Index
E1E;Norm
11992E177 EGV Art177;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):99/17/0108Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der D GesmbH, vertreten durch Dr. A Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in W, gegen die Bescheide der Kärntner Landesregierung 1.) vom 26. Mai 1997, Zl. Fin-133/403/96, und 2.) vom 24. Juni 1997, Zl. Fin-133/23/96, betreffend Fremdenverkehrsabgabe für 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen bekämpften Bescheiden der belangten Behörde gab diese den Berufungen der beschwerdeführenden Partei gegen die erstinstanzliche Vorschreibung von Fremdenverkehrsabgaben für das Jahr 1996, und zwar mit dem erstangefochtenen Bescheid betreffend die Betriebsstätte Klagenfurt in der Höhe von S 129.691,--, und mit dem zweitangefochtenen Bescheid betreffend die Betriebsstätte Villach in der Höhe von S 96.005,--, nicht Folge.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden. Die beschwerdeführende Partei macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachtet sich in ihrem Recht "auf Freiheit von der Fremdenverkehrsabgabe im Streitjahr" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
§ 6 Abs. 1 und § 8 F-VG lauten (auszugsweise):
"§ 6. (1) Die Abgaben gliedern sich nach dem Recht der Gebietskörperschaften zur Verfügung über den Ertrag im eigenen Haushalt in folgende Haupt- und Unterformen:
...
3. Ausschließliche Landesabgaben, deren Ertrag ganz den Ländern zufließt.
4. Zwischen Ländern und Gemeinden geteilte Abgaben, an deren Ertrag Länder und Gemeinden beteiligt sind, mit folgenden Unterformen:
a) Gemeinschaftliche Landesabgaben, die durch die Länder erhoben werden und aus denen den Ländern und den Gemeinden Ertragsanteile zufließen,
...
5. Ausschließliche Gemeindeabgaben, deren Ertrag ganz den Gemeinden zufließt.
...
§ 8. (1) Die ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben, die Zuschläge der Länder (Gemeinden) zu Bundesabgaben und die Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand wie eine Bundesabgabe werden vorbehaltlich der Bestimmungen des § 7, Abs. (3) bis (5), durch die Landesgesetzgebung geregelt.
(2) Die Landesgesetzgebung kann solche Abgaben dem Land vorbehalten, sie zwischen dem Land und den Gemeinden teilen oder den Gemeinden überlassen. Sie hat bei dieser Regelung nicht nur auf die finanzielle Lage des Landes, sondern auch auf die Erhaltung der finanziellen Lebensfähigkeit der Gemeinden Rücksicht zu nehmen."
§ 14 Abs. 1 des im Jahr 1996 in Kraft gestandenen Finanzausgleichsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 30/1993 in der Fassung BGBl. Nr. 853/1995, lautete:
"§ 14. (1) Ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben sind insbesondere:
...
4. Fremdenverkehrsabgaben;"
§ 1, § 2, § 8 Abs. 2, § 9, § 10, § 12 und § 13 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1994, LGBl. Nr. 59/1994, lauten:
"§ 1
Abgabeform und Einhebung
(1) Die Fremdenverkehrsabgabe ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe (§ 6 Z. 4 lit a F-VG 1948).
(2) Die Ertragsanteile zwischen Land und Gemeinden sind nach den Bestimmungen des 2. Abschnittes aufzuteilen.
(3) Die Gemeinden sind verpflichtet, die Fremdenverkehrsabgabe einzuheben und alle zu ihrer Einbringung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
§ 2
Widmung
(1) Die Ertragsanteile der Gemeinden an der Fremdenverkehrsabgabe sind zur Deckung des Aufwandes, der den Gemeinden aus der örtlichen Förderung des Fremdenverkehrs erwächst, zu verwenden.
(2) Ein Drittel der Ertragsanteile des Landes ist für die im Interesse des Fremdenverkehrs erforderlichen Maßnahmen zum Schutze der Umwelt zu verwenden. Zwei Drittel der Ertragsanteile des Landes sind für die Fremdenverkehrsaufgaben des Landes zu verwenden.
(3) Die der Gemeinde nach Abs. 1 obliegenden Aufgaben sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.
...
§ 8
Abgabenerklärung
...
(2) Selbstständig Erwerbstätige (§ 3), die mehrere Betriebsstätten unterhalten, haben die Abgabenerklärung gesondert nach Betriebsstätten abzugeben, sofern nicht alle Betriebsstätten der gleichen Betriebsart in einer Gemeinde liegen.
