Entscheidungsdatum
30.10.2018Norm
ASVG §11Spruch
W156 2008526-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin im Beschwerdeverfahren des G XXXX P XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Gernot STEIER, Rathausplatz 108, 3040 Neulengbach, gegen die Beschwerdevorentscheidung der Wiener Gebietskrankenkasse vom 15.05.2014, GZ VA-VR XXXX , betreffend Vorschreibung von Beiträgen, Sonderbeiträgen und Umlagen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.09.2018 zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 15.05.2014 wird aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Das Finanzamt Wien 8/16/17 führte eine GPLA-Prüfung (gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben) gemäß § 86 EStG und § 41a ASVG über die Jahre 2005 bis 2009 bei G XXXX P XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) unter Einbindung seiner steuerlichen Vertretung hinsichtlich des Dienstverhältnisses von Herrn R XXXX F XXXX (in weiterer Folge: DN) durch.
Im Rahmen der Schlussbesprechung am 12.01.2011 wurde dem BF mitgeteilt, dass es zu einer Nachverrechnung des gewährten Entgelts inklusive Sonderzahlungen für den DN für November und Dezember 2005, sowie für die Jahre 2006 bis 2009, ebenso zu einer Nachversteuerung der genannten Zahlungen, einer Nachverrechnung der zu Unrecht gutgeschriebenen ALV Beiträge für den DN 2008 und 2009 sowie der zu Unrecht gutgeschriebenen ALV Beiträge 2008 kommen werde.
3. Mit Schreiben vom 25.02.2011 erhob der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertretung Berufung gegen die Bescheide vom 24.01.2011 über die Festsetzung der Dienstgeberbeiträge und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag der Jahre 2005 2009 sowie gegen die Haftungsbescheide (Lohnsteuer) 2005 - 2009 und Säumniszuschlagbescheide. Der Prüfer habe sich vor allem auf die Aussagen des ehemaligen Mitarbeiters gestützt, doch bei diesen handle es sich um vollkommen unrichtige Behauptungen, die auf der Unzufriedenheit des Arbeitnehmers nach seiner Entlassung beruhen würden. Weiter wurde ein Antrag auf Aussetzung der Abgabeneinhebung hinsichtlich der Rückstände bis zur Erledigung der Berufung gegen die oben angeführten Bescheide gestellt.
4. Gegen das Ergebnis der Sozialversicherungsprüfung erhob der Beschwerdeführer am 09.03.2011 Einspruch und ersuchte gleichzeitig um Ausstellung eines Abrechnungsbescheides.
5. Mit Bescheid vom 10.05.2011, zugestellt am 24.05.2011, stellte die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) fest, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, für den Dienstnehmer für den Zeitraum 01.11.2005 bis 08.09.2010 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Gesamthöhe von € 56.390,74 an die WGKK zu entrichten habe.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Höhe des Auszahlungs(Netto)betrages nicht mit dem zur Sozialversicherung gemeldeten Arbeitsverdienstes angegeben worden sei.
6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertretung am 10.06.2011, eingelangt am selben Tag, Berufung. Die Angaben des ehemaligen Mitarbeiters würden nicht der Wahrheit entsprechen und würden auf der Unzufriedenheit des Arbeitnehmers nach seiner Entlassung beruhen. Der DN habe nicht die behaupteten Löhne verdient. Er habe nie mehr ausbezahlt bekommen, als auf den Lohnkonten der entsprechenden Jahre aufscheine. Der DN habe seinen Lohn immer am Monatsletzten in bar ausbezahlt bekommen, wobei das Kuvert mit dem Lohn und der Lohnabrechnung in den Spind gelegt worden sei. Zudem habe der DN auf eigene Rechnung gearbeitet und habe Autos von eigenen Kunden in der Werkstatt des Steuerpflichtigen repariert. Weiter sei das Parteiengehör verletzt worden. Der Beschwerdeführer ersuchte daher um Aufhebung der Bescheide und auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
7. Mit Schreiben vom 04.07.2011 legte die WGKK die Berufung dem Landeshauptmann von Wien vor. Mit Bescheid vom 26.03.2012 setzte der Landeshauptmann von Wien das anhängige Verwaltungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts Wien über Entgeltansprüche des DN gegen den Dienstgeber aus. Ebenso wurde dem Antrag des Dienstgebers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben und dem Einspruch die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
8. Am 25.02.2013 kam es zu einem Vergleich vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, weswegen die WGKK am 30.09.2013 die Fortsetzung des Verfahrens anregte.
