TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/5 W197 2204673-1

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Veröffentlicht am 05.09.2018
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Entscheidungsdatum

05.09.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W197 2204673-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Elmar Samsinger als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Gambia, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2018, Zahl 1032664000-180800761, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag, den Beschwerdeführer von der Eingabegebühr zu befreien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsangehöriger von Gambia und reiste unbekannten Datums ins Bundesgebiet ein.

1.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz beziehungsweise Zuerkennung von subsidiären Schutz vom 08.10.2014 wurde mit Bescheid der Behörde vom 27.03.2015 als unbegründet abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt, gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und ausgesprochen, dass die Abschiebung des BF nach Gambia zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt.

1.3. Am 29.06.2017 hat der BF an einem Rückkehrberatungsgespräch der Caritas teilgenommen und angegeben, dass er nicht rückkehrwillig sei.

1.4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.05.2017 wurde die Beschwerde des BF gegen den abweisenden Bescheid der Asyl-Behörde als unzulässig zurückgewiesen. Die Rückkehrentscheidung ist seit 26.05.2017 rechtskräftig und durchsetzbar.

1.5. Der BF hat die Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen, ist nicht ausgereist und verblieb illegal in Österreich.

1.6. Der BF vereitelte am 24.08.2018 seine Flug-Abschiebung nach Gambia durch lautstarken und körperlichen Widerstand und unkooperatives Verhalten, sodass die Abschiebung abgebrochen werden musste. Der von der gambische Botschaft ausgestellte, zeitlich befristete Emergency Passport verfiel.

1.7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Behörde vom 24.08.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 1 FPG (alte Fassung) i.V.m. § 57 Absatz 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Bescheid wurde dem BF am selben Tag persönlich zugestellt.

1.8. Der Antrag des BF vom 22.05.2018 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK wurde mit Bescheid der Behörde vom 28.08.2018 zurückgewiesen und festgestellt, dass weiter eine aufrechte Rückkehrentscheidung vorliegt.

1.9. Die Behörde hat die Ausstellung eines neuen Emergency Passport für den BF erwirkt, die begleitete Flugabschiebung ist für 12./13.09.2018 organisiert.

1.10. Der BF ist im Bundesgebiet familiär, sozial und wirtschaftlich nicht verankert, sein Lebensunterhalt ist nur durch öffentliche Unterstützung gesichert. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem in Punkt 8 genannten Bescheid.

1.11. Gegen die Anordnung der und Anhaltung in Schubhaft auf Grund des angefochtenen Mandatsbescheides erhob der Rechtsvertreter Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass hinsichtlich des BF keine Fluchtgefahr bestehe. Die Haft sei zudem unverhältnismäßig und die Behörde hätte mit einem gelinderen Mittel das Auslangen finden können. Beantragt wurde der Beschwerde Folge zu geben und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF nicht vorliegen, weiters eine mündliche Verhandlung, Kosten- und Aufwandersatz.

1.12. Die Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift im Sinne des Akteninhaltes und beantragte kostenpflichtig die Abweisung der Beschwerde.

1.13. Aufgrund des vorgelegten Aktes, des Verfahrensganges der Beschwerde konnte von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts abgesehen werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Die als Feststellungen formulierten Punkte im Sachverhalt werden der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

1.2. Festgestellt wird, dass aus dem bisherigen Verhalten des BF erhebliche und akkute Fluchtgefahr abzuleiten ist. Insbesondere hat sich der BF jüngst durch verbalen und körperlichen Widerstand sowie unkooperatives Verhalten einer Flugabschiebung widersetzt. Der BF will unter keinen Umständen nach Gambia zurückkehren und ist daher trotz rechtlicher Verpflichtung auch nicht freiwillig ausgereist.

1.3. Die Behörde hat rechtzeitig und zielführend die Erlangung eines HRZ betrieben. Nunmehr ist vorgesehen, den BF am 12./13.09.2018 nach Gambia abzuschieben.

1.4. Die Schubhaft ist verhältnismäßig. Der BF ist haftfähig.

1.4. Dem wirkungsvollen Vollzug des Asyl- und Fremdenrechts kommt ein hohes öffentliches Interesse zu. Das bisherige Verhalten des Fremden gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts und der erhobenen Beschwerde.

2.2. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig. Er ist nicht gewillt sich an Rechtsvorschriften zu halten und wirkte am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung nicht nur nicht mit, sondern verhinderte diese. Dieser Sachverhalt wurde in der Beschwerde auch nicht bestritten. Der BF will keinesfalls nach Gambia zurückkehren.

2.3. Angesichts des Verhaltens des BF ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass mit Anordnung eines gelinderen Mittels hinsichtlich des BF das Auslangen nicht gefunden werden kann. Es ist vielmehr im Hinblick auf eine erhebliche Fluchtgefahr als ultima ratio rechtens über den BF zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt worden.

2.4. Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, dass die Anhaltung des BF in Schubhaft als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Der BF ist haftfähig.

2.4. Die Behörde hat zeitgerecht und zweckmäßig das Verfahren zur Außerlandesbringung des BF betrieben, Verzögerungen der Abschiebung sind im Verhalten des BF begründet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt A. I. - Anhaltung, Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

3.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

3.1.3. Gemäß § 76 FPG i.d.F. vom 01.09.2018 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern Fluchtgefahr vorliegt, die Schubhaft verhältnismäßig ist und sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gem. § 67 FPG gefährdet oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.1.5. Dem öffentlichen Interesse auf einen wirksamen Vollzug des Fremdenrechts durch Außerlandesbringung rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältiger Fremde im Rahmen der Schubhaftkommt kommt ein hohes öffentliches Interesse zu.

3.1.6. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, da aus dem vergangenen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet daher zu Recht eine erhebliche Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten der BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Das bisherige Verhalten des Fremden gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Die Behörde hat sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren der BF zeitnah und zweckmäßig erfolgen kann. Es sind schließlich keine Umstände hervorgekommen, wonach die Abschiebung nach Gambia rechtlich oder faktisch unzulässig wäre.

3.2. Zu Spruchpunkt A. II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Zu Spruchpunkt A. III. - Kostenbegehren

Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen allein der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Behörde hat Kostenersatz begehrt.

3.4. Zu Spruchpunkt A. IV. - Eingabegebühr

Mangels gesetzlicher Bestimmungen war der Antrag des BF auf Befreiung der Entrichtung von Eingabegebühr bzw. dessen Refundierung zurückzuweisen. Dass die Eingabegebühr das Recht des Beschwerdeführers auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höhe nicht zu. Dieser Gebührensatz kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden.

4. Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Kostenersatz, öffentliche Interessen,
Schubhaft, Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W197.2204673.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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