TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/23 I407 2015275-2

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Veröffentlicht am 23.10.2018
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Entscheidungsdatum

23.10.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2015275-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2018, ZI. 13-831346210 - 180481844, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 17.09.2013 nach illegaler Einreise seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er wurde am 19.09.2013 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 28.01.2014 niederschriftlich einvernommen. Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er nach dem Tod seiner Eltern durch einen Angriff der Boko Haram keinen Platz mehr gehabt, wo er hätte hingehen können. Er sei Waise und daher habe er seine Heimat mit Hilfe eines Freundes seines Vaters verlassen. Im Falle seiner Rückkehr wisse er nicht, wohin er gehen solle, da er zuhause niemanden mehr habe.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.11.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57, 55 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 23.05.2014 verloren hat (Spruchpunkt IV.). Gegen den Beschwerdeführer wurde ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

3. Gegen diesen Bescheid vom 18.11.2014 legte der Beschwerdeführer am 03.12.2014 Beschwerde ein. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.11.2014 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.04.2018, ZI. I405 2015275-1/27 E abgewiesen. Dieses Erkenntnis ist am 15.05.2018 in Rechtskraft erwachsen.

4. Am 23.05.2018 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Folgeantrag und wurde noch am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Im Rahmen seiner Erstbefragung gab er im Wesentlichen folgendes an:

"Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund): (Die Befragung ist durch den Antragsteller in eigenen Worten abschließend zu beantworten, ohne zu hinterfragen [Wer, Wann, Was, Wo, Wie, Wieso])

Meine alten Gründe sind noch immer aufrecht.

Nach dem Tod meiner Eltern wurde ich vom Freund meines Vaters aufgenommen. Ich durfte einige Zeit bei ihm wohnen. Er schlug mir vor nach Europa zu reisen. Er arrangierte auch meine gesamte Reise. Ich habe ein psychisches Problem. Ich habe den Eindruck, dass ich ständig von einer Frau verfolgt werde, die unbedingt mit mir schlafen will. Ich wache manchmal nachts auf und habe Kratzspuren an meinem Rücken. Ich habe einen Mitbewohner, dieser hat aber ebenso niemals jemanden bemerkt. Diese Frau möchte, dass ich sie heirate. Niemand außer mir kann diese Frau sehen. Das ist für mich ein großes Problem, ich werde verrückt.

Ich habe alle Fluchtgründe genannt, ich habe keine weiteren Gründe um in Ö um Asyl anzusuchen.

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Ich habe nichts in Nigeria. Keine Familie, keinen Platz zum Schlafen.

..."

Die belangte Behörde versuchte, den Beschwerdeführer zur Einvernahme zu laden, doch die Ladung konnte nicht an den Beschwerdeführer ausgefolgt werden. Die beauftragte LPD Wien teilte der belangten Behörde mit, dass der Beschwerdeführer an der im ZMR angeführten Adresse nicht mehr wohnhaft sei.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2018, ZI. 13-831346210 - 180481844, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die belangte Behörde führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht habe. Im Zuge der Erstbefragung und Einvernahme habe sich weder eine schwere körperliche oder ansteckende Krankheit, noch eine schwere psychische Störung ergeben, die bei einer Abschiebung nach Nigeria eine unzumutbare Verschlechterung Ihres Gesundheitszustandes bewirken würde.

6. Mit Schreiben vom 15.08.2018 erhob der Beschwerdeführer - durch seine Rechtsvertretung - gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Eindruck habe, dass er ständig von einer Frau verfolgt werde, die unbedingt mit ihm schlafen wolle. Der Beschwerdeführer habe eine psychische Erkrankung, das in seinem ersten, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren noch nicht vorgelegen habe.

Mit Schriftsatz vom 16.08.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 20.08.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 27.08.2018 dem Beschwerdeführer aufgetragen, medizinische Befunde über seine psychische Erkrankung vorzulegen. Am 18.10.2018 hat der Beschwerdeführer einen Ambulanzbrief der Allgemein Psychiatrischen Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung vom 18.10.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2014 wurde über den letzten Asylantrag des Beschwerdeführers vom 17.09.2013 inhaltlich abweisend abgesprochen. Dieser Bescheid ist am 15.05.2018 zweitinstanzlich in Rechtskraft erwachsen.

