TE Bvwg Beschluss 2018/11/14 I401 2116328-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.11.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I401 2116328-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2018, Zl. 1025944609/180836405, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, StA. Nigeria, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Fremde, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.07.2014 den - ersten - Antrag auf internationalen Schutz, welchen er damit begründete, dass mehrere Häuser, auch ihr Haus, gebrannt hätten. Er habe in schwarze Tücher gehüllte und Gewehre tragende Personen gesehen. Er sei den auf der Straße laufenden Menschen bis zu einem Lkw gefolgt, mit dem sie bis A. (im Niger) gefahren seien. Er gab auch an, am 21.07.1998 geboren zu sein.

2. In dem auf Anordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 28.08.2014 erstellten gerichtsmedizinischen Gutachten des Ludwig Boltzmann Institutes, Klinisch-Forensische Untersuchungsstelle, vom 17.09.2014 zur forensischen Altersschätzung des Fremden findet sich als Ergebnis ein wahrscheinliches Lebensalter von ca. 19 bis 22 Jahren zum Zeitpunkt der Untersuchungen. Unter Berücksichtigung einer Schwankungsbreite der Untersuchungsergebnisse ergebe sich ein "Mindestalter zum Untersuchungszeitpunkt von 18 Jahren".

3. Mit Verfahrensanordnung vom 17.10.2014 wurde dem Fremden die Möglichkeit eingeräumt, zur Feststellung der Volljährigkeit und zu dem mit 20.07.1995 angenommenen Geburtsdatum Stellung zu nehmen.

4. Mit Aktenvermerk vom 27.11.2014 wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht des Fremden, weil dessen Aufenthaltsort weder bekannt noch sonst leicht feststellbar gewesen sei, eingestellt.

5. Am 23.01.2015 erfolgte eine Aktenübermittlung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgendland (in der Folge: BFA), welches am 26.06.2015 eine niederschriftliche Einvernahme durchführte. Der Fremde wiederholte den bei seiner Erstbefragung angegebenen Fluchtgrund.

6. Über diesen Asylantrag wurde mit Bescheid des BFA vom 07.10.2015 negativ entschieden, gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt.

Der Fremde brachte gegen die Spruchpunkt II. und III. eine Beschwerde ein; den Spruchpunkt I. bekämpfte er nicht und erwuchs dieser daher in Rechtskraft. Die gegen die Spruchpunkte II. und III. erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2018, I412 2116328-1/26E, als unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

7. Im Zeitraum von 01.11.2015 bis 09.11.2017 beging der Fremde Straftaten gegen das Suchtmittelgesetz und wurde zuletzt mit (drittem) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 04.12.2017 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

8. Am 22.06.2018 wurde dem Fremden von der nigerianischen Botschaft in Wien ein bis 30.08.2018 gültig gewesenes Heimreisezertifikat ausgestellt.

9.1. Am 03.09.2018 stellte der Fremde den verfahrensgegenständlichen (Folge-) Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen bei der am darauffolgenden Tag erfolgten Erstbefragung damit, dass er in Nigeria nicht leben könne, weil es dort Konflikte zwischen verschiedenen Gruppierungen gebe.

9.2. Im Rahmen der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West (in der Folge: Bundesamt), vom 18.09.2018 gab der Fremde hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, dass er in Nigeria Stress gehabt habe und in seiner Heimat von Mitgliedern einer Geheimgesellschaft bedroht worden sei. Diese hätten gedroht, ihn zu töten, wenn er sich ihnen nicht anschließe. Diese Probleme habe er im ersten Verfahren nicht erwähnt, weil er Angst gehabt habe. Da Geheimgesellschaften in Nigeria verboten seien, habe er gedacht, dass das auch hier der Fall sei.

10. Mit Verfahrensanordnung gemäß §§ 29 Abs. 3 und 15a AsylG vom 18.09.2018 teilte das Bundesamt dem Fremden mit, dass es beabsichtige, den faktischen Abschiebeschutz mit mündlich zu verkündendem Bescheid aufzuheben. Somit gelte die Zwanzigtagesfrist für das Zulassungsverfahren nicht mehr.

11. Bei der am 02.10.2018 erfolgten Einvernahme teilte das Bundesamt dem Fremden mit, dass weiterhin beabsichtigt sei, seinem Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlich verkündeten Bescheid aufzuheben.

Die Frage, ob er dazu Stellung nehmen wolle, verneinte der Fremde.

Auf Nachfrage, ob er noch etwas vorbringen wolle, gab er an, dass er ein Magenproblem habe. Außerdem habe er bereits gesagt, weshalb er nicht nach Nigeria zurückkehren könne.

Nach Abschluss der Vernehmung sowie nach Unterbrechung und Fortsetzung der Amtshandlung hob das Bundesamt mit dem am 02.10.2018 mündlich verkündeten Bescheid den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.

Im Zuge des gegenständlichen Folgeantrages habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Unter Berücksichtigung aller Tatsachen hätten keine Umstände festgestellt werden können, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Fremden nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Fremden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Fremde habe in Österreich keine Angehörige oder sonstige Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. Auch habe er in Österreich keine sozialen Kontakte, welche ihn an Österreich binden würden.

Außerdem habe sich die den Fremden betreffende allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsstaat seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens nicht geändert.

Auf die Frage, ob er bezüglich der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben wolle, erklärte der Fremde, er wolle eine Beschwerde erheben.

