TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/11 I415 2137808-2

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Veröffentlicht am 11.10.2018
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Entscheidungsdatum

11.10.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2137808-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 30.07.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 07.11.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst mit wirtschaftlichen Motiven und der Bedrohung durch eine Drogenorganisation in seiner Heimatstadt begründete.

2. Mit Bescheid vom 30.09.2016, Zl. 1094370500 / 151731515, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde bestimmt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) Letztlich wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17.10.2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.11.2016, Zl. I403 2137808-1/4E, gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen wurde. Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

4. Am 26.06.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde er von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Zur Frage, was sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens mit 04.11.2016 konkret geändert habe, erklärte er: "Ich halte meine damalig genannten Fluchtgründe vollinhaltlich aufrecht. Ich stelle nun nochmal einen Asylantrag. Ich bin seit ca. 26 Tagen im XXXX Spital und habe erfahren, dass ich an ‚Multipler Sklerose' erkrankt bin. (Arztbrief in Kopie beim Akt). In Algerien habe ich keine Gesundheitsversicherung und würde dort keine Behandlung bekommen. Zudem sind die Ärzte in Algerien in Streik, wegen der niedrigen Einkommen. Ich möchte nur hier in Österreich behandelt werden. Das sind alle meine neuen Asylgründe. Bei einer Rückkehr in die Heimat befürchte ich, dass ich nicht ausreichend medizinisch behandelt werde."

5. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 20.07.2018 erklärte der Beschwerdeführer, dass die im Zuge des ersten Asylverfahrens vorgebrachten Fluchtgründe, und zwar Furcht vor der Verfolgung durch die Mitglieder einer Drogenorganisation und seine prekäre wirtschaftliche Lage, weiterhin bestehen. Die Befragung des Beschwerdeführers (VP) durch den Leiter der Amtshandlung (LA) zu den neuen Fluchtgründen stellte sich folgendermaßen dar (im Folgenden ein Auszug aus der Niederschrift):

"LA: (...) Worauf beziehen Sie sich nun bei der gegenständlichen Antragsstellung?

VP: Mein neuer Fluchtgrund ist meine Krankheit. Es ist eine schwere Krankheit. Ich bin in Algerien nicht versichert und die Medikamente dafür sind sehr teuer. Ich habe dort weder Arbeit, Versicherung oder Sonstiges. Die medizinischen Einrichtungen sind dort sehr schlecht. Vor zwei bis drei Monaten haben die algerischen Ärzte dort gestreikt, das kann man im Internet nachsehen.

LA: Also geben Sie in Ihrer Erkrankung Ihren einzigen Fluchtgrund an?

VP: Ja."

6. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 30.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.06.2018 wegen entschiedener Sache nach § 68 Abs. 1 AVG zurück (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt II. 1. Spruchteil). Weiters wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II. 2. Spruchteil) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt II. 3. Spruchteil). Es wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt III.).

7. Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 30.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

8. Mit Schriftsatz vom 27.08.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies im Wesentlichen mit Verfahrensfehlern, mangelhafter Beweiswürdigung und falscher rechtlicher Beurteilung. Die belangte Behörde sei ihren Ermittlungspflichten nicht nachgekommen und habe das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ganzheitlich gewürdigt. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in eine aussichtslose Notlage geraten würde. Anders als von der belangten Behörde ausgeführt, habe sich daher der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens maßgeblich geändert. Die Erkrankung des Beschwerdeführers erreiche jedenfalls die Schwelle des Art. 3 EMRK. Auch die Rückkehrentscheidung hätte aus Gründen des Art. 8 EMRK für unzulässig erklärt werden müssen. Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge:

i. den angefochtenen Bescheid beheben und die Sache an das BFA zur Durchführung eines materiellen Verfahrens gemäß den §§ 3,8 AsylG zurückverweisen sowie

ii. feststellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist sowie

iii. in eventu eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilen

iv. der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen

in eventu

v. den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen.

9. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 30.08.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Algerien. Seine Identität steht in Ermangelung identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist spätestens am 11.11.2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet eingereist, war in diesem Zeitraum im Bundesgebiet in Summe aber nur etwa elf Monate aufrecht gemeldet; dies von 22.02.2016 bis 15.12.2016 - und damit bis kurz nach negativer Erledigung seines ersten Asylverfahrens, sowie vom 04.09.2018 bis dato.

Eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Seit Juni 2018 leidet der Beschwerdeführer unter der Erstmanifestation einer Multiplen Sklerose. Sein Gesundheitszustand steht einer Rückkehr nach Algerien nicht entgegen.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der erste Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 11.11.2015 wurde mit Bescheid des BFA vom 30.09.2016 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde bestimmt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) Letztlich wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.11.2016, Zl. I403 2137808-1/4E, als unbegründet abgewiesen.

Zwischen rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens und der Zurückweisung des gegenständlichen Folgeantrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 30.07.2018 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.

Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor.

1.3 Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Algerien hat sich nicht in einem Umfang verändert, der auf eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes schließen lässt. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.

Die wesentlichen Feststellungen lauten:

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geldund/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Algerien leistet sich - wohl nicht zuletzt aus politischen Gründen - ein hochaufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Die Höhe der Subventionen beträgt derzeit pro Jahr 60 Milliarden Dollar. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 3.2015).

Grundsätzlich ist medizinische Versorgung in Algerien allgemein zugänglich und kostenfrei (ÖB 3.2015; vgl. AA 23.2.2017). Krankenhäuser, in denen schwierigere Operationen durchgeführt werden können, existieren in jeder größeren Stadt; besser ausgestattete Krankenhäuser gibt es an den medizinischen Fakultäten von Algier, Oran, Annaba und Constantine. Häufig auftretende chronische Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Tuberkulose, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Geschlechtskrankheiten und psychische Erkrankungen können auch in anderen staatlichen medizinischen Einrichtungen behandelt werden. AIDS-Patienten werden in sechs Zentren behandelt (AA 23.2.2017). Der Standard in öffentlichen Krankenhäusern entspricht nicht europäischem Niveau. Grundsätzlich meiden Algerier nach Möglichkeit die Krankenhäuser und bemühen sich, Kranke so schnell wie möglich in häusliche Pflege übernehmen zu können. Oft greift man zu Bestechung, um ein Intensivbett zu bekommen oder zu behalten. Ohne ständige familiäre Betreuung im Krankenhaus ist eine adäquate Pflege nicht gesichert. Die Müttersterblichkeit und Komplikationen bei Geburten sind aufgrund von Nachlässigkeiten in der Geburtshilfe hoch. Mit Frankreich besteht ein Sozialabkommen aus den 60er Jahren, das vorsieht, dass komplizierte medizinische Fälle in Frankreich behandelt werden können. Dieses Abkommen ist seit einiger Zeit überlastet. Nicht alle Betroffenen können es in Anspruch nehmen. Auch mit Belgien besteht ein entsprechendes Abkommen (ÖB 3.2015).

Es sind Privatspitäler, v.a. in Algier entstanden, die nach europäischem Standard bezahlt werden müssen. Der Sicherheitssektor kann auf ein eigenes Netz von Militärspitälern zurückgreifen. Immer wieder wird darauf aufmerksam gemacht, dass sich in Algerien ausgebildete Ärzte in Frankreich niederlassen, was zu einem Ärztemangel in Algerien führt. Die Versorgung im Landesinneren mit fachärztlicher Expertise ist nicht sichergestellt. Augenkrankheiten sind im Süden häufig. Algerien greift diesbezüglich für die Versorgung im Landesinneren auf kubanische Ärzte zurück, z.B. die im April 2013 neu eröffnete Augenklinik in Bechar. Tumorpatienten können medizinisch nicht nach westlichem Standard betreut werden. Schwierig ist die Situation von Alzheimer- und Demenzpatienten und von Behinderten (ÖB 3.2015).

Krankenversichert ist nur, wer einer angemeldeten Arbeit nachgeht. Die staatliche medizinische Betreuung in Krankenhäusern steht auch Nichtversicherten beinahe kostenfrei zur Verfügung, allerdings sind Pflege und die Verpflegung nicht sichergestellt, Medikamente werden nicht bereitgestellt, schwierige medizinische Eingriffe sind nicht möglich (ÖB 3.2015).