9. Am 31.03.2014 kam es zu einer Verhandlung vor der WGKK, in der das Verfahrensergebnis des Rechtsstreites vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien erörtert wurde.
10. Am 13.11.2013 erließ der Landeshauptmann von Wien einen zurückverweisenden Bescheid an die WGKK. Im vorliegenden Fall würde die Entscheidung über die Höhe der Beitragsnachbelastung des Beschwerdeführers davon abhängen, in welcher Höhe der Entgeltanspruch des Dienstnehmers bestehe. Sohin müsse es nun zu einer Neuberechnung der vom Dienstgeber geschuldeten Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen für den Dienstnehmer kommen. Sohin seien umfangreiche Ermittlungen nötig.
11. Nach weiteren Ermittlungen stellte die WGKK mit Bescheid vom 02.04.2014, zugestellt am 04.04.2014, fest, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, für den Dienstnehmer für den Zeitraum 01.11.2005 bis 08.09.2010 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Gesamthöhe von € 56.390,74 an die WGKK zu entrichten habe.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der Niederschrift vom 20.12.2010 selbst ausgesagt habe, die Lohnkuverts eigenhändig beschriftet zu haben und auf diesen durchgehend das vom DN behauptete Entgelt von € 1.980,00 vermerkt gewesen sei. Sohin sei die Angabe des BF als reine Schutzbehauptung zu werten gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der DN tatsächlich ein Nettoentgelt in Höhe von € 1.980,00 erhalten habe. Hinsichtlich des gerichtlichen Vergleichs wurde festgehalten, dass dieser für das gegenständliche Verfahren keine Relevanz habe. Der Vergleich sei bezüglich der festzustellenden Höhe des Entgelts nicht relevant.
12. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.05.2014 Beschwerde, da der angefochtene Bescheid in gesetzwidriger Weise lediglich dem BF persönlich nicht aber seinem ausgewiesenen Vertreter zugeschickt worden sei, daher sei die Beschwerdefrist jedenfalls gewahrt. Ebenso sei das Verfahren vor der WGKK in wesentlichen Punkten mangelhaft geblieben, so dass der wahre Sachverhalt nicht ermittelt habe werden können. Vor allem sei nicht auf die Aussage der stellvertretenden Leiterin der Kirchenbeitragsabteilung in der Tagsatzung vor dem Arbeits- und Sozialgericht (ASG Wien) vom 25.02.2013 eingegangen worden. Aufgrund der Unterlagen des DN sei sein Kirchenbeitrag berechnet worden. Der angeführte Betrag deute eindeutig auf ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis.
Es liege zwar keine gerichtliche Entscheidung nach einem streitigen Verfahren vor, an die die WGKK bezüglich der Höhe des Entgelts gebunden sei, doch habe die WGKK die Beweis- und Verfahrensergebnisse des Rechtsstreites vor dem ASG Wien zu berücksichtigen. Dies sei jedoch unterblieben bzw. sei dadurch verhindert worden, dass nur der Beschwerdeführer persönlich, nicht aber sein ausgewiesener Vertreter zur Verhandlung am 31.03.2014 geladen worden sei.
13. Daraufhin erging am 15.05.2014 die Beschwerdevorentscheidung der WGKK mit der die Beschwerde des Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen wurde. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht dazu geeignet eine andere Entscheidung der WGKK herbei zu führen.
14. Mit Schreiben vom 20.05.2014 brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ein.
15. Am 05.06.2014 wurde der Verwaltungsakt von der WGKK dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
16. Am 24.05.2017 erging ein Erkenntnis des BFG, in welchem der Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 279 BAO Folge gegeben wurde.
Den Angaben des Beschwerdeführers sei ein höherer Wahrheitsgehalt beizumessen als den Angaben des DN. Es sei glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer dem DN Gefälligkeitsbestätigungen ausstellte. Das BFG sah es als erwiesen an, dass in den Jahren 2005 bis 2009 lediglich die Arbeitslöhne ausbezahlt worden seien, die in den Lohnkonten erfasst seien.
16. Am 04.09.2018 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt.
An dieser nahmen der Beschwerdeführer und Beschwerdeführer-Vertreter, der Dienstnehmer sowie ein Vertreter der belangten Behörde teil.
