TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/8 W171 2200716-3

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Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2

Spruch

W171 2200716-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde desXXXX alias XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, gegen die weitere Anhaltung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal in Österreich ein und stellte am 04.10.2011 in Österreich seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des BVwG, welches am 03.02.2017 in Rechtskraft erwuchs, wurde die gegen die behördliche negative Entscheidung eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

1.2. In weiterer Folge wurde der BF einmal 2011, zweimal 2012 und einmal 2014 von einem Landesgericht zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt. Grundlage dieser Verurteilungen waren Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz, sowie (versuchter) Widerstand gegen die Staatsgewalt.

1.3. Auf Grund der bis dahin vorgelegenen rechtskräftigen Verurteilungen wurde bereits am 20.04.2012 ein 10-jähriges Rückkehrverbot für den BF erlassen.

1.4. Am 07.03.2017 stellte der BF in Österreich einen Folgeantrag der mit Bescheid vom 07.09.2017 gemäß § 68 Absatz 1 AVG zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 16.10.2017 als unbegründet abgewiesen, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria für zulässig erklärt. Die Entscheidung erwuchs mit 16.10.2017 in Rechtskraft.

1.5. Am 15.06.2018 wurde der BF im Rahmen einer Personenkontrolle auf Grundlage eines am 07.06.2018 erlassenen Festnahmeauftrags gemäß § 34 Absatz 3 Ziffer 2 BFA-VG festgenommen.

1.6. Am 15.06.2018 wurde der BF einvernommen und führte im Wesentlichen aus, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Er wohne eigentlich seit Jänner 2018 in Polen. Er habe dort ein Visum beantragt, erhalten habe er noch keines. Er habe nicht gewusst, dass er vom 11.12.2016 bis einschließlich 23.05.2018 in Wien gemeldet gewesen sei. Er habe keine Dokumente und wohne derzeit bei einem Freund, dessen Adresse er nicht angeben könne. Er habe keine Wohnungsschlüssel. Er verfüge in etwa über Euro 440,--, die er von einem guten Freund erhalten habe. Er habe in Wien illegal Reifen gewechselt und bestreite seinen Unterhalt von finanziellen Zuwendungen seiner Angehörigen. Er habe eine Freundin, die in Polen lebe. Er habe Österreich verlassen und lebe eigentlich mit seiner Freundin in Polen. Er wolle ohne seine Familie nicht nach Nigeria und wolle Österreich verlassen. Er sei nach Österreich lediglich wegen eines Gerichtstermins gekommen.

1.7. Mit Bescheid vom 15.06.2018 wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung nach Nigeria vorliege, der BF jedoch seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen sei. Er sei bereits vier Mal rechtskräftig im Inland verurteilt und trotz fehlender Meldung in Österreich aufgegriffen worden. Er verfüge nicht über die notwendigen Geldmittel zur Bestreitung des Aufenthalts in Österreich, gehe keiner legalen Beschäftigung nach und verfüge über keinerlei sozialen Anschluss in Österreich. Er sei nicht Mitglied eines hiesigen Vereins und zeige sein bisheriges Verhalten, dass er die österreichische Rechtsordnung nicht ernst nehme und könne er keinesfalls den Eindruck erwecken, mit den österreichischen Behörden kooperieren zu wollen. Er sei nicht vertrauenswürdig und in Österreich in keiner Form integriert.

Die Behörde ging in weiterer Folge von bestehendem Sicherungsbedarf aus und beurteilte die Anhaltung in Schubhaft als verhältnismäßig. Das gelindere Mittel wurde nicht herangezogen, da der BF nach Ansicht der Behörde in diesem Falle seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzen würde.

1.8. Am XXXX wurde der BF vor eine Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde vorgeführt. Dabei wurde die Staatsangehörigkeit des BF bestätigt und eine Zusage der Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt.

1.9. Am 11.07.2018 langte eine erste Schubhaftbeschwerde bei Gericht ein. Unter Vorlage einer Passkopie sowie zwei weiterer Dokumente wurde ausgeführt, der BF sei aus Nigeria und sei seiner Rückkehrentscheidung insofern nachgekommen, als er bei seiner Lebensgefährtin in Polen aufhältig gewesen sei. Am 26.02.2018 sei sein Sohn geboren worden und besitze dieser die polnische Unionsbürgerschaft. Er habe in Polen eine Ladung eines österreichischen Bezirksgerichtes erhalten und sei deshalb bereits im Juni 2018 zur Vorbereitung für die im Juli stattfindende Hauptverhandlung in Österreich aufhältig gewesen.

