Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §40a Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 17. Oktober 2017, Zl. RV/7100721/2017, betreffend Zuerkennung der Gemeinnützigkeit gemäß § 6 NGO-G (mitbeteiligte Partei: G in W, vertreten durch die Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der mitbeteiligte Verein beantragte - als Voraussetzung für die beantragte Anerkennung als Quasi-Internationale Organisation durch Aufnahme in die Verordnung der Bundesregierung gemäß § 7 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien an nichtstaatliche internationale Organisationen (NGO-G), BGBl. Nr. 174/1992, idF des Gemeinnützigkeitsgesetzes 2015 (GG 2015), BGBl. I Nr. 160 - mit Schriftsatz vom 24. Mai 2016 die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit gemäß § 6 NGO-G durch den revisionswerbenden Bundesminister für Finanzen.
2 Mit Bescheid vom 2. Dezember 2016 wies der Revisionswerber diesen Antrag ab. Er vertrat die Ansicht, die vom mitbeteiligten Verein geleisteten Unterstützungstätigkeiten bei der Förderung begünstigter Zwecke durch andere stünden einer Zuerkennung der Gemeinnützigkeit zwar gemäß Z 2 des mit dem GG 2015 eingeführten § 40a BAO nicht entgegen, seien ohne eigene unmittelbare Förderung begünstigter Zwecke durch den mitbeteiligten Verein aber nicht geeignet, die gemäß § 6 Abs. 1 NGO-G zu prüfenden Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO zu erfüllen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der vom mitbeteiligten Verein erhobenen Beschwerde gegen diesen Bescheid statt. Es stützte diese Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass der Norminhalt des § 40a Z 2 BAO (insbesondere des Tatbestandsmerkmals "verliert nicht") in den Erläuterungen zum GG 2015 "mit einer nicht zu überbietenden Deutlichkeit" aufgezeigt worden sei. Die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit sei danach auch möglich, wenn ausschließlich eine Tätigkeit gemäß § 40a Z 2 BAO (der mitbeteiligte Verein erbringe ohne eine Gewinnerzielungsabsicht gegenüber Körperschaften, die humanitäre Zwecke verfolgten, Beratungsleistungen mit demselben humanitären Ziel und fördere dadurch deren Zweckerreichung) und nicht daneben auch noch eine eigene unmittelbare Förderung begünstigter Zwecke stattfinde.
4 Eine Revision dagegen erklärte das Bundesfinanzgericht im Hinblick auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Streitfrage für zulässig.
5 Der Revisionswerber bekämpft die Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes unter Berufung auf den Wortlaut des § 40a BAO (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Jahressteuergesetz 2018, BGBl. I Nr. 62), wonach eine Erfüllung der Voraussetzungen dieser Bestimmung (Mittelzuwendung gemäß Z 1 oder, wie im vorliegenden Fall, Leistungserbringung gemäß Z 2) nur dazu führe, dass die Körperschaft die ihr wegen der Erfüllung der Grundvoraussetzungen, zu denen die "ausschließliche" und "unmittelbare" Verfolgung begünstigter Zwecke gehöre, "zustehenden" Begünstigungen nicht "verliere". Das Bundesfinanzgericht sei bei der von ihm vertretenen Rechtsansicht, dass Körperschaften, die ausschließlich bloß mittelbar einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck förderten, unter den Voraussetzungen des § 40a Z 2 BAO den Gemeinnützigkeitsstatus erlangen könnten, "ausschließlich" von den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des GG 2015 ausgegangen und habe bei der Auslegung des § 40a BAO "die genaue Formulierung dieser Norm und den darin liegenden Wortsinn letztlich unbeachtet" gelassen.
