TE Vfgh Erkenntnis 1997/6/16 B3503/96

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Veröffentlicht am 16.06.1997
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Index

43 Wehrrecht
43/02 Leistungsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
HeeresgebührenG 1992 §33

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe nach dem HeeresgebührenG 1992 für die Benützung von Räumlichkeiten in einer Wohngemeinschaft; keine Bedenken gegen die gesetzliche Regelung im Hinblick auf den Gleichheitssatz

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt wurde.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer trat am 1. Oktober 1995 den Grundwehrdienst beim Bundesheer an. Bis zu diesem Zeitpunkt wohnte er in einer Wohngemeinschaft (Näheres s.u. II.2.).

Am 7. November 1995 stellte er einen Antrag auf Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe gemäß dem V. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992).

Der Bundesminister für Landesverteidigung wies mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 5. September 1996 diesen Antrag ab, weil es sich bei den vom Beschwerdeführer benützten Räumlichkeiten um keine eigene Wohnung i.S. des §33 HGG 1992 handle (s.u. II.2.a).

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird (Näheres s. u. II.2.b).

3. Der Bundesminister für Landesverteidigung legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift; er begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Die in der vorliegenden Sache maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.a) Das HGG 1992, BGBl. 422, ist hier idF des BG BGBl. 259/1995 - also idF vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. 201, (StruktAnpG 1996) - anzuwenden:

§33 Abs1 HGG 1992 wurde zwar durch Art81 Z8 StruktAnpG 1996 geändert; diese Änderung trat dem Art81 Z9 StruktAnpG 1996 zufolge mit 1. Juli 1996 in Kraft. Gemäß dem mit Art81 Z10 StruktAnpG 1996 dem HGG 1992 angefügten §55 Abs15 ist aber auf "Wehrpflichtige, bei denen die Zustellung des Einberufungsbefehls (...) vor dem 1. Juli 1996 erfolgte (Anm.: das ist in der vorliegenden Sache der Fall), (...) bis zur Entlassung aus diesem Präsenzdienst das V. Hauptstück über Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe in der bis zum Ablauf des 30. Juni 1996 geltenden Fassung anzuwenden".

Daraus ergibt sich, daß der neu gefaßte §33 Abs1 HGG 1992 erst auf Wehrpflichtige anzuwenden ist, denen der Einberufungsbefehl nach dem 30. Juni 1996 zugestellt wurde, während für Wehrpflichtige, bei denen die Zustellung vor dem 1. Juli 1996 erfolgte, §33 Abs1 HGG 1992 in der alten Fassung (also jener vor dem StruktAnpG 1996) gilt; und zwar auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der (Berufungs-)Bescheid betreffend den Antrag auf Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe erst nach dem 1. Juli 1996 erlassen wurde.

b) Das V. Hauptstück des HGG 1992 regelt den Familienunterhalt und die Wohnkostenbeihilfe für Wehrpflichtige. Die besonderen Bestimmungen über die Wohnkostenbeihilfe finden sich im III. Abschnitt dieses Hauptstückes (§§33 und 34).

§33 HGG 1992 in der soeben geschilderten Fassung (also vor dem StruktAnpG 1996) lautet:

"33.(1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes für die erforderliche Beibehaltung einer eigenen Wohnung entstehen. Dies gilt auch für jene Fälle, in denen der Erwerb der Wohnung zwar erst nach dem Antritt des Präsenzdienstes vollzogen, aber bereits vor der Zustellung des Einberufungsbefehles oder der allgemeinen Bekanntmachung einer Einberufung hinsichtlich einer bestimmten Wohnung nachweislich eingeleitet worden ist.

(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Wehrpflichtige einen selbständigen Haushalt führt. Gehören die Räumlichkeiten zu einem Wohnungsverband, so müssen sie eine selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleisten.

(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten:

1.

alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach §15 Abs1 Z2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,

2.

allfällige zusätzliche Leistungen (Pauschale) für die als Bestandteil des jeweiligen Rechtsverhältnisses mit dem Recht zur Wohnungsbenützung verbundene Berechtigung zur Inanspruchnahme von Gemeinschaftseinrichtungen,

3.

Rückzahlungen von Darlehen, die zur Schaffung des jeweiligen Wohnraumes aufgenommen wurden, und

4.