In der gesetzlichen Sozialversicherung sind Angestellte, Beamte, Arbeiter oder Rentner sowie deren Ehegatten und Kinder bis zum Abschluss der Schul- oder Hochschulausbildung obligatorisch versichert. Die Sozial- und Krankenversicherung ermöglicht grundsätzlich in staatlichen Krankenhäusern eine kostenlose, in privaten Einrichtungen eine kostenrückerstattungsfähige ärztliche Behandlung. Immer häufiger ist jedoch ein Eigenanteil (Krankenhausbett zum Beispiel 100,- Dinar = etwas mehr als 1 Euro pro Nacht) zu übernehmen. Die höheren Kosten bei Behandlung in privaten Kliniken werden nicht oder nur zu geringerem Teil übernommen. Algerier, die nach jahrelanger Abwesenheit aus dem Ausland zurückgeführt werden, sind nicht mehr gesetzlich sozialversichert und müssen daher sämtliche Kosten selbst übernehmen, sofern sie nicht als Kinder oder Ehegatten von Versicherten erneut bei der Versicherung eingeschrieben werden oder selbst einer versicherungspflichtigen Arbeit nachgehen (AA 23.2.2017).

Seit der Ära Boumedienne ist in Algerien die medizinische Versorgung kostenlos und wurde vom Staat garantiert. Daran hat sich bis heute im Prinzip nichts geändert. Die Finanzierung erfolgt über Sozialversicherungsbeiträge, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden (den größeren Teil, derzeit 12,5%, trägt der Arbeitgeber, wesentlich weniger, 1,5%, der Beschäftigte) und Staatszuweisungen aus dem Budget des Gesundheitsministeriums. Algerien gibt 6,64% seines BIP (2013) für das Gesundheitswesen aus (Deutschland: 11,3%). Die Versorgung mit Standard-Medikamenten (Schmerzmittel, Antibiotika, Herz-Kreislauf-Mittel) zumindest in den Städten ist durch die Apotheken gewährleistet. Spezielle chirurgische Eingriffe, die über die Grundversorgung hinausgehen, werden jedoch nur nach langer Wartezeit durchgeführt. Sehr wohlhabende Familien, wie auch der Präsident selbst, lassen sich gern in Frankreich behandeln. Eine Infrastruktur für Notfälle, z.B. Notrufe, gibt es nicht (außer bei Verkehrsunfällen); es ist Sache der Betroffenen, Hilfe zu organisieren (GIZ 12.2016c).

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen illegaler Ausreise.

Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang und zur Person des Beschwerdeführers:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht wurde auch genommen in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zu GZ. I403 2137808-1 und damit in das Beschwerdeverfahren des vorangegangenen Asylverfahrens. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich ergeben sich aus seinen entsprechenden Äußerungen gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und den Sicherheitsorganen. Die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid blieben unwidersprochen.

Dass keine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich besteht, ergibt sich aus seinem erst kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet in Verbindung mit dem Umstand, dass er auch keine erfolgten Maßnahmen zur Integration in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht vorweisen konnte.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Ausführungen im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vom 20.07.2018, sowie der Vorlage von medizinischen Befunden der Neurologischen Abteilung des XXXX Spitals XXXX vom 29.06.2018, einer Aufenthaltsbestätigung des XXXX Spitals XXXX vom 13.07.2018 sowie einer Ambulanzkarte der Abteilung Chirurgie des XXXX vom 25.07.2018 sowie insbesondere der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.02.2018 betreffend Behandelbarkeit von Multipler Sklerose in Algerien: Seitens des BFA RD NÖ erging diesbezüglich eine Anfrage an die Staatendokumentation, ob eine gleichwertige Behandlung im Heimatland Algerien bei einem Befund multipler Sklerose, bei der wegen unbeabsichtigtem Gewichtsverlust, Schmerzen bei Druck am Bauch sowie Blut im Stuhl zusätzlich ein Gastroenterologe nötig sei, möglich sei. Zusammenfassend wurde seitens der Staatendokumentation in Beantwortung der Anfrage Nachfolgendes festgehalten:

In Algerien sind die angegebenen Medikamente (Rituximab, Mirtazapin, Sertaline, Rivotril [Wirkstoff Clonazepam]) bzw. Alternativmedikamente verfügbar (v.a. auch im Fall des nicht verfügbaren Mysoline [Wirkstoff Primidon]; verfügbare Alternativmedikamente aus der Medikamentenklasse der Antiepileptika sind etwa Lamotrigin, Levetiracetam, Depakine [Wirkstoff Valproatsäure]). Stationäre sowie ambulante Behandlung durch einen Neurologen sowie Gastroenterologen sind verfügbar. Eine Darmspiegelung sowie gastrointestinale chirurgische Eingriffe sowie ein EEG können durchgeführt werden.

Stationäre sowie ambulante Behandlung in Algerien sind demnach möglich, auch ist die erforderliche Medikamentation gegen multiple Sklerose im Herkunftsstaat erhältlich. Angesichts dieser aktuellen Anfrage an die Staatendokumentation in einem ähnlich gelagerten Fall - Multiple Sklerose, bei der wegen unbeabsichtigtem Gewichtsverlust, Schmerzen bei Druck am Bauch sowie Blut im Stuhl zusätzlich ein Gastroenterologe nötig sei - erscheint dem erkennenden Richter die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens, zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer an einer Krankheit leidet, einer in Algerien laut Länderberichten nicht ausreichend behandelbaren Krankheit, und dass der Beschwerdeführer somit auf die Behandlung in Österreich angewiesen ist - wie in der Beschwerde beantragt - als nicht notwendig, ergibt sich doch aus der Beantwortung der Staatendokumentation gerade, dass Multiple Sklerose in Algerien behandelbar und entsprechende Medikamente bzw. Alternativmedikamente verfügbar ist.

Die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und die Zeiträume seiner aufrechten Meldeadressen ergeben sich aus einem aktuellen Auszug des Zentralen Melderegisters der Republik Österreich.

2.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf seine Angaben in den jeweiligen Asylverfahren.

Der Beschwerdeführer hatte im Verfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2015 erklärt, dass er Algerien wegen Furcht vor der Verfolgung durch die Mitglieder einer Drogenorganisation und aufgrund der prekären wirtschaftlichen Lage verlassen habe. Das Bundesverwaltungsgericht kam im rechtskräftigen Erkenntnis vom 02.11.2016, Zl. I403 2137808-1/4E, zum Schluss, dass eine derartige Bedrohung des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden könne.

Am 26.06.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz begründete der Beschwerdeführer mit seiner, sich seit Juni 2018 manifestierenden Erkrankung an Multipler Sklerose und damit, dass es in Algerien aufgrund der wirtschaftlichen und persönlichen Situation des Beschwerdeführers und des Gesundheitssystems für ihn keine adäquaten Behandlungsmöglichkeiten dieser Krankheit gebe.

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des vorangegangenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 30.07.2018 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Dabei ist festzustellen, dass keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht wurden:

Bezüglich der weiterhin aufrecht erhaltenen Fluchtgründe aus dem Erstverfahren ist anzumerken, dass sich diesbezüglich keine Änderungen im Vergleich zum Vorverfahren ergeben haben und deshalb kein neu entstandener Sachverhalt erkannt werden konnte.

Es wurden auch keine neuen asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht, wie der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 20.07.2018 zu entnehmen ist. Die Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsberatung rückübersetzt und von ihm auch unterschrieben. Auch in der Beschwerde wird die Richtigkeit der Niederschrift nicht angezweifelt. Die Fluchtgründe, die im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht wurden, sind daher ident mit jenen, welche im Vorverfahren bereits berücksichtigt worden waren.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zum Schluss, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vorbrachte. Dass sich die Situation in Algerien seit der rechtskräftigen Vorentscheidung maßgeblich geändert hätte, wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet noch entspricht dies dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Zwischen den beiden Asylverfahren liegt eine vergleichsweise kurze Zeit von rund 18 Monaten. Es ist daher insgesamt weder eine Änderung der Rechts- noch der Sachlage erkennbar.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

