellen Länderberichte, gibt es keine systematische Verfolgung Homosexueller. Die Community wird nicht überwacht. Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen. Es gibt keine Haftbefehle nur aufgrund von Homosexualität - weder nach dem Strafgesetzbuch, noch nach der Scharia oder dem SSMPA. Generell scheint es sehr schwierig zu sein, Personen aufgrund der beschriebenen Tatbestände des nigerianischen Strafgesetzes und der Scharia-Strafgesetze zu verurteilen. Was nämlich unter diesen Gesetzen verboten ist, ist der eigentliche gleichgeschlechtliche Sexualverkehr. Der Nachweis eines solchen Tatbestandes erfordert aber Zeugen - und die Beibringung solcher Zeugen gestaltet sich naturgemäß schwierig.

Überhaupt gab es seit der Unabhängigkeit Nigerias nur wenige Fälle von Verurteilungen Homosexueller nach dem Strafgesetzbuch, die Zahl ist einstellig. Auch unter der Scharia kam es also nur zu wenigen Verurteilungen. Eine generelle "staatliche Verfolgung" ist allerdings derzeit nicht gegeben. Die Tatsache, dass der nigerianische Staat jene Gesetze, die gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe stellen, nicht systematisch vollzieht, entspricht auch den Untersuchungen von Amnesty International zu anderen Ländern in Subsahara-Afrika. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem zur Schau stellen der sexuellen Orientierung ist - wie auch in vielen Staaten dieser Welt - vorhanden. Im Vergleich mit der anzunehmenden Größe der Community an MSM ist die Zahl der tatsächlich im Rahmen des Strafgesetzes, der Scharia-Strafgesetze oder des SSMPA angeklagten und verurteilten Personen eine verschwindend kleine Minderheit. Es ist dementsprechend, auszuführen, dass eine staatliche Verfolgung von Angehörigen sexueller Minderheiten unter den bestehenden Gesetzen kaum stattfindet.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Herkunft, seinem Alter, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 27.02.2018) sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.05.2018. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 27.02.2018) sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.05.2018.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen betreffend den Aufenthalt und das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung und aus den medizinischen Befunden vom 16.08.2017 und vom 26.04.2018. Betreffend den Befund vom 16.08.2017 mit der Diagnose "Aterielle Hypertonie" (Bluthochdruck) ist anzuführen, dass es sich dabei zum einen um keine lebensbedrohliche Erkrankung handelt und diese zum anderen auch in Nigeria behandelbar wäre. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Aufenthaltsdauer über keinen maßgeblichen Grad an Integration verfügt, ergibt sich ebenfalls aus seinen Angaben.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 27.07.2018.

2.3. Zu den vorgebrachten Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer brachte auf das Wesentlichste zusammengefasst vor, dass er Nigeria verlassen habe, da er aufgrund seiner Homosexualität und seiner Zugehörigkeit zu Biafra verfolgt worden sei und es in Nigeria zu Übergriffen seitens der Boko Haram gekommen sei.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die belangte Behörde kam im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis, dass das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist. Dem muss sich das Bundesverwaltungsgericht anschließen, dies aus den folgenden Erwägungen:

Dies beginnt schon damit, dass der Beschwerdeführer in seinem ersten Asylverfahren 2012 angab, aus Nigeria geflohen zu sein, da er ein muslimisches Mädchen geschwängert habe und daraufhin von deren Familie verfolgt worden sei. Bei der Erstbefragungen seines zweiten Asylverfahrens 2015 gab er im Widerspruch dazu erstmals an, Nigeria wegen seiner Homosexualität verlassen zu haben. Diesbezüglich führte der Beschwerdeführer sowohl in seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an bereits in seiner Jugend (Protokoll vom 29.04.2015, Seite 11) bzw. in der Pubertät (Protokoll vom 27.02.2018, Seite 9) bzw. mit 15 Jahren (Verhandlungsprotokoll vom 16.05.2018, Seite 6) seine homosexuelle Orientierung erkannt zu haben.

Bezüglich seiner homosexuellen Orientierung konnte der Beschwerdeführer jedoch lediglich detailarme, vage sowie oberflächliche Angaben machen (Protokoll vom 27.02.2018, Seite 9 sowie Verhandlungsprotokoll vom 16.05.2018, Seite 5). Zudem konnte er den Namen seines Freundes nicht nennen und meinte lapidar: "Ich habe einen Freund. Aber das ist meine Privatsache. Darüber möchte ich nicht reden." Außerdem wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes aufgefordert seinen Freund in Rahmen der mündlichen Verhandlung zur zeugenschaftlichen Einvernahme stellig zu machen, was er aber nicht machte und diesbezüglich seitens des erkennenden Richters befragt lediglich erklärte: "Ich habe keine solchen Informationen."

Des Weiteren konnte der Beschwerdeführer weder in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht betreffend seinem Vorbringen zu Geheimdiensten bzw. Boko Haram in Nigeria eine persönliche und konkrete Bedrohung anführen sondern schilderte lediglich allgemeine Zustände in Nigeria.