1.2. Im gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz brachte der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe vor, sondern stützte seinen Antrag auf jene Fluchtgründe, die er bereits im Zuge des Verfahrens betreffend seinen Asylantrag vom 17.09.2013 vorgebracht hatte bzw. die zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen waren. Der Beschwerdeführer behauptete auch nicht, dass es nach dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens bzw. des ersten Folgeantrages zu weiteren Vorfällen im Herkunftsstaat gekommen ist, die im Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführer stehen. Das Vorbringen des Asylwerbers in seinem zweiten Asylantrag enthält keinen "glaubhaften Kern", der geeignet ist, eine maßgebliche Sachverhaltsänderung gegenüber dem ersten Asylverfahren darzustellen.

1.3. Der Beschwerdeführer weist folgende strafrechtlichen Verurteilung auf:

01) LG XXXXvom 19.12.2013 RK 19.12.2013

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

Freiheitsstrafe 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

02) LG XXXX vom 19.05.2014 RK 23.05.2014

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

Freiheitsstrafe 9 Monate

Junge(r) Erwachsene(r)

03) LG XXXX vom 29.04.2015 RK 29.04.2015

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

Freiheitsstrafe 12 Monate

Junge(r) Erwachsene(r)

04) LG XXXX vom 06.10.2016 RK 06.10.2016

§§ 28 (1) Z 1 1. Fall, 28 (1) Z 1 2. Fall, 28 (2) SMG

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a), 27 (3) SMG

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

Freiheitsstrafe 14 Monate

1.4. Der Beschwerdeführer hat sich dem Verfahren vor der Administrativbehörde entzogen.

1.5. Beim Beschwerdeführer besteht ein Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD 10 F43.1), ein Status post Kokainabusus (ICD 10 F14.2) und ein Cannabisabusus (ICD 10 F12.1). Darüber hinaus besteht keine gesundheitliche Einschränkung. Die medizinische Behandlung und Versorgung mit Medikamenten ist in Nigeria ausreichend gewährleistet und für jedermann verfügbar. Posttraumatische Belastungsstörungen werden in Nigeria behandelt. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers steht seiner Rückkehr nicht entgegen. Es ist von der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen.

1.6. Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht genommen wurde in das Strafregister der Republik Österreich, in das Zentrale Melderegister, in das Auskunftssystem der Grundversorgung sowie in das Zentrale Fremdenregister.

2.2. Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das BFA ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat. Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt zum Zeitpunkt Ihrer Entscheidung auch ohne niederschriftliche Einvernahme festgestanden ist. Ihr ist beizupflichten, wenn sie mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ausführt, dass, wenn ein Asylwerber im Ermittlungsverfahren nicht mitwirkt, es der Behörde freisteht, aus diesem Verhalten gem. § 45 Abs. 2 AVG und § 46 AVG im Rahmen der freien Beweiswürdigung für den Antrag des Asylwerbers negative Schlüsse zu ziehen (VwGH 12.5.1999, Zl. 98/01/0467).

2.3. Die in der Beschwerde vorgebrachte Darstellung der Fluchtgründe des Beschwerdeführers ist nicht dazu geeignet, eine wesentliche Änderung des Sachverhalts aufzuzeigen. Die in der Beschwerde genannten Umstände wurden vielmehr bereits im Vorverfahren vorgebracht und dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2014 zugrunde gelegt bzw. waren zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bereits eingetreten und bekannt.

2.4. Vom Bundesverwaltungsgericht ist nicht die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung zu prüfen, sondern nur, ob eine entschiedene Sache vorgelegen hat oder ob zwischen der Rechtskraft des ersten abweisenden Bescheides und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 15.07.2018 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Eine solche ist nicht erkennbar; es wurden keine neuen Fluchtgründe vorgebracht.

Der Beschwerdeführer legte in der Erstbefragung zum Folgeantrag vom 22.02.2017 dar, dass seine alten Fluchtgründen zum ersten Asylantrag noch aufrecht seien. Er sei nach dem Tod seiner Eltern vom Freund seines Vaters aufgenommen worden und durfte einige Zeit bei ihm wohnen. Der Freund des Vaters schlug ihm vor, nach Europa zu reisen. Dieser arrangierte auch die gesamte Reise. Er habe ein psychisches Problem und den Eindruck, dass er ständig von einer Frau verfolgt werde, die unbedingt mit ihm schlafen wolle. Er wache manchmal nachts auf und habe Kratzspuren an seinem Rücken. Er habe einen Mitbewohner, dieser habe aber ebenso niemals jemanden bemerkt. Diese Frau möchte, dass er sie heirate. Niemand außer ihm könne diese Frau sehen. Das sei für ihn ein großes Problem, er werde verrückt. In diesem Zusammenhang ist kein neuer Sachverhalt erkenntlich, der einen "glaubhaften Kern" darstellen würde, dem Asylrelevanz zukommt.

