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E000 EU- Recht allgemein;Norm
32013R0604 Dublin-III Art13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des A K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Oktober 2018, W233 2207196- 1/2E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung einer Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 10. August 2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 12. September 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück, sprach aus, dass für die Prüfung des Antrages Italien zuständig sei, erließ eine Anordnung zur Außerlandesbringung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Italien zulässig sei.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG - soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung - aus, der Revisionswerber sei am 27. Juni 2017 aus Libyen kommend illegal in Italien eingereist. In der Folge sei er nach Deutschland weitergefahren, wo er am 18. Juli 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Danach habe sich der Revisionswerber nach Österreich begeben. Das BFA habe am 16. August 2018 ein Aufnahmegesuch nach der Dublin III-Verordnung an Italien gerichtet. Am 23. August 2018 habe Italien der Überstellung des Revisionswerbers ausdrücklich zugestimmt. Die Zuständigkeit Italiens für die Prüfung des Antrages des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ergebe sich gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung aufgrund des illegalen Überschreitens der italienischen Grenze durch den Revisionswerber. Zum Zeitpunkt des vom Revisionswerber in Deutschland gestellten Antrages auf internationalen Schutz seien seit dem illegalen Grenzübertritt noch keine zwölf Monate vergangen gewesen, sodass die Zuständigkeit Italiens nicht erloschen sei.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. 10.9.2018, Ra 2018/19/0336).
9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, gemäß Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz Dublin III-Verordnung ende die Zuständigkeit des Mitgliedstaates, in den der Antragsteller illegal eingereist sei, zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Im gegenständlichen Fall habe der Revisionswerber Italien am 27. Juni 2017 betreten und bereits am 9. Juli 2017 wieder verlassen. In Italien sei nie ein Asylverfahren eingeleitet worden. Die Zuständigkeit Italiens habe daher spätestens am 9. Juli 2018 geendet. Der Revisionswerber habe Deutschland im Oktober 2017 verlassen und sei nach Österreich gereist. Österreich sei daher nunmehr gemäß Art. 13 Abs. 2 Dublin III-Verordnung zur Führung des Asylverfahrens zuständig. Zur Auslegung von Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz Dublin III-Verordnung fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
10 Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung zu Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz Dublin III-Verordnung auf Art. 7 Abs. 2 Dublin III-Verordnung verwiesen, wonach bei der Bestimmung des nach den Kriterien ihres Kapitels III zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen wird, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz Dublin III-Verordnung ist daher so zu verstehen, dass er impliziert, dass der Mitgliedstaat, dessen Außengrenze ein Drittstaatsangehöriger illegal überschritten hat, nicht mehr auf der Grundlage dieser Bestimmung für zuständig erachtet werden kann, sofern die Frist von zwölf Monaten nach dem illegalen Grenzübertritt bereits abgelaufen ist, wenn der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt (EuGH 26.7.2017, A.S./Republika Slowenija, C-490/16, Rn. 52 und 53; vgl. VwGH 5.4.2018, Ra 2017/19/0169, Rn. 23).
11 Im vorliegenden Fall waren zu dem nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat durch den Revisionswerber am 18. Juli 2017 keine zwölf Monate seit dem Tag des illegalen Grenzübertritts in Italien am 27. Juni 2017 vergangen. Ausgehend davon ist kein Wegfall der auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung beruhenden Zuständigkeit Italiens eingetreten (vgl. in diesem Sinn auch VwGH 3.5.2018, Ro 2017/19/0004, mwN). Die Anwendung des Zuständigkeitskriteriums des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung hängt im Übrigen nicht davon ab, ob in dem nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (vgl. nochmals VwGH 5.4.2018, Ra 2017/19/0169, Rn. 24, mwN). Zu der in der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage der Auslegung von Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz Dublin III-Verordnung gibt es daher bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen Wien, am 12. Dezember 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62016CJ0490 A. S. VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190605.L00Im RIS seit
23.01.2019Zuletzt aktualisiert am
21.05.2019