TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/27 97/19/1498

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Veröffentlicht am 27.08.1999
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Index

19/05 Menschenrechte;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der 1978 geborenen A R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juli 1997, Zl. 307.867/5-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein von der Beschwerdeführerin erstmals am 30. März 1994 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) im Wege der österreichischen Botschaft in Zagreb eingebrachter Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. April 1995 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes und § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes abgewiesen.

In weiterer Folge verfügte die Beschwerdeführerin über einen vom österreichischen Generalkonsulat in Triest am 21. März 1996 ausgestellten gewöhnlichen Sichtvermerk mit einer Gültigkeitsdauer bis 21. September 1996.

Am 21. August 1996 beantragte die Beschwerdeführerin bei der erstinstanzlichen Behörde neuerlich die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, wobei als Aufenthaltszweck Familiengemeinschaft mit ihrem österreichischen Ehegatten angegeben wurde. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. Jänner 1997 "wegen Eingehens einer Scheinehe" gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Juli 1997 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, auf Grund der dem Antrag beigelegten Heiratsurkunde sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin am 19. September 1995 einen österreichischen Staatsbürger geehelicht habe. Ihr Gatte habe jedoch auf Befragung niederschriftlich angegeben, dass die Ehe mit der Beschwerdeführerin nur eingegangen worden sei, um ihr die Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung zu vereinfachen.

Mit einem näher bezeichneten Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf sei die Ehe für nichtig erklärt worden. Das Urteil sei am 8. März 1997 in Rechtskraft erwachsen.

Der Oberste Gerichtshof gehe in seinem Erkenntnis 8 Ob 577/93 davon aus, dass auch die ausschließliche oder überwiegende Absicht, durch die Eheschließung nur die unbeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit und/oder den ungehinderten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen, also auch ohne nach Erfüllung der Voraussetzungen die österreichische Staatsbürgerschaft anzustreben, für die Nichtigerklärung der Ehe ausreiche.

Die Annahme, dass der Aufenthalt eines derartigen Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, bestätige der Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 1994, Zl. 93/18/0266, wie folgt:

Die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen stelle ein Verhalten dar, welches dazu führe, dass die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre.

Aufgrund des angeführten Sachverhaltes und der eindeutigen Rechtsprechung sei der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abzulehnen und sie somit vom weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszuschließen gewesen.

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG finde durch § 5 Abs. 1 AufG direkte Anwendung.

Zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin sei zu sagen, dass nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen im Rahmen des Art. 8 MRK sei auf Grund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt,..."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 lautete:

"§ 10. (1) die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Die Beschwerdeführerin verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung; ihr einziger Aufenthaltstitel ist ein gewöhnlicher Sichtvermerk mit Gültigkeit vom 21. März 1996 bis 21. September 1996. Ein derartiger Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG ist aber einer Verlängerung durch Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht zugänglich. Die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 war daher auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1998, Zl. 96/19/2504).

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass mit dem von der belangten Behörde erwähnten Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf die von ihr mit einem österreichischen Staatsbürger eingegangene Ehe aus den von der Behörde wiedergegebenen Gründen für nichtig erklärt wurde. Sie bringt in diesem Zusammenhang allerdings vor, dass ihr Motiv für die Eingehung der Ehe weder die Beschaffung einer Aufenthaltsbewilligung noch der Erhalt des Befreiungsscheines gewesen sei. Diesbezüglich ist der Beschwerdeführerin zu entgegnen, dass es sich bei der Nichtigerklärung der Ehe durch das Gericht um die Entscheidung einer Vorfrage handelt, an welche die Behörde gebunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 96/19/3068).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Eheschließung ausschließlich oder überwiegend zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Rechtsmissbrauch und damit ein Verhalten, das auch ohne zusätzliche Anhaltspunkte den Schluss rechtfertigt, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung gefährden würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zl. 95/19/1242).

Die Beschwerdeführerin führt weiters ins Treffen, dass sie sowohl strafrechtlich als auch verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sowie ständig berufstätig sei und kein Verhalten gesetzt habe, das zur Sichtvermerksversagung führen könnte.

Auch diese Argumentation ist nicht zielführend. Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Ansicht ist der Umstand, dass die Beschwerdeführerin strafrechtlich und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und keinen weiteren Sichtvermerksversagungsgrund gesetzt hat, unbeachtlich. Im Hinblick auf den zwischen der Eheschließung der Beschwerdeführerin und der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegenden Zeitraum von etwa zwei Jahren liegt auch keine Konstellation von, welche jener vergleichbar wäre, die dem hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 97/18/0097, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu Grunde lag.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich schließlich in ihrem Recht auf Achtung des Privat - und Familienlebens gemäß Art. 8 MRK in Hinblick auf ihren Aufenthalt in Österreich seit Mai 1995 verletzt. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Eingehen einer Ehe zum Schein zu Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmissbrauch darstellt, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodass diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung allenfalls bewirkter Eingriff in die durch Art. 8 MRK geschützten Rechte des Fremden gerechtfertigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1998, Zl. 97/19/1402).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. August 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191498.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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