2.5. Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Doch aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides ergibt sich in Gegenüberstellung mit den Länderfeststellungen des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2014, dass keine wesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers eingetreten ist. Eine solche ist dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht bekannt bzw. wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet. Es sind auch keine Umstände amtsbekannt, dass in ganz Nigeria gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet von Nigeria ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt in Nigeria für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. An dieser Einschätzung hat sich nach wie vor nichts geändert, wie auch aus der jüngeren Rechtsprechung des BVwG ersichtlich ist.

2.6. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen sich auf einen Ambulanzbrief der Allgemein Psychiatrischen Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung Wien vom 18.10.2018. Es sind auch sonst keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa dass eine schwere Erkrankung, die in der Heimat nicht behandelbar wäre oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand vorliege, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen lassen würde.

2.7. Auch hinsichtlich einer möglichen Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers, welche geeignet wäre, eine Änderung der Sachlage herbeizuführen, findet sich weder in den Einvernahmen noch in der Beschwerde.

2.8. Die strafrechtliche Verurteilung ergibt sich aus dem eingeholten Vorstrafenregister.

2.9. Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, hat sich der VwGH mit der Verhandlungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts auseinandergesetzt. Im Wesentlichen wurde diesbezüglich ausgeführt:

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben § 24 Abs 1 bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des § 21 Abs 7 BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des § 24 Abs 4 VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des § 21 Abs 7 BFA-VG vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

* Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen.

* Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.

* In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt: Das Bundesamt hat im vorliegenden Verfahren den Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Verfahren erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung an und in der Beschwerde wurde kein entgegenstehender Sachverhalt vorgebracht, sondern der bereits der Entscheidung des Bundesamtes zugrundeliegende Sachverhalt aufrechterhalten. Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Nach Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierten Rechte und Freiheiten verletzt worden sind - wozu u.a. das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 7), das Asylrecht (Artikel 18) sowie der Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung (Artikel 19) zählen -, ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Überdies gilt die Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Jedoch ist das in Artikel 47 Absatz 2 der Charta gewährleistete Recht - wie sich aus deren Artikel 52 ergibt - nicht schrankenlos garantiert und ist die in § 24 Abs. 4 VwGVG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht im Sinne des Artikel 52 Absatz 1 der Charta zulässig, zumal sie gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Artikel 47 Absatz 2 der Charta verbürgten Rechtes achtet. In diesem Zusammenhang ist zudem ferner auf die jüngsten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18; 14.03.2012, U 1836/11-13) zu verweisen, in welchen dieser ausführte: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde." Die diesbezüglichen Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall gegeben.

3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.3.1. Zum Spruchpunkt I. und II.: Zurückweisung wegen entschiedener Sache

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet (VfSlg. 10.240/1984; 19.269/2010). Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Eine "entschiedene Sache" ("res iudicata") iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen (d.h. abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Eine Modifizierung des Vorbringens oder der Sachlage, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (VwGH 22.11.2004, Zl. 2001/10/0035). Bei nach Erlassung des Bescheides hervorgekommenen Umständen, welche die Unrichtigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides dartun, handelt es sich nicht um eine Änderung des Sachverhaltes, sondern sind von der Rechtskraft des Bescheides umfasst und bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 24.09.1992, Zl. 91/06/0113; 24.06.2003, Zl. 2001/11/0317; 06.09.2005, Zl. 2005/03/0065).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

Für das Verfahren vor dem BVwG ist Gegenstand ("Sache") ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht zurückgewiesen hat (vgl. VfGH 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Das Verwaltungsgericht hat in jenem Falle, dass der Sachentscheidung "res iudicata" entgegenstand oder eine sonstige Prozessvoraussetzung fehlte, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen. Diese Kompetenz zur Sachentscheidung ergibt sich unmittelbar aus der - mit Art. 130 Abs. 4 B-VG übereinstimmenden - Bestimmung des § 28 VwGVG, der bezüglich des Inhalts der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Sachentscheidung keine Einschränkungen macht. Inhalt einer solchen Sachentscheidung kann es daher auch sein, dass der verfahrenseinleitende Antrag wegen entschiedener Sache oder wegen Fehlens einer sonstigen Prozessvoraussetzung zurückgewiesen wird (VfGH 18.06.2014, VfSlg. 19.882/2014; 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit der Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung (Beschwerde) nicht neu geltend gemacht werden (VwGH 06.10.1961, VwSlg. 5642 A; 28.11.1968, Zl. 0571/68; 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens siehe VwSlg. 12.799 A). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, die in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A; VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen, von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 24.02.2000, Zl. 99/20/0173; grundlegend VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, mit der Glaubhaftigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" (VwGH 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556) auseinander zu setzen (VwGH 15.03.2006, Zl. 2006/17/0020).