6 Dabei sieht auch der Revisionswerber in § 40a BAO eine "Ausnahmeregelung hinsichtlich des Unmittelbarkeitsprinzips". Die Ausnahme bestehe aber nur darin, dass Tätigkeiten im Sinne des § 40a BAO "unschädlich" seien. Dem Gesetzgeber sei "grundsätzlich der Fall vor Augen gestanden", dass diese Tätigkeiten zusätzlich zur unmittelbaren Zweckverfolgung entfaltet würden, die nach dem Gesetzeswortlaut erforderlich sei. Die Mittelzuwendung gemäß § 40a Z 1 BAO sei "nicht nur eine bloß mittelbare Zweckverwirklichung", sondern "auch" unter dem Aspekt der in § 39 Z 4 BAO geforderten Vermögensbindung "problematisch", weil der Körperschaft Mittel entzogen würden. Bei der entgeltlichen Leistungserbringung gemäß § 40a Z 2 BAO stelle "der durch die Einnahmenerzielung begründete wirtschaftliche Geschäftsbetrieb den zur Mittelbarkeit hinzutretenden begünstigungsschädlichen Aspekt" dar. Die Normierung der Unschädlichkeit in § 40a BAO bedeute in beiden Fällen keine Befreiung von den Grundvoraussetzungen. Die Regelung sei als "Ausnahme von der Unmittelbarkeit und nicht als Fiktion" gestaltet.
7 Die Erläuterungen zum GG 2015 seien "am Gesetzestext und am Regelungsgefüge", in das die Bestimmung eingebettet sei, zu messen. Dabei sei in Bezug auf die beiden Fälle des § 40a BAO "eine differenzierende Betrachtung anzustellen".
8 Bezüglich der Mittelzuwendungen nach § 40a Z 1 BAO ließen sich die Erläuterungen "in Einklang" mit dem "Wortlaut" bringen, "weil bei Mittelbeschaffungskörperschaften gerade die Bereitstellung von Mitteln zur Verwirklichung der Zwecke Dritter immer im Spannungsfeld des Unmittelbarkeitsgrundsatzes gestanden hat". Sie könne "unter gewissen Umständen auch als unmittelbare Zweckverwirklichung angesehen werden", weshalb es nicht dem "Sinn des Gesetzes" widerspreche, ihr "unter gewissen Voraussetzungen die Begünstigungsunschädlichkeit auch dann zuzugestehen, wenn von der Körperschaft daneben keine unmittelbare Zweckverwirklichung entfaltet wird". Wie dies mit den vorangegangenen Behauptungen über den "Wortsinn" und den dem Gesetzgeber "vor Augen gestandenen" Fall vereinbar sei, erläutert der Revisionswerber nicht.
9 Die Darstellung der Revisionsgründe schließt mit folgenden Ausführungen zur hier streitgegenständlichen Z 2 der Bestimmung:
"Anders stellt sich aber die Lage bei der Erbringung von Lieferungen und Leistungen nach § 40a Z 2 BAO dar. Wie oben dargestellt, stellt § 40a Z 2 BAO einen Sonderfall im Gefüge der Ausnahmeregelungen der §§ 40a und 40b BAO dar. Im Gegensatz zu einer Mittelbeschaffungskörperschaft, die durch die Beschaffung von Mitteln und Zuwendung an einen Dritten, diesen unmittelbar in die Lage versetzt dessen und damit auch den eigenen Zweck zu verwirklichen, erbringt in Fällen des § 40a Z 2 BAO eine Körperschaft bloß Unterstützungsleistungen, die idR aber nicht direkt im Rahmen der unmittelbaren Zweckverwirklichung eingesetzt werden bzw in diese Eingang finden. Auf Seiten der leistungserbringenden Körperschaft ist in der Regel ebenfalls kein unmittelbarer Zusammenhang der erbrachten Unterstützungsleistungen mit dem eigenen begünstigten Zweck gegeben (zB ein Sportverein erbringt bloß die Tätigkeit der Pflege des Sportplatzes für einen anderen Sportverein, eine eigene sportliche Tätigkeit wird vom Verein nicht entfaltet). Daher kann es im Falle des § 40a Z 2 BAO nicht als ausreichend angesehen werden, wenn ausschließlich Lieferungen und Leistungen zur Unterstützung Dritter erbracht werden und von einer eigenen unmittelbaren Zweckverwirklichung der Körperschaft abgesehen wird. Ein gegenteiliges Verständnis des § 40a Z 2 BAO lässt sich nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen mit dem Wortlaut und dem Zweck dieser Norm sowie dem gesamten Regelungsgefüge der §§ 34 ff BAO nicht in Einklang bringen".
