TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/24 99/11/0201

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Veröffentlicht am 24.08.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z3;
KFG 1967 §66 Abs2 liti;
KFG 1967 §73 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des SW in U, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Dr. Peter Krempl und Mag. Manfred Seidl, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Sebastian Hörlstraße 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. April 1999, Zl. IIb2-3-7-1-352/1, betreffend amtswegige Behebung eines Bescheides und Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheit vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit (Mandats)Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 30. September 1997 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F gemäß § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 vorübergehend für die Dauer von zwei Wochen entzogen. In der Begründung dieses Bescheides, der dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 6. Oktober 1997 zugestellt wurde, wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 30. Juni 1997 als Lenker eines näher bezeichneten PKWs auf einer näher bezeichneten Straßenstelle die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 56 km/h überschritten. Er sei deshalb mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 9. September 1997 bestraft worden, das ihm am 11. September 1997 zugestellt worden sei.

Mit Eingabe vom 11. November 1997 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass im Verwaltungsstrafverfahren ein Zustellmangel unterlaufen sei, weil das Straferkenntnis auf Grund des der Behörde bekannt gegebenen Vertretungsverhältnisses seinem Rechtsanwalt hätte zugestellt werden müssen, und beantragte die amtswegige Abänderung bzw. Behebung des Entziehungsbescheides vom 30. September 1997 gemäß § 68 AVG und die Wiederaufnahme des Verfahrens. Zugleich beantragte er im Verwaltungsstrafverfahren die neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses an seinen Rechtsvertreter. Am 2. Jänner 1998 wurde das Straferkenntnis diesem zugestellt.

Mit Bescheid vom 13. November 1998 wies die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel die Anträge auf amtswegige Behebung des Entziehungsbescheides vom 30. September 1997 und auf Wiederaufnahme des durch diesen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ab und führte aus, der Schuldspruch des Straferkenntnisses sei mittlerweile durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Tirol bestätigt worden; lediglich die Strafe sei herabgesetzt worden.

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 13. November 1998 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Diese wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde führte begründend aus, es sei zwar richtig, dass hinsichtlich des Straferkenntnisses vom 9. September 1997 ein Zustellmangel unterlaufen sei, dennoch sei aber das Verfahren in erster Instanz abgeschlossen gewesen. Der Abschluss des Verfahrens sei nicht mit der Bescheiderlassung gleich zu setzen. Der Entziehungsbescheid vom 30. September 1997 sei daher nicht rechtswidrig gewesen. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer den Entziehungsbescheid nach der Hinterlegung behoben und von seinem Inhalt Kenntnis erlangt. Ein dem § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zu unterstellender Wiederaufnahmegrund sei nicht hervorgekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit der angefochtene Bescheid den Antrag auf amtswegige Aufhebung des Entziehungsbescheides vom 30. September 1997 zum Gegenstand hat, ist darauf hinzuweisen, dass der Partei insoweit kein subjektives Recht eingeräumt ist (siehe dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, unter E. Nr. 1 zu § 68 Abs. 2 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Der diesbezügliche Antrag hätte daher zurückgewiesen werden müssen. Dadurch, dass die belangte Behörde (im Wege der Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides) den Antrag abgewiesen hat, wurden Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt. Die Beschwerde enthält in diesem Zusammenhang auch keine konkreten Ausführungen.

Auf die im Mittelpunkt der Beschwerdeausführungen stehende Frage, ob unter dem Abschluss des Strafverfahrens in erster Instanz durch Strafbescheid im Sinne des § 73 Abs. 3 letzter Halbsatz KFG 1967 das Versenden des Bescheides genügt oder dessen rechtswirksame Zustellung erforderlich ist, sowie auf die Frage, ob die Unkenntnis des Beschwerdeführers von der mangelhaften Zustellung des Straferkenntnisses unverschuldet war und die nachträgliche Kenntnis davon einen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG darstellen kann, brauchte schon deshalb nicht näher eingegangen werden, weil der Beschwerdeführer nicht bestreitet, die ihm angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben, und zudem wegen dieser Übertretung rechtskräftig bestraft wurde. Der Umstand, dass der Entziehungsbescheid vom 30. September 1997 im Lichte des § 73 Abs. 3 letzter Halbsatz KFG 1967 allenfalls "verfrüht" ergangen ist, würde bei der gegebenen Sachlage keine subjektiven Rechte des Beschwerdeführers verletzen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 96/11/0080). Die nachträgliche Kenntnis vom allenfalls "verfrühten" Ergehen des Entziehungsbescheides wäre demnach aufgrund des unbestrittenen Vorliegens einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 nicht im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG geeignet, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbei zu führen.

Soweit der Beschwerdeführer in der Verfügung der Zustellung des Straferkenntnisses an seinen Vertreter eine in wesentlichen Punkten anders lautende Vorfragenentscheidung im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG 1967 erblickt, ist ihm zu erwidern, dass die verfahrensleitende Verfügung der Zustellung keine der Rechtskraft fähige Vorfragenentscheidung im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG darstellt. Im Übrigen ist auch in diesem Zusammenhang auf das zuvor Gesagte hinzuweisen, nämlich dass durch die allenfalls (im Sinne des § 73 Abs. 3 letzter Halbsatz KFG 1967) "verfrühte" Erlassung des Entziehungsbescheides allein keine subjektiven Rechte des Beschwerdeführers verletzt wurden.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. August 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999110201.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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