Entscheidungsdatum
09.11.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W185 2178242-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 31.10.2017, GZ Damaskus-OB/KONS/0146/2017, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX , geb. XXXX , staatenlose Palästinenserin, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 11.08.2017, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß den §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin, eine staatenlose Palästinenserin aus Syrien, brachte am 22.12.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG ein und legte ein Konvolut von Unterlagen (u.a. eine Heiratsurkunde) vor. Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Beschwerdeführerin angegeben.
Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 24.03.2016 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Mit Schreiben vom 16.01.2017 leitete die ÖB Damaskus den Einreiseantrag samt Beilagen an das Bundesamt weiter. Dies mit dem Hinweis, dass die Antragstellung mehr als 3 Monate nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 03.07.2017 teilte das Bundesamt gemäß § 35 Abs 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Dies, da die Eigenschaft als Familienangehöriger iSd § 35 AsylG 2005 gar nicht bestehe, da die Ehe zwischen der nunmehrigen Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe bzw eine Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht habe nachgewiesen werden können und die Ehe auf der Flucht nachträglich bescheinigt worden sei.
Am 17.07.2017, übernommen am 24.07.2017, forderte die ÖB Damaskus die Beschwerdeführerin, unter gleichzeitiger Übermittlung der Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.07.2017, auf, die angeführten Ablehnungsgründe innerhalb einer Frist von einer Woche in schriftlicher Form durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen (Parteiengehör).
Am 27.07.2017 erstattete die Beschwerdeführerin, vertreten durch das ÖRK eine Stellungnahme und brachte im Wesentlichen vor, dass das Paar am 15.05.2015 geheiratet habe, die behördliche Registrierung der nach islamischem Ritus geschlossenen Ehe aber erst nachträglich, nämlich am 23.10.2016, erfolgt sei. Nach syrischem Eherecht könne die Bestätigung der Gültigkeit einer Ehe auch rückwirkend erfolgen. Auch sei die Stellvertretung bei der Eheschließung (und der nachträglichen Registrierung) zulässig. Es habe somit zweifelsfrei eine rechtsgültige Ehe vor, welche bereits im Herkunftsstaat vor der Einreise der Bezugsperson nach Österreich bestanden habe.
Mit Schreiben vom 28.07.2017 teilte das Bundesamt mit, dass trotz der Ausführungen in der Stellungnahme an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde, da nicht von einem gemeinsamen Familienleben im Herkunftsstaat auszugehen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.08.2017 verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung des Einreisetitels mit der Begründung, dass das Bundesamt nach Prüfung des Antrags mitgeteilt habe, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Eine ausführliche Begründung sei der bereits übermittelten Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.07.2017 zu entnehmen gewesen. Daras habe sich ergeben, dass der Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs 4 AsylG 2005 abzulehnen wäre. Das Bundesamt habe nach Erhalt der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 27.07.2017 am 28.07.2017 mitgeteilt, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechterhalten werde. Der Antrag sei daher abzulehnen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 11.09.2017 fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wurde zunächst auf das Vorbringen der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 27.07.2017 verwiesen und dieses ausdrücklich zum Beschwerdevorbringen erhoben. Wenn eine nach islamischem Ritus geschlossene Ehe im Nachhinein bestätigt werde, erhalte diese dadurch rückwirkende Rechtsgültigkeit. Aus den vorgelegten Unterlagen und den übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson gehe klar hervor, dass das Paar bereits im Herkunftsstaat geheiratet habe. Somit sei es jedenfalls hinreichend wahrscheinlich, dass aufgrund des bereits im Herkunftsstaat bestehenden Familienlebens und des Willens zur Fortsetzung desselben in Österreich derselbe Schutz gemäß § 34 AsylG zu gewähren sei. Trotz eines Antrags wurde die Bezugsperson nicht als Zeuge einvernommen und habe die Behörde auch sonst keine weiteren Erhebungen zum Familienleben getätigt. Wesentliches Parteivorbringen sei außer Acht gelassen worden und es liege eine unschlüssige Beweiswürdigung vor. Es handle sich insgesamt um einen Akt der Willkür.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 31.10.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs 1 VwGVG als unbegründet ab. Da die Registrierung der am 15.05.2015 nach islamischem Ritus geschlossenen Ehe nachträglich (23.10.2016) und in Abwesenheit beider Ehepartner erfolgt sei, weshalb nicht von einer rechtsgültigen Eheschließung auszugehen sei. Traditionelle Eheschließungen würden nach dem syrischen Eherecht nicht anerkannt; jede Eheschließung müsse behördlich registriert werden. Eine Stellvertreterehe widerspreche jedoch den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, weshalb sie keinen Rechtsbestand haben könne. Da sowohl ein Eheverhältnis der Beschwerdeführerin zur Bezugsperson nicht habe festgestellt werden können als auch ein gemeinsames Familienleben iSd Art 8 EMRK nicht als gegeben anzusehen sei, könne auch von einer "Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens" iSd AsylG nicht gesprochen werden.
Mit Schriftsatz vom 14.10.2017 wurde gemäß § 15 VwGVG ein Vorlageantrag eingebracht.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 27.11.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 30.11.2017, wurde der Vorlageantrag samt dem Verwaltungsakt übermittelt.
Am 29.10.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des bevollmächtigten Vertreters der Beschwerdeführerin, mit welchem die Beschwerde im Einreiseverfahren ausdrücklich zurückgezogen wurde. Es wurde mitgeteilt, dass das Ehepaar mittlerweile geschieden sei und eine Familienzusammenführungen daher nicht mehr gewünscht werde. Als Beilage wurde eine übersetzte Urkunde hinsichtlich der Scheidung übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt A)
1. Der rechtlichen Beurteilung werden die folgenden allgemeinen Erwägungen zugrunde gelegt:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5 und vgl. mutatis mutandis VwGH, 20.09.2012, 2011/06/0132).
2. Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:
Mit Schriftsatz vom 29.10.2018 hat die Beschwerdeführerin die Beschwerde gegen den Bescheid der ÖB Damaskus vom 11.08.2017 zurückgezogen. Ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung besteht nicht mehr; in der Folge war das Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss einzustellen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.
Schlagworte
Einreisetitel, Verfahrenseinstellung, ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W185.2178242.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.01.2019