TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/25 W125 2204868-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2018
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Entscheidungsdatum

25.09.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W125 2204868-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA Gambia, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3.8.2018, Zl 1198505509-180654897, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte im österreichischen Bundesgebiet am 11.7.2018 den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegen zwei EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vor; einer zu Italien vom XXXX und einer zu Deutschland vom XXXX .

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.7.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, eine Schwester, die in Gambia wohnhaft sei, zu haben; seine Mutter sei im Jahr 2013 verstorben und sein Vater befinde sich in Österreich. Er stamme aus XXXX in Gambia.

Auf seinen Gesundheitszustand angesprochen, gab der Beschwerdeführer an, gesund zu sein und der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können.

Den Entschluss zur Ausreise aus seinem Herkunftsstaat habe er im April 2010 gefasst und sei er dann noch in demselben Monat per Bus nach XXXX gefahren. Zunächst sei sein Zielland Italien gewesen, um dort seinen Vater zu suchen. Von Senegal aus sei er nach Mali, dann weiter nach Burkina-Faso und Niger gereist, bis er im Jahr 2011 schließlich in Libyen eingereist sei, wo er sich dann bis zum Jahr 2014 aufgehalten habe. Von Juni 2014 bis April 2015 habe er in Italien gelebt; von Mai 2015 bis Juli 2018 in Deutschland.

In keinem der EU-Länder, in denen er sich aufgehalten habe, habe er eine Schule besuchen oder eine Arbeit finden können.

Der Beschwerdeführe habe in Italien und Deutschland um Asyl angesucht; in Italien habe er noch keinerlei Einvernahme gehabt, in Deutschland habe er einen negativen Bescheid erhalten. Er wolle nunmehr in Österreich bleiben.

Sein Heimatland habe der Beschwerdeführer verlassen, da sein Vater, der in Italien gelebt habe, im Jahr 2010 einen Unfall gehabt habe infolge dessen dieser an den Rollstuhl gebunden gewesen sei und die Mutter des Beschwerdeführers ihm aufgetragen habe, seinen Vater zu besuchen. Weder in Italien noch in Deutschland habe er ihn finden können; in Deutschland habe man ihm mitgeteilt, dass sich sein Vater in Österreich aufhalte.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 19.7.2018 ein auf Art 18 Abs 1 lit d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland.

Mit Schreiben vom 19.7.2018 stimmte die deutsche Dublin-Behörde diesem Ersuchen gemäß Art 18 Abs 1 lit d der Dublin III-VO ausdrücklich zu.

3. Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 31.7.2018 im Beisein eines Rechtsberaters die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.

Der Beschwerdeführer gab zunächst an, sich psychisch und physisch dazu in der Lage zu sehen, die Befragung zu absolvieren. Weder stehe er derzeit in ärztlicher Behandlung, noch nehme er Medikamente ein.

In Österreich lebe seit zwanzig Jahren der Vater des Beschwerdeführers. Dazu aufgefordert, dessen Adresse anzugeben, brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihm die Polizei mitgeteilt habe, dass sich sein Vater in Österreich aufhalte, er ihn aber noch nicht getroffen habe. Er habe ihn zuletzt vor zwanzig Jahren gesehen.

Nachgefragt, ob es konkrete Gründe gebe, die einer Rückkehr nach Deutschland entgegenstünden, führte der Beschwerdeführer aus, einen negativen Bescheid erhalten zu haben. Er habe anschließend eine Duldung bekommen und sei für zwei Jahre in Deutschland aufhältig gewesen. Er habe dort nicht zur Schule gehen können; man habe ihm gesagt, dass er seinen Reisepass vorweisen solle. Der Beschwerdeführer habe in Deutschland einen Anwalt gehabt und habe immer wieder eine Duldung erhalten.

Der Beschwerdeführer brachte auf entsprechende Nachfrage vor, keine Angaben zu den Länderfeststellungen zu Deutschland machen zu wollen.

Der anwesende Rechtsberater stellte keine Fragen und erstattete kein weiteres Vorbringen.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3.8.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland für die Prüfung des Antrages gemäß Art 18 Abs 1 lit d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Deutschland gemäß § 61 Abs 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Deutschland traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl folgende Feststellungen (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. "Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

2. Allgemeines zum Asylverfahren

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2018; vgl BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen). Im Jahr 2017 hat das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 603.428 Asylanträge entschieden. Das ist ein Rückgang gegenüber 2016 (695.733 Entscheidungen). 2017 wurden 222.683 Asylanträge entgegengenommen,

522.862 weniger als im Vorjahr. Insgesamt 123.909 Personen erhielten 2017 internationalen Schutz (20,5% der Antragsteller), 98.074 Personen (16,3%) erhielten subsidiären Schutz und 39.659 Personen (6,6%) Abschiebeschutz (BAMF 4.2018).

