Entscheidungsdatum
12.11.2018Norm
AVG §73 Abs1Spruch
W211 2207206-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Barbara SIMMA LL.M. als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag.a Gerda HEILEGGER und den fachkundigen Laienrichter Dr. Ulrich E. ZELLENBERG als Beisitzerin und Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch XXXX, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom XXXX2016 machte die mitbeteiligte Partei gegenüber dem Beschwerdeführer Ansprüche wegen einer behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wegen der Aufstellung von Kameras durch den Beschwerdeführer geltend und bat um die Einleitung eines Kontroll- und Ombudsmannverfahrens gemäß § 30 DSG 2000 durch die Datenschutzbehörde.
2. Mit Schreiben vom XXXX2016 beantragte der Beschwerdeführer, das eingeleitete Kontroll- und Ombudsmannverfahren einzustellen.
3. Mit Schreiben der Datenschutzbehörde vom XXXX2017 übermittelte diese im Rahmen des rechtlichen Gehörs die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und teilte der mitbeteiligten Partei mit, dass das Verfahren eingestellt werde, sofern diese nicht innerhalb der genannten Frist eine Stellungnahme einbringe.
4. Mit Schreiben der Datenschutzbehörde vom XXXX informierte diese die mitbeteiligte Partei darüber, dass das Kontroll- und Ombudsmannverfahren eingestellt wurde.
5. Mit Schriftsatz vom XXXX2018 wurde die gegenständliche Säumnisbeschwerde eingebracht und zusammengefasst ausgeführt, dass die eingesetzte Videoüberwachung keine schutzwürdigen Interessen der mitbeteiligten Partei verletzen würde. Auch habe der Beschwerdeführer fristgerecht die von der Datenschutzbehörde geforderten Beweismittel vorgelegt. Am XXXX2016 habe er daher den Antrag gestellt, das gegen ihn eingeleitete Kontroll- und Ombudsmannverfahren einzustellen. Da die Datenschutzbehörde nicht innerhalb von sechs Monaten über diesen Antrag entschieden habe, habe sie die Entscheidungsfrist verletzt. Die Verzögerung sei ausschließlich auf ein Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen. Es würden daher die Anträge gestellt, das Kontroll- und Ombudsmannverfahren einzustellen bzw. über dieses selbst zu entscheiden.
6. Mit Schreiben vom XXXX2018 legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor und gab außerdem in einer schriftlichen Stellungnahme zusammengefasst an, dass es sich bei Empfehlungen, die im Rahmen des Kontroll- und Ombudsmannverfahrens ergehen könnten, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht um einen Bescheid handle. § 30 DSG 2000 sei nicht zu entnehmen, dass diesen Empfehlungen ein normativer Charakter zukommen sollte. Dies sei auch bei der Einstellung nach § 30 Abs. 7 DSG 2000 nicht der Fall. Wenn einer Empfehlung im Kontroll- und Ombudsmannverfahren kein normativer Charakter zukomme, gelte dies auch für die anderen in diesem Verfahren ergangenen Erledigungen. Somit lägen die Voraussetzungen zur Geltendmachung einer behördlichen Entscheidung und damit eine Säumnis der belangten Behörde nicht vor. Es würden daher die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Säumnisbeschwerde mangels Vorliegens der Voraussetzungen zu deren Erhebung zurückweisen bzw. in eventu abweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Sachentscheidung durch die belangte Behörde hat und damit eine Säumnis der Behörde nicht vorliegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum maßgeblichen Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter_innen, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Senatszuständigkeit vor.
2. In Hinblick auf die Änderung der Rechtslage durch die VO (EU) 679/2016 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) und das Datenschutzgesetz idF BGBl I 24/2018 ist zu prüfen, welche Rechtsgrundlage gegenständlich anzuwenden ist:
Ungeachtet einer im Rechtsmittelverfahren erfolgten Änderung der behördlichen Zuständigkeit ist allgemein die Frage, ob eine Behörde zur Erlassung ihres Bescheides zuständig war, nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung der behördlichen Entscheidung zu beurteilen, sofern der Gesetzgeber kein "rückwirkendes Inkrafttreten" der geänderten Zuständigkeitsbestimmungen normiert hat (vgl. VwGH, 26.06.2014, Ra 2014/03/0004 mwH und VwGH, 25.03.2015, Ro 2015/12/0003). Ein "rückwirkendes Inkrafttreten" der neuen Zuständigkeitsbestimmungen wird weder im DSG, dessen Übergangsbestimmungen sich in § 69 Abs 4 und 5 finden, noch in der Datenschutz-Grundverordnung, die keine Übergangsbestimmungen enthält, normiert. Die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde bestimmt sich daher nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheids, daher nach dem Datenschutzgesetz 2000 idF BGBl I 83/2013 (in Folge kurz "DSG 2000").
