TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/1 L523 2154253-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.2018
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Entscheidungsdatum

01.08.2018

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
FPG §58
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L523 2154253-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja Danninger-Simader als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 29.03.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer reiste am 25.05.2015 bzw. 01.06.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und wurde am 24.06.2015 wegen dem Verdacht der Begehung einer Straftat festgenommen.

2. Am 20.08.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, XXXXXXXX zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

3. Mit Schreiben des BFA vom 09.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung beabsichtigt sei gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach Georgien und ein Einreiseverbot zu erlassen. Zudem wurden dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen zu seinem Heimatstaat übermittelt und dieser gebeten, Fragen zu seiner Einreise, seinen Lebensumständen, seinen Integrationsbemühungen sowie zu seinen familiären Verhältnissen zu beantworten.

4. Mit Schreiben vom 20.03.2017 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den an ihn gestellten Fragen ab.

5. Mit Bescheid des BFA vom 29.03.2017, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt und gemäß § 10 Abs 2 Asylgesetz 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 erlassen (Spruchpunkt I). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs 4 keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.)

Das BFA führte aus, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und aufgrund der begangenen strafbaren Handlungen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Österreich darstelle. Es bestünden auch keine nennenswerten familiären und privaten Beziehungen in Österreich, Deutschland oder Frankreich. Hinsichtlich der Verhängung eines Einreiseverbots wurde ausgeführt, dass aufgrund der Verurteilung wegen dem Verbrechen des XXXX eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliege. Eine Gefährlichkeitsprognose gehe zu Lasten des Beschwerdeführers. Familiäre oder private Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich seien nicht der Gestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung eines auf acht Jahre befristeten Einreiseverbotes sei daher angemessen.

6. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 29.03.2017 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

7. Der Bescheid des BFA vom 29.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer am 03.04.2017 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 13.04.2017 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

Zunächst wurde auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers hingewiesen und auf die im Urteil angeführten mildernden Umstände für die Strafbemessung. Im Weiteren wurden die Rechtmäßigkeit in eventu die Dauer des Einreiseverbotes bestritten und hinsichtlich der Länge des Einreiseverbotes auszugsweise eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zitiert (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Lediglich der Verweis auf das im Urteil angeführte Fehlverhalten bzw. auf die Beweiswürdigung des Strafgerichtes reiche für die Begründung und die Länge des Einreiseverbotes nicht aus. Zudem seien nähere Ermittlungen zu privaten und familiären Interessen hinsichtlich der in Frankreich aufhältigen Verlobten des Beschwerdeführers unterlassen worden. Der Beschwerdeführer lebte von 12.03.2013 bis 11.06.2013 legal in Frankreich und habe sich nicht nur bis 11.06.2013 legal dort aufgehalten, sondern als Ergebnis seines Asylantrages im Jahr 2012 auch eine befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten, welche immer wieder verlängert werden müsse. Diese Aufenthaltsberechtigung wäre bis Oktober 2013 gültig gewesen, der Beschwerdeführer sei vor der Verlängerung aber ausgereist. Der Beschwerdeführe habe sich bereits seit Oktober 2012 als Asylwerber in Frankreich aufgehalten, sei seit 2012 verlobt und lebe seine Verlobte seit über fünf Jahren in Frankreich. Seine Verlobte sei in Frankreich anerkannter Flüchtling, weshalb sie ein Aufenthaltsrecht für Frankreich besitze. Der Beschwerdeführe stehe mit seiner Verlobten in Briefkontakt. Ein Besuch im Gefängnis sei ausgeblieben, weil es dem Beschwerdeführer unangenehm sei. Sobald der Beschwerdeführe wieder auf freiem Fuß sei, wolle er heiraten und sich eine Zukunft in Frankreich aufbauen. Er könne sich in der französischen Sprache unterhalten und habe einen großen Freundes- und Bekanntenkreis in Frankreich. Aufgrund dessen habe er in Frankreich auch eine Arbeitsmöglichkeit. In Georgien würden die Eltern des Beschwerdeführers leben. Zu diesen bestehe aber kein Kontakt. Er habe früher in Georgien gearbeitet, sein Einkommen sei jedoch gering gewesen und stelle sich der Beschwerdeführer eine Arbeitsaufnahme nach einer etwaigen Rückkehr nach Georgien sehr schwer vor. Dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Georgien von seinen Verwandten unterstützt werde, stelle eine Spekulation dar. Das BFA hätte jedenfalls ein schützenswertes Familienleben in Frankreich feststellen müssen. Zudem hätte vor der Bescheiderlassung eine Einvernahme durgeführt werden müssen, zumal der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme anführte, ein Privat- und Familienleben in Frankreich zu haben. Aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers ergebe sich zudem, dass er offensichtlich noch Probleme in Georgien habe, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung eine Verletzung des Art. 2, 3 EMRK bedeute. Zudem sei Art. 8 EMRK verletzt, weil ihn seine Verlobte in Georgien nicht besuchen könne.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