Der Beschwerdeführer gab sinngemäß an, er habe den DN als Halbtagskraft eingestellt, der DN habe die Bedingung gestellt, dass er am Nachmittag in der Werkstatt des Beschwerdeführers seine "eigenen Kunden und Geschäfte" betreiben könne. Der DN habe ihn ersucht, als Motivation auf den Umschlägen, in denen er sein Gehalt erhielt, einen höheren Betrag zu vermerken. Der Beschwerdeführer habe auch "Pickerlgutachten" erstellt und das Gutachten dann an den DN weiterverkauft, der sie dann an seine Kunden mit einem Preisaufschlag weitergegeben habe. Der DN habe bereits mit seiner Einstellung im Betrieb zu Pfuschen begonnen, neben den "Pickerlüberprüfungen" habe er auch kleiner Reparaturen gemacht. Vor dem ASG sei ein Vergleich auf der Basis von 20 Stunden geschlossen worden.
Der DN gab sinngemäß an, dass er dem Beschwerdeführer den gesamten Betrag einer "Pickerüberprüfung" abgeführt habe. Er habe aber diverse Reparaturen selbst erledigt. Er schätze, dass es ca 10 Autos aus der Familie gewesen seien. An die Kirchenbeitragsmeldung 2004 könne er sich nicht mehr erinnern, er wisse nicht, dass dort nur ein Halbtagsgehalt angegeben worden sei. Auch in Bezug auf die Arbeitnehmerveranlagung wisse er das nicht, außerdem wo stehe es, dass er die Veranlagung selbst gemacht hat, das könne auch jemand anderer gewesen sein. Er sann dann nach einer "Pickerlüberprüfung" entlassen worden. Das Auto sei ok gewesen und auf einem Parkplatz abgestellt worden, dort dürfte es manipuliert worden sein. Er habe die Lohnkuverts aufgrund eines Rates seiner Lebensgefährtin gesammelt, da er keine Lohnzettel gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit gehabt, ihm den Lohn zu überweisen, er habe erst 2005 ein Konto eröffnet. Betreffend "Pickerl" gab der Beschwerdeführer auf Nachfrage an, dass er von seinen eigenen Kunden 30 bis 40 Euro für das "Pickerl" verlangt habe und 22 Euro davon an den Beschwerdeführer weitergegeben habe. Der Vergleich vor dem ASG sei zustande gekommen, da der Richter gefragt habe, ob man den Beschwerdeführer so schädigen sollte, da habe er nein gesagt und sich auf den Vergleich mit 20 Stunden eingelassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der DN war von 1995 bis September 2010 als KFZ-Mechaniker in der Werkstatt des Beschwerdeführers beschäftigt. Aufgrund einer GPLA für den Zeitraum 2005 bis 2010 wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde für den Zeitraum 01.11.2015 bis 08.09.2010 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in der Höhe von Euro 56.390,74 vorgeschrieben.
Der DN war mit 20 Wochenstunden beschäftigt. Es gab weiter eine Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer, dass der DN am Nachmittag die Werkstatt benutzen konnte um dort Reparaturen an den Fahrzeugen seiner eigenen Kunden durchzuführen.
Der Lohn wurde dem DN monatlich in einem Kuvert übergeben. Auf dem Kuvert war aufgrund einer privaten Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und dem DN ein höherer Betrag vermerkt, als tatsächlich ausbezahlt wurde.
Zahlungen von "Schwarzgeld" durch den Beschwerdeführer an den DN konnten nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer hat dem DN gefälligkeitshalber Lohnbestätigungen für eine Vollzeitbeschäftigung ausgestellt.
Dem Kirchenbeitragsbescheid 2004 wurde ein Halbtagesgehalt zugrunde gelegt.
Ebenso wurde bei den Arbeitnehmerveranlagungen ein niedrigeres Gehalt herangezogen als auf den Kuverts angeführt.
Der Beschwerdeführer hat Überprüfungen gemäß § 57a KFG durchgeführt, wobei die Gutachten durch den BF erstellt wurde. Das Gutachten wurde vom DN entgeltlich um 22 Euro erworben, dieser hat seinen Kunden für die Überprüfung und das Gutachten samt Prüfplakette 30 bis 40 Euro verrechnet.
Vor dem ASG wurde ein Vergleich geschlossen, aus dem hervorgeht, dass eine Halbtagesbeschäftigung ausgeübt wurde. Weiter erfolgte eine Neueinstufung des DN von LG4 auf LG1 des Kollektivvertrages für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe.
2. Beweiswürdigung
Aufgrund der vorliegenden Beweismittel, des Aktes der belangten Behörde und den Ergebnissen der durchgeführten mündlichen Verhandlung ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.