Die Rückkehrentscheidung vom 16.10.2017 sei bereits konsumiert. Sie sei nicht mehr durchsetzbar, da er auf Grund der Vaterschaft zu einem Unionsbürger in Polen ein auf Artikel 20 AEUV gestütztes Aufenthaltsrecht habe. Es sei sohin eine Außerlandesbringung seiner Person nach Polen zu prüfen. Behauptet werde, dass der BF zum begünstigten Drittstaatsangehörigen würde, die Rückkehrentscheidung sohin untergegangen sei und er allenfalls auf Grund einer neuerlichen Ausweisung dazu verhalten werden könne, Österreich zu verlassen.

Im Lichte zweier zitierter Entscheidungen des EuGHs sei jedenfalls zu verhindern, dass ein Kind mit Unionsbürgerschaft die Union verlassen müsse, um ihr Recht auf regelmäßige persönliche Beziehung zu beiden Elternteilen wahrnehmen zu können. Es wurde angeregt, dass BVwG möge eine Vorabentscheidung beim EuGH über die Frage, ob ein mittlerweile in Polen wohnhafter Vater eines polnischen Unionsbürgers auf Grund einer Rückkehrentscheidung aus Österreich nach Nigeria abgeschoben werden könne, angeregt.

Beantragt wurde die zeugenschaftliche Einvernahme der Freundin des BF, sowie die Beischaffung des Gerichtsaktes (Strafverfahren).

2.0. Das BFA legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Stellungnahme und beantragte unter Hinweis auf die Begründung im angefochtenen Mandatsbescheid die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

2.1. Mit Erkenntnis vom 17.07.2018 wies das BVwG die Beschwerde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab und stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Zi. 1 FPG fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen.

3.0. Mit Schriftsatz vom 30.08.2018 langte neuerlich eine Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem 16.08.2018 bei Gericht ein, welche mit Erkenntnis des BVwG vom 07.09.2018 als unbegründet abgewiesen wurde. Zugleich wurde gerichtlich ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

3.1. Mit Schriftsatz und Aktenübermittlung vom 24.10.2018 legte das BFA den Schubhaftakt zur Druchführung der gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vorgesehenen Verlängerungsprüfung dem BVwG vor. Ausgeführt wurde, dass am 04.09.2018, sowie am 24.10.2018 die bereits zugesagte Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Nigerianische Botschaft urgiert worden sei, die Voraussetzungen zur Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorlägen und Sicherungsbedarf nach wie vor bestünde. Für den XXXX sei eine Charterabschiebung geplant und gebucht.

3.2. Mit ergänzendem Schreiben vom 08.11.2018 teilte das BFA informativ mit, dass mit dem Botschafter nunmehr geklärt worden sei, dass der BF von Nigeria aus einen Einreiseantrag in Polen stellen könne, um zu seiner Familie in Polen reisen zu dürfen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 15.06.2018 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG, 4 Monate und ein Tag) ist am 15.10.2018 abgelaufen. Die für die nochmalige Fortsetzung der Schubhaft vorgesehene gerichtliche Überprüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit (4-Wochenfrist) hat gesetzmäßig bis zum 13.11.2018 zu erfolgen.

1.2. Der der laufenden Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid ist bereits zwei Mal in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben. Das Gericht geht daher weiterhin vom Vorliegen des Sicherungsbedarfes aus.

Gesundheitszustand:

2.1. Der BF ist gesund und haftfähig.

Effektuierbarkeit der Abschiebung:

3.1. Ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer liegt aktuell noch nicht vor. Eine Zusage der Nigerianischen Botschaft zur Ausstellung des Zertifikates ist jedoch gegeben. Ein Termin für die Abschiebung ist für den XXXXfixiert und gebucht. Aus Sicht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung kann von einer Effektuierung am XXXX ausgegangen werden.

Sozialer/familiärer Aspekt:

4.1. Der BF hat in Österreich weder Familie, noch Bekannte und verfügt nicht über einen Wohnsitz. Ein beachtenswertes soziales Netz liegt ebenso nicht vor.