1.1. Feststellungen zur Person

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Georgien, spricht georgisch, hat dort elf Jahre lang die Schule besucht und anschließend vier Jahre lang Mathematik studiert. Eine Berufsausbildung hat der Beschwerdeführer nicht absolviert, war aber vor seiner Ausreise berufstätig und wurde zudem von seinen Eltern monatlich finanziell unterstützt.

Die Eltern des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Georgien.

Im Oktober 2012 reiste der Beschwerdeführer nach Frankreich und verfügte dort von 12.03.2013 bis 11.06.2013 über einen Aufenthaltstitel.

Im Jahr 2013 beging der Beschwerdeführer in Frankreich vier Vermögensdelikte und wurde diesbezüglich verurteilt.

Am 23.10.2014 wurde der Beschwerdeführer in der Schweiz wegen im Zeitraum von 11.10.2013 bis 16.10.2013 XXXX zu 27 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die er unter Einberechnung der in Untersuchungshaft verbrachten Zeit zum Teil verbüßte. Mitte Jänner 2015 wurde der Beschwerdeführe aus der Strafhaft in der Schweiz entlassen und hielt sich anschließend in Deutschland auf, ehe er am 25.05.2015 bzw. 01.06.2015 illegal in das Bundesgebiet einreiste.

In Österreich wurde der Beschwerdeführer am 20.08.2015 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, XXXX zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer befand sich von 24.06.2015 bis 30.01.2018 in Österreich in Haft und wurde am 30.01.2018 an die deutschen Justizbehörden zur Strafverbüßung ausgeliefert.

Der Beschwerdeführer wohnte in Wien bei einem georgischen Bekannten in dessen Wohnung. Er leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, hat keinen Deutschkurs besucht und verfügt über keine nennenswerten Deutschkenntnisse. Er ist nicht Mitglied in einem Verein und hat in Österreich auch keine Ausbildung absolviert.

In Österreich hat der Beschwerdeführer keine relevanten familiären oder privaten Anknüpfungspunkte.

Der Beschwerdeführer ist mit einer georgischen Staatangehörigen seit 2012 verlobt. Die Verlobte des Beschwerdeführers lebt seit 2012 in Frankreich. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Verlobten besteht seit mindestens 11.10.2013 (Beginn der Straftaten in der Schweiz) kein persönlicher Kontakt. Während seinem Haftaufenthalt in Österreich hat die Verlobte den Beschwerdeführer nie besucht und besteht aktuell Briefkontakt. Der Beschwerdeführer verfügt über Französischkenntnisse und einen Bekanntenkreis in Frankreich.

1.2. Zu den Länderfeststellungen

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen der belangten Behörde an. Diese Länderfeststellungen werden auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Grunde gelegt.

Auszugsweise werden aus den herangezogenen Länderfeststellungen insbesondere folgende Feststellungen explizit angeführt:

"Sicherheitslage

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert.

[...]

