Entscheidungsdatum
15.10.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I414 2012994-2/5.E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXX, StA. NIGERIA, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien und RA Mag. Susanne Singer, Maria-Theresia-Straße 9/3, 4600 Wels, gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien, vom 08.05.2018, Zl. XXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, reiste laut ihren Angaben am 22.01.2010 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 10.03.2010, FZ. XXX, wies das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria aus (Spruchpunkt III.).
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde ein.
Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 01.07.2013, XXX, die Beschwerde als unbegründet ab und traf nachfolgende Feststellungen:
"Es besteht in Österreich zudem kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Der strafrechtlich unbescholtenen Beschwerdeführerin kam zu keinem Zeitpunkt ihres Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylverfahren gestütztes Aufenthaltsrecht zu, noch konnte ein besonderes Maß an Integration festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin befindet sich laut eigenen Angaben seit Jänner 2010 in Österreich, beherrscht die deutsche Sprache nicht, hat keinen Deutschkurs sowie keinerlei andere Ausbildung absolviert. Sie ist weder Mitglied in einem Verein, noch in einer Organisation und tätigt auch keine gemeinnützige Arbeit. Sie ist von keiner zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person in Österreich abhängig. Laut mehreren Polizeiberichten ist die Beschwerdeführerin in Österreich seit ihrer Einreise als Prostituierte tätig, sie besitzt jedoch im Bundesgebiet keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung, sie hat keinerlei Ausbildung in Österreich abgeschlossen und für sie wurde keine Haftungserklärung abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin hat bis 01.04.2010 Leistungen aus der Grundversorgung bezogen."
Die Beschwerdeführerin stellte am 11.06.2014 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" gemäß § 55 AsylG. Es wurde ein Zertifikat für die Deutschprüfung auf Niveau A2, Unterstützungsschreiben sowie eine Bestätigung der Teilnahme in der afrikanischen-christlichen Gemeinde Wien dem Antrag beigelegt.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.09.2014, Zl. XXX, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Abs. 1 AsylG vom 11.06.2014 gemäß § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100/2005 (AsylG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag der Beschwerdeführerin sei zurückzuweisen, da ihre Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria bereits rechtskräftig mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes entschieden sei. Betreffend das Privat- und Familienleben liege kein geänderter Sachverhalt - der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich mache - vor.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2014 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens mit 08.07.2013 und dem Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde habe sich sehr wohl eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes ergeben. Die Beschwerdeführerin habe zukunftweisende Integrationsschritte getätigt, im April 2014 das A2- Deutschzertifikat erfolgreich abgelegt, habe einen gültigen Arbeitsvorvertrag und mittlerweile einen gültigen Reisepass erhalten. Der Beschwerde beigelegt waren eine Unterstützungserklärung, ein Arbeitsvorvertrag, eine Kopie des Reisepasses sowie ein Auszug des Kreditschutzverbandes. Beim Bundesverwaltungsgericht wurden weitere Unterlagen eingereicht und zwar: eine Bestätigung des Magistrates der Stadt Wien vom 29.03.2015, ein Schreiben des AKH Wien vom 03.04.2015, die Kopie der E-Card, ein Zertifikat für die Deutschprüfung auf Niveau B1, ein Meldezettel, drei Unterstützungserklärungen, ein Arbeitsvorvertrag sowie ein Schreiben der "English Speaking African Catholic Community".
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2017, GZ XXX, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt, dass nach wie vor eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin besteht und sich durch Absolvierung der Deutschprüfung und Beibringung weiterer Unterstützungserklärungen keine wesentliche Sachverhaltsänderung ergeben hat.
Das genannte Erkenntnis wurde der Rechtsvertreterin RA Mag. Singer am selben Tag zugestellt und nur knapp 6 Wochen später langte gegenständlicher weiterer Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs 1 AsylG bei der belangten Behörde ein. Dem Antrag wurden Unterlagen beigelegt, welche bereits im Zuge des vorangegangenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG in Vorlage gebracht wurden. Neu hinzugekommen ist nach einem Verbesserungsauftrag und Parteiengehör eine Verlustmeldung des Reisepasses.
Mit angefochtenem Bescheid vom 08.05.2018, Zl. XXX, wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK vom 29.01.2018 gemäß § 58 Abs 10 AsylG zurück.
Am 04.06.2018 langte ein weiteres Vollmachtsverhältnis mit der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.05.2018 ein. Moniert wurde, dass der Bescheid ohne vorangegangenes Parteiengehör erlassen worden sei, sich Änderungen in Bezug auf die Sprachkenntnisse ergeben hätten und sie nunmehr einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten am Wochenende führen würde. Insgesamt überwiege das Privat- und Familienleben, insbesondere die lange Aufenthaltsdauer und daher wäre der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG zu erteilen gewesen.
Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.06.2018 zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 28.06.2018 wurde ein weiterer Arbeitsvorvertrag und Unterstützungserklärungen vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist volljährig, ledig, nigerianische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Yoruba an und ist Christin. Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest; sie trägt den im Spruch genannten Namen und ist am dort genannten Datum geboren.
Die Beschwerdeführerin reiste (spätestens) am 22.01.2010 illegal nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 01.07.2013, rechtskräftig am 08.07.2013, abgewiesen wurde.
Seither besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin hielt sich seit ihrer illegalen Einreise bis zur rechtskräftigen Entscheidung am 08.07.2013 aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerberin unrechtmäßig in Österreich auf.
Die Beschwerdeführerin hat keine Familienangehörigen in Österreich. Sie führt eine Partnerschaft mit Herrn XXX, geb. am XXX. Es liegt dadurch nach wie vor kein schützenswertes Privat- und Familienleben vor. Ihre Mutter, ihre Geschwister und ihre Tante leben in Nigeria.
Die Beschwerdeführerin besuchte bis zur gegenständlichen angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde am 08.05.2018 Deutschkurse, absolvierte die ÖSD Prüfung bis Niveau B1 und verfügte über mehrere Unterstützungserklärungen und einen Arbeitsvorvertrag. Seit Gerichtsanhängigkeit legte sie einen weiteren Arbeitsvorvertrag und Unterstützungserklärungen vor.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Identität der Beschwerdeführerin steht aufgrund der Kopie ihres Reisepasses und der Identitätsfeststellung durch die nigerianische Delegation am 03.11.2017 fest. Die Feststellungen zu Staatsbürgerschaft, Herkunft, Muttersprache, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit sowie familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsland beruhen auf ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben im Asylverfahren.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, familiären und privaten Anknüpfungspunkten in Österreich und Deutschkenntnissen der Beschwerdeführerin gründen sich auf ihre diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und in der Beschwerde sowie auf den von ihr vorgelegten unbedenklichen Urkunden.
Dass sie mit Herrn XXX, geb. am XXX, in einer Partnerschaft lebt, ergibt sich aus ihren diesbezüglichen eigenen Angaben und jenen des Lebensgefährten in seinem Unterstützungsschreiben vom 04.06.2018. Die beiden führen keinen gemeinsamen Haushalt. Die Beschwerdeführerin gab an, nunmehr an den Wochenenden im gemeinsamen Haushalt zu leben. Seit dem Jahr 2014 wurden immer wieder Unterstützungserklärungen von Herrn XXX vorgelegt, die stets gleichlautend sind und sich nur hinsichtlich des Datums unterscheiden. Im Schreiben vom 04.06.2018 wurde erstmals angeführt, dass sie eine Partnerschaft führen würden. In Anbetracht der nach wie vor getrennten Haushalte und der erst seit Anfang Juni bestätigten Partnerschaft kann nicht von einem schützenswerten Privat- und Familienleben ausgegangen werden.
Die belangte Behörde hat folgerichtig festgestellt, dass sich der Sachverhalt seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2017, GZ XXX/7E, nicht maßgeblich geändert hat. Daran vermag auch das Beschwerdevorbringen nichts zu ändern, wonach die Beschwerdeführerin ihre Deutschkenntnisse bis Niveau B2 verbessert habe und dies durch eine Einvernahme oder zumindest durch ein Parteiengehör objektiviert hätte werden müssen. Mit Schreiben vom 29.01.2018 wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihrer Rechtsvertreterin ein Verbesserungsauftrag übermittelt und ihr die Möglichkeit gegeben, eine ausführliche Begründung für allfällige Sachverhaltsänderungen nachzureichen. Entsprechend neue Prüfungszeugnisse wurden nicht vorgelegt. Eine Überprüfung der Deutschkenntnisse durch eine Behörde wäre ohne Vorlage entsprechender Zeugnisse ohnehin mangels Kompetenz nicht möglich.
Da sich das weitere Beschwerdevorbringen mit sozialen Kontakten und der Wochenendbeziehung zu den um 36 Jahre älteren XXX auseinandersetzt und diese Vorbringen bereits in der vorangegangenen rechtskräftigen Entscheidung berücksichtig wurden bzw. die Partnerschaft nicht tiefgreifend und somit kein schützenswertes Familienleben begründet, konnte zusammengefasst festgestellt werden, dass sich keine neu zu prüfenden Sachverhaltselemente ergeben haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):
Gemäß §§ 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Gemäß § 58 Abs 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
Die vorliegende Regelung des § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005 folgt dem früheren § 44b NAG nach und ist § 68 AVG nachempfunden. Die Notwendigkeit einer ergänzenden, respektive neuen Abwägung nach § 9 BFA-VG verbietet bereits die Anwendung dieser Bestimmung. Vergleichsmaßstab ist die erste inhaltliche Entscheidung.
