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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweinzer, in der Revisionssache des XY in S, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Markus Sittikus Straße 9/2/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Juli 2018, L506 2159761-1/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte am 3. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 26. April 2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, und eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG (nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) - soweit für das Revisionsverfahren relevant - im Wesentlichen aus, dass sich aus den Länderberichten keine Gruppenverfolgung der Angehörigen der Paschtunen und des Stammes der Turi ergebe. Bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG kam das BVwG (unter näherer Begründung) zu dem Schluss, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Revisionswerbers seine Interessen am Verbleib im Bundesgebiet überwiege.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, der Revisionswerber absolviere eine Lehre in einem Mangelberuf, wodurch ein besonders qualifizierter Grad der Integration vorliegen würde, womit das öffentliche Interesse "an einer Ausweisung" relativiert werde. Zu dieser Frage fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem würden spezifische Feststellungen zur geltend gemachten Gruppenverfolgung von Paschtunen fehlen, weshalb das Gericht seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur geltend gemachten Gruppenverfolgung der Paschtunen traf das BVwG - entgegen der Darstellung in der Revision - konkrete Feststellungen zur Lage der schiitischen Paschtunen und Turi und gelangte davon ausgehend nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass nach den Feststellungen zur Situation im Heimatland des Revisionswerbers keine Gruppenverfolgung dieser Bevölkerungsgruppe erkennbar sei. Dem Vorbringen, es würden Feststellungen "zur Gruppenverfolgung der Paschtunen" fehlen, kann somit nicht gefolgt werden.
10 Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 29.4.2015, Ra 2014/20/0093, mwN).
11 Die Revision zeigt nicht auf, dass die im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Abwägung des BVwG, die insbesondere auch auf die vom Revisionswerber seit November 2017 ausgeübte Berufstätigkeit als Lehrling in der Gastronomiebranche Bedacht nimmt, unvertretbar erfolgt wäre (vgl. zum "Gewicht einer angefangenen Lehre": VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0224; VwGH 24.9.2018, 2018/01/0394, mwN).
12 Der vom Revisionswerber darüber hinaus geltend gemachte Umstand, dass das BVwG seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG lediglich formelhaft mit an den Text des Art. 133 Abs. 4 B-VG angelehnten Ausführungen begründet habe, wirft nach der Rechtsprechung keine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. VwGH 1.10.2014, Ra 2014/09/0022).
13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018140254.L00Im RIS seit
23.01.2019Zuletzt aktualisiert am
01.02.2019