10 Bei den Sachverhaltsbehauptungen in diesem Absatz - zugewendete finanzielle Mittel ermöglichten dem Empfänger "unmittelbar" die Zweckverwirklichung, während entgeltliche andere Unterstützungsleistungen "idR" nicht direkt für die Zweckverwirklichung eingesetzt würden "bzw" in diese "Eingang" fänden, und "in der Regel" fehle es auch beim Leistungserbringer an einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem eigenen begünstigten Zweck - handelt es sich um neues Vorbringen.
11 Der mitbeteiligte Verein hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt wird. Geltend gemacht wird im Wesentlichen, der Gesetzeswortlaut stehe der Auslegung durch das Bundesfinanzgericht, die den in den Erläuterungen klar zum Ausdruck gebrachten Absichten des Gesetzgebers folge, nicht entgegen.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Der mitbeteiligte Verein hat beantragt, als Quasi-Internationale Organisation in eine Verordnung der Bundesregierung gemäß § 7 Abs. 3 NGO-G aufgenommen zu werden. Zu den Voraussetzungen dafür gehört gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 NGO-G, dass die Organisation "mit Bescheid gemäß § 6 als gemeinnützig anerkannt worden ist". Gemäß § 6 Abs. 1 NGO-G hat der Bundesminister für Finanzen einer Organisation auf Antrag mit Bescheid "Gemeinnützigkeit zuzuerkennen, sofern auf Grund der Satzung der Organisation zu erwarten ist, dass die in den §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung umschriebenen Voraussetzungen (...) erfüllt werden".
14 Zu den Voraussetzungen der §§ 34 bis 47 BAO gehört zunächst, dass die (hier:) Organisation "ausschließlich und unmittelbar der Förderung" begünstigter Zwecke "dient" (§ 34 Abs. 1 BAO). Unmittelbare Förderung liegt - abgesehen von besonderen Bestimmungen für den Einsatz von Erfüllungsgehilfen (§ 40 Abs. 1 zweiter Satz BAO) und für Dachverbände (§ 40 Abs. 2 BAO) - nach § 40 Abs. 1 erster Satz BAO nur vor, wenn die (hier:) Organisation den begünstigten Zweck "selbst erfüllt".
15 Das Bundesfinanzgericht ist im angefochtenen Erkenntnis davon ausgegangen, dass der mitbeteiligte Verein die Voraussetzungen des § 40 BAO und damit die Grundvoraussetzung des § 34 Abs. 1 BAO insoweit nicht erfüllt.
16 Mit dem GG 2015 wurde § 40 BAO aber um § 40a sowie (Mittel für Stipendien und Preise betreffend) § 40b BAO ergänzt.
17 § 40a BAO lautete in dieser für den Revisionsfall maßgeblichen Fassung:
"§ 40a. Eine Körperschaft verliert ihre wegen Betätigung für
gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zustehenden
Begünstigungen auf abgabenrechtlichem Gebiet nicht dadurch, dass sie
1. Mittel (insbesondere Wirtschaftsgüter und
wirtschaftliche Vorteile) begünstigten Einrichtungen im Sinn des
§ 4a Abs. 3 bis 6 und des § 4b EStG 1988 zur unmittelbaren
Förderung derselben Zwecke wie die zuwendende Körperschaft zuwendet,
2. Lieferungen oder sonstige Leistungen entgeltlich, aber
ohne Gewinnerzielungsabsicht gegenüber Körperschaften erbringt, deren Tätigkeit dieselben Zwecke wie die leistungserbringende Körperschaft fördert."
18 In den Erläuterungen der Regierungsvorlage, 889 BlgNR 25. GP 4 und 19 f, wurde dazu und zu § 40b BAO ausgeführt:
"Derzeit erfordert der Gemeinnützigkeitsstatus, dass die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke unmittelbar gefördert werden. In bestimmten Fällen kann aber auch die bloß mittelbare Förderung eines gemeinnützigen Zweckes als begünstigungswürdig angesehen werden. Auf diese ausdrücklich angeführten Fallkonstellationen sollen die abgabenrechtlichen Begünstigungen ausgedehnt werden.
(...)
Abgabenrechtliche Begünstigungen für die Betätigung von Körperschaften für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke setzen nach derzeitiger Rechtslage unter anderem die Unmittelbarkeit der Förderung voraus.
