TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W197 2168322-3

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W197 2168322-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, alias Libyen, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.09.2018, Zahl 1154261805-180890116, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag, den Beschwerdeführer von der Eingabegebühr zu befreien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang (Feststellungen):

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste unbekannten Datums ins Bundesgebiet ein, nachdem er zuvor jedenfalls in einem weiteren Staat der Europäischen Union, in Italien, illegal eingereist ist und sich dort rechtsgrundlos aufgehalten hat. Seine Identität steht mangels Reisedokumenten nicht fest, der BF verschleierte seine Identität, indem er unter verschiedenen Namen, Nationalitäten und Geburtsdaten auftrat. Algerien hat ihn als algerischen Staatsangehörigen identifiziert.

1.2. Der BF wurde anlässlich einer Zufallskontrolle am 28.05.2017 angetroffen. Anlässlich seiner Ersteinvernahme stellte er einen ersten Asylantrag.

1.3. Der BF hat bereits vor dem 31.05.2017 das ihm zugewiesene Grundversorgungsquartier eigenmächtig verlassen und ist untergetaucht. Auf Grund dessen erließ die Behörde einen Festnahmeauftrag.

1.4. Der BF wurde am 31.05.2017 im Besitz von Suchtmittel angetroffen und festgenommen. Über den BF wurde in der Folge die Untersuchungshaft verhängt. Der BF hat im gerichtlichen Verfahren verschwiegen, dass er einen Asylantrag gestellt hat. Mit Urteil des LG für Strafsachen in Wien wurde der BF am 22.06.2017 rechtskräftig zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt. Nach seiner Entlassung tauchte der BF erneut unter. Er wirkte damit am Asylverfahren nicht mit. Das Asylverfahren des BF wurde daher am 29.06.2017 eingestellt und ein neuerlicher Festnahmeauftrag erlassen.

1.5. Am 05.07.2017 wurde der BF anlässlich einer Zufallskontrolle trotz seiner vorhergehenden Verurteilung neuerlich im Besitz von Suchtmittel angetroffen. Er wurde festgenommen und der Behörde vorgeführt. Der BF räumte dabei ein, Wirtschaftsflüchtling zu sein, der seine Situation in Österreich verbessern wolle. Nach Einvernahme wurde der BF entlassen. Er begab sich jedoch nicht an seine Grundversorgungsstelle zurück sondern tauchte neuerlich unter und war für die Behörden nicht greifbar.

1.6. Am 25.07.2017 Uhr wurde der BF aufgrund einer Zufallskontrolle ein weiteres Mal im Besitz von Suchtmitteln angetroffen, festgenommen und der Behörde vorgeführt. Im Anschluss an die Einvernahme des BF am 26.07.2017 verhängte die Behörde mit Mandatsbescheid vom 26.07.2017 gem. § 76 Abs.1 FPG über den BF zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Sicherung der Abschiebung die Schubhaft. Der BF übernahm diesen Bescheid um 17.02 Uhr persönlich.

1.7. Gegen den Mandatsbescheid, die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung erhob der BF Beschwerde mit der Begründung, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Schubhaft aus EU-rechtlichen Gründen nicht gegeben seien.

1.8. Mit Erkenntnis vom 28.08.2017 wurde die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid kostenpflichtig als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen.

1.9. Mit Bescheid der Behörde vom 08.08.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz abgewiesen, weiters wurde ihm kein subsidiärer Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gewährt. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und ausgesprochen, dass die Abschiebung des BF nach Algerien zulässig ist. Es wurde keine Frist zur freiwilligen Rückkehr eingeräumt und die aufschiebende Wirkung gegen eine allfällige Beschwerde aberkannt. Außerdem wurde ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Dagegen wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

1.10. Aufgrund eines Zurückweisungsbeschlusses des BVwG erließ die Behörde nach einem ergänzenden Ermittlungsverfahren am 04.10.2017 einen gleichlautenden Bescheid. Der Bescheid und damit auch die Rückkehrentscheidung erwuchsen in Rechtskraft. Der BF hat das Bundesgebiet seither nicht freiwillig verlassen und beging im Bundesgebiet weitere Straftaten.