4.2. Er hat keine finanziellen Mittel oder nennenswertes Vermögen im Inland.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hiezu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt bzw. in den gerichtlichen Vorakten. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der Viermonatsfrist auf den 15.10.2018 gefallen ist. Eine Entscheidung hinsichtlich der Fortsetzung hatte daher nach dem Gesetzeswortlaut "...nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde" bis zum 16.10.2018 zu erfolgen. Die weitere in § 22a Abs. 4 BFA-VG vorgesehene Frist (4-Wochenfrist) endet vier Wochen nach dem 16.10.2018, daher am 13.11.2018.

Zu 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid rechtmäßig ergangen ist. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung bzw. der letzten gerichtlichen Prüfung im Rahmen eines Schubhaftbeschwerdeverfahrens nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung einer Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung sowohl das Rückkehrverbot, als auch die Rückkehrentscheidungen, welche seinerzeit die rechtliche Grundlage für die Erlassung des Schubhaftbescheides darstellten, nach wie vor Durchsetzbarkeit haben.

Zu 2.1.: Der BF bezeichnete sich zuletzt in der Einvernahme vom 18.09.2018 als "gesund" (AS 413) und sind den Informationen in der Anhaltedatei keine Änderungen des Gesundheitszustandes des BF entnehmbar. Das Gericht geht daher weiterhin vom Bestehen der Haftfähigkeit des BF aus.

Zu 3.1.: Die Grundlage für die Feststellung bietet der Akteninhalt. Eine Ausstellung des Heimreisezertifikates wurde von der nigerianischen Botschaft bereits zugesagt und für den XXXX sie Charterabschiebung des BF sodann nachweislich vorbereitet.

Zu 4.1.: Die Feststellung zu 4.1. ergibt sich im Wesentlichen aus den eigenen Aussagen des BF im Rahmen der mehreren Einvernahmen. Auf Grundlage dieser Angabe in Zusammensicht mit dem tendenziell als kurz zu bezeichnenden Aufenthalt in Österreich ergibt sich für das Gericht unzweifelhaft, dass diesbezüglich nicht von nennenswerten sozialen Kontakten ausgegangen werden kann. Aus dem Akteninhalt ist diesbezüglich auch keine Änderung der sozialen bzw. familiären Situation des BF erkennbar. Vor seiner Inhaftierung war der BF unsteten Aufenthalts und liegen keine Hinweise dafür vor, dass der BF nach einer etwaigen Entlassung direkt in Österreich Unterkunft finden könnte.

Zu 4.2.: Der BF gibt selbst an, über keine finanziellen Mittel zu verfügen und bietet die Aufstellung der Effekten in der Anhaltedatei auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich seine finanzielle Situation zu seinen Gunsten geändert haben könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Nach der gesetzlichen Anordnung besteht weiters die Verpflichtung dann eine weitere gerichtliche Prüfung durch amtswegige Aktenvorlage durchführen zu lassen, wenn eine nochmalige Fortsetzung der Schubhaft über weitere 4-Wochen hinaus beabsichtigt ist. Dabei hat die Behörde darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft über die 4-Wochenfrist hinaus weiter notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene 4-Wochenfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass hier gar keine schützenswerten Sozialkontakte bestehen. Der BF hat keinen inländischen Wohnsitz und hatte keine legale Anstellung. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass hier kaum von schützenswerten Kontakten und vorhandenen Lebensumständen ausgegangen werden konnte. Dies hat sich auch in der Zwischenzeit seit der vorangegangenen gerichtlichen Überprüfung im September 2018 nicht geändert.

Der BF wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits in wenigen Tagen in seinen Heimatstaat rückgeführt und somit die gegenständliche Haft beendet. Aufgrund des Akteninhaltes geht das Gericht aus derzeitiger Sicht davon aus, dass nun eine zügige Außerlandesbringung nach Erlangung eines Heimreisezertifikates als sehr wahrscheinlich anzusehen ist. Die Vorbereitungen für eine Abschiebung am XXXX sind getroffen. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine weitere Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Vierwochenfrist weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Viermonatsfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt A. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Fortsetzung der Schubhaft, Mittellosigkeit,
Rückkehrverbot, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Überprüfung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W171.2200716.3.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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