Unmittelbare Förderung liegt vor, wenn eine Körperschaft den gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck selbst erfüllt. Dies kann auch durch einen Dritten geschehen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist (§ 40 Abs. 1 BAO).
Keine unmittelbare Förderung liegt somit nach derzeitiger Rechtslage beispielsweise vor, wenn ein Verein lediglich von anderen Rechtsträgern unmittelbar geförderte begünstigte Zwecke finanziert. Spendensammeln für andere Vereine, die sodann unmittelbar begünstigte Zwecke fördern, ist daher begünstigungsschädlich.
Folgende Ausnahmen von der Unmittelbarkeit sollen vorgesehen werden:
1. für ¿Spendensammelvereine', die ihre Mittel einer anderen denselben Zweck fördernde Körperschaft zuwendet, sofern letztere eine begünstigte Einrichtung iSd § 4a Abs. 3 bis 6 oder § 4b EStG 1988 ist. Wird von einer Körperschaft eine Mehrzahl von begünstigten Zwecken gefördert, ist es für die mittelempfangende Körperschaft nicht erforderlich, dieselbe Mehrzahl begünstigter Zwecke zu fördern; es ist ausreichend, dass zuminest (sic) einer der begünstigten Zwecke übereinstimmt. Diese Bestimmung gilt auch für die Mittelweitergabe durch Körperschaften, die ihre begünstigten Zwecke grundsätzlich unmittelbar verfolgen, aber einen Teil ihrer Mittel einer anderen begünstigten Einrichtung zukommen lassen wollen. Die Einschränkung der unschädlichen Mittelweitergabe auf Einrichtungen iSd § 4a Abs. 3 bis 6 oder § 4b EStG 1988 bezweckt eine einfache Überprüfungsmöglichkeit des Vorliegens der Begünstigung beim Empfänger der Mittel durch die zuwendende Körperschaft. Diese kann auf die aus dem Gesetz oder aus der Liste gemäß § 4a Abs. 7 Z 1 EStG 1988 ersichtliche Spendenbegünstigung der empfangenden Körperschaft vertrauen und ist nicht verhalten, eigens eine Überprüfung der Eignung der empfangenden Körperschaft zur Mittelweitergabe vorzunehmen.
2. für die entgeltliche, aber nicht in Gewinnabsicht
unternommene Erbringung von Leistungen an dieselben begünstigten
Zwecke fördernde Körperschaften (z. B. die entgeltliche
Personalüberlassung).
3. für Stipendien und Preise (...)
Eine Körperschaft verliert auch dann ihre Begünstigungen auf abgabenrechtlichem Gebiet nicht, wenn sie neben den genannten begünstigungsunschädlichen Tätigkeiten keine andere unmittelbare Förderung begünstigter Zwecke entfaltet. Soweit keine anderen als die genannten Tätigkeiten entfaltet wurde (sic), ist daher eine bloße mittelbare Förderung begünstigter Zwecke für die Erlangung und Erhaltung der Begünstigungen auf abgabenrechtlichem Gebiet ausreichend."
19 Diese Formulierungen - von denen im Revisionsfall vor allem der erste Absatz und der letzte Satz von Bedeutung sind - stammten (unter Einschluss des Schreib- und des sprachlichen Fehlers) aus dem Ministerialentwurf, 153/ME 25. GP 3 und 17 f, und damit aus derselben Quelle wie die gegenteiligen Behauptungen in der nunmehrigen Amtsrevision.
20 Im Ausschussbericht, 934 BlgNR 25. GP 2, wurde der Hauptgesichtspunkt der hier strittigen Änderung wiederholt:
"Derzeit erfordert der Gemeinnützigkeitsstatus, dass die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke unmittelbar gefördert werden. In bestimmten Fällen kann aber auch die bloß mittelbare Förderung eines gemeinnützigen Zweckes als begünstigungswürdig angesehen werden. Auf diese ausdrücklich angeführten Fallkonstellationen sollen die abgabenrechtlichen Begünstigungen ausgedehnt werden."
21 Die Fälle, die dem Gesetzgeber vor Augen standen und auf die die Begünstigungen ausgedehnt werden sollten, waren daher solche einer "bloß mittelbaren" Förderung, wobei zwischen den beiden Ziffern des § 40a BAO als Ausnahmen vom Unmittelbarkeitsprinzip nicht unterschieden wurde. Mit dem Wortlaut ("verliert") war dies vereinbar, weil sich die Bestimmung - auch nach ihrer Einreihung hinter § 40 BAO - auf die Frage eines Verlustes der Begünstigungen durch Nichterfüllung der Voraussetzung der Unmittelbarkeit bezog. Dass damit - bei rein wörtlicher Interpretation - eine vorangegangene Erfüllung dieser Voraussetzung impliziert wurde, steht dem nicht entgegen. Ein solches Verständnis, wonach es auf frühere Tätigkeiten ankäme, widerspräche der klaren Absicht des Gesetzgebers und wäre auch keine taugliche Grundlage für eine Unterscheidung zwischen den beiden Ziffern.
22 Eine solche Unterscheidung im Sinne der in der Revision vertretenen Auffassung wurde vom Revisionswerber aber in einem - die Gerichte nicht bindenden - Erlass vom 4. Dezember 2017 eingeführt, mit dem die Vereinsrichtlinien 2001 u.a. an die durch das GG 2015 eingeführten Neuerungen angepasst werden sollten (vgl. Rz 120b und 120i der Vereinsrichtlinien 2001).
23 Mit dem Jahressteuergesetz 2018 wurde § 40a BAO schließlich auch im Sinne einer solchen Unterscheidung geändert. Die Bestimmung lautet nun in ihrer aktuellen, auf den Revisionsfall nicht anzuwendenden Fassung:
"§ 40a. Eine Körperschaft verliert ihre wegen Betätigung für
gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zustehenden
Begünstigungen auf abgabenrechtlichem Gebiet nicht dadurch, dass
sie für die Verwirklichung zumindest eines der von ihr verfolgten
begünstigten Zwecke
1. teilweise oder ausschließlich Mittel (insbesondere
Wirtschaftsgüter und wirtschaftliche Vorteile) begünstigten
Einrichtungen im Sinne des § 4a Abs. 3 bis 6, des § 4b oder des
§ 4c EStG 1988 zur unmittelbaren Förderung dieses Zweckes zuwendet,
2. teilweise, aber nicht überwiegend Lieferungen oder
sonstige Leistungen entgeltlich, aber ohne Gewinnerzielungsabsicht an andere gemäß §§ 34 bis 47 abgabenrechtlich begünstigte Körperschaften erbringt.
Dabei hat zumindest einer der von der empfangenden Körperschaft verfolgten Zwecke in einem der von der zuwendenden oder leistungserbringenden Körperschaft verfolgten Zwecke Deckung zu finden (Zwecküberschneidung). Eine abweichende territoriale Ausrichtung der beiden Körperschaften ist dabei unbeachtlich."
24 In den wieder aus dem Ministerialentwurf, 36 ME 26. GP, stammenden Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 190 BlgNR
26. GP 42 f, heißt es dazu u.a.:
"In § 40a Z 1 soll durch Ergänzung eines Verweises klargestellt werden, dass auch die Mittelweitergabe an Einrichtungen im Sinne des § 4c EStG 1988 (Innovationsstiftung für Bildung gemäß § 1 ISBG sowie deren Substiftungen gemäß § 4 Abs. 5 ISBG) einen Anwendungsfall der Durchbrechung der Unmittelbarkeit darstellt. Entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis soll weiters klargestellt werden, dass eine Mittelbeschaffungskörperschaft ihre abgabenrechtliche Begünstigung nicht verliert, wenn neben einer - dem Grunde nach begünstigungsschädlichen - Tätigkeit iSd Z 1 keine andere unmittelbare Förderung begünstigter Zwecke entfaltet wird.
(...)