In der Zusammenschau ist sohin den Ausführungen der belangten Behörde beizutreten, dass der Beschwerdeführer keine glaubhaften Fluchtgründe und sohin keinen neuen entscheidungserheblichen Sachverhalt vorgebracht hat.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Eine Änderung der Situation in Algerien in den letzten Monaten wurde aber - wie bereits ausgeführt - auch in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Zu prüfen ist daher, ob der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers als wesentliche Änderung des Sachverhaltes anzusehen ist. Eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand kann gegebenenfalls eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen lassen. Auf Basis der vorgelegten Unterlagen (Aufenthaltsbestätigung des XXXX Spitals XXXX vom 29.06.2018) steht fest, dass der Beschwerdeführer vom 01.06.2018 bis 29.06.2018 in stationärer Behandlung war. Im Patientenbrief des XXXX Spitals XXXX vom 29.06.2018 ist als Diagnose die Erstmanifestation einer multiplen Sklerose vermerkt.

Den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen zu Algerien sowie der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.02.2018 in einem ähnlich gelagerten Fall ist zu entnehmen, dass Multiple Sklerose in Algerien ambulant und stationär behandelbar ist und die diesbezüglich erforderliche Medikamente grundsätzlich verfügbar ist und dass zahlreiche Krankenhäuser in Algerien gut ausgestattet sind. Dem Bundesamt ist dahingehend zuzustimmen, dass nicht anzunehmen ist, dass dem Beschwerdeführer in Algerien in einer der EMRK widersprechenden Weise eine erforderliche medizinische Versorgung vorenthalten werden würde.

Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer kein derart schweres existenzbedrohendes Krankheitsbild glaubhaft machen können, dass davon auszugehen wäre, dass eine Abschiebung nach Algerien einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK darstellen würde. Es ist daher im gegenständlichen Fall nicht davon auszugehen, dass durch den Umstand, dass dem Beschwerdeführer seit dem Vorbescheid Multiple Sklerose diagnostiziert wurde, eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist.

Ein schützenswertes Privat- oder Familienleben wurde seit Beendigung des Vorverfahrens auch nicht begründet. Es kann nicht von einer entscheidungswesentlichen Änderung des Sachverhaltes im Sinne einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden.

2.3 Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Algerien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (10.2017): Algerien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/algerien-node/-/222160, Zugriff 15.02.2018 - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 15.02.2018 - ÖB - Österreichische Botschaft Algier (3.2015):

Asylländerbericht Algerien - SO - Spiegel Online (21.2.2017):

Staatschef Bouteflika - Der kranke Mann von Algier, http://www.spiegel.de/politik/ausland/abdelaziz-bouteflika-ist-schwerkrank-wer-regiert-algerien-a-1135607.html, Zugriff 12.03.2018 - AA - Auswärtiges Amt (16.2.2018): Algerien:

Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AlgerienSicherheit_node.html, Zugriff 16.2.2018 - BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (16.2.2018): Reiseinformationen Algerien, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/algerien-de.html, Zugriff 16.2.2018 - FD - France Diplomatie (16.2.2018): Conseils aux Voyageurs - Algérie - Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/algerie/, Zugriff 16.2.2018 - AA - Auswärtiges Amt (23.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 15.2.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Algerien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/algerien/geschichte-staat/, Zugriff 19.2.2018

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395180.html, Zugriff 19.2.2018 - TI - Transparency International (2016): Table of Results: Corruption Perceptions Index 2017,

http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 19.2.2018 - Algeria,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1395180.html, Zugriff 19.2.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (22.2.2018): The World Factbook - Algeria

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 1.3.2018

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UKBA - UK Home Office Border Agency (17.1.2013): Country of Origin Information Report - Algeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1359360623_report-17jan13.pdf, Zugriff 19.2.2018; Originalquelle: Jane's Sentinel Country Risk Assessments: Algeria - Armed Forces, 1.6.2012 - SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (24.2.2010): Algerien: Desertion aus der Garde Communale, Auskunft der SFH-Länderanalyse, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/algerien/algerien-desertion-aus-der-garde-communale.pdf, Zugriff 14.2.2017 - HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Algeria,

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Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Algerien gilt gemäß § 1 Z. 10 Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV als sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d. h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.11.2016, Zl. I403 2137808-1/4E, ist in formelle Rechtskraft erwachsen.

Das BFA hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Weder im Erstverfahren noch im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer relevante Fluchtgründe vorgebracht.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.