Grundgebühren oder diesen entsprechende Gebühren für Strom und Gas sowie die Fernsprech-Grundgebühr der Wohnung."

              c)              Die Erläuterungen zu der das HGG 1992 betreffenden Regierungsvorlage (472 BlgNR 18. GP) besagen zu §33:

"Der Wehrpflichtige hat nach der geltenden Rechtslage (Anm.: s. §30 des HGG aus 1985) Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zur Abdeckung jener Kosten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes für die erforderliche Beibehaltung der notwendigen Wohnung erwachsen. Wie sich auf Grund der praktischen Erfahrungen erwiesen hat, führte einerseits die Auslegung des Begriffes 'notwendige Wohnung' durch verschiedene Behörden zu unterschiedlichen Ergebnissen, andererseits wurde der Begriff 'notwendige Wohnung' - insbesondere auch auf Grund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auf Sachverhalte angewendet, die nach den Intentionen des Gesetzgebers ursprünglich nicht von der in Rede stehenden Regelung umfaßt werden sollten. Um die aufgezeigten Problemkreise zu beseitigen, soll nunmehr im Heeresgebührengesetz 1992 an die Stelle des Begriffes der 'notwendigen Wohnung' der Begriff 'eigene Wohnung' treten. Weiters soll unter Bedachtnahme auf die Judikatur der Höchstgerichte zu diesem Themenkreis zur Vermeidung allfälliger Auslegungsschwierigkeiten eine entsprechende Definition dieses Begriffes in den Abs2 aufgenommen werden. Im Hinblick auf den Umstand, daß sich die Normierung des Begriffes 'eigene Wohnung' und die entsprechende Definition im Zivildienstrecht bewährt haben, soll die für Grundwehrdienst leistende Soldaten geltende Regelung in Anlehnung an die im §4 der Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. Nr. 396/1985, normierte Bestimmung gestaltet werden."

2.a) Der angefochtene Bescheid wird - nach einer Wiedergabe des Wortlautes des §33 Abs1 und 2 HGG 1992 - wie folgt begründet:

"Damit die Anspruchsvoraussetzung der 'eigenen Wohnung' erfüllt ist, ist es unabdingbar, daß der Wehrpflichtige in seinen Räumlichkeiten einen selbständigen Haushalt führt.

Unter Haushaltsführung ist die Summe aller Tätigkeiten zu verstehen, die der Befriedigung der alltäglichen Bedürfnisse eines Menschen dienen. Von der Haushaltsführung sind unter anderem alle Maßnahmen erfaßt, die mit dem Schlafen, dem Wohnen, der Körperpflege, der Anschaffung und Zubereitung der Verpflegung, dem Reinigen der Bekleidung etc. im Zusammenhang stehen.

Zur Befriedigung dieser alltäglichen Bedürfnisse benötigt der Haushaltsführende eine Wohnung.

Verfügt ein Wehrpflichtiger über eine eigene Wohnung, hat er also das alleinige Verfügungsrecht über alle Räumlichkeiten und Einrichtungen einer Wohnung, so kann in dieser Wohnung der Haushalt selbständig, das heißt unabhängig von anderen Haushaltsführenden geführt werden.

Sind in einer Wohnung mehrere Personen nach dem Meldegesetz 1991 gemeldet oder nehmen mehrere Personen in einer Wohnung Unterkunft und verfügt jede Person nur über einen Wohn-Schlafraum bei gemeinschaftlicher Benützung von Küche, Bad und WC, so liegt eine Wohngemeinschaft vor.

Frau Mag. Sp. ist Hauptmieterin der verfahrensgegenständlichen Wohnung. Sie und weitere drei Personen bewohnen aufgrund einer mündlichen Vereinbarung mit Frau Mag. Sp. jeweils ein Zimmer. Küche, Bad und WC werden gemeinschaftlich genützt.

Sie können zwar die Bedürfnisse Wohnen und Schlafen in der Ihnen ausschließlich zur Verfügung stehenden Räumlichkeit selbständig befriedigen, hinsichtlich der übrigen Bedürfnisse wie Kochen, Körperpflege, etc., ist die Haushaltsführung jedoch vom Zusammenwirken mit den übrigen Haushaltsführenden abhängig. Von einer selbständigen Haushaltsführung kann diesfalls nicht gesprochen werden.

Aufgrund der Ansicht der Rechtsmittelbehörde, daß Sie keinen selbständigen, sondern einen mit Ihren Mitbewohnern gemeinschaftlichen Haushalt führen, handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Wohnung um keine eigene Wohnung im Sinne des §33 Abs2 HGG 1992 und es kann eine Wohnkostenbeihilfe nicht zuerkannt werden.