Auf Grund des Umfanges des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ist in der gegenständlichen Rechtssache der Umstand relevant, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubwürdigen Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache eine entschiedene Sache vorliegt. Dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer brachte im ersten Asylverfahren keine glaubhaften Asylgründe vor. Insofern erging am 18.11.2014 eine negative Asylentscheidung durch die belangte Behörde, welche in Rechtskraft erwuchs.

Im Zuge des jetzigen zweiten Verfahrens (Folgeantrag) brachte der Beschwerdeführer keine neuen glaubhaften Fluchtgründe vor.

Wenn der Beschwerdeführer zunächst seine "alten" Verfolgungsgründe aufrecht erhält, so ist darauf hinzuweisen, dass diese hypothetischen Umstände schon bei der Asylantragstellung am 17.09.2013 bekannt waren, ansonsten wären die vorgeblichen Verfolgungshandlungen in Nigeria ja nicht gesetzt worden. Ebenso verhält es sich mit den Rückkehrbefürchtungen.

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467). Bei hypothetischem Zutreffen dieser Angaben wären dies jedenfalls Umstände gewesen, die während des ersten rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens existent gewesen wären; es würde sich sohin nicht um "nova producta" handeln, die eine neue Entscheidung in der Sache zulassen würden. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren aufgrund desselben Sachverhalts, sondern auch im Falle desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, wie aus § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zu folgern ist.

Aber das später hervorkommende Vorbringen des Verdachts auf eine psychische Erkrankung, hier einer posttraumatischen Belastungsstörung, enthält keinen "glaubhaften Kern", dem Asylrelevanz zukommen würde und der somit geeignet wäre, eine andere Entscheidung im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu indizieren. Die Behandelbarkeit einer posttraumatischen Belastungsstörung ist, wenn sich die Verdachtsdiagnose erhärtet - wie die Berichte des Länderinformationsblattes zeigen - in Nigeria möglich. In Nigeria existieren psychiatrische Fachkliniken, wenngleich kein mit deutschen Standards vergleichbares Psychiatriewesen existiert. Medikamente sind verfügbar, können aber je nach Art teuer sein. Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er werde von einer Frau verfolgt, die mit ihm schlafen wolle, so ist dazu festzuhalten, dass er dieses Vorbringen selbst mit seiner psychischen Beeinträchtigung in Zusammenhang bringt (Ersteinvernahme: "Niemand außer mir kann diese Frau sehen. Das ist für mich ein großes Problem, ich werde verrückt.".) Dieses Vorbringen stellt daher keinen "glaubhaften Kern" einer asylrelevanten Bedrohung dar, der geeignet wäre, die "Sache" des Erstverfahrens zu ändern.

Der Beschwerdeführer konnte somit nicht glaubhaft darlegen, dass er in seinem Herkunftsstaat Nigeria konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte, somit sind die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.

Eine Änderung des der Entscheidung vom 18.11.2014 zu Grunde gelegten Sachverhaltes ist sohin nicht zu erkennen, sodass hinsichtlich des Status des Asylberechtigten eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vorliegt, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.

Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich aber auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Beim Beschwerdeführer besteht zwar der Verdacht auf ein posttraumatisches Belastungssyndrom, diese ist jedoch auch in Nigeria, wie oben dargelegt, ausreichend behandelbar. Darüber hinaus ist er volljährig, leidet an keinen anderen Krankheiten und ist somit arbeitsfähig.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Nigeria nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Da gegenüber dem Beschwerdeführer eine vorherige, mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung noch aufrecht ist (siehe Bescheid vom 18.11.2014), war eine neuerliche Rückkehrentscheidung nicht zu erlassen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 VwGH 13.2.2018, Ra 2017/18/0332 und VwGH 22.3.2018, Ra 2017/01/0372).

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG im Hinblick auf Spruchpunkt I. und II. des bekämpften Bescheides abzuweisen war.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asylantragstellung, entschiedene Sache, Identität der Sache,
Rechtskraft der Entscheidung, res iudicata, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I407.2015275.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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