Zu überprüfen ist auch, ob sich der Sachverhalt bzw. die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Letzteres ist nicht gegeben, eine entscheidungswesentliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG 2005 ist nicht eingetreten.

Auch eine Änderung der Lage in Algerien ist nicht erfolgt. Es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse). Eine Änderung der Lage in Algerien wurde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.

Zu prüfen sind aber auch etwaige Änderungen in der Person des Beschwerdeführers, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten.

In Bezug auf die im gegenständlichen Verfahren erstmals eingebrachten gesundheitlichen Beschwerden wurde in der Beweiswürdigung dargelegt, dass diese keine derartige Schwere erreichen, dass sich daraus eine veränderte Sachlage und in weiterer Folge die Notwendigkeit einer neuen materiellen Überprüfung der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes ergeben würde. Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte muss davon ausgegangen werden, dass die Schwellen für eine Verletzung des Art. 3 EMRK im Krankheitsfall sehr hoch liegen:

Im Fall Ayegh (EGMR 7.11.2006, Appl. 4701/05) drohte einem Beschwerdeführer, dem in zwei Gutachten eine schwere Traumatisierung, Depressionen, Angstzustände und die Gefahr, Selbstmord zu begehen, attestiert wurden, die Abschiebung in den Iran. Der EGMR begründete seine Unzulässigkeitsentscheidung damit, dass schlechtere Behandlungsmöglichkeiten im Iran kein Abschiebehindernis seien und dass auch die Selbstmorddrohung für den Fall der Ausweisung den Staat nicht daran hindere, die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes vom Staat ergriffen werden.

Auch die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Russland im Fall Goncharova & Alekseytsev (EGMR 3.5.2007, Appl. 31.246/06) erkannte der EGMR nicht als Verletzung in Art. 3 EMRK, obwohl der Zweitbeschwerdeführer schwer psychisch krank war, bereits zwei Selbstmordversuche hinter sich und gedroht hatte, sich im Falle der Abschiebung umzubringen. Der EGMR begründete seine Entscheidung erneut - unter Zitierung der Entscheidung D. v. United Kingdom - damit, dass nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände Art. 3 EMRK verletzt sein könnte. Der Zweitbeschwerdeführer sei jedoch nicht in einer geschlossenen Anstalt gewesen und habe auch nicht ständigen Kontakt mit einem Psychiater gehabt. Auch die Drohung, im Falle der Abschiebung Selbstmord zu begehen, hindere den Vertragsstaat nicht daran, die Abschiebung zu veranlassen.

Wenn in der Beschwerde diesbezüglich ausgeführt wird, dass dem Beschwerdeführer in Algerien keine medizinische bzw. medikamentöse Versorgung zukommen würde, wird auf die Beantwortung der Staatendokomentation in einem ähnlich gelagerten Fall vom 13.02.2018 verwiesen (sh. nähere Ausführungen unter Punkt II.2.1.) die entsprechende Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK außer Acht gelassen, die vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 06.03.2008, B 2400/07-9, zusammengefasst wird (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93;

Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26;

Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04;

Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006;

Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung Hukic gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

In der Entscheidung Ramadan & Ahjredini gg. die Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache Ovdienko gg. Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl. Paramsothy gg. die Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach neunjährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht denselben Standard haben sollten wie in den Niederlanden).[...]

In der Beschwerdesache Amegnigan gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

In der Beschwerdesache Ndangoya gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

Die beiden letztgenannten Entscheidungen beinhalten somit, dass bei körperlichen Erkrankungen im Allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant sind.