Verschiedene Berichte äußerten sich besorgt über die Qualität des Asylverfahrens. Ein Ein hoher Prozentsatz der Asylentscheidungen war einer internen Untersuchung zufolge "unplausibel". Berichten zufolge waren viele Entscheidungsträger, die 2015 und 2016 beim BAMF eingestellt wurden, seit mehr als einem Jahr im Einsatz, ohne das interne Ausbildungsprogramm zu absolvieren. Bei den Dolmetschern wurden die unprofessionelle Haltung und fehlende Objektivität bemängelt. Weiters hat eine große Zahl von Asylwerbern eine Beschwerde gegen ihren Asylbescheid eingelegt, was zu einem Verfahrensstau bei den Gerichten geführt hat (AIDA 3.2018; vgl USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens,

https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/ablauf-des-asylverfahrens-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html?nn=6077414, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (4.2018): Aktuelle Zahlen zu Asyl,

https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-april-2018.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018

-

BR - Bundesregierung (o.D.): Flucht und Asyl: Fakten und Hintergründe,

https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Fluechtlings-Asylpolitik/4-FAQ/_function/glossar_catalog.html?nn=1419512&lv2=1659082&id=GlossarEntry1659098, Zugriff 12.6.2018

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,

http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430259.html, Zugriff 12.6.2018

3. Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 3.2018).

In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. Im Falle eines "take back"-Verfahrens können Dublin-Rückkehrer, die bereits eine negative Entscheidung erhalten haben, einen Folgeantrag stellen. Bei Dublin-Rückkehrern, die bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, der noch nicht entschieden wurde, wird das Verfahren fortgesetzt. Für Dublin-Rückkehrer gelten die gleichen Aufnahmebedingungen wie für andere Asylwerber (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Treffen ausländische Kinder und Jugendliche unbegleitet in Deutschland ein und kommen mit staatlichen Stellen in Kontakt, so informieren diese das örtlich zuständige Jugendamt. UMA werden im Rahmen des allgemeinen Kinderschutzsystems untergebracht, versorgt und betreut, wie dies auch bei anderen gefährdeten Kindern und Jugendlichen der Fall ist. Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, UMA in Obhut zu nehmen und über deren bundesweite Verteilung zu entscheiden. Seit 2015 ist die Inobhutnahme für UMA mehrstufig (vorläufige und reguläre Inobhutnahme) geregelt (BAMF 3.2018). Im Zuge der vorläufigen Inobhutnahme prüft das Jugendamt durch das sogenannten Erstscreening, ob das Wohl des Kindes - auch in physischer und psychischer Hinsicht - durch das Verteilungsverfahren gefährdet werden würde, ob die kurzfristige Möglichkeit zur Familienzusammenführung besteht und ob diese dem Kindeswohl entspricht, ob eine gemeinsame Inobhutnahme mit anderen Kindern angezeigt ist und ob der Gesundheitszustand des Kindes anhand einer ärztlichen Stellungsnahme die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb der nächsten 14 Tage zulässt (MFKJKS 5.2017). Die ärztliche Stellungnahme erfolgt durch eine Gesundheitsuntersuchung (Kurzscreening), dessen Umfang gesetzlich nicht vorgegeben ist. In welchem Umfang also Screenings durchgeführt werden, ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt und es gelten unterschiedliche Standards (BAMF 3.2018). Während der vorläufigen Inobhutnahme werden UMA bei einer geeigneten Person (Verwandte oder Pflegefamilien), in einer geeigneten Einrichtung (sogenannte Clearingshäuser) oder in einer sonstigen Wohnform untergebracht. Neben der Unterbringung werden der notwendige Unterhalt, die Krankenhilfe und die rechtliche Vertretung des Kindes sichergestellt. Im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme findet auch die Altersfeststellung statt. Die dafür verwendeten Methoden reichen von einer reinen Altersschätzung über körperliche Untersuchungen bis hin zu radiologischen Untersuchungen der Handwurzel, des Gebisses oder des Schlüsselbeins (BAMF 3.2018; vgl BAMF 1.8.2016a).

Das Jugendamt entscheidet auf der Grundlage des Ergebnisses des Erstscreenings, ob das bundesweite Verteilungsverfahren durchgeführt wird oder ob eine Verteilung ausgeschlossen ist. Die bundesweite Verteilung erfolgt durch das Bundesverwaltungsamt. Trotz der bundesweiten Aufnahmepflicht und Verteilung, die dazu dienen, die vorhandenen Unterbringungskapazitäten besser zu nutzen, aber auch die Belastung der Kommunen besser zu verteilen, wird das Verteilungsverfahren verschiedentlich kritisiert. Zum einen wurde hervorgehoben, dass die gesetzlichen Vorgaben zu Problemen in der Praxis führen können und zum anderen wurde bemängelt, dass die Versorgung und Betreuung im Umverteilungsverfahren allzu oft nicht im Rahmen der Standards der Jugendhilfe (z.B. nicht geeignete Unterkünfte, ungenügende Gesundheitsversorgung, Mangel an spezifischen Fachwissen und Erfahrung seitens der Fachkräfte) stattfände (BAMF 3.2018).

Nach der Verteilung ist das Jugendamt, dem die Minderjährigen zugewiesen wurden, für die reguläre Inobhutnahme zuständig. Die Unterbringung erfolgt wieder bei einer geeigneten Person oder in einer geeigneten Einrichtung (siehe oben) (BAMF 1.8.2016a). Der weitere Ausbau von speziell auf die Bedürfnisse von UMA ausgerichteten Angeboten und eine bessere Qualifizierung des betreuenden Personals, vor allem im Hinblick auf traumatisierte UMA, werden allerdings als Herausforderung gesehen (BAMF 3.2018).

Im Anschluss an die Unterbringung werden die Beantragung einer Vormundschaft, weitere medizinische Untersuchungen, die Ermittlung des Erziehungsbedarfs sowie eine Klärung des Aufenthaltsstatus veranlasst. Für UMA muss vom Familiengericht ein Vormund oder Pfleger bestellt werden. Eine Vormundschaft besteht in der Regel bis zur Volljährigkeit. Dabei orientiert sich die Volljährigkeit an dem Recht im Herkunftsland des Minderjährigen und nicht am deutschen Recht. Tritt also nach diesem Recht die Volljährigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahrs ein, endet die Vormundschaft auch erst zu diesem Zeitpunkt. Im anschließenden Clearingsverfahren werden weitere Schritte im Bereich des Jugendhilferechts oder des Aufenthaltsrechts eingeleitet. Es umfasst unter anderem die Klärung des Aufenthaltsstatus. Auf dessen Basis wird entschieden, ob ein Asylantrag gestellt wird. Ist ein Asylverfahren nicht erfolgversprechend, kann die zuständige Ausländerbehörde auch eine Duldung ausstellen. Kommt auch dies nicht in Frage, berät die Ausländerbehörde über andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten. Falls ein Asylantrag gestellt werden soll, ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (BAMF 1.8.2016a).

Innerhalb des Asylverfahrens gelten für die Bestimmung der Volljährigkeit die nationalen Vorschriften. Das heißt: Asylwerber müssen mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ihren Asylantrag selbst stellen. Ein etwaiger Vormund kann in diesem Fall aber weiterhin das Asylverfahren begleiten (BAMF 1.8.2016a). Die Asylantragsstellung vom UMA muss über den Vormund oder das Jugendamt schriftlich erfolgen. Das Mindestalter zur Begründung der Handlungsfähigkeit im Asylverfahren wurde auf 18 Jahren hinaufgesetzt. Es gibt für UMA kein gesondertes Asylverfahren, dennoch wird, um das Kindeswohl zu wahren, das Verfahren von besonders geschulten Entscheidern (Sonderbeauftragten) kindgerecht durchgeführt (BAMF 3.2018). Anhörungen finden grundsätzlich in Anwesenheit des Vormunds statt. Zusätzlich kann auch ein Beistand, z. B. eine Betreuerin oder ein Betreuer bei den Anhörungen anwesend sein. Unterbringung, Versorgung - hierzu gehört auch die sozialpädagogische Begleitung und Betreuung, Gesundheitsversorgung sowie Rechtsberatung - sind gesetzlich sichergestellt (BAMF 1.8.2016a).

Im Jahr 2016 gab es in Deutschland 44.935 Inobhutnahmen von UMA,

35.939 davon stellten Asylanträge. 2017 gab es 9.084 Asylanträge von UMA (BAMF 30.4.2018).