Zu dem von Ihnen angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1990, Zl. 89/11/0295, wird bemerkt, daß sich dieses Erkenntnis auf die damals geltende Gesetzeslage bezog. Gemäß dem Heeresgebührengesetz 1985 war die selbständige Haushaltsführung keine Anspruchsvoraussetzung für die Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe".

b) Die Beschwerde bringt dagegen im wesentlichen folgendes vor:

"Durch den vorliegenden Bescheid wird der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt, da der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, bzw. da die belangte Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicher Weise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt und bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Die belangte Behörde trifft bei der Auslegung der Bestimmung des §33 Abs1 und 2 HGG eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung was unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes verfassungswidrig ist.

Im vorliegenden Fall kommt das Heeresgebührenamt zum Schluß, daß auf Grund des Gesetzeswortlautes und der im Gesetzestext verwendeten Mehrzahl des Begriffes 'Räumlichkeiten' der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe hätte, da er lediglich ein Zimmer alleine bewohne. Diese Unterscheidung ist vom Gesetzgeber nicht gewollt, wird fälschlicher Weise derart interpretiert, daß die Entscheidung insgesamt letztlich auch als willkürlich bezeichnet werden muß.

Denn: Es gibt keine sachlichen Unterscheidungskriterien, warum jemand, der ohnehin günstig in einer Wohngemeinschaft lebt, dort ein Zimmer für sich allein bewohnt und hierfür monatlich nachweislich eine Miete zu zahlen hat, schlechter gestellt werden soll, als jemand, der finanziell in der Lage ist, sich in einer eigenen Wohnung einzumieten, deshalb eine höhere Miete zu bezahlen hat und sohin in den Genuß der Anwendung des §33 HGG kommen soll. Hier wird eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung vorgenommen. Insbesondere die von beiden Instanzen gewählte Argumentation, nämlich daß nach Wortlaut des Gesetzes Räumlichkeiten vorliegen müßten, untermauert diesen Standpunkt. Aber auch sonst ist die Entscheidung durch nichts zu rechtfertigen. Auf Grund des Durchführungserlasses wird ausgeführt, daß der Begriff 'eigene Wohnung' nicht voraussetzt, daß der Wehrpflichtige Besitzer dieser Wohnung ist und deshalb auch unter dieser Bestimmung Studentenzimmer fallen, wenn während der Ableistung des Grundwehrdienstes hierfür nachweislich ein Entgelt zu entrichten ist. Ebenso fallen unter diese Bestimmung Räumlichkeiten, die vom Wehrpflichtigen als Untermieter oder Mitbewohner genützt werden. Dies selbstverständlich unter der Voraussetzung des Nachweises der Kosten und des Umstandes, daß das Nutzungsrecht an den Räumlichkeiten sonst verloren ginge.

Sinn und Hintergrund der Bestimmung des §33 HGG ist, daß der Wehrpflichtige seiner Wohnmöglichkeit nicht verlustig gehen soll, weil er präsenzbedingt einen Einkommensverlust erleidet (vgl. ZfVB 4/1537).

Der angefochtene Bescheid nimmt auf diese Umstände keinerlei Bedacht, obwohl der Beschwerdeführer selbst in seinen Ausführungen ständig darauf hingewiesen hat, daß es keinen Grund gibt, ihn schlechter zu stellen als andere Wohnungsinhaber. Zudem kommt noch, daß sogar bei einem Lokalaugenschein in Innsbruck von Oberstleutnant Mag. F die Wohnung besichtigt wurde und dieser ausführte, daß es sich um eine 'eigene Wohnung' i.S.d.

§33 HGG bzw. des dazu gehörigen Durchführungserlasses handle. Auch unter Berücksichtigung dieses Hintergrundes muß der Bescheid schlichtweg als willkürlich bezeichnet werden.

Es braucht abschließend auch nicht verschwiegen werden, daß es dem Österreichischen Sozialstaat widerspricht, den Gesetzeswortlaut des §33 HGG derart restriktiv und sophistisch auszulegen und dem Gesetzgeber zu unterstellen, er hätte tatsächlich bewußt eine Differenzierung zwischen Räumlichkeit und Räumlichkeiten treffen wollen, in denen der Haushalt zu führen ist.

