Index
L94406 Krankenanstalt Spital Steiermark;Norm
AVG §60;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der G Sanatoriumsbetriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG in G, vertreten durch Dr. Wilfrid Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, Hauptplatz 34, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. Juli 1998, Zl. 12-87 Ge 7/170-1998, betreffend krankenanstaltenrechtliche Errichtungsbewilligung für ein "Institut für Pulmologie", zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 8. November 1996 auf Erteilung der Errichtungsbewilligung für ein in der Rechtsform eines selbstständigen Ambulatoriums geführtes "Institut für Pulmologie" an einem näher bezeichneten Standort in Graz gemäß §§ 3 und 4 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz - KALG (idFd 16. KALG-Novelle, LGBl. Nr. 3/1998) abgewiesen.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; sie beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 KALG setzt die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt voraus, dass ein Bedarf hinsichtlich des angegebenen Anstaltszweckes (§ 1 Abs. 3 und § 2a) und des in Aussicht genommenen Leistungsangebotes gegeben ist. Der Bedarf ist nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot sowohl nach dem Landes-Krankenanstaltenplan als auch im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen zu beurteilen.
Ein Bedarf im besagten Sinn ist dann gegeben, wenn durch die Errichtung des Ambulatoriums die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird. Bei der Prüfung daraufhin sind andere als die in § 3 Abs. 3 KALG genannten Ärzte und Einrichtungen nicht zu berücksichtigen. Ebenso unberücksichtigt zu bleiben haben hiebei grundsätzlich Anstaltsambulatorien öffentlicher Krankenanstalten (vgl. das zur inhaltsgleichen Regelung des Wr. KAG ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1999, Zl. 98/11/0280 mwN, und das Erkenntnis desVerfassungsgerichtshofes vom 10. März 1999, B 817/97).
Die belangte Behörde begründete die Abweisung des gegenständlichen Antrages mit dem Fehlen eines Bedarfes im Sinne des Gesetzes. Sie führte dazu im Einzelnen an, welche im Ermittlungsverfahren angehörten Stellen bzw. Parteien in welcher Weise zur Bedarfsfrage Stellung genommen haben. Zusammenfassend hielt sie fest, dass sich die Mehrzahl der befassten Institutionen aus deren Sicht negativ zum Vorhaben geäußert hätte. Da nach "mehrseitiger" Äußerung das Versorgungsangebot für den Raum Graz als ausreichend festzustellen sei, seien die einen Bedarf verneinenden Gründe als schwerer wiegend zu werten als die einen Bedarf bejahenden.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides muss angenommen werden, dass für die Verneinung eines Bedarfes auch die - einen solchen gleichfalls verneinende - Stellungnahme der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. vom 7. Jänner 1997 maßgeblich war. Darin wird die Verneinung eines Bedarfes nach dem geplanten Anstaltsambulatorium mit dem Hinweis u. a. auf die ambulatorischen Einrichtungen der Lungenabteilung des Landeskrankenhauses-Universitätskliniken Graz und des Landeskrankenhauses Hörgas-Enzenbach begründet. Insoweit beruht die bekämpfte Entscheidung auf der - wie oben dargestellt - unzutreffenden Rechtsansicht, dass in die Beurteilung des Bedarfes auch das Leistungsangebot von Anstaltsambulatorien öffentlicher Krankenanstalten einzubeziehen sei. Dies hat die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zur Folge.
Dazu kommen folgende wesentliche Verfahrensmängel:
Im Antrag der beschwerdeführenden Partei war entgegen dem Gebot des § 4 Abs. 1 letzter Satz KALG (betreffend das Erfordernis der genauen Bezeichnung des Anstaltszweckes und des in Aussicht genommenen Leistungsangebotes) das in Aussicht genommene zusätzliche Leistungsangebot nicht umschrieben. Ohne die Behebung dieses eine zielführende Bedarfsermittlung ausschließenden Mangels des Antrages veranlasst zu haben, leitete die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren ein. Erst im Zuge des Parteiengehörs zu den eingelangten Stellungnahmen präzisierte die beschwerdeführende Partei das geplante Leistungsangebot. Die belangte Behörde nahm diese erstmals zielführende Ermittlungen ermöglichende Klarstellung allerdings nicht zum Anlass für neuerliche Ermittlungen in der Bedarfsfrage.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides erschöpft sich im Wesentlichen in dem summarischen Hinweis, dass die befassten Institutionen in der Mehrzahl einen Bedarf verneint hätten. Diese pauschale Begründung lässt den als erwiesen angenommenen Sachverhalt nicht erkennen. Dazu hätte es im angefochtenen Bescheid konkreter Feststellungen insbesondere darüber bedurft, ob die in Aussicht genommenen Leistungen in den nach § 3 Abs. 3 KALG zu berücksichtigenden Einrichtungen überhaupt bzw. ob sie in ausreichendem Ausmaß angeboten werden. Hiebei wäre insbesondere zu ermitteln und darzulegen gewesen, ob und in welchem Ausmaß Wartezeiten bei den besagten Einrichtungen aufgetreten sind, ist doch das Auftreten unzumutbarer Wartezeiten ein sicheres Indiz für einen Bedarf im Sinne des Gesetzes. Die belangte Behörde hat es auch unterlassen, sich mit den näheren Gründen dafür zu befassen, dass ihre Fachabteilung für das Gesundheitswesen die Errichtung des gegenständlichen Ambulatoriums mit der Begründung befürwortete, damit könnten die Wartezeiten für pulmologische Patienten weiter verkürzt werden (AS 29). Gleiches gilt für die Bejahung eines Bedarfes nach pulmologischer Versorgung im außerklinischen Bereich durch den als Mitglied des Landessanitätsrates fungierenden Leiter der Pulmologie an der Universitätsklinik Graz (AS 30). Die Äußerung der belangten Behörde in der Gegenschrift, eine Auflistung der tatsächlichen Wartezeiten sei aus verfahrensökonomischen Gründen nicht vorgenommen worden, zeigt, dass die belangte Behörde offensichtlich die Indizfunktion von Wartezeiten für das Vorliegen eines Bedarfes im Sinne des Gesetzes verkannt hat. Die belangte Behörde ist den ihr obliegenden Aufgaben, den für die Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Sachverhalt festzustellen (§ 56 AVG) sowie in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG), nicht im erforderlichen Ausmaß nachgekommen.
Aus dem vorhin genannten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. August 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110188.X00Im RIS seit
20.11.2000