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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision der M K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das am 7. August 2018 mündlich verkündete und mit 27. August 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-151/086/11436/2017/R-21, VGW- 151/086/7326/2018/E, betreffend Aufenthaltsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine russische Staatsangehörige, verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung "Schüler" gemäß § 63 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), gültig bis zum 18. August 2016.
2 Mit Bescheid vom 2. Februar 2017 wies der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde) den Verlängerungsantrag der Revisionswerberin vom 11. August 2016 ab. Die belangte Behörde ging - mit näherer Begründung - davon aus, dass der erforderliche Schulerfolg nicht vorliege und die besondere Erteilungsvoraussetzung nach § 63 Abs. 3 NAG somit nicht erfüllt sei.
3 Mit Erkenntnis vom 3. Mai 2017 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab.
Begründend hielt das Verwaltungsgericht - auf das Wesentlichste zusammengefasst - fest, dass im Hinblick auf die von der Revisionswerberin vorgelegten Semesterzeugnisse der Nachweis eines Schulerfolgs im Sinn des § 63 Abs. 3 NAG nicht als erbracht anzusehen sei, weil bei "einer derartigen Häufung von negativen Noten bzw nicht beurteilten Modulen (...) evident" sei, dass sich die Revisionswerberin nicht ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung nähern könne.
4 Mit hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2018, Ra 2017/22/0098, hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Das Vorliegen eines positiven Zeugnisses und somit eines Schulerfolgs - so der Verwaltungsgerichtshof in seiner Begründung -
sei dann als gegeben anzunehmen, wenn der Schüler zum Aufstieg berechtigt sei und sich ohne Verzögerung dem Abschluss der Schulausbildung nähern könne. Dies bestimme sich mangels eigenständiger Regelungen im NAG anhand der einschlägigen schulunterrichtsrechtlichen Normen (vorliegend somit nach dem Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge - SchUG-BKV). Nach dem SchUG-BKV solle der Aufstieg in das nächste Semester im Sinn einer "erwachsenengerechten Unterrichtsordnung" nicht von einer bestimmten Anzahl absolvierter Prüfungen abhängig sein. Das NAG selbst enthalte keine abweichenden Vorgaben dazu, anhand welcher Parameter zu beurteilen sei, dass sich ein Schüler nicht mehr ohne Verzögerung dem Abschluss der Schulausbildung nähern könne. Daher sei davon auszugehen, dass mit der Berechtigung zum Aufstieg in das nächste Semester in einer Konstellation wie der vorliegenden so lange die Möglichkeit einhergehe, sich ohne Verzögerung dem Abschluss der Schulausbildung zu nähern, wie nach dem System des SchUG-BKV ein Abschluss der Ausbildung innerhalb der vorgesehenen Ausbildungsdauer möglich sei. Das bloße Erfordernis, Module zu wiederholen, ziehe nach dem System des SchUG-BKV - anders als das Wiederholen eines Semesters - nicht zwingend eine derartige Verzögerung nach sich.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen, im fortgesetzten Verfahren ergangenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid vom 2. Februar 2017 erneut als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Revisionswerberin im Wintersemester 2016 und im Sommersemester 2017 jeweils das dritte Semester sowie im Wintersemester 2017 und im Sommersemester 2018 jeweils das vierte Semester des (näher bezeichneten) Kollegs besucht habe. Beweiswürdigend stützte es sich auf die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Studienkoordinators, wonach die Revisionswerberin im Sommersemester 2017 das dritte Semester wiederholt habe. Maßgeblich sei vorliegend das Schuljahr 2016/2017.