Auch widerspricht sich der Beschwerdeführer, wenn er zunächst bei der belangten Behörde angab, in Lagos geboren und bis zu seiner Ausreise dort gelebt zu haben (Protokoll vom 27.02.2018, Seite 5), im weiteren Verlauf aber erklärt: "2017 sind Leute in der Kirche in Anambra State erschossen. Anambra State ist mein Staat." (Protokoll vom 27.02.2018, Seite 8). Auf diesbezüglichen Vorhalt führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht lediglich an: "Ich bin in Lagos geboren, Lagos gehört aber zu einem anderen Staat. Anambra ist aber mein Staat, weil das ein Ibo Staat ist. Es ist so, wenn man Ibo ist."

(Verhandlungsprotokoll vom 16.05.2018, Seite 7).

Schließlich gab der Beschwerdeführer noch an, Mitglied der Biafra-Bewegung zu sein und für die Unabhängigkeit zu kämpfen. Allerdings konnte er auch diesbezüglich kein konkretes und substantiiertes Vorbringen erstatten. Seitens des erkennenden Richters befragt, was genau er bei den Kämpfen für Biafra getan habe, meinte er nur: "Ich habe nicht gesagt, dass ich für Biafra gekämpft habe. Ich gehöre zu IBOB und das sind die Einheimischen von Biafra, diese kämpfen für die Unabhängigkeit Biafras. Weil Nigeria nicht sicher für Menschen von Biafra ist. Jeder der von Biafra kommt ist unsicher in Nigeria."

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde seine Fluchtgründe von einem Blatt Papier ablas, was nicht für seine Glaubwürdigkeit spricht. Wie die belangte Behörde treffend darlegte, ist es nicht nachvollziehbar, dass eine Person, welche aus gravierenden und asylrelevanten Gründen ihr Heimatland verlassen musste, diese Gründe nicht aus dem Gedächtnis angeben könne.

Zusammengefasst geht das Bundesverwaltungsgericht aufgrund dieser unplausiblen, widersprüchlichen und vagen Angaben des Beschwerdeführers davon aus, dass das gesamte Vorbringen nicht der Realität entspricht und nur dazu dient einen Fluchtgrund zu konstruieren. Diese Ausführungen lassen in ihrer Gesamtbetrachtung die Fluchtgeschichte als reine gedankliche Konstruktion erscheinen, der jegliche Stringenz hinsichtlich einer Verfolgung wegen Homosexualität fehlt, sodass die Angaben zu seiner behaupteten Homosexualität jegliche Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit vermissen lassen und davon auszugehen ist, dass diese Geschichte nur zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels vorgebracht wurde.

Das gilt insbesondere für die sich aus dem Fluchtvorbringen ergebende homosexuelle Orientierung des Beschwerdeführers. Außer aus dem als unglaubwürdig eingestuften Fluchtvorbringen haben sich im Beschwerdeverfahren keine weiteren Anhaltspunkte ergeben, die eine homosexuelle Orientierung des Beschwerdeführers glaubhaft machen. In Ergebnis ergibt sich daraus die Feststellung zum Nichtvorliegen einer bestehenden homosexuellen Orientierung des Beschwerdeführers.

Der erkennende Richter kommt daher - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt bzw. dass sein Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Dies auch insbesondere, da der Beschwerdeführer, wie oben angeführt, hinsichtlich der Geschehnisse nur vage Angaben machte und sich wiederholt widersprach.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

-

OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Ni-geria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Außerdem wurde dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung eine zweiwöchige Frist für eine Stellungnahme zur Situation in Nigeria gewährt, was der Beschwerdeführer jedoch ablehnte: "Die Situation in Nigeria ist nicht gut und sehr unsicher. Ich brauche keine Frist. Ich werde in 14 Tagen nichts herausfinden, es wird nichts Neues hinzukommen."

3. Rechtliche Beurteilung:

A) Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch. A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch. A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Absch. A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verfolgung wegen seiner sexuellen Orientierung wäre zwar als eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe anzusehen, doch ist es nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Verfolgung erlitten hat bzw. zu befürchten hätte. Wie in der Beweiswürdigung dargelegt ist das diesbezügliche Fluchtvorbringen nicht glaubhaft.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Dem Beschwerdeführer droht in Nigeria - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er verfügt über eine Schulbildung sowie Arbeitserfahrung. Zudem gab er befragt zu seinen Arbeitsmöglichkeiten in Österreich an: "Ich bin körperlich Arbeiten ich kann jeden Job tun. Ich könnte auf der Baustelle als Hilfsarbeiter arbeiten. Ich könnte auch in der Landwirtschaft arbeiten. Alles wozu man keine große Ausbildung braucht könnt ich tun." (Protokoll vom 27.02.2018, Seite 10). Es sind folglich keine Gründe ersichtlich, die einer möglichen Aufnahme einer Arbeitstätigkeit in Nigeria entgegenstehen würden.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Nigeria nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Zu der vorgebrachten Erkrankung ist unter Verweis auf die aktuellen Länderfeststellungen noch auszuführen, dass Nigeria über ein Gesundheitssystem und entsprechen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten