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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §269 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der B in D, vertreten durch die Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte LLP & Co KG in 1010 Wien, Schottenring 25, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 4. Dezember 2017, Zl. RV/2100502/2016, betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2007 bis 2010, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin betreibt ein Tanzcafe und ein "Restaurant Bar Cafe".
2 Zum bisherigen Verfahrensgang ist eingangs auf das Erkenntnis vom 10. März 2016, Ra 2015/15/0041, zu verweisen. Mit jenem Erkenntnis wurde das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 2. April 2015 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil die von der Revisionswerberin beantragte Verhandlung nicht durchgeführt worden war und - soweit es auf die Relevanz des Verfahrensmangels ankommt - das Bundesfinanzgericht bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift auch zu einem anderen Erkenntnis hätte gelangen können.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht - nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens sowie einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2007 als unbegründet ab. Betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2008 bis 2010 gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und änderte die Bescheide ab; zur Höhe der Bemessungsgrundlagen und der festgesetzten Abgaben verwies das Bundesfinanzgericht auf angeschlossene Berechnungsblätter. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
4 Begründend führte das Bundesfinanzgericht nach Wiedergabe des Verfahrensgangs zunächst zum Antrag der Revisionswerberin, die Namen der Zeugen zu nennen bzw. die Niederschriften zu übermitteln, aus, im vorliegenden Fall seien alle dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Beweismittel der Revisionswerberin zur Kenntnis gebracht worden; die Möglichkeit eines Gegenbeweises sei gewahrt worden. Eine unmittelbare Beweisaufnahme sei im Abgabenverfahren nicht erforderlich.
5 Zu den im - vorangegangenen - Revisionsverfahren in Streit gezogenen Punkten werde (zusammengefasst) ausgeführt:
6 a) Hinzuschätzung Küchenumsätze: Der Prüfer habe insoweit einen Rohaufschlagskoeffizienten (RAK) von 3,4 angesetzt. Der an sich errechnete RAK von 3,96 bzw. 3,65 sei dabei schon reduziert worden, um Personalkonsum, Schwund, Werbeeinsatz bzw. Gästeeinladungen zu berücksichtigen.
7 b) Hinzuschätzung Bier: Der von der Revisionswerberin behauptete Rückgang der Stückkosten könne den Rückgang der Einkaufswerte nicht begründen. Dieser Rückgang sei bei einem eingesessenen Lokal mit gleich bleibenden Gästen nicht schlüssig. Wie die Hausdurchsuchung bei einem Getränkelieferanten ergeben habe, könnten bestimme "Rampenverkäufe" eindeutig der Revisionswerberin (ihrem Tanzcafe) zugeordnet werden. Die Behauptung der Revisionswerberin, niemand ihrer Familie habe vor Ort "von der Rampe" erworben, vermöge nicht zu überzeugen. Die Bezeichnung "Rampenverkauf" habe nichts mit Rampenverkäufen im eigentlichen Sinn zu tun; die Waren, welche auf diese Weise fakturiert worden seien, seien immer zugestellt worden, was der Revisionswerberin im Vorhalt auch zur Kenntnis gebracht worden sei. Auch der Erklärungsversuch der Revisionswerberin, die angeblichen Schwarzeinkäufe würden ein eher chaotisches Bild zeigen, die Einkäufe würden eher auf irgendwelche Privatkunden hindeuten, vermöge die eindeutige Zuordnung nicht zu widerlegen.
8 Tatsache bleibe somit, dass der Bierkonsum - laut Buchhaltung der Revisionswerberin - nahezu um die Hälfte gesunken sei und die Revisionswerberin diese Reduktion nicht habe erklären könne. Weiters ergebe sich aus den anlässlich einer Hausdurchsuchung bei einem Lieferanten beschlagnahmten Unterlagen, dass die Revisionswerberin "Rampenlieferungen" erhalten habe.
9 Bei dem verwirklichten Sachverhalt liege die Befugnis zur Schätzung vor. In die Schätzung sei aber auch die Steigerung des Weinkonsums einzubeziehen. Dieser Umstand sei zwar nicht geeignet, eine Halbierung des Wareneinsatzes betreffend Bier anzunehmen, der Wareneinsatz sei aber gegenüber der Betriebsprüfung zu reduzieren. Damit werde auch das Ziel, dem wahrscheinlichen Betriebserfolg möglichst nahe zu kommen, erreicht.
10 c) alkoholfreie Getränke: Das Bundesfinanzgericht folge insoweit der Berechnung des steuerlichen Vertreters (Bonierung von Mixgetränken) und berücksichtige einen RAK von 6,93.
11 Daraus ergäben sich - im angefochtenen Erkenntnis näher dargelegte - Änderungen zu den angefochtenen Bescheiden für die Jahre 2008 bis 2010.
12 Das Erkenntnis weiche nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 184 BAO ab; es fehle auch nicht an einer solchen Rechtsprechung.
13 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 14 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, da das Bundesfinanzgericht zur Begründung seiner Feststellungen Beweismittel herangezogen habe, die der Revisionswerberin nicht zugänglich gemacht worden seien und zu denen sie daher nicht habe Stellung nehmen können. Weiters wird geltend gemacht, es lägen betreffend die Schätzung Begründungs- bzw. Feststellungsmängel vor. Auch im Schätzungsfall hätten die Abgabenbehörden für eine möglichst weitgehende Aufklärung des Sachverhalts zu sorgen und sich mit dem Vorbringen der Abgabepflichtigen zur Schätzung auseinanderzusetzen. Schließlich sei die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts denkunmöglich bzw. verstoße gegen die Lebenserfahrung.
19 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
20 Die Überprüfung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision hat im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe zu erfolgen (vgl. VwGH 13.9.2017, Ra 2016/13/0042). In diesen gesonderten Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2017/15/0099, mwN). Auch Fragen des Verfahrensrechts können Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sein. Es reicht aber im Allgemeinen nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2016/15/0051, mwN).
21 Soweit geltend gemacht wird, das Bundesfinanzgericht habe in Bezug auf Bierumsätze Beweismittel herangezogen, die der Revisionswerberin nicht zugänglich gemacht worden seien, ist darauf zu verweisen, dass das Bundesfinanzgericht die Zuschätzung betreffend diese Umsätze - den Feststellungen der Außenprüfung des Finanzamts grundsätzlich folgend, diese freilich in Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Revisionswerberin zu deren Gunsten abändernd - darauf stützte, dass die Revisionswerberin das Absinken des Wareneinsatzes nicht habe erklären können. Ausgangspunkt der Schätzung war entgegen dem Revisionsvorbringen - wie im angefochtenen Erkenntnis dargelegt - ein der Revisionswerberin jedenfalls durch Vorlage in der Beschwerdeverhandlung bekannter Lieferausweis des bisherigen Lieferanten für das Jahr 2007. Eine Unschlüssigkeit der Schätzung zeigt die Revision vor diesem Hintergrund nicht auf.
22 Im Übrigen gilt entgegen der Ansicht der Revisionswerberin im Bescheidbeschwerdeverfahren der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht (vgl. VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0031); Beweise können - wie insbesondere aus § 269 Abs. 2 BAO hervorgeht - über Anordnung des Verwaltungsgerichts auch durch eine Abgabenbehörde aufgenommen werden.
23 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin hat sich das Bundesfinanzgericht eingehend mit den Einwänden der Revisionswerberin im Schätzungsverfahren auseinandergesetzt, was insbesondere auch - wie bereits ausgeführt - zu einer Reduktion der Zuschätzungen geführt hat.
24 Dass die Schätzung unzureichend begründet wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls nicht zu erkennen.
25 In der Revision werden insgesamt sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
26 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 22. November 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018150022.L00Im RIS seit
22.01.2019Zuletzt aktualisiert am
11.03.2019