Die Feststellungen zur Tätigkeit des DN in der Werkstatt des Beschwerdeführers und die Dauer des Dienstverhältnisses ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde, dem ASG und dem BFG.
Die Vereinbarung, dass der DN die Werkstatt nach Dienstende für seine "Geschäfte" nutzen kann und dass der DN diese Möglichkeit auch genutzt hat, ist unbestritten.
Auch ist unbestritten, dass der Lohn monatlich in Kuverts übergeben wurde. Die Beschriftung der Kuverts ergibt sich aufgrund der im Akt befindlichen Kopien der Lohnkuverts.
Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass es zu einem verfahrensrelevanten Zeitpunkt Schwarzgeldzahlungen vom Beschwerdeführer an den DN gegeben hat.
Im Akt befinden sich Lohnbestätigungen, für 1999 (Monatseinkommen ATS 15.500,--) für 2002 (Euro 1.440,--) für 2006 (Euro 1.940,--).
Dass der Kirchenbeitrag 2004 auf der Basis einer Halbtagesentlohnung errechnet wurde, ergibt sich aus dem Kirchenbeitragsbescheid 2004. Die Sachbearbeiterin der Kirchenbeitragsstelle wurde am 25.02.2013 vor dem ASG befragt (siehe Protokoll). Dies gab an, dass im Jahr 2000 ein Brief (Absender: DN) eingelangt ist, woraufhin eine monatliche Bemessungsgrundlage von 7.862,-- Schilling errechnet worden ist.
Aus dem Erkenntnis des BFG geht hervor, dass bei den Lohnsteuerbescheiden 2005 bis 2007 jährliche Einkommen von unter 10.000,-- Euro jeweils zu einer Gutschrift auf dem Steuerkonto des DN gekommen ist.
Die Erstellung von Gutachten gemäß § 57a KFG, die Weitergabe an den DN und die Verrechnung eines höheren Betrages durch den DN ergibt sich aus den Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.
Der Vergleich, der am 25.02.2013 vor dem ASG geschlossen wurde, ist im Akt aufliegend. In diesem Vergleich erfolgte auch eine Einstufung des DN von LG4 auf LG1 des Kollektivvertrages für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe. Der DN konnte dem Beschwerdeführer zu Beschäftigungsbeginn keinen Gesellenabschluss nachweisen, daher wurde er als angelernte Kraft eingestellt. Die Neueinstufung erfolgte aufgrund des doch vorhandenen Abschlusses. Die Kündigungsentschädigung für 13 Wochen und die Abfertigung wurde auf der Basis der (neu errechneten) Einstufung LG1 und eines Beschäftigungsausmaßes von 20 Stunden errechnet.
Den Angaben des Beschwerdeführers wird aus folgenden Gründen ein höherer Wahrheitsgehalt beigemessen:
Es gibt keinen plausiblen Grund, warum (wie vom DN in den Raum gestellt) jemand im Namen des DN fälschliche Lohnangaben vor der Kirchbeitragsstelle und im Zuge der Einkommenssteuerveranlagung tätigen hätte sollen. Vorallem die Angaben des DN, dass doch auch jemand anderer seine Einkommenssteuerveranlagung habe erstellen können und die Bestreitung, diese selber ausgefüllt zu habe, ebenso wie die Angaben zur Kirchensteuer, sind als nicht glaubhaft, sondern als Schutzbehauptung zu werten.
Zudem zeigen sich die Angaben des DN im Laufe des Verfahrens widersprüchlich.
Das BVwG sieht es als erwiesen an, dass die Angaben in Bezug auf die Halbtagesentlohnung dem DN zuzurechnen sind.
Es erscheint zwar auf den ersten Blick ungewöhnlich, dass der Beschwerdeführer dem DN auf dessen Ersuchen höhere Beträge auf das Lohnkuvert schrieb. Die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass dies auch geschehen sei, weil die Lebensgefährtin des DN diesen angeblich verlassen wollte, weil er so wenig verdient, lassen diesen Vorgang wieder lebensnaher erscheinen. Dass diese Vorgangsweise vom BF gewählt wurde, um die Arbeitsmotivation des DN aufrecht zu erhalten, konnte dieser glaubhaft und überzeugende darlegen.
Auch liegt es nicht außerhalb der Lebenserfahrung, dass der Beschwerdeführer dem DN gefälligkeitshalber höhere Lohnbestätigungen ausgestellt hat, da dieser die Bestätigungen vorwiegend für Wohnungs-, Kredit- und Kontozwecke benötigt hat.
