TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/26 W132 2017584-1

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Entscheidungsdatum

26.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W132 2017584-1/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 2 XXXX , betreffend die Einziehung des Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat dem Beschwerdeführer am 13.07.2000 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH eingetragen sowie die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" vorgenommen.

2. In der Folge hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 Nr. XXXX ausgestellt.

3. Der Beschwerdeführer hat am 09.05.2014 bei der belangten Behörde unter Vorlage von Beweismitteln einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt.

3.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Lungenheilkunde und Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.07.2014, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung nunmehr 40 vH beträgt.

3.2. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.08.2014 gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu bis zum 16.09.2014 Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer hat dagegen unter Vorlage von Beweismitteln Einwendungen erhoben.

Aus der zur Überprüfung der Einwendungen vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , Facharzt für Lungenheilkunde und Arzt für Allgemeinmedizin, eingeholten medizinischen Stellungnahme vom 30.10.2014 resultierte keine geänderte Beurteilung.

3.3. Mit dem Bescheid vom 27.11.2014 hat die belangte Behörde festgestellt, dass aufgrund des in Höhe von 40 vH objektivierten Grades der Behinderung die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr vorliegen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die dagegen eingebrachte Beschwerde mit dem Erkenntnis vom XXXX , gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1 und 2, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 54 Abs. 12 sowie § 55 Abs. 5 Bundesbehindertengesetz (BBG) sowie § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 idgF als unbegründet abgewiesen und den angefochtene Bescheid bestätigt. Maßgebend für diese Entscheidung war, dass eine einschätzungsrelevante Verbesserung des Leidenszustandes objektiviert sowie ein Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt worden sind, weshalb die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr vorlagen. Dieses Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.11.2014 hat die belangte Behörde die Einziehung des Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 verfügt.

In der rechtlichen Beurteilung zitiert die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG und der StVO 1960 und führt begründend aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund des in Höhe von 40 vH festgestellten Grades der Behinderung die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses und die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht mehr erfülle, weshalb der Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 einzuziehen sei.

5. Gegen diesen Bescheid hat die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass das der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten Dris. XXXX nicht lege artis erstellt worden sei. Die Lungenerkrankung des Beschwerdeführers habe sich nicht verbessert, sondern verschlechtert.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat über diese Beschwerde im Senat entschieden und mit dem Erkenntnis vom XXXX , die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 27.11.2014 erhobene Beschwerde abgewiesen, den angefochtenen Bescheid bestätigt und die Revision zugelassen.

7. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX erhobenen Beschwerde mit dem Beschluss vom XXXX abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

8. Mit dem Erkenntnis vom XXXX , hat der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben. Im Wesentlichen wurde begründend ausgeführt, dass in der StVO 1960 eine Senatszuständigkeit mit oder ohne Mitwirkung fachkundiger Laienrichter als Beisitzer in Angelegenheiten des § 29b StVO 1960 nicht vorgesehen ist, weshalb die im Senat getroffene Entscheidung Unzuständigkeit bewirkt. Weiters wurde dargelegt, dass § 29b StVO 1960 keine gesetzliche Grundlage für die Einziehung des Parkausweises bietet, soferne der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 nach dem 31.12.2000 ausgestellt wurde.

9. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben. Den Verfahrensparteien wurde eine Kopie des vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ausgestellten Parkausweises gemäß § 29b StVO 1960 Nr XXXX zur Kenntnis gebracht, wonach die Einziehung dieses Ausweises nicht zulässig sei, obwohl die Voraussetzungen dafür weggefallen seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Parkausweis des Beschwerdeführers gemäß § 29b StVO 1960 Nr XXXX wurde von der belangten Behörde nach dem 31.12.2000 ausgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. (VwGH vom 21.09.2018, Ro 2017/02/0019)

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen. (§ 29b Abs. 1 StVO 1960)

Ausweise, die vor dem 1. Jänner 2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 16. November 1976, BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, verlieren ihre Gültigkeit mit 31. Dezember 2015. Ausweise, die nach dem 1. Jänner 2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung), BGBl. II Nr. 252/2000, entsprechen, bleiben weiterhin gültig. (§ 29b Abs. 6 StVO 1960)

Zum Nachweis, dass der Behindertenpassinhaber/die Behindertenpassinhaberin, der/die über die Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, die im § 29b Abs. 2 bis 4 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 (StVO), genannten Berechtigungen in Anspruch nehmen kann, ist ihm/ihr ein Parkausweis auszustellen. Die in einem gültigen Behindertenpass enthaltene Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit" ist der Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gleichzuhalten. (§ 3 Abs. 1 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

Der Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 des Beschwerdeführers ist nach dem 31.12.2000 ausgestellt worden. Die Einziehung ist daher nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung ist, wann der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 des Beschwerdeführers ausgestellt worden ist. Da dieser Ausweis zweifelsfrei nach dem 31.12.2000 ausgestellt wurde, ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Parkausweis, Senat, Unzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2017584.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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