Das Verwaltungsgericht verwies auf näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge von einem "Aufstieg" keine Rede sein könne, wenn - wie vorliegend der Fall - ein Semester wiederholt werde. Die Revisionswerberin habe somit keinen Nachweis über einen Schulerfolg im Sinn des § 63 Abs. 3 NAG erbracht. Die Umstände, dass die Revisionswerberin ein Modul des vierten Semesters vorgezogen habe bzw. dass sie mit ihrer (mittlerweile positiv abgeschlossenen) Diplomarbeit befasst war, würden an diesem Ergebnis nichts ändern.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der ein Abweichen vom hg. Erkenntnis Ra 2017/22/0098 moniert wird.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Nach der hg. Rechtsprechung ist - für den Fall, dass einzelne Gegenstände mit der Note "nicht genügend" beurteilt worden sind - dann von einem positiven Schulzeugnis und damit einem Schulerfolg im Sinn des § 63 Abs. 3 NAG auszugehen, wenn ein Schüler zum Aufstieg berechtigt ist und er sich auf diese Weise ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung zu nähern vermag (siehe VwGH 29.5.2013, 2013/22/0050, mwN). Weiters wurde - ebenfalls im Zusammenhang mit einer dem SchUG-BKV unterliegenden Schule - festgehalten, dass dann kein Schulerfolg nachgewiesen wurde, wenn der Drittstaatsangehörige ein Semester wiederholt hat und somit nicht von einem "Aufstieg" die Rede sein könne (siehe VwGH 25.10.2017, Ra 2017/22/0048, Rn. 11 f, mwN). Auch in dem von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Erkenntnis Ra 2017/22/0098 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das bloße Erfordernis, Module zu wiederholen, nach dem System des SchUG-BKV - anders als das Wiederholen eines Semesters - nicht zwingend eine derartige Verzögerung (hinsichtlich des Abschlusses der Schulausbildung) nach sich ziehe (Rn. 30).
9 Während das Verwaltungsgericht seine im ersten Verfahrensgang getroffene Entscheidung auf die negative bzw. nicht erfolgte Beurteilung und das daraus resultierende Erfordernis der Nachholung von Modulen stützte, hat es dem vorliegend angefochtenen Erkenntnis - im Hinblick auf das nunmehr maßgebliche Schuljahr 2016/2017 - die Wiederholung eines (des dritten) Semesters zugrunde gelegt. Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht einen Aufstieg bzw. ein Annähern an den Abschluss der Schulausbildung ohne Verzögerung und damit einen Schulerfolg im Sinn des § 63 Abs. 3 NAG als nicht gegeben angesehen hat. Diese Beurteilung steht - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - mit den Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis Ra 2017/22/0098 in Einklang. Auch der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte, mittlerweile erfolgte positive Abschluss ihrer Diplomarbeit sowie von 82 (von insgesamt 112) Wochenstunden vermag an der Wiederholung des Semesters nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin kommt es bei der Beurteilung des Schulerfolgs im vorangegangenen Schuljahr nicht auf den zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses erzielten Erfolg an.
10 Die Revisionswerberin verweist schließlich auf die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis Ra 2017/22/0098, wonach der "Studienerfolg" für Schüler an dem SchUG-BKV unterliegenden Schulen in Bezug auf die "Gesamtstudiendauer" gemessen werden soll, und leitet daraus ab, das Verwaltungsgericht hätte für die Beurteilung des Schulerfolgs nicht punktuell auf das Schuljahr 2016/2017 abstellen dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, dass mit der Berechtigung zum Aufstieg in das nächste Semester in einer Konstellation wie der vorliegenden so lange die Möglichkeit einhergeht, sich ohne Verzögerung dem Abschluss der Schulausbildung zu nähern, wie nach dem System des SchUG-BKV ein Abschluss der Ausbildung innerhalb der vorgesehenen Ausbildungsdauer möglich ist (Rn. 30). Die Frage der Annäherung an den Schulabschluss ohne Verzögerung weist vorliegend daher einen Bezug zur Gesamtstudiendauer auf. Das ändert aber nichts daran, dass bei der Prüfung nach § 63 Abs. 3 NAG das Vorliegen eines Schulerfolgs in einem bestimmtem - nämlich im vorangegangenen - Schuljahr zu beurteilen ist und dass das Verwaltungsgericht diesen Schulerfolg infolge des Wiederholens eines Semesters und des somit fehlenden Aufstiegs im hier maßgeblichen Schuljahr 2016/2017 zutreffend verneint hat.
11 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2018
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220267.L00Im RIS seit
21.01.2019Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019