Das BFG hat in seinem Verfahren festgestellt, dass der DN einen hohen Umfang von Überprüfungen gemäß § 57a KFG vorgenommen hat, wobei auch umfangreiche Reparaturen mit diesen verbunden waren. Im Rahmen einer Vollbeschäftigung wären die vielen - oft umfangreichen - Reparaturen nebenbei nicht bewältigbar gewesen.
Zudem entspricht es nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass sich ein Dienstnehmer nach einer Klage beim ASG im weiteren Verfahren auf einen für ihn ungünstigen Vergleich einlässt und dadurch auf den ihm zustehenden Anspruch auf die geklagte Leistung verzichtet.
Die Glaubwürdigkeit des DN wurde zudem durch seine widersprüchlichen Aussagen vor dem BVwG bestärkt - zuerst behauptete der DN, er habe alle "Pickerüberprüfungen" im vollen Betrag an den Beschwerdeführer abgeführt, auf Nachfrage gab er später an, dass er diese mit einem Aufschlag an seine Kunden weiterverrechnet hat.
Für das BVwG steht im Lichte der Betrachtung der fallbezogenen Umstände fest, dass eine 20-stündige Arbeitsverpflichtung gegeben ist und die überhöhten Beträge auf den Lohnkuverts sowie die unrichtigen Lohnbestätigungen als Gefälligkeitsleistungen anzusehen sind. In Anbetracht der Kündigung des Dienstverhältnisses und der damit einhergehenden Einkommensverluste durch das entsprechend niedrige Arbeitslosengeld erscheint es nicht realitätsfremd, dass der DN nunmehr versucht hat, unter Bezugnahme auf die Gefälligkeitsbestätigungen mittels Klage vor dem ASG seine finanziellen Verluste abzufedern. Abschließend wird festgestellt, dass das BVwG es als erwiesen ansieht, dass der DN im fraglichen Zeitraum lediglich jenen Arbeitslohn ausbezahlt bekommen hat, der in den Lohnkonten erfasst und mittels Lohnzettel gemeldet wurde.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und der angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der raschen gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Gegenständlich liegt keine Angelegenheit vor, die eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung von Laienrichtern begründet. Daher ist Einzelrichterzuständigkeit gegeben.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1. Verfahrensrelevante materiellrechtliche Bestimmungen:
Die bezughabenden Bestimmung des ASVG lauten:
§ 44. (1) Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) ist für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt: 1. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6;
(.....)
§ 49. (1) Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
(2) Sonderzahlungen, das sind Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie zum Beispiel ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld, sind als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfaßt werden, zu berücksichtigen.
(.....)
(6) Die Versicherungsträger, die Verwaltungsbehörden, das Bundesverwaltungsgericht und die Landesverwaltungsgerichte sind an rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte, in denen Entgeltansprüche des Dienstnehmers (Lehrlings) festgestellt werden, gebunden. Dieser Bindung steht die Rechtskraft der Beitragsvorschreibung nicht entgegen. Diese Bindung tritt nicht ein, wenn der gerichtlichen Entscheidung kein streitiges Verfahren vorangegangen ist oder ein Anerkenntnisurteil gefällt oder ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde. Die Gerichte erster Instanz haben je eine Ausfertigung der rechtskräftigen Entscheidungen über Entgeltansprüche von Dienstnehmern (Lehrlingen) binnen vier Wochen ab Rechtskraft an die Gebietskrankenkasse jenes Landes zu übersenden, in dem der Sitz des Gerichtes liegt; gleiches gilt für gerichtliche Vergleiche über die genannten Ansprüche.
(.....)
§ 54. (1) Von den Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Sonderbeiträge mit dem gleichen Hundertsatz wie für sonstige Bezüge nach § 49 Abs. 1 zu entrichten; hiebei sind die in einem Kalenderjahr fällig werdenden Sonderzahlungen bis zum 60fachen Betrag der für die betreffende Versicherung in Betracht kommenden Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) unter Bedachtnahme auf § 45 Abs. 2 zu berücksichtigen.
(.....)