...
§ 9
Festsetzung
(1) Die Einstufung in die Abgabegruppen und die Festsetzung der Höhe der Abgaben haben durch Abgabenbescheid des Bürgermeisters zu erfolgen.
...
§ 10
Berufungen
Über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters entscheidet
die Landesregierung.
...
§ 12
Ertragsanteile des Landes
Dem Land gebühren 20 v. H. des Ertrages der Fremdenverkehrsabgabe.
§ 13
Ertragsanteile der Gemeinden
Den Gemeinden gebühren 80 v. H. des Ertrages der Fremdenverkehrsabgabe; diese Ertragsanteile sind auf die Gemeinden nach folgenden Schlüsseln aufzuteilen:
a) 50 v. H. der Ertragsanteile sind auf die einzelnen Gemeinden nach dem Aufkommen an der Fremdenverkehrsabgabe in der Gemeinde aufzuteilen;
b) 50 v. H. der Ertragsanteile sind auf die einzelnen Gemeinden entsprechend der Anzahl der Nächtigungen im Gemeindegebiet aufzuteilen, die sich aus der dem Land im vergangenen Jahr übermittelten Nächtigungstaxe nach dem Orts- und Nächtigungstaxengesetz ergibt."
Die Beschwerdeführerin erklärt in ihrer Beschwerdeergänzung ausdrücklich, ihre schon vor dem Verfassungsgerichtshof vorgetragenen finanzverfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Regelungssystem gemäß § 1, § 2, § 12 und § 13 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1994 aufrecht zu erhalten.
Die vor dem Verfassungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken gingen dahin, dass gemäß § 14 Abs. 1 Z. 4 FAG Fremdenverkehrsabgaben zu ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben erklärt wurden. Dabei handle es sich um die in § 6 Abs. 1 Z. 3 F-VG, bzw. um die in § 6 Abs. 1 Z. 5 F-VG umschriebenen Abgaben. Hievon seien die zwischen Ländern und Gemeinden geteilten Abgaben im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 4 lit. a F-VG zu unterscheiden. Diese Unterscheidung werde auch durch § 8 Abs. 2 F-VG "weder aufgeweicht noch aufgehoben". Damit sei es aber verfassungswidrig, wenn § 1 Abs. 1 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes die Fremdenverkehrsabgabe als gemeinschaftliche Landesabgabe im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 4 lit. a F-VG konstruiere. Überdies sei finanzverfassungsrechtlich vorgegeben, dass gemeinschaftliche Landesabgaben durch die Länder zu erheben seien. Im vorliegenden Fall verpflichte § 1 Abs. 3 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1994 jedoch die Gemeinden zur Erhebung. Damit könne jedoch nicht die "Erschließung der Quelle" verstanden werden, weil andernfalls die solcherart geschaffene Landeskompetenz überflüssig wäre. Zwar sei gemäß § 8 Abs. 6 F-VG der Landesgesetzgeber ermächtigt, Gemeinden zur Erhebung bestimmter Abgaben zu verpflichten, wenn dies zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichts oder zur Deckung bestimmter Erfordernisse im Haushalt der Gemeinde erforderlich sei. Diese Voraussetzungen seien jedoch jedenfalls in Ansehung der Landeshauptstadt Klagenfurt nicht gegeben.
Diesen Bedenken war der Verfassungsgerichtshof mit einem Hinweis auf sein Erkenntnis vom 27. Juni 1969, Slg. Nr. 5995, entgegen getreten.
In den Beschwerdeergänzungen erklärt die beschwerdeführende Partei, es sei ihr anhand der Begründung des Verfassungsgerichtshofes nicht erkennbar, dass ihre verfassungsrechtlichen Bedenken nicht berechtigt wären. Das in Rede stehende Erkenntnis habe sich auf das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1967 bezogen, welches jedoch keine Aussage enthalten habe, wonach die nach diesem Gesetz vorzuschreibende Abgabe eine gemeinschaftliche Landesabgabe gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt jedoch ebenso wenig wie der Verfassungsgerichtshof die Bedenken der beschwerdeführenden Partei, und zwar aus folgenden Gründen:
Der Verfassungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis vom 27. Juni 1969 Folgendes ausgeführt:
"Bei solchen Fremdenverkehrsabgaben handelt es sich iS des FAG 1967 um ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben, die gem. § 8 Abs. 1 F-VG 1948 durch die Landesgesetzgebung geregelt werden, die jedoch von der Landesgesetzgebung gem. § 8 Abs. 2 F-VG 1948 auch zwischen Land und Gemeinden geteilt werden können. Eine solche Teilung hat § 8 FrVAG vorgenommen. IS des § 6 Z. 4 lit. a F-VG 1948 handelt es sich also bei der Fremdenverkehrsabgabe nach dem FrVAG um eine in der Hauptform der zwischen Ländern und Gemeinden geteilten Abgabe und in der Unterform einer gemeinschaftlichen Landesabgabe geregelten Abgabe."