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Auch die jüngste, in der Beschwerde zitierte Rechtsprechung des EGMR (Paposhvili gegen Belgien vom 13.12.2016) bestätigt diese Einschätzung. In seiner rezenten Entscheidung in diesem Fall hat der EGMR das Vorliegen von "ganz außergewöhnlichen Fällen" näher präzisiert. Demnach ist der Gerichtshof der Ansicht, dass die Abschiebung eines schwer kranken Menschen auch dann vom nach Art. 3 EMRK geschützten Bereich umfasst sein könnte - auch wenn dieser sich nicht in unmittelbarer Lebensgefahr befindet - wenn wegen des Fehlens einer geeigneten Heilbehandlung im Zielstaat oder wegen des mangelnden Zugangs zu einer solchen Heilbehandlung eine ernste, schnelle und irreversible Verschlechterung des Gesundheitszustands, die ein starkes Leid zur Folge hätte, oder diese Person eine erhebliche Verringerung der Lebenserwartung zu erfahren hätte, einer realen Gefahr ausgesetzt wäre (RN 183). Weiters stellt der Gerichtshof fest, dass es hier um die negative Verpflichtung, Personen nicht der Gefahr einer durch Art. 3 EMRK verbotenen Behandlung auszusetzen, handelt (RN 188). Was die zu berücksichtigten Faktoren betrifft, müssen die Behörden des abschiebenden Staates im Einzelfall prüfen, ob die im Zielstaat allgemein verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten in der Praxis ausreichend und geeignet für die Behandlung der Krankheit des Betroffenen sind, um zu verhindern, dass dieser einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wird. Dabei gehe es jedoch nicht darum, zu ermitteln, ob die Heilbehandlung im Zielstaat gleichwertig oder schlechter wäre als die durch das Gesundheitswesen des abschiebenden Staates zur Verfügung gestellte Heilbehandlung (RN 189). Jedenfalls muss der abschiebende Staat, wenn nach Prüfung der relevanten Informationen ernsthafte Zweifel über die Auswirkungen der Abschiebung der betreffenden Person bestehen bleiben, sei es wegen der allgemeinen Lage im Zielstaat oder wegen der individuellen Situation der Betroffenen, als Vorbedingung der Abschiebung, vom Zielstaat eine individuelle und ausreichende Zusicherung einholen, das eine geeignete medizinische Versorgung für die betroffene Person verfügbar und zugänglich sein wird, sodass sie sich nicht in einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Situation befindet (RN 191).

Nachdem aufgrund der getroffenen Länderfeststellungen zu Algerien und der individuellen Situation des Beschwerdeführers keine Zweifel bestanden, dass der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung seiner Erkrankung haben wird, waren diesbezüglich auch keine entsprechenden Garantien vom Zielstaat der Abschiebung einzuholen. Aus dem Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich, dass er arbeitsfähig ist und es ihm zumutbar ist, in Algerien seinen Lebensunterhalt zu sichern. Multiple Sklerose ist behandelbar, verläuft je nach Patient unterschiedlich und bedeutet nicht zwingend Arbeitsunfähigkeit. Es kann daher nicht pauschal festgestellt werden, dass Einschränkungen im Berufsleben auftreten werden und dem Beschwerdeführer dadurch bei seiner Rückkehr - mangels Krankenversicherung - der Zugang zum algerischen Gesundheitssystem verwehrt bleiben wird. Der Beschwerdeführer macht zwar in seiner Beschwerde geltend, aufgrund seiner Erkrankung arbeitsunfähig zu sein und wirft der belangten Behörde diesbezüglich mangelnde Ermittlungstätigkeit vor, jedoch brachte auch er keinen Nachweis vor, welcher geeignet wäre, eine weitere Ermittlungspflicht der Behörde zu begründen. Vielmehr brachte der Beschwerdeführer im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 20.07.2018 eine undatierte Einstellzusage seitens der XXXX in Vorlage, wonach der Beschwerdeführer "bei positivem Asylbescheid als Lagerarbeiter und Staplerfahrer in Vollzeitbeschäftigung" eingestellt werde und entkräftet er dadurch selbst seine von ihm in der Beschwerde behauptete Arbeitsunfähigkeit. Bemerkenswert ist diesbezüglich, dass zwischen Vorlage der Einstellungszusage und damit suggerierter Arbeitsfähigkeit im Rahmen der BFA-Einvernahme vom 20.07.2018 und der behaupteten Arbeitsunfähigkeit in der vom 27.08.2018 datierten Beschwerdeschreiben lediglich knapp sechs Wochen liegen.

Es ist daher auch in Bezug auf die Frage des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Änderung des Sachverhalts gegenüber der rechtskräftigen Vorentscheidung eingetreten.

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 AVG im Hinblick auf Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides abzuweisen war.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt II. 1. Spruchteil des angefochtenen Bescheides):

Im Spruchpunkt II. 1. Spruchteil des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde (u.a.) aus, dass dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. 1. Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.3 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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