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift zur Identifizierung Vulnerabler, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Mit der Änderung des Asylgesetzes im Jahr 2015 wurde zwar ein Wortlaut betreffend der Identifizierung schutzbedürftiger Asylwerber eingeführt, aber die neue Richtlinie wird nicht ordnungsgemäß umgesetzt (AIDA 3.2018). In der Praxis werden Beeinträchtigungen und die damit verbundenen spezifischen Bedarfe von Asylwerbern nur zufallsbasiert und bestenfalls vereinzelt erkannt. Soweit in der Flüchtlingsaufnahme Beeinträchtigungen erkannt werden, geschieht dies entweder während der verpflichtenden medizinischen Erstuntersuchung durch die Gesundheitsämter, die jedoch lediglich der Diagnose übertragbarer Krankheiten zum Schutz der örtlichen Gesundheit dienen, oder durch Sozialarbeiter im laufenden Betrieb der Einrichtungen. Beide Wege haben jedoch nicht das Ziel der systematischen Erfassung von Beeinträchtigungen und individuellen Bedarfsfeststellung; sie erreichen nur einen Bruchteil der Betroffenen und in der Regel werden nur sichtbare Beeinträchtigungen erkannt (DIM 3.2018; vgl AIDA 3.2018).

Einige Bundesländer haben Pilotprojekte für die Identifizierung vulnerabler Asylwerber eingeführt. Vom BAMF erlassene Richtlinien sehen vor, dass insbesondere UM, Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung sowie Opfer von Folter und traumatisierte Asylwerber besonders sensibel und bei Bedarf von speziell ausgebildeten Referenten behandelt werden sollen. Die Einführung dieser Spezialisten (376 für UMA, 74 für Traumatisierte und Folteropfer, 125 für Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung, 79 für Opfer des Menschenhandels) hat die Handhabung derartiger Verfahren etwas verbessert, wobei es aber auch Beispiele gibt, wonach Hinweise auf Traumata bzw. sogar Folter nicht zur Konsultierung solcher Spezialisten geführt haben (AIDA 3.2018).

Medizinische Spezialbehandlung für Traumatisierte und Folteropfer kann durch einige Spezialisten und Therapeuten in verschiedenen Behandlungszentren für Folteropfer gewährleistet werden. Da die Plätze in diesen Zentren begrenzt sind, ist der Zugang nicht immer garantiert. Da die Behandlungskosten von den Behörden nur teilweise übernommen werden (Übersetzerkosten werden etwa nicht gedeckt), sind die Zentren zu einem gewissen Grad auf Spenden angewiesen. Große geographische Distanzen zwischen Unterbringung und Behandlungszentrum sind in der Praxis auch oft ein Problem (AIDA 3.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundest für Migration und Flüchtlinge (30.4.2018):

Zugangszahlen zu unbegleiteten Minderjährigen, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/um-zahlen-entwicklung.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.2018):

Unbegleitete Minderjährige in Deutschland, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/EMN/Studien/wp80-unbegleitete-minderjaehrige.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016a):

Unbegleitete Minderjährige,

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleitete-minderjaehrige-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

DIM - Das Deutsche Institut für Menschenrechte (3.2018):

Geflüchtete Menschen mit Behinderung, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/POSITION/Position_16_Gefluechtete_mit_Behinderungen.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

MFKJKS - Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (5.2017): Jugend - Handreichung zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen 2017,

https://www.mkffi.nrw/sites/default/files/asset/document/handreichung_2017.pdf, Zugriff 12.6.2018

5. Non-Refoulement

Wenn die drei Schutzformen - Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz - nicht greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebungsverbot erteilt werden (BAMF 1.8.2016b). Wenn ein Abschiebungsverbot festgestellt wird, erhält die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr; eine Verlängerung ist möglich (UNHCR o.D.a).

Amnesty International sieht Asylwerber aus Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Albanien und Montenegro von einem erhöhten Refoulement-Risiko bedroht, da diese Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft wurden (AI 31.12.2017). AI kritisiert auch die fortgesetzten Abschiebungen nach Afghanistan, trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage vor Ort. Bis Ende des Jahres wurden 121 afghanische Staatsangehörige abgeschoben (AI 22.2.2018).

Quellen:

-

AI - Amensty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425035.html, Zugriff 12.6.2018

-

AI - Amnesty International (31.12.2017): Germany: Human rights guarantees undermined: Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review - 30th session of the UPR Working Group, May 2018 [EUR 23/7375/2017],

https://www.ecoi.net/en/file/local/1422247/1226_1516189882_eur2373752017english.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b): Nationales Abschiebungsverbot,

https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/AbschiebungsV/abschiebungsverbot-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,

http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018

6. Versorgung

Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen, die Asylwerbern zustehen. Die Leistungen umfassen die Grundleistungen des notwendigen Bedarfs (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt), Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Alltag (Bargeld bzw. Taschengeld), Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Bei besonderen Umständen können auch weitere Leistungen beantragt werden, die vom Einzelfall abhängen (AIDA 3.2018; vgl BAMF 1.8.2016b). Die empfangenen Leistungen liegen dabei unterhalb der finanziellen Unterstützung, die deutsche Staatsangehörige beziehen. Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereit gestellt. Hiervon kann - soweit nötig - abgewichen werden, wenn Asylwerber nicht in Aufnahmeeinrichtungen, sondern in Anschlusseinrichtungen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft oder dezentrale Unterbringung, wie Wohnung oder Wohngruppen) untergebracht sind. So können Asylwerber statt Sachleistungen Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder in Geldleistungen erhalten. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, werden die folgenden Beträge monatlich ausbezahlt:

Bezieher

Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen

Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

135 €

216 €

Für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

je 122 €

194 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt

je 108 €

174 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

76 €

198 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

83 €

157 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

79 €

133 €

Nach 15 Monaten im Asylverfahren wird die Leistungshöhe auf das gleiche Niveau wie für bedürftige Deutsche umgestellt (UNHCR o.D.b; vgl BAMF 1.8.2016b, AIDA 3.2018, AsylbLG 17.7.2017).

Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 24.10.2017). Während der ersten drei Monate des Asylverfahrens gilt jedoch ein Beschäftigungsverbot für Asylwerber. Dieses Beschäftigungsverbot besteht fort, solange die betroffene Person verpflichtet ist, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Für die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit wird eine Beschäftigungserlaubnis benötigt, die bei der Ausländerbehörde beantragt werden kann. Die Ausländerbehörde muss hierfür zusätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ist während des gesamten Asylverfahrens untersagt (UNHCR o.D.b).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das durch

Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist (17.7.2017): § 3 Grundleistungen, https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b):

Zuständige Aufnahmeeinrichtungen, https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/MeldungAE/meldung-aufnahmeeinrichtung-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (24.10.2017):

Ankunftszentren,

https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.b):

Aufnahmesituation,

http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/aufnahmesituation, Zugriff 12.6.2018

6.1 Unterbringung

In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Ländersache. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen weitgehend geschlossen wurden. Darüber hinaus wurden besondere Aufnahmeeinrichtungen (in denen Personen untergebracht werden können, deren Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden) und Transitzentren (in denen Asylwerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht werden) eingerichtet (AIDA 3.2018; vgl BSASFI 29.6.2017).

Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2017 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 3.2018; vgl BAMF 10.2016). Von Flüchtlingsorganisationen und NGOs werden die Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften häufig kritisiert (AIDA 3.2018).

Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragsstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragsstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D.c).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2016): Ablauf des deutschen Asylverfahrens,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.c):

Ankunftszentren,

https://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufbau/Standorte/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 12.6.2018

-

BSASFI - Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (29.6.2017): Schriftliche Anfrage einer Abgeordneten betreffend "Ankunftszentren und Transitzentren, https://www.fluechtlingsrat-bayern.de/tl_files/PDF-Dokumente/Anfrage%20Ausbau%20der%20Ankunfts-%20und%20Transitzentren.pdf, Zugriff 12.6.2018

6.2 Medizinische Versorgung

Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV o.D.).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA 3.2018; vgl DIM 3.2018, GKV o. D.).

Je nach Bundesland erhalten Asylwerber eine Gesundheitskarte oder Krankenscheine vom Sozialamt; darüber können die Bundesländer autonom entscheiden (BMG 2.2016; vgl BMdI 29.9.2015). Krankenscheine bekommen Asylwerber beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 3.2018). Die elektronische Gesundheitskarte ersetzt den Behandlungsschein und damit können Asylwerber den Arzt direkt aufsuchen, ohne vorher eine Bescheinigung von den staatlichen Stellen (z.B. Sozialamt) einzuholen (BMG 6.2016).

Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl BMG 6.2016, AIDA 3.2018).

Es wurde jedoch kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch nur Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:

Germany,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018

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BMdI - Bundesministerium des Innern (29.9.2015): Änderung und Beschleunigung von Asylverfahren beschlossen, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2015/09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 12.6.2018

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BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.10.2015): Verbesserung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2015/bund-laender-vereinbarungen/?L=0, Zugriff 12.6.2018

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BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.2016): Ratgeber Gesundheit für Asylwerber in Deutschland, http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_Asylsuchende_DE_web.pdf, Zugriff 12.6.2018

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DIM - Das Deutsche Institut für Menschenrechte (3.2018):

Geflüchtete Menschen mit Behinderung, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/POSITION/Position_16_Gefluechtete_mit_Behinderungen.pdf, Zugriff 12.6.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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