1.11. Mit Urteil des LG für Strafsachen vom 23.01.2018 wurde der BF ein weiteres Mal nach dem Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe, davon 6 Monate unbedingt, verurteilt. Der BF wurde am 23.05.2018 aus der Strafhaft entlassen und wurde unverzüglich in Verwaltungsverwahrungshaft genommen.

1.12. Der BF verschluckte am 26.05.2018 einen Gabelstiel, um seine Abschiebung zu hintertreiben. Da der Arzt seine Flugfähigkeit feststellte, begann der BF im Flugzeug lautstark zu randalieren, sodass der Abschiebevorgang abgebrochen werden musste. Der BF erklärte dezidiert, nicht nach Algerien zurückkehren zu wollen.

1.13. Der BF vereitelte am 16.06.2018 eine zweite begleitete Flugabschiebung, indem er im Flugzeug lautstark zu schreien begann, in diesem Zustand verharrte und sich weigerte, nach Algerien zurückzukehren.

1.14. Der BF stellte offenbar in Verschleppungsabsicht im Stande der Schubhaft am 29.06.2018 einen Folgeantrag. Anlässlich seiner Einvernahme verkündete die Behörde nach Einvernahme des BF die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gem. § 12 AsylG. Der BF erhob dagegen unverzüglich Beschwerde und erklärte neuerlich dezidiert, dass er nicht nach Algerien zurückkehren werde.

1.15. Mit Beschluss des BVwG vom 12.07.2018 wurde diese Beschwerde abgewiesen und die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes für rechtens erkannt.

1.16. Der BF vereitelte am 08.08.2018 eine dritte begleitete Abschiebung nach Algerien, indem er neuerlich im Flugzeug lautstark zu schreien begann und durch sein Verhalten die Abschiebung vereitelte.

1.17. Der BF vereitelte am 19.09.2018 eine weitere begleitete Abschiebung, indem er wiederum lautstark herumzuschreien begann. Bei einer Sicherheitskontrolle am Flughafen konnte eine Rasierklinge im Rauchtabak des BF gefunden werden.

1.18. Die algerische Vertretungsbehörde identifizierte den BF als algerischen Staatsangehörigen und erklärte sich jedesmal zur Rückübernahme des BF bereit. Die Behörde hat sich in allen Fällen rechtzeitig und zielführend um die Erlangung eines HRZ bemüht.

1.19. Da der BF zum Zwecke der Abschiebung am 19.09.2018 aus der Schubhaft entlassen wurde, verhängte die Behörde nach Rückeinlieferung des BF mit dem nunmehr angefochtenen Mandatsbescheid neuerlich die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. Der Bescheid wurde dem BF am selben Tag persönlich zugestellt.

1.20. Gegen den Mandatsbescheid, die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung erhob der BF Beschwerde mit der Begründung, dass die Behörde nicht zuständig war, einen Schubhaftbescheid zu erlassen, dass die Schubhaft nicht verhältnismäßig sei, die Abschiebung bislang wegen des Verhaltens des BF misslungen sei und die Behörde nicht dargetan habe, wie sie diese künftighin zu bewerkstelligen gedenke. Weiters wurde in der Beschwerde behauptet, dass die Behörde mitverantwortlich sei, für die Dauer der Schubhaft, indem dem BF die bevorstehende Abschiebung nicht mitgeteilt wurde und das BVwG nicht rechtzeitig über die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutz erkannt habe. Beantragt wurde weiters den Bescheid zu beheben und die Aussprüche, dass die bisherige Anhaltung rechtswidrig sei und die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie Aufwand und Kostenersatz.

1.21. Die Behörde legte die Akten vor, erstattete eine Stellungnahme im Sinne des Akteninhalts und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und den Ausspruch, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

1.22. Der BF ist haftfähig, er ist im Bundesgebiet in keinem Bereich integriert, er ist mittel- und obdachlos.

1.23. Ein weiterer Abschiebeversuch des BF ist für November 2018 beabsichtigt.

1.24. Von der Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte wegen geklärten Sachverhalts aus dem vorliegenden Akteninhalt und der Beschwerde abgesehen werden.

