TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/12 W221 2124629-2

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Veröffentlicht am 12.11.2018
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Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z3
AsylG 2005 §7 Abs2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W221 2124629-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Dr. Peter Riedel (Abwesenheitskurator) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2018, Zl. 15-1068761703-180614283 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 31.03.2016 wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.03.2018 wurde der bekämpfte Bescheid im bekämpften Spruchpunkt behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt und ihm die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 19.07.2018 wurde der im Spruch genannte Rechtsanwalt aufgrund des unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers als dessen Abwesenheitskurator bestellt. Im Ermittlungsverfahren habe sich ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht mehr an der Meldeadresse wohnhaft, der derzeitige Aufenthalt im Bundesgebiet sei nicht eruierbar und weder eine Adresse, noch ein Aufenthalt im Ausland sei bekannt.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 aberkannt und festgestellt, dass dies gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 keine Auswirkungen auf seine Flüchtlingseigenschaft habe (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet sei und sein Aufenthalt nicht festgestellt werden habe können. Er habe somit Österreich verlassen und den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einen anderen Staat verlegt, weshalb ihm auch weder der Status eines Asylberechtigten, noch der eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen und auch kein Aufenthaltstitel zu erteilen sei.

Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 28.09.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im konkreten Fall nicht feststehe, wo sich der Beschwerdeführer derzeit aufhalte bzw. ob er Österreich überhaupt verlassen habe. Somit könne auch nicht festgestellt werden, dass er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einen anderen Staat verlegt habe, weshalb die Voraussetzungen einer Aberkennung nach § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 nicht erfüllt sei.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 04.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist seit 03.08.2017 nicht mehr aufrecht an seiner Meldeadresse gemeldet.

Der derzeitige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist nicht eruierbar, eine Adresse im Ausland ist nicht bekannt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 19.07.2018 wurde der im Spruch genannte Rechtsanwalt zum Abwesenheitskurator des Beschwerdeführers bestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu A)

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde ihre amtswegig durchgeführte Aberkennung auf § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 gestützt.

Nach dieser Bestimmung ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status des Asylberechtigten abzuerkennen, wenn der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Dadurch soll sicher- und klargestellt werden, dass im Falle des "Weiterwanderns" eines bereits Asylberechtigten in einen anderen Staat als den Herkunftsstaat die Zuständigkeit zur Ausstellung eines Reisedokuments nach der GFK auf diesen Staat übergeht (siehe dazu die Erläuterungen zum Fremdenrechtspaket 2005, wonach der Transfer der Verantwortung auf einen anderen Staat im Falle des "Weiterwanderns" dem System des Übergangs der Zuständigkeit zur Ausstellung eines Reisedokuments nach der GFK entspricht; vgl Z 11 des Anhangs zur GFK: "Wechselt ein Flüchtling seinen Wohnort oder lässt er sich rechtmäßig im Gebiet eines anderen vertragschließenden Staates nieder, so geht gemäß Artikel 28 die Verantwortung für die Ausstellung eines neuen Ausweises auf die zuständige Behörde desjenigen Gebietes über, bei welcher der Flüchtling seinen Antrag zu stellen berechtigt ist.").

Die bereits zuerkannte Flüchtlingseigenschaft bleibt - wie aus § 7 Abs. 4 AsylG 2005 auch hervorgeht - davon allerdings unberührt, weshalb die Feststellung, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt, zu unterbleiben hat (vgl. dazu auch Böckmann-Winkler/Lipphart-Kirchmeir in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 7 AsylG 2005).

Dem Zweck dieser Bestimmung entsprechend sind demnach hinreichende Ermittlungen und darauf aufbauende Feststellungen dazu erforderlich, ob der Asylberechtigte tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt in einen anderen Staat verlegt hat, und damit - aufgrund der unverändert zuerkannten Verfolgung im Herkunftsland - die Verantwortung zur Ausstellung eines neuen Konventionsausweises auf diesen Staat übergegangen ist (siehe dazu § 7 Abs. 2 AsylG 2005, wonach lediglich in den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 [bei einem besonderen - hier nicht vorliegenden - öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens; zB bei Straffälligkeit] ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten ist, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 [auch nur] wahrscheinlich ist.).

Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde lediglich aufgrund des Nichtvorliegens einer aufrechten Meldung des Beschwerdeführers in Österreich und des Umstandes, dass sein derzeitiger Aufenthalt nicht eruierbar ist, davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer ins Ausland verzogen ist. Sonstige Hinweise, die diese Annahme hinreichend stützen könnten, finden sich (auch im vorliegenden Verwaltungsakt) hingegen nicht.

Das Fehlen einer aufrechten Meldung im Bundesgebiet kann jedoch keinen hinreichenden Beleg dafür darstellen, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt auch tatsächlich in einen anderen Staat verlegt hat.

Insofern ist dem Beschwerdevorbringen zu folgen, wonach aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes noch nicht positiv auf eine Verlegung des Lebensmittelpunktes in einen anderen Staat geschlossen werden kann. Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei in einen anderen Staat verzogen, lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Ermittlungsergebnisse sohin nicht nachvollziehen.

Da somit aber die Voraussetzungen für eine Aberkennung nach § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 von Amts wegen auf Grundlage des vorliegenden Sachverhaltes nicht vorlagen, ist der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abwesenheitskurator, Asylgewährung, Aufenthalt im Bundesgebiet,
Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung,
Flüchtlingseigenschaft, Kassation, Lebensmittelpunkt, Melderegister

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2124629.2.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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