Damit hat aber der Verfassungsgerichtshof klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass immer dann, wenn der gemäß § 8 Abs. 1 F-VG zuständige Landesgesetzgeber von der Ermächtigung des § 8 Abs. 2 F-VG, den Ertrag der Abgaben zwischen dem Land und den Gemeinden zu teilen, Gebrauch macht, ein Fall des § 6 Abs. 1 Z. 4 lit. a F-VG vorliegt. Anders als die beschwerdeführende Partei meint, handelt es sich bei der in § 6 Abs. 1 Z. 4 lit. a F-VG umschriebenen gemeinschaftlichen Landesabgabe also um eine ausschließliche Landes(Gemeinde)abgabe im Sinne des § 8 F-VG. Konsequenterweise spricht § 6 Abs. 1 Z. 3 bzw. Z. 5 F-VG nicht (als begrifflichem Gegensatz zu geteilten Abgaben) bloß von ausschließlichen Landes- bzw. Gemeindeabgaben, sondern von solchen ausschließlichen Landes- bzw. Gemeindeabgaben, deren Ertrag ganz den Ländern bzw. Gemeinden zufließt.
Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei leitet sich daher die Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Regelung der in § 6 Abs. 1 Z. 4 lit. a F-VG genannten Abgaben nicht aus dieser Bestimmung, sondern aus § 8 F-VG ab. Die in der erstgenannten Bestimmung enthaltene Anordnung, wonach gemeinschaftliche Landesabgaben durch die Länder erhoben werden, bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Einhebung der Abgabe Gegenstand der Landesvollziehung ist.
Dem widerspricht § 1 Abs. 3 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1994 nicht. Dabei handelt es sich nicht um eine Verpflichtung der Gemeinde zur Erhebung (Erschließung der Quelle) der Abgabe im Sinne des § 8 Abs. 6 F-VG, sondern lediglich um eine Zuweisung dieser Angelegenheit der Landesvollziehung in den übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Demgemäß wird der bei der Einhebung dieser Abgabe in erster Instanz zuständige Bürgermeister funktionell als Landesorgan tätig (vgl. Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 893). Über die Berufung hat folgerichtig gemäß § 10 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes ein Landesorgan, nämlich die Kärntner Landesregierung zu entscheiden.
Strittig ist vor dem Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus allein die Frage, ob die bescheidmäßige Vorschreibung einer Fremdenverkehrsabgabe deshalb rechtswidrig war, weil das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1994, LGBl. Nr. 59/1994, gegen die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, insbesondere deren Art. 33, verstößt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschlüssen vom 12. August 1997 und 27. Oktober 1997 dem EuGH gemäß Art. 177 EGV (nunmehr Art. 234 EG) die Frage vorgelegt, ob eine Regelung, wie sie das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1994, LGBl. Nr. 59/1994, das Steiermärkische Tourismusgesetz 1992, LGBl. Nr. 55 idgF, und das Tiroler Tourismusgesetz 1991 betreffend die Fremdenverkehrsabgabe bzw. Tourismusabgabe enthalten, der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie, 77/388/EWG, widerspricht.
Mit Urteil vom 8. Juni 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-338/97, C-344/97 und C-390/97, Pelzl u.a., Wiener Städtische Allgemeine Versicherungs AG u.a. und STUAG Bau-Aktiengesellschaft hat der EuGH ausgesprochen, dass die genannte Richtlinie einer Abgabe wie sie in den erwähnten inländischen Rechtsvorschriften vorgesehen ist nicht entgegensteht.
Damit ist die in den Beschwerden vertretene Auffassung widerlegt.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.
Wien, am 30. August 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999170107.X00Im RIS seit
15.05.2001Zuletzt aktualisiert am
11.11.2011