TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/26 W248 2205598-1

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Entscheidungsdatum

26.11.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W248 2205598-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. NEUBAUER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 iVm §§ 34, 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1 Verfahrensgang:

XXXX , geb. XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer) reiste gemeinsam mit seinen Eltern XXXX , geb. am XXXX, IFA XXXX , und XXXX , geb. am XXXX, IFA XXXX , illegal nach Österreich ein.

Der Vater des Beschwerdeführers stellte als gesetzlicher Vertreter am 05.12.2016 bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes für den Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 05.12.2016 wurde der Vater des Beschwerdeführers von der LPD Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, ersteinvernommen und machte dabei Angaben u.a. zu seinen Fluchtgründen. Dabei stellte er ausdrücklich klar, dass der Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe habe, sondern lediglich mit seinen Eltern mitgekommen sei.

Der Vater des Beschwerdeführers sei in Afghanistan verfolgt worden, er wisse aber nicht von wem und mit welcher konkreten Motivation. Es sei zwei Mal Geld von ihm erpresst worden (2004 und 2014). Außerdem sei die Familie in Afghanistan aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sikhs Diskriminierungen ausgesetzt gewesen.

Für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan äußerte der Vater des Beschwerdeführers die Befürchtung, dass ihr Leben in Gefahr sei. Er wisse nicht, "ob das eine Person von der Regierung oder von den Taliban ist. Jedenfalls sei die Person gefährlich und einflussreich". Konkrete Hinweise, dass ihm bzw. der Familie bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen könnten oder dass sie im Falle der Rückkehr nach Afghanistan mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätten, gebe es nicht.

Das Verfahren wurde am 05.12.2016 als Normverfahren zugelassen. Am 16.11.2017 wurde der Vater des Beschwerdeführers vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Dabei schilderte er abermals Diskriminierungen, denen die Familie in Afghanistan aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sikhs ausgesetzt gewesen sei. Eigene Fluchtgründe des Beschwerdeführers brachte sein Vater auch bei dieser Einvernahme nicht vor.

Am 04.12.2017 langte eine schriftliche Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der Familie des Beschwerdeführers beim BFA ein.

Die Eltern des Beschwerdeführers wurden vom BG Favoriten geschieden. Die Eltern vereinbarten in der Scheidungsvereinbarung vom 17.05.2018 die gemeinsame Obsorge für den minderjährigen Beschwerdeführer.

Mit Bescheid des BFA vom 13.07.2018, Zl. XXXX , wurde der Mutter des Beschwerdeführers, XXXX alias XXXX , geb. XXXX, subsidiärer Schutz iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt. Mit Bescheid vom 13.07.2018, Zl. XXXX , wurde der selbe Schutzstatus gemäß § 34 Abs. 3 iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 auch dem Beschwerdeführer zuerkannt. Die Anträge auf internationalen Schutz wurden jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status der bzw. des Asylberechtigten iSd. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

Die Mutter des Beschwerdeführers, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, und der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Dr. XXXX erhoben rechtzeitig Beschwerde gegen die durch das BFA erfolgte Nichtzuerkennung des Status der bzw. des Asylberechtigten.

Der Mutter des Beschwerdeführers wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, an der der Beschwerdeführer ausdrücklich nicht teilnehmen wollte, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.11.2018, Zl. XXXX -1/10Z, der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt.

2 Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1 Feststellungen:

2.1.1 Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinen Fluchtgründen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

Auf Grundlage der eingebrachten Anträge auf internationalen Schutz, der Erstbefragungen sowie der Einvernahmen der Eltern des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der eingebrachten Stellungnahmen, der mündlichen Verhandlung betreffend die Mutter des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

* Der Beschwerdeführer stammt aus Kandahar und ist Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Sikhs.

* Der Beschwerdeführer ist gesund.

* Der Beschwerdeführer ist der minderjährige, unverheiratete Sohn von Frau XXXX , geb. am XXXX, IFA XXXX (Bezugsperson iVm §34 AsylG) und von Herrn XXXX , geb. am XXXX, IFA XXXX .

* Der Beschwerdeführer kam spätestens am 02.12.2016 illegal nach Österreich und stellte, eingebracht durch seinen Vater, am 05.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

* Eigene Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurden im gesamten Verfahren nicht vorgebracht. Er hat Afghanistan verlassen, weil auch seine Eltern ausgereist sind.

* Die Eltern des Beschwerdeführers wurden in Österreich geschieden, es wurde gemeinsame Obsorge für den minderjährigen Beschwerdeführer vereinbart.

* Der Mutter des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.11.2018, Zl. XXXX -1/10Z, der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt.

2.2 Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vom BFA übermittelten Verwaltungsakten des Beschwerdeführers und seiner Eltern sowie aus den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen XXXX ( XXXX , XXXX, Mutter des Beschwerdeführers), XXXX ( XXXX , XXXX , Beschwerdeführer) und XXXX ( XXXX , XXXX, Vater des Beschwerdeführers).

2.3 Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Nach § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, (in der Folge: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

2.3.1 Zu A) Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß den §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt sein, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und es ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.11.2007, 2006/19/0341, mwN).

Eigene Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurden im gesamten Verfahren nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich; vielmehr ergibt sich aus der Einvernahme des Vaters des Beschwerdeführers vor dem BFA, dass der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen hat, weil auch seine Eltern ausgereist sind. Eine "originäre" Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 kommt daher für den Beschwerdeführer nicht in Frage.

Der Mutter des Beschwerdeführers ist es jedoch in ihrem eigenen, zu Zl. XXXX -1 geführten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie der sozialen Gruppe der am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierten afghanischen Frauen zugehörig ist, sodass ihr der Status der Asylberechtigten iSd. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuzuerkennen war.

Dem minderjährigen Beschwerdeführer, bei dem keine eigenen Fluchtgründe festgestellt wurden und dessen Vater als gesetzlicher Vertreter die Existenz eigener Fluchtgründe (des Beschwerdeführers) ausdrücklich verneint hat, war gemäß § 34 iVm § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 der gleiche Status zuzuerkennen wie seiner Mutter, da er ein minderjähriges lediges Kind von XXXX , geb. XXXX (IFA XXXX ) ist.

Die Anträge des Beschwerdeführers und seiner Eltern wurden nach dem 15.11.2015 gestellt, sodass dem Beschwerdeführer ebenso wie seiner Mutter gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zukommt. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

2.3.2 Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W248.2205598.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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