In Z 2 soll nunmehr die sich bereits aus der Systematik der abgabenrechtlichen Begünstigungen ergebende Einschränkung, wonach die Erbringung von Lieferungen oder sonstigen Leistungen nicht überwiegend erfolgen darf, ausdrücklich im Gesetz angeführt werden. Damit soll klargestellt werden, dass die leistungserbringende Körperschaft somit selbst eines begünstigten Zweckes bedarf, der von dieser auch selbst unmittelbar zu verfolgen ist. Dabei soll auf das Überwiegen, dh mehr als 50%, der begünstigten unmittelbaren Zweckverfolgung abgestellt werden. Entsprechend der Systematik des Begünstigungsregimes der BAO sollen die Mittel einer abgabenrechtlich begünstigten Körperschaft letztlich immer einem begünstigten Zweck zukommen. Für die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ist daher eine abgabenrechtliche Begünstigung iSd §§ 34 bis 47 BAO der leistungsempfangenden Körperschaft erforderlich. Dadurch soll die unmittelbare Förderung der verfolgten begünstigten Zwecke sichergestellt und eine Mittel- bzw. Leistungsfehlverwendung außerhalb dieser begünstigten Sphäre ausgeschlossen werden."
25 Der Vergleich der beiden Fassungen der Regelung und ihrer jeweiligen Erläuterungen lässt - ungeachtet der auf "Klarstellung" und in nicht näher präzisierter Weise auf die "Systematik der abgabenrechtlichen Begünstigungen" abstellenden Erläuterungen der aktuellen Fassung - keinen Zweifel daran, dass die nunmehr vorgenommene Differenzierung zwischen "teilweise oder ausschließlich" entfalteten Tätigkeiten nach Z 1 und "teilweise, aber nicht überwiegend" entfalteten Tätigkeiten nach Z 2 eine inhaltliche Änderung im Sinne einer Einschränkung der Begünstigung von Tätigkeiten nach Z 2 bedeutet. Sie geht über die Erlassmeinung zur Stammfassung (Rz 120i der Vereinsrichtlinien 2001) noch hinaus, wenn nun verlangt wird, dass nicht nur neben der Erbringung von Leistungen nach Z 2 auch eine eigene unmittelbare Zweckverwirklichung erfolgt, sondern diese auch von zumindest gleichem Gewicht sein muss.
26 Das Gesetz begünstigt nunmehr - aber nicht in der auf den Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung - aus in den Erläuterungen nicht näher dargelegten Gründen eine mittelbare Zweckverfolgung durch Zuwendung von Mitteln (§ 40a Z 1 BAO) umfassender als eine mittelbare Zweckverfolgung durch entgeltliche, aber ohne Gewinnerzielungsabsicht erbrachte Lieferungen oder sonstige Leistungen (§ 40a Z 2 BAO). In der Revision werden dazu - die Gesetzesänderung vorwegnehmend - die oben wiedergegebenen, als Neuerungen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtlichen und auch nicht weiter belegten Tatsachenbehauptungen erhoben.
27 Die in der Revision (wie in den Vereinsrichtlinien 2001, dort aber nur zu § 40a Z 2 BAO) vorgetragene Argumentation mit dem beiden Ziffern der Bestimmung gemeinsamen Wortlaut (vgl. Rz 120i der Vereinsrichtlinien 2001 zu Z 2: "bewirkt, dass die zuwendende Körperschaft ihre abgabenrechtliche Begünstigung nicht verliert. Dh., ihr muss eine abgabenrechtliche Begünstigung auf Grund ihrer eigenen unmittelbaren Zweckverwirklichung zukommen"; anders in Rz 120b zu Z 1) wird durch die Änderung nochmals widerlegt, weil derselbe Wortlaut in Z 1 nun ausdrücklich mit dem Fall einer auch ausschließlich mittelbaren Zweckverwirklichung kombiniert wird. Dass die Erfüllung der Voraussetzungen des § 40a BAO die Erfüllung der Voraussetzung der Unmittelbarkeit ersetzt, wird damit abermals bestätigt. Die Voraussetzung einer nur teilweisen und nicht überwiegenden Erbringung von Leistungen nach Z 2 wurde in § 40a BAO aber erst mit dem Jahressteuergesetz 2018 eingefügt. Sie war in der Bestimmung bis dahin nicht enthalten und hätte, wie das Bundesfinanzgericht richtig erkannte, der in Bezug auf beide Ziffern ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers der hier anzuwendenden Fassung widersprochen.
28 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
29 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018130001.J00Im RIS seit
22.01.2019Zuletzt aktualisiert am
20.03.2019