Die Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, dass diese Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte und die Verwaltungsakten unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt würden und dies als Beschwerde gelte.

12. Mit dem am 04.10.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangten Schreiben informierte das Bundesamt das Gericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte den Verwaltungsakt zur "Beurteilung der Aufhebung".

13. Der Verwaltungsgerichtshof stellte an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die gesetzliche Bestimmung des § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013, als verfassungswidrig aufzuheben, und mehrere Eventualanträge. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 08.10.2018, I401 2116328-2/3Z, ebenfalls einen Antrag auf Aufhebung der zuvor zitierten Bestimmungen.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25, u.a., wurde der (Haupt-) Antrag abgewiesen bzw. in Bezug auf die Eventualanträge zurückgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A):

Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.

1. Feststellungen:

Der volljährige Fremde ist nigerianischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger. Seine Identität steht fest.

Der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 20.07.2014 wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.10.2015 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Der Fremde brachte (nur) gegen die Spruchpunkt II. und III. eine Beschwerde ein. Damit erwuchs Spruchpunkt I. über die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Rechtskraft. Die gegen die Spruchpunkte II. und III. erhobene Beschwerde wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2018, I412 2116328-1/26E, als unbegründet abgewiesen.

Die im gegenständlichen Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe des Fremden waren dem Fremden bereits zum Zeitpunkt seiner ersten Antragstellung auf internationalen Schutz bekannt.

Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Nigeria noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist seit Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2018 eine maßgebliche Änderung eingetreten.

Der Fremde leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch eine wesentliche Änderung des Privat- und Familienlebens in Österreich wurde nicht behauptet; eine besondere Aufenthaltsverfestigung ist nicht erkennbar. Er verfügt über keine Deutschkenntnisse und ging in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach.

Der Fremde wurde drei Mal wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften verurteilt. Zuletzt wurde er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 04.12.2017 wegen des versuchten Vergehens des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 15 StGB und §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a zweiter Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Fremden ergeben sich aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben. Aufgrund des vorliegenden Heimreisezertifikates, ausgestellt am 22.06.2018 von der nigerianischen Botschaft in Wien, stehen seine Identität und seine Staatsangehörigkeit fest.

Die Angaben zu den Asylverfahren des Fremden ergeben sich aus den vorliegenden Akten. Der Fremde hatte im vorangegebenen Verfahren im Wesentlichen angegeben, dass mehrere Häuser, auch das Haus der Familie, gebrannt habe. Er habe in schwarze Tücher gehüllte und Gewehre tragende Personen gesehen. Er sei den auf der Straße laufenden Menschen bis zu einem Lkw gefolgt, mit dem sie bis A. (im Niger) gefahren seien.

Im gegenständlichen Verfahren, brachte der Fremde ergänzend vor, dass er vor seiner Ausreise aus Nigeria von Mitgliedern einer Geheimgesellschaft mit dem Leben bedroht worden sei.

Diese Fluchtgründe waren dem ihm bereits bei der Stellung seines ersten Antrages auf internationalen Schutz bekannt und wurden von ihm nicht vorgebracht. Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Fremde somit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des vorangegangenen Asylverfahrens und dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Nigeria.

Dass der Fremde über keine Verwandten in Österreich verfügt, er kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet hat und er über keine Deutschkenntnisse verfügt, ergibt sich aus den von ihm gemachten Angaben bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 18.09.2018 (AS 67).

Die von ihm dargelegten Magenschmerzen können auf die von ihm vorgelegten ärztlichen (radiologischen) Befunde, eine chronologische Krankengeschichte sowie eine Medikamentenübersicht der Justizanstalt K zurückgeführt werden.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen fußen auf einer Abfrage aus dem Strafregister der Republik Österreich vom 04.10.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. § 12a Abs. 1 und 2 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017) lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Der § 22 Abs. 10 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) lautet:

"Entscheidungen

§ 22 ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

3.1.2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.1.3. Voranzustellen ist, dass der Fremde einen (weiteren Asylbzw.) Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005.

Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüber hinaus gehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Gegenständlich besteht gegen den Fremden auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2018 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005.

Mit dieser Entscheidung wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz bzw. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen (die Abweisung des Antrages bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten blieb von ihm unbekämpft), sodass feststeht, dass ihm in Nigeria keine asylrelevante Verfolgung droht.

Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ist nicht eingetreten. Das Vorbringen des Fremden im gegenständlichen Verfahren war ihm bereits zum Zeitpunkt der Stellung seines ersten Antrages auf internationalen Schutz bekannt. Es ergibt sich daraus kein gegenüber dem Vorfahren geänderter Sachverhalt im Sinne neuer zu beachtender Fluchtgründe. Auch die Situation in Nigeria hat sich seit dem Vorbescheid nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen des Fremden.

Im vorangegangenen Verfahren haben das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht bereits ausgesprochen, dass der Fremde bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). In der Begründung des Bescheides des Bundesamtes wird ausgeführt, dass der Fremde keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.

Auch gibt es dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde an keiner schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die es nahelegen würden, dass, bezogen auf den Fremden, ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Der Fremde führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und weist auch sein Privatleben erkennbar keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

Der neuerliche Antrag bzw. Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 03.09.2018 wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig war.

Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende ohne Durchführung einer Verhandlung zu treffende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu erledigen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Glaubwürdigkeit, Identität der Sache, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I401.2116328.2.01

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten