Entscheidungsdatum
08.10.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I408 2135635-3/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXX, StA.
NIGERIA, vertreten durch: RA Edward W. DAIGNEAULT Solicitor (England) gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 27.08.2018, Zl. 1063449002-180461347, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 16.05.2018 seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz, der mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 27.08.2018 wegen entscheidender Sache zurückgewiesen wurde (Spruchpunkt I.). Es wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht zuerkannt (Spruchpunkt III.) und es wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria, christlichen Glaubens und stammt aus Agbor. Seine Identität steht nicht fest.
In Nigeria leben weiterhin sein Vater und eine Schwester.
Er ist jung, gesund und arbeitsfähig sowie unbescholten.
In Österreich verfügt er über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Mit einem, in einem anderen Ort lebenden, nigerianischen Staatsbürger hat er regelmäßigen Kontakt.
Eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht kann nicht festgestellt werden. Er spricht ein wenig Deutsch (Deutschzertifikat A2 vom 31.08.2017 bzw. besuchte 2018 einen weiteren Deutschkurs), lebt in einer Flüchtlingsunterkunft, bezieht Leitungen der Grundversorgung und spielt Fußball. Einer geregelten Tätigkeit ist er in Österreich nicht nachgegangen.
1.2. Zum neuerlichen Vorbringen des Beschwerdeführers:
Seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte der Beschwerdeführer nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 16.04.2015. Er gab dabei an, am 01.01.1999 geboren und damit minderjährig zu sein und begründete seinen Antrag damit, dass es in seinem Land Krieg gebe. Boko Haram bringe dort Leute um und er wisse nicht, warum seine Familie nicht flüchtet. Er sei öfters in Lagos gewesen und auch da wäre es gefährlich gewesen. Am 29.06.2015 fand eine Begutachtung zur Volljährigkeitsbeurteilung statt, worauf ein fiktives Geburtsdatum für den Beschwerdeführer mit 29.10.1996 festgestellt wurde. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde letztlich abgewiesen, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und ihm eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung für eine freiwillige Rückkehr eingeräumt. Diese Entscheidung wurde vom Beschwerdeführer bekämpft und erwuchs mit 14.10.2016 mit Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer leistete der Rückkehrentscheidung keine Folge und stellte am 26.01.2017 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass er aufgrund seiner Homosexualität nicht nach Nigeria zurückkehren könne, weil er sofort inhaftiert werde. Sein Lebenspartner, den er vor 6-7 Monaten in Österreich kennengelernt hatte, lebe auch hier. Bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde führte er aus, dass der eigentliche Grund für das Verlassen Nigerias seine Homosexualität gewesen wäre. Sein Lebensgefährte in Nigeria sei eines Tages nicht mehr auffindbar gewesen. Bis heute wisse er nicht, wo sich dieser befinde bzw. was mit ihm geschehen sei. Es habe Gerüchte gegeben, dass er von der Polizei festgenommen worden sei. Aus diesem Grund habe er beschlossen, zu fliehen. Dieser Antrag wurde mangels Glaubwürdigkeit des Vorbringens abgewiesen, eine neuerliche Rückkehrentscheidung erlassen und ihm eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung für eine freiwillige Rückkehr eingeräumt. Auch diese Entscheidung wurde vom Beschwerdeführer bekämpft und erwuchs mit 25.04.2018 mit Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht in Rechtskraft.
Am 26.05.2018 stellte der Beschwerdeführer im Zuge der Durchführung der ergangenen Rückkehrentscheidung den verfahrensgegenständlichen, dritten Antrag auf internationalen Schutz, den er, wie im zweiten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, damit begründete, dass er eine Asylgründe nach wie vor aufrecht halte, er homosexuell sei und in Nigeria verfolgt werde. Man würde ihn umbringen und einsperren.
Zwischen der Rechtskraft des zweiten Asylverfahrens mit 25.04.2018 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 27.08.2018 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.
Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor.
1.3 Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:
Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria hat sich nicht in einem Umfang verändert, der auf eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes schließen lässt. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.
Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. So herrscht in Nigeria weder ein Bürgerkrieg noch flächendeckend eine Hungersnot. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind nicht mit jenen in Europa zu vergleichen, es ist aber nicht davon auszugehen, dass ein gesunder, junger Mann nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt in Nigeria zu bestreiten.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang und zur Person des Beschwerdeführers:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht wurde zudem in die Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes zu GZ. I403 2135635-1 und I414 2135635-2 genommen und damit zu den Beschwerdeverfahren der beiden vorangegangenen Asylverfahren. Ergänzend wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) eingeholt.
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinen persönlichen Verhältnissen in Nigeria und in Österreich ergeben sich aus seinen entsprechenden Äußerungen gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.
Seine Identität steht aber aufgrund fehlender Dokumente und der offenkundig unrichtigen Angaben zu seinem Lebensalter (Geburtsdatum) nicht fest.
Der Beziehung zu seinem nigerianischen Freund, der in einem anderen Ort lebt, wird keine Relevanz zuerkannt, zumal diese bereits Gegenstand des zweiten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens war.
Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 12.07.2018 gab der Beschwerdeführer zwar an, manchmal Bauchschmerzen zu haben und in ärztlicher Behandlung zu stehen, legte aber trotz Aufforderung keine entsprechenden Befunde vor und brachte dazu auch in der Beschwerde nichts vor.
Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 02.10.2018.