Gegenständlich geht es um die Frage, ob die Datenschutzbehörde säumig ist, da sie einen Antrag an sie, das Verfahren einzustellen, nicht erledigt haben soll. Damit geht es hier im Grundsatz um die Frage der Zuständigkeit der DSB zur Erledigung des Antrags. Daher geht der erkennende Senat von der Anwendbarkeit der oben zusammengefassten Rechtsprechung zur Rechtsgrundlage bei Fragen der Zuständigkeit auch auf den gegenständlichen Fall aus.
Zu A) Zurückweisung:
3. Mit Schreiben vom XXXX2016 beantragte der Beschwerdeführer, das eingeleitete Kontroll- und Ombudsmannverfahren einzustellen.
Mit Schreiben vom XXXX2018 begründete die belangte Behörde ihre Untätigkeit damit, dass die Voraussetzungen zur Geltendmachung einer behördlichen Entscheidung und damit eine Säumnis ihrerseits nicht vorliegen würden.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde. Gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Eine "Verletzung der Entscheidungspflicht" kann nur geltend machen, wer als Partei in einem Verwaltungsverfahren Anspruch auf Erlassung eines Bescheides hat (vgl. auch VwGH 25.11.2015, Ra 2015/08/0102, wonach Zweck des Rechtsbehelfes der Säumnisbeschwerde es ist, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in seiner Sache zu erlangen [vgl. Pabel, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Rz 82 in Fischer/Pabel/N. Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit]).
Jedoch ist gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.12.2006, 2006/06/0301) dem § 30 DSG 2000 nicht zu entnehmen, dass einer Empfehlung nach dieser Bestimmung ein normativer Charakter zukommen sollte bzw. dass sie bescheidmäßig zu ergehen hätte. Auch in der Regierungsvorlage zu § 30 DSG 2000 (wiedergegeben beispielsweise in Dohr/Pollirer/Weiss, Datenschutzgesetz2, Loseblattausgabe, S. 203 zu § 30 DSG 2000) ist inhaltlich von Kontrollbefugnissen die Rede, wobei hingegen "rechtsförmliche Entscheidungen" über behauptete Datenschutzverletzungen als Bescheid von der Datenschutzkommission (nun Datenschutzbehörde) zu erlassen sein würden, wenn sie Auftraggeber des öffentlichen Rechtes beträfen, und von den ordentlichen Gerichten, wenn sie Auftraggeber des privaten Bereiches beträfen. Zwar ergibt sich aus § 30 Abs. 6 DSG 2000, dass eine solche Empfehlung dann ausgesprochen werden kann, wenn ein rechtswidriger Zustand beseitigt werden soll und dass dann, wenn ihr in der gesetzten Frist nicht entsprochen wird, die Datenschutzkommission von Amts wegen verschiedene Maßnahmen setzen kann. Die Auffassung der Datenschutzkommission, der gegebene Zustand sei rechtswidrig, ist aber für allfällige Folgeverfahren nicht verbindlich (VwGH wie oben, und auch Jahnel, Datenschutzrecht S. 517).
In diesem Zusammenhang ist weiter darauf hinzuweisen, dass auch kein Anspruch des Einschreiters auf eine Erledigung mittels Empfehlung besteht, dieser jedoch nach § 30 Abs. 7 DSG 2000 jedenfalls darüber zu informieren ist, wie mit seiner Eingabe verfahren wurde (Jahnel, Datenschutzrecht S. 518).
Dieser Pflicht zur Information des Einschreiters gemäß § 30 Abs. 7 DSG 2000 ist die Datenschutzbehörde durch das Schreiben vom XXXX2017 nachgekommen, indem sie der mitbeteiligten Partei die Einstellung des Kontroll- und Ombudsmannverfahrens zu Kenntnis brachte. Eine entsprechende Pflicht zur Information des Beschwerdeführers hingegen lässt sich § 30 Abs. 7 DSG 2000 nicht entnehmen.
Damit sind im Verfahren nach § 30 DSG 2000 jedenfalls schon Entscheidungen mit normativem Charakter nicht vorgesehen. Darüberhinaus hat nach Abs. 7 leg.cit. nur der Einschreiter - hier die mitbeteiligte Partei - Anspruch darauf, über die Erledigung, so auch über eine allfällige Einstellung des Verfahrens - informiert zu werden.
Es besteht für den Beschwerdeführer also kein Recht auf eine bescheidmäßige Erledigung bzw. auf eine Sachentscheidung, weshalb es auch keine Entscheidungsfrist der Behörde geben kann, und eine Säumnisbeschwerde gegen die Verletzung einer Entscheidungspflicht durch die Behörde nicht in Frage kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es fehlt auch nicht an einer Rechtsprechung (siehe dazu die Anmerkungen zur Rechtsprechung unter A.) und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.
Schlagworte
Auskunftspflicht, Datenschutzbehörde, Entscheidungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W211.2207206.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.01.2019