Hier wurde entgegen allen sozialen Prinzipien der Schlechterverdienende und ohnehin schon Belastete schlechter gestellt, als jener, der aus welchen Gründen immer, in finanzieller Hinsicht die Möglichkeit hätte, sich eine eigene und größere Wohnung zu mieten. Zudem würde man wohl die Tendenz fördern, daß Präsenzdiener, die bis zum Zeitpunkt des Präsenzdienstes in einer Wohngemeinschaft lebten, vor Antritt des Präsenzdienstes eine eigene Wohnung anmieten, was letztlich wiederum zu Lasten des Staates ginge. All dies kann nicht im Sinne des Gesetzgebers und des österreichischen Staates sein.

Zumindest in Erwägung zu ziehen wäre sogar, daß der vorliegende Bescheid in Anbetracht der willkürlichen und nahezu denkunmöglichen Gesetzesauslegung dem Schutz des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentumes widerspricht, da dieses Grundrecht ja nicht nur das Eigentum, sondern jedes vermögenswerte Privatrecht schützt. Der durch das Vorgehen der belangten Behörde provozierte Wohnungsverlust läßt zumindest an diese Möglichkeit denken."

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.a) Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (s. z.B. VwGH 25.6.1996 Zl. 94/11/0097, S 3, mit weiteren Judikaturhinweisen) ausgeführt hat, ist Zweck des Anspruches auf Wohnkostenbeihilfe im Sinne des §33 HGG 1992, dem Präsenzdienstleistenden

"die Beibehaltung seiner Wohnung während der Dauer des Dienstes zu sichern, ihn also davor zu bewahren, daß er seiner Wohnung deshalb verlustig geht, weil er mangels eines Einkommens während der Leistung des betreffenden Dienstes das für die Wohnung zu entrichtende Entgelt nicht aufbringen kann."

Der Verfassungsgerichtshof schließt sich im Hinblick auf den Wortlaut der Bestimmung und auf die (in den oben zu II.1.c. zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Ausdruck kommende) Absicht des Gesetzgebers dieser Auffassung an. Er hat keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des geschilderten Gesetzeszweckes.

b) Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, daß dann, wenn eine sogenannte "Wohngemeinschaft" besteht, wenn also mehrere Personen in einer Wohnung Unterkunft nehmen und jede Person nur über einen Wohn-Schlafraum verfügt, während Küche, Bad und WC gemeinsam benützt werden, diese Personen keinen "selbständigen Haushalt" führen und daher über keine "eigene Wohnung" i.S. des §33 HGG 1992 verfügen.

Auch bei diesem Inhalt des Gesetzes hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung. Insbesondere findet er nicht, daß das Gesetz dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht:

Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er die Gewährung von Wohnkostenbeihilfe nicht für alle, sondern nur für solche Fälle vorsieht, in denen der Verlust der Unterkunft deshalb eine besondere Härte darstellen würde, weil das - aufgrund welchen Titels immer - dem Wehrpflichtigen zustehende Recht, diese Unterkunft zu benützen, objektiv einen beachtlichen wirtschaftlichen Wert darstellt. Die Annahme, daß dies typischerweise nur dann der Fall ist, wenn dem Betreffenden sämtliche üblicherweise den Bestandteil eines Haushalts bildenden Räumlichkeiten zur autonomen Verwendung zur Verfügung stehen, ist zumindest vertretbar. Daraus folgt, daß der Gesetzgeber, ohne gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen, die definitionsmäßige Abgrenzung der Wohnungen, für die Wohnkostenbeihilfe gebührt, in der in §33 Abs2 HGG normierten Weise vornehmen durfte. Bei einer (verfassungsrechtlich zulässigen) Durchschnittsbetrachtung wird nämlich der Verlust einer Wohnmöglichkeit der geschilderten Art im allgemeinen weitaus schwerer wiegen, als dies bei anderen, mehr oder weniger provisorischen Formen der Unterkunftnahme der Fall ist.

c) Da der Verfassungsgerichtshof auch sonst ob der Verfassungsmäßigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt, wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2. Bei diesem Ergebnis konnte der Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums nur durch willkürliche oder denkunmögliche Gesetzesanwendung verletzt worden sein.

Die Auslegung des §33 HGG 1992 durch die Behörde ist nach dem oben Gesagten zumindest vertretbar. Bei diesem Ergebnis war nicht weiter darauf einzugehen, ob der angefochtene Bescheid überhaupt in das Eigentumsrecht eingreift.

Auch sonst haben keine in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler stattgefunden.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in anderen, von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Militärrecht, Heeresgebühren, Wohnkostenbeihilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B3503.1996

Dokumentnummer

JFT_10029384_96B03503_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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