2.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
In zwei rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, beide mit abweisenden Beschwerdeentscheidungen durch das Bundesverwaltungsgericht, wurde über die Fluchtgründe des Beschwerdeführers, zunächst die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Zusammenhang mit Übergriffen von Boko Haram und dann seine nachträglich vorgebrachte Homosexualität, negativ abgesprochen und jeweils Rückkehrentscheidung erlassen.
Im gegenständlichen (zweiten) Folgeverfahren sind keine neuen Fluchtgründe vorgebracht worden. Sowohl in der Erstbefragung am 16.05.2018 als auch in der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt am 12.07.2018 erklärte der Beschwerdeführer, dass sich gegenüber dem Vorverfahren nichts an seinen Fluchtgründen geändert habe. Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Lebensgefährten habe und mit diesem eine Beziehung führe, so ist dies nichts Neues, sondern war ebenfalls Gegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen zweiten Verfahrens.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt wie die belangte Behörde zum Schluss, dass der Beschwerdeführer keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vorbracht hat.
Dass sich die Situation in Nigeria seit der rechtskräftigen Vorentscheidung maßgeblich geändert hätte, wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet noch entspricht dies dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Es ist daher insgesamt weder eine Änderung der Rechts- noch der Sachlage erkennbar.
Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen lassen.
Ein schützenswertes Privat- oder Familienleben wurde seit Beendigung des Vorverfahrens ebenfalls nicht begründet. Es kann nicht von einer entscheidungswesentlichen Änderung des Sachverhaltes im Sinne einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden.
2.3 Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation zu Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. des angefochtenen Bescheides):
Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).
Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).
Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das BFA den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d. h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, das (zweite) vom Beschwerdeführer beantragte Verfahren ist mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2018 in formelle Rechtskraft erwachsen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Weder im Erst- sowie im Zweitverfahren noch im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer relevante bzw. glaubhafte Fluchtgründe vorgebracht.
Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.
Zu überprüfen ist auch, ob sich der Sachverhalt bzw. die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Letzteres ist nicht gegeben, eine entscheidungswesentliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG 2005 ist nicht eingetreten.
Auch eine Änderung der Lage in Nigeria ist nicht erfolgt; es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse). Eine Änderung der Lage in Nigeria wurde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.
Zu prüfen sind aber auch etwaige Änderungen in der Person des Beschwerdeführers, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten. Solche Änderungen sind weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch aus der Beschwerde hervorgekommen, zumal sich der Beschwerdeführer selbst nur auf sein Vorbringen im bereits rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren berufen hat.
Es ist daher weder in Bezug auf die Frage des Status des Asylberechtigten noch des subsidiär Schutzberechtigten eine Änderung des Sachverhalts gegenüber der rechtskräftigen Vorentscheidung eingetreten, sodass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. abzuweisen war.
3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt II., erster Satz des angefochtenen Bescheides):
Im Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde (u.a.) aus, dass dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.3 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II., zweiter Satz des angefochtenen Bescheides):
Die inhaltliche Prüfung der Frage, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA VG für unzulässig zu erklären ist, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich.
Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der vergleichsweise kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von rund drei Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
Dagegen kann nach wie vor von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Nigeria ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er die Landessprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen in Nigeria vertraut ist. Im gegenständlichen Fall kann nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")
Es kann im gegenständlichen Fall auch nicht festgestellt werden, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers übermäßig lange gedauert hat, seine Einreise erfolgte illegal und stellt bereits als solche einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung dar. Auch nach Abschluss seiner beiden Asylverfahren hat der Beschwerdeführer das Bundesgebiet trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidungen nicht verlassen, sondern jeweils unmittelbar nach Rechtskraft der beiden negativen Asylentscheidung einen neuerlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, Zl. 98/18/0260; 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365).
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt daher auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen (siehe oben), dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Artikel 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.4 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II., dritter Satz des angefochtenen Bescheides):
Mit angefochtenem Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung des gesunden Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der rechtskräftigen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).
3.5 Zur Aberkennung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise in Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG. Dieser Spruchpunkt wurde auch in der Beschwerde nicht explizit angesprochen bzw. angefochten.
3.6 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Die belangte Behörde erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot:
Im Lichte einer jüngst ergangenen Entscheidung des VwGH, in welcher dieser darauf hinweist, dass der bloße unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, dieses jedoch bei Hinzutreten weiterer Faktoren wie dem Nichtnachkommen einer Ausreiseverpflichtung oder Mittellosigkeit des Fremden durchaus geboten sein kann, ist die Verhängung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall als angemessen zu erachten (VwGH Erkenntnis vom 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Die belangte Behörde hat in Ihrer Entscheidung auf Seite 72 bis 74 ihre Beweggründe umfassend und nachvollziehbar dargelegt und mit der entsprechenden Judikatur der Höchstgerichte untermauert, denen sich das Gericht vollinhaltlich anschließt.
Zur Dauer des Einreiseverbotes wird festgehalten, dass die belangte Behörde unter der Hälfte der gesetzlich zulässigen Dauer des § 53 Abs. 2 FPG geblieben ist. Die Beschwerde zeigt auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre. Wie bereits dargelegt, verfügt der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich bzw. machte er ein solches auch nicht substantiiert für andere Mitgliedsstaaten geltend.
Da somit im vorliegenden Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Erlassung eines auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbotes erfüllt sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ebenfalls abzuweisen.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war zudem auf Grund der Aktenlage klar.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Asylantragstellung, Aufenthaltstitel, Einreiseverbot, entschiedeneEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I408.2135635.3.00Zuletzt aktualisiert am
22.01.2019