Grundversorgung/Wirtschaft

2014 verzeichnete Georgiens Wirtschaft mit 4,7% eine Steigerung zu Wachstum im Jahre 2013 (3,3%). Dies ist ein Resultat eines fiskalen Konjunkturprogramms, das den Konsum und die Investitionen förderte. Die Fiskal- und Geldpolitik in Verbindung mit einer merklichen Entwertung der Landeswährung führte zu inflationären Tendenzen. Das allgemeine Defizit stieg 2014 spürbar infolge zunehmender Sozialausgaben an. Die Arbeitslosenrate war auch 2014 mit 14,1% hoch [Anm.: laut GeoStat betrug die Arbeitslosenrate 2014 nur 12,4% - siehe unten], wobei diese in der Gruppe der 15-24-jährigen auf rund 30% geschätzt wird. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung hängt von Rücküberweisungen aus dem Ausland ab. Diese nahmen 2014 infolge der geringeren Überweisungen aus Russland ab (EC 25.3.2015).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren leiden große Teile der georgischen Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, unter Armut, Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten Georgiens ist in der Landwirtschaft tätig. Diese generiert jedoch nur 9% des Bruttonationalprodukts (ÖEZ o.D.).

[...]

Sozialbeihilfen

Das System der sozialen Sicherung in Georgien umfasst das Rentensystem und ein System zur Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Familien und Personen. Die Unterstützung, die in Georgien unter dem Begriff der sozialen Sicherung geleistet wird, umfasst die gesetzliche Rente, Staatsentschädigungen und staatliche akademische Stipendien.

Gesetzliche Renten

Grundlagen für den Erhalt einer gesetzlichen Rente:

-

Erreichen des Rentenalters: Männer - 64 Jahre, Frauen - 60 Jahre

-

Feststellung des Behindertenstatus

-

Tod des Hauptversorgers/Ernährers

[...]

Sozialhilfe

In der georgischen Gesetzgebung wird Sozialhilfe als jegliche Art finanzieller und nicht-finanzieller Unterstützung definiert, die sich an Personen mit besonderen Pflegebedürfnissen, arme Familien oder Obdachlose richtet.

Es gibt folgende Kategorien finanzieller Unterstützung:

Unterhaltszuschuss

Eine Familie hat Anspruch auf einen Unterhaltszuschuss, wenn sie in der Datenbank für sozial schwache Familien registriert ist. Der Zuschuss beträgt bis zu 60 GEL pro Person - für jedes weitere Familienmitglied kommen 48 GEL hinzu.

Reintegrationsbeihilfe

Reintegrationsbeihilfe wird den biologischen Familien bzw. dem Vormund von Personen gewährt, die besonderen Schutz benötigen und die statt in speziellen Einrichtungen in Familien untergebracht werden, wo sie die Möglichkeit haben in einem familiären Umfeld zu leben und die notwendige medizinische Betreuung erhalten. Der Zuschuss für ein gesundes Kind beträgt 90 GEL, für ein behindertes Kind 130 GEL.

Pflegebetreuungsbeihilfe

Pflegebetreuungsbeihilfe erhalten Adoptiveltern als Gegenleistung für die Fürsorge und die Erziehung des adoptierten Kindes. Die Pflegebetreuungsbeihilfe für ein gesundes Kind beträgt 200 GEL und 300 GEL für ein behindertes Kind. Ist die Betreuungshilfe für ein nicht verwandtes Kind gedacht, dann beträgt sie 15 GEL am Tag bzw. im Falle einer vorliegenden Behinderung 20 GEL am Tag.

Familienfürsorgebeihilfe

Eine weitere Form der Beihilfe stellt die Familienfürsorgebeihilfe dar, die gewährt wird, wenn ein Erwachsener aus einer speziellen Einrichtung in ein familiäres Umfeld geholt wird, um ihm in einem familiären Umfeld die notwendige Zuwendung zukommen zu lassen

Soziale Sachleistungen

Bedürftige Personen können soziale Beihilfe in Form von Sachleistungen in Anspruch nehmen. Für präventive und reintegrative Zwecke können auch Kinder und/oder ihre Familien die Leistungen erhalten, wenn die familiäre Situation der Grund für die Vernachlässigung der Kinder ist und ihnen Unterstützung gewährt werden muss, um in ihrer eigenen Familie leben zu können.