Erkennt das Bundesverwaltungsgericht eine Zurückweisung nach § 58 Abs. 10 Asylgesetz für rechtswidrig, kann es nur mit einer Behebung vorgehen, nicht etwa in einem (im Sinne einer inhaltlichen Entscheidung) den Titel zuerkennen.
Gem. § 44b Abs. 1 Z.1 NAG ist unter anderem ein Antrag wie der vorliegende als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt. Der Sache nach ist der Zurückweisungsgrund des § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG der Zurückweisung wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG nachgebildet. Die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung eines Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, können daher auch für die Frage, wann maßgebliche Sachverhaltsänderungen im Sinne des § 44b Abs. 1 Z. 1 vorliegen, herangezogen werden.
Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides (bezogen auf § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind hier die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit miteinzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Blick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen (VwGH vom 3.10.2013, 2012/22/0068).
Im Grunde des § 44b Abs. 1 letzter Halbsatz NAG haben nach der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung eingetretene Umstände keinen Einfluss auf die Beurteilung, ob die auf § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG gegründete Antragszurückweisung von der Erstbehörde zu Recht vorgenommen wurde (VwGH vom 22.1.2014, 2013/22/0007). Folglich musste die Integrationsschritte wie der neue Arbeitsvorvertrag und die weiteren Unterstützungserklärungen sowie das Vorbringen der Wochenendbeziehung und die Bekräftigung der aufrechten Partnerschaft durch Herrn Putz dieser Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, da sie erst nach Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung dargelegt wurden.
Bei folgenden Konstellationen ging der VwGH von keiner wesentlichen Änderung des Sachverhaltes aus:
• Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0094: Weder ein Zeitablauf von ca. 2 Jahren zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen stellen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung im Sinne des § 44b NAG idF vor 2012/I/087 dar.
• Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0108: Ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag (dem in Hinblick darauf, dass der Fremde mangels entsprechender Deutschkenntnisse keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hat, die Relevanz abgesprochen wurde) und auch der bloße Besuch eines Deutschkurses durch die Fremde können keine umfassende Neubeurteilung iSd. Art. 8 EMRK nach sich ziehen.
• Erk. vom 19.11.2014, 2012/22/0056: Die Behörde hat die Sprachkenntnisse des Fremden und die Einstellungszusage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Behörde in diesen Umständen keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhaltes sah, die eine Neubeurteilung in Hinblick auf Art. 8 EMRK erfordert hätte.
• Erk. vom 19.11.2014, 2013/22/0017: Mit Patenschaftserklärungen wird letztlich nur die finanzielle Unterstützung des Fremden dokumentiert und keine im Sinne des Art. 8 EMRK relevante Integration dargelegt.
Diesen exemplarisch dargelegten höchstgerichtlichen Entscheidungen ist zu entnehmen, dass nicht jede Änderung in Bezug auf die privaten und familiären Anknüpfungspunkte zur Erforderlichkeit einer neuerlichen meritorischen Prüfung des Antrags führt, sondern dass dies nur dann der Fall ist, wenn der Änderung eine nicht nur eine bloß untergeordnete Tatsachenrelevanz zukommt (s. auch VwGH vom 19.2.2009, 2008/01/0344). Dem Erk. des VwGH ist auch zu entnehmen, dass durch den nunmehrigen § 58 Abs 10 AsylG hintangehalten werden soll, dass durch "Kettenanträge" in der Absicht, die Durchsetzung bestehender Rückkehrentscheidungen zu unterlaufen, die Behörde gehindert wird, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu effektuieren.
Dies ist in gegenständlichem Fall zutreffend. Die letzte rechtskräftige Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG erging durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes am 13.12.2017. Dem gegenständlichen Antrag vom 29.01.2018 wurde keine einzige neue oder mit späterem Datum als 21.02.2017 versehene Unterlage beigelegt.
Gegen die Beschwerdeführerin besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung (Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 01.07.2013, XXX). Ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gem. Art. 8 EMRK erforderlich machen würde, ist nicht hervorgekommen.
Unter Heranziehung dieser höchstgerichtlichen Judikatur war die Entscheidung der belangten Behörde demnach nicht zu beanstanden und ist die Zurückweisung des gegenständlichen Antrages der Beschwerdeführerin zu Recht erfolgt.
4. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen sowie eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylantragstellung, Aufenthaltsberechtigung plus, entschiedeneEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2012994.2.00Zuletzt aktualisiert am
22.01.2019