§ 58. (1) Die allgemeinen Beiträge sind am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 4 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Die gemäß Abs. 4 vorgeschriebenen Beiträge sind mit Ablauf des zweiten Werktages nach der Aufgabe der Beitragsvorschreibung zur Post bzw. mit dem Zeitpunkt der Zustellung durch Organe des Trägers der Krankenversicherung fällig. Die Satzung kann, sofern sie einen anderen als den im § 44 Abs. 2 erster Satz bezeichneten Beitragszeitraum bestimmt und für den Fall, daß durch Vereinbarung mit dem Dienstgeber ein abweichender Beitragszeitraum festgelegt wird, vorsehen, daß die Beiträge am letzten Tag des Beitragszeitraumes fällig werden. Die Fälligkeit der Sonderbeiträge wird durch die Satzung des Versicherungsträgers geregelt.
(2) Die auf den Versicherten und den Dienstgeber, bei Heimarbeitern auf den Auftraggeber entfallenden Beiträge schuldet der Dienstgeber (Auftraggeber). Er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen. Die den Heimarbeitern gleichgestellten Personen (§ 4 Abs. 1 Z 7) schulden die Beiträge selbst und haben die Beiträge auf ihre Gefahr und Kosten zur Gänze selbst einzuzahlen. Bezieher/innen einer beitragspflichtigen ausländischen Rente (§ 73a) schulden die von dieser Rente nach § 73a Abs. 4 und 5 zu entrichtenden Beiträge selbst und haben diese auf ihre Gefahr und Kosten zur Gänze selbst einzuzahlen. Gleiches gilt für Dienstnehmer hinsichtlich eines Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 5 Abs. 2 für den auf sie entfallenden Beitragsteil, wenn nicht § 53a Abs. 3b anzuwenden ist.
(.....)
§ 11. (.....)
(2) Wird ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich über den dem Dienstnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses gebührenden Arbeitslohn oder Gehalt abgeschlossen, so verlängert sich die Pflichtversicherung um den Zeitraum, der durch den Vergleichsbetrag (Pauschbetrag) nach Ausscheidung allfälliger, gemäß § 49 nicht zum Entgelt im Sinne dieses Bundesgesetzes gehörender Bezüge, gemessen an den vor dem Austritt aus der Beschäftigung gebührenden Bezügen, gedeckt ist. Die Pflichtversicherung besteht weiter für die Zeit des Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) sowie für die Zeit des Bezuges einer Kündigungsentschädigung. Die zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig werdende pauschalierte Kündigungsentschädigung ist auf den entsprechenden Zeitraum der Kündigungsfrist umzulegen. Gebühren sowohl eine Kündigungsentschädigung als auch eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung), so ist zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitraumes zunächst die Kündigungsentschädigung heranzuziehen und im Anschluss daran die Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung). Wird Urlaubsabfindung nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz gewährt, so ist für die Versicherung die Wiener Gebietskrankenkasse zuständig. Die Versicherung beginnt mit dem achten Tag, der auf die Zahlbarstellung durch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse folgt. Wird Urlaubsersatzleistung nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz ausgezahlt, so ist für die Versicherung jene Gebietskrankenkasse örtlich zuständig, die für das letzte dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz unterliegende Beschäftigungsverhältnis zuständig war. Der Dienstgeberanteil (§ 51) ist von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse zu entrichten.
(.....)
3.2. Zu Spruchpunkt A) Stattgebung der Beschwerde
Wie schon oben unter Pkt. 2 angeführt, sieht es das BVwG in der Gesamtbetrachtung als erwiesen an, dass es von Beginn an zwischen dem Beschwerdeführer und dem DN die Vereinbarung einer 20-Stunden-Woche gegeben hat, diese auch gelebt wurde und dem DN daneben die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Werkstatt anschließend auf eigene Rechnung für seine eigene Tätigkeit zu nutzen. Aus diesem Grund geht das BVwG davon aus, dass der Beschwerdeführer dem DN im bescheidrelevanten Zeitraum tatsächlich nur jenen Arbeitslohn zu Recht bezahlt hat, der in den Lohnkonten erfasst und mittels Lohnzettel gemeldet worden ist.
Es lagen keine Gründe vor, die auf eine höhere tatsächliche Lohnzahlung oder eine höhere geleistete Wochenstundenanzahl in den Jahren 2005 bis 2010 annehmen ließen.
Die durch die belangte Behörde veranlasste Vorschreibung von Beiträgen, Sonderbeiträgen und Umlagen in der ausgewiesenen Gesamthöhe erfolgte daher nicht zu Recht.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden und die diesbezügliche Beschwerdevorentscheidung vom 15.05.2014 aufzuheben.
4. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Arbeitszeit, Beitragsnachverrechnung, Dienstverhältnis, EntgeltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W156.2008526.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.01.2019