II. Feststellungen

2.1. Festgestellt wird, dass der BF illegal ins Bundesgebiet eingereist ist, sich hier rechtsgrundlos aufgehalten hat und dieses strafbare Verhalten durch mehrere Alias-Identitäten zu verschleiern suchte. Der BF ist nach eigenen Angaben Wirtschaftsflüchtling und hat einen Folgeantrag offenbar nur in der Absicht gestellt, seinen Aufenthalt in Österreich möglichst in die Länge zu ziehen.

2.2. Der BF ist im Bundesgebiet weder sozial, familiär oder wirtschaftlich verankert, er ist mittellos und kann seinen Lebensunterhalt nicht auf legale Art in Österreich sicherstellen. Der BF ist nicht gewillt, sich an einer ihm von der Behörde zugewiesenen Wohnadresse aufzuhalten. So ist er vom Grundversorgungsquartier bereits nach 2 Tagen untergetaucht und hat sich dem Asylverfahren entzogen. Der BF ist an diese Unterkunft auch nie mehr zurückgekehrt, sondern hat sich verborgen im Bundesgebiet aufgehalten.

2.3. Festzustellen ist, dass der BF in der kurzen Zeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet mehrfach strafbar wurde und deshalb strafrechtlich wegen eines Suchtmitteldelikts rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Trotzdem ist er bald darauf ein weiteres Mal einschlägig straffällig geworden. Der BF wurde daher ein zweites Mal nach dem Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Sechs Monate wurden unbedingt ausgesprochen.

2.4. Festgestellt wird, dass die Behörde zeitgerecht und zweckmäßig die notwendigen Schritte eingeleitet hat, um die Identität des BF, insbesondere seine StA festzustellen, und seine Rückführung zu organisieren. Die algerischen Behörden haben den BF als algerischen Staatsangehörigen erkannt und vor jeder beabsichtigten Flugabschiebung der Ausstellung eines HRZ zugestimmt.

2.5. Der BF hat bislang durch sein Verhalten viermal eine Außerlandesbringung vereitelt. Die Schubhaftdauer hat der BF durch sein Verhalten daher alleine zu verantworten.

2.6. Im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten ist der BF gänzlich vertrauensunwürdig.

2.7. Der BF ist haftfähig und steht unter laufender medizinischer Kontrolle. Es sind keine Umstände hervorgekommen, welche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Haft aufkommen lassen.

2.8. Festgestellt wird, dass ein dringendes öffentliches Interesse besteht, rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältige, straffällige Fremde außer Landes zu bringen.

III. Beweiswürdigung

3.1. Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und der erhobenen Beschwerde. Soweit in Abschnitt I (Verfahrensgang) Feststellung formuliert sind, werden diesem Erkenntnis ebenfalls zu Grunde gelegt.

3.2. Es blieb unbestritten, dass der BF durch sein Verhalten bislang viermal seine Außerlandesbringung nach Algerien vereitelt hat. Der BF hat mehrfach ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht nach Algerien zurückkehren will. Die Schubhaftdauer hat der BF daher alleine auf Grund seines Verhaltens zu verantworten, das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde kann daher nicht nachvollzogen werden. Der BF könnte die Schubhaft auch jederzeit von sich beenden, wenn er sich dem Abschiebungsprozedere unterwirft.

3.3. Der BF hat sich aus der Grundversorgungsstelle eigenmächtig entfernt und hat auch damit unter Beweis gestellt, dass er Anordnungen der Behörde auch in diesem Bereich keine Folge leisten will. Die Behörde hat daher zu Recht von der Anordnung eines gelinderen Mittels abgesehen.

3.4. Die Nichtintegration des BF im Bundesgebiet, seine Mittel- und Einkommenslosigkeit, seine Vorstrafen, seine Haftfähigkeit und die Verhältnismäßigkeit der Haft ergeben sich aus den Akten insbesondere den Angaben des BF.

3.5. Der BF ist nicht vertrauenswürdig. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF zu Recht bestehende akute Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf angenommen.

3.6. Die Behörde ist zeitnah mit den algerischen Behörden in Kontakt getreten, um die Identität des BF zu klären und es ist ihr auch vor jeder Abschiebung jedes Mal gelungen, ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Es sind keine Umstände hervorgekommen, die darauf schließen lassen, dass die algerische Vertretungsbehörde das bisherige Prozedere zu ändern beabsichtigt.

IV. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt A. I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

4.1.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

4.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

4.1.3. Gemäß §76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die ödffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist oder 2. diese zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder die Abschiebung notwendig ist, sofern Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 und 2. Dublin-Verordnung vorliegen. Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

4.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

4.1.5. Die Behörde war zur Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides zuständig, da die vorangegangene Schubhaft über den BF beendet und der BF dem Abschiebeteam zur seiner - von ihm in der Folge vereitelten - Außerlandesbringung übergeben wurde. Eine neuerliche Schubhaftnahme war daher mittels einem weiteren Bescheid anzuordnen. Die Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid auch ausreichend mit der Verhältnismäßigkeit und der Fluchtgefahr auseinandergesetzt. Das Vorbringen in der Beschwerde kann daher nicht nachvollzogen werden.

4.1.6. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft angeordnet, da sich der BF dem Asylverfahren schon bisher mehrfach durch Untertauchen entzogen und seine Identität verschleiert sowie durch sein Verhalten bislang vier Mal seine Abschiebung vereitelt hat. Zudem hat er offensichtlich einen Folgeantrag gestellt, um seine Abschiebung zu verzögern. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe und präsente Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Die Behörde hat sichergestellt, dass das Verfahren des BF zeitnah und zweckmäßig geführt wird.

4.1.7. Gem. § 80 Abs. Abs. 4 Z.3 und 4 FPG kann die Schubhaft, wenn der BF durch sein Verhalten die Außerlandesbringung vereitelt, bis 18 Monate aufrechterhalten werden, wovon im vorliegenden Fall ausgegangen werden kann. Selbst wenn man die bisherige Schubhaften des BF addiert, ist diese gesetzliche Grenze keineswegs erreicht. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde geht daher ins Leere. Entgegen der Ansicht in der Beschwerde ist eine Abschiebung des BF auch bis zum letzten Tag dieser Frist grundsätzlich möglich, da die Außerlandesbringung ausschließlich vom Verhalten des BF abhängig ist. Dem BF steht es frei, sich jederzeit kooperativ zu verhalten, um so in der Folge die Beendigung der Schubhaft herbeizuführen. Es ist daher auch Aufgabe des Vertreters, den BF von dieser Rechtslage in Kenntnis zu setzen und ihm auseinanderzusetzen, dass die Dauer der Schubhaft nur von seinem Verhalten abhängig ist. Weiters ist der Vertreter im Sinne einer umfassenden Rechtsberatung auch verhalten, dem BF die Möglichkeit der Rückkehrhilfe auseinanderzusetzen um so mitzuwirken, die Schubhaft im Interesse des BF möglichst kurz zu halten.

4.2. Zu Spruchpunkt A. II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

4.3. Zu Spruchpunkt A. III. - Kostenbegehren

Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen allein der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Dem BF steht demgegenüber kein Aufwandersatz zu.

4.4. Zu Spruchpunkt A. IV. - Kostenbegehren

Mangels gesetzlicher Bestimmungen war der Antrag des BF auf Befreiung der Entrichtung von Eingabegebühr bzw. dessen Refundierung zurückzuweisen. Dass die Eingabegebühr das Recht des Beschwerdeführers auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höher nicht zu. Dieser Gebührensatz kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden. Der BF hat die Eingabegebühr entrichtet und diesbezüglich keine Verfahrenshilfe beantragt.

4.5. Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, faktischer Abschiebeschutz, Fluchtgefahr, Identität,
Kostenersatz, öffentliches Interesse, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
strafrechtliche Verurteilung, Untertauchen, Vereitelung,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W197.2168322.3.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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