Sozialpaket

Das Sozialpaket ist eine monatliche Finanzleistung, deren Höhe, Anspruchsberechtigte, Vergaberichtlinien und Konditionen von der georgischen Regierung festgelegt werden.

Die georgischen Sozialleistungen umfassen den Unterhalt von spezialisierten Einrichtungen, in denen hilfsbedürftige Menschen auf Staatskosten oder mit Unterstützung vom Staat leben können. Familien, die unterhalb der Armutsgrenze leben, werden in diesen Einrichtungen auf Staatskosten versorgt.

Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde im Mai 2006 eingestellt. Als Folge der Abschaffung des Arbeitsgesetzes gibt es keine legale Basis mehr für die Zahlung einer solchen Beihilfe. Ein System privater Arbeitslosenversicherer ist noch nicht entwickelt worden. Daher erhalten Arbeitslose in Georgien keine Unterstützung...

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden. Eine neuerliche Verifizierung des Status steht an, wenn sich die Demographie der Familie ändert, die Arbeitsaufnahme oder sonstige legale Einkommen vorliegen bzw. der Verlust dieser, ein Wohnortswechsel erfolgt, der Behindertenstatus festgestellt wird, oder sonst Gründe vorliegen, welche die wirtschaftliche Lage der Familie verändert haben. Wenn mehr als ein Jahr nach der Registrierung verstrichen sind, so ist dies per se ein Grund für eine neuerliche Verifizierung des Status (SSA o.D.a.).

[...]

Behandlung nach Rückkehr

Asylwerber, die von Österreich nach Georgien außer Landes gebracht werden, sind in Georgien keiner strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt, nur weil sie in Österreich um Asyl angesucht haben...

Die Migrationsstrategie der georgischen Regierung zielt u.a. auf die Unterstützung der Rückkehr georgischer Bürger und deren würdige Reintegration, also Umsetzung internationaler Abkommen und nationaler Gesetze in Bezug auf die Reintegration georgischer Bürger, Verbesserung der Kapazitäten zu deren Reintegration, Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen.

Im Bereich des Migrationsmanagements trat am 1.September 2014 das "Gesetz über den Rechtsstatus von Fremden und staatenlosen Personen" in Kraft. Eine Abteilung für Migration wurde am selben Tag innerhalb des Innenministeriums errichtet. Das Mobilitätszentrum setzte seine Aktivitäten innerhalb des EU-finanzierten Projekts; "Comprehensive Post-Arrival Reintegration Assistance Programme for Returned Migrants" fort. Nichtsdestoweniger wurden Vorkehrungen getroffen, damit das "Ministerium für IDPs" sukzessive das Management des Zentrums übernimmt. Die Errichtung einer temporären Unterkunft für illegale Migranten wurde im Sommer 2014 finalisiert.

Die Anwendung des "Gesetzes über den Rechtsstatus von Fremden und staatenlosen Personen" funktioniert gut, und alle notwendigen Zusatzbestimmungen wurden verabschiedet. Die Staatskommission für Migrationsfragen, ein Beratungsgremium der Regierung, koordiniert effektiv die Aktivitäten und Rollen der diesbezüglichen Ministerien, staatlichen Behörden, NGOs und internationalen Organisationen in Bezug auf Migrationsfragen. Die Rückkehrverfahren und das elektronische System für die Verwaltung der Rückkehrfälle sind umgesetzt und funktionieren adäquat.

[...]

2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des BFA unter zentraler Berücksichtigung der schriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA (AS 19ff), den bekämpften Bescheid und den Beschwerdeschriftsatz.

Das BFA hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich einerseits den diesbezüglichen Ausführungen des BFA im gegenständlich angefochtenen Bescheid im Grunde an und tritt andererseits dem Verfahrensergebnis vollinhaltlich bei. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen des BFA nach Ansicht des Gerichts als tragfähig darstellen und insofern grundlegend keiner weiteren Ergänzung bedürfen.

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft der Beschwerdeführer ergeben sich aus seinen diesbezüglichen gleichlautenden Angaben sowie aus den Erhebungen im Zuge des strafgerichtlichen Verfahren in Österreich.

Die Feststellungen zu den familiären und privaten Verhältnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren.

Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers sowie sein Haftaufenthalt gehen aus der Einsicht in den Strafregisterauszug des Bundesministeriums für Inneres sowie aus der Vollzugsinformation vom 30.10.2015 hervor.

Dass der Beschwerdeführer von 12.03.2013 bis 11.06.2013 über einen Aufenthaltstitel für Frankreich verfügte, ist dem Schreiben des Gemeinsamen Zentrums der deutsch- französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit vom 22.03.2017 zu entnehmen (AS 25).

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers in Frankreich sowie in der Schweiz sind dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.08.2015, XXXX, zu entnehmen.

Aufgrund der begangenen Straftaten in der Schweiz sowie dem dortigen Haftaufenthalt sowie aufgrund der diesbezüglich gleichlautenden Angaben des Beschwerdeführers sind auch seine Aufenthalte in Frankreich, der Schweiz und in Deutschland verifizierbar.

Dass der Beschwerdeführer am 30.01.2018 zur Strafverbüßung an die deutschen Justizbehörden ausgeliefert wurde, geht aus den Schreiben des BFA vom 30.01.2018 sowie der diesem Schreiben beiliegenden Entlassungsliste hervor.

Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer über bestimmte Deutschkenntnisse verfügt, Vereinsmitglied ist bzw. eine Ausbildung absolviert hat, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren diesbezüglich keinerlei Angaben getätigt und auch von sich aus keine diesbezüglichen Nachweise (zB Deutschkurs-Teilnahmebestätigung, Mitgliedsausweis, Zeugnisse usw.) vorgelegt hat.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Insofern kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau auch die erforderliche Aktualität zu.

Neuere Quellen (wie etwa der Bericht des dt. Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien; http://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node.html [Stand: März 2018]; bestätigen das von der belangten Behörde beschriebene Bild, weshalb sich das Gericht den behördlich getroffenen Feststellungen zur Lage in Georgien zweifelsfrei anschließt.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer ist auch in der Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Republik Georgien - sicherer Herkunftsstaat:

Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sichere Herkunftsstaaten definieren.

Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen.

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

Aus dem allgemein anerkannten Grundsatz der richtlinienkonformen Umsetzung und Interpretation innerstaatlicher Rechtsnormen, welche der höchstgerichtlichen Judikatur folgend geboten erscheint, wonach wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ sich bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat zu gelten hat, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichte entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die belangte Behörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens des Beschwerdeführers ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der belangten Behörde bzw. dem im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher noch zu berücksichtigen wäre.

Es steht außer Zweifel, dass das entscheidende Gericht gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen anzuwenden hat, weshalb das Bundesverwaltungsgericht § 19 AsylG, sowie die Herkunftsstaaten-Verordnung selbstredend anzuwenden hat. Sollte der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, dass die Republik Georgien in die Herkunftssaatenverordnung aufgenommen wurde, ohne die bereits beschriebenen Kriterien zu erfüllen, steht es ihm frei, den Weg zum Verfassungsgerichtshof bzw. zu europäischen Instanzen zu beschreiten.

Zu A)

3.3. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§ 57 AsylG sowie § 52 FPG):

3.3.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, so ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück FPG zu verbinden.

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

3.3.2. Bezogen auf den Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer reiste im Mai bzw. Juni 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und hielt sich bis 30.01.2018 ununterbrochen im Bundesgebiet auf. In dieser Zeit war der Beschwerdeführer nie zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, zumal er weder über einen Aufenthaltstitel, noch über eine andere Berechtigung zum weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt.

Das Bundesamt hat seine Entscheidung daher zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt und fällt der Beschwerdeführer auch nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

3.3.3. Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

Der Beschwerdeführer befand sich von Mai bzw. Juni 2015 bis 30.01.2018 durchgehend im Bundesgebiet, wobei sein Aufenthalt nicht in obigem Sinne geduldet ist. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

3.3.4. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Nach § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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