Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. F***** K*****, 2. ***** H***** K*****, beide *****, vertreten durch Kuhn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, Löschung und Räumung (Streitwert insgesamt 145.000 EUR), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. April 2018, GZ 38 R 336/17v-95, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 19. Juni 2017, GZ 4 C 166/14w-83, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der Beklagten wird nicht, wohl aber jener der Klägerin Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr insgesamt zu lauten hat:
„1. Es wird mit Wirkung zwischen der Klägerin und den Beklagten festgestellt, dass das im Grundbuch bezüglich der Liegenschaft EZ ***** KG *****, Bezirksgericht J*****, Adresse *****, zugunsten der Beklagten im C-Blatt unter LNR 10 eingetragene Wohnungsgebrauchsrecht nichtig ist.
2. Das im Grundbuch bezüglich der Liegenschaft EZ ***** KG *****, Bezirksgericht J*****, Adresse *****, zugunsten der Beklagten im C-Blatt unter LNR 10 eingetragene Wohnungsgebrauchsrecht wird aufgrund seiner Unwirksamkeit gelöscht.
3. Die Beklagten sind schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die Dachgeschosswohnung (Penthouse) im Ausmaß von 507,49 m² samt Garten in der Liegenschaft EZ ***** KG *****, Bezirksgericht J*****, Adresse *****, geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben.
4. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 31.482,56 EUR (darin 5.247,09 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 29.625,28 EUR (darin 2.182,60 EUR Umsatzsteuer und 16.529,70 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Liegenschaft ***** in ***** Wien, steht im Eigentum der Klägerin. Im Grundbuch ist ein Wohnungsgebrauchsrecht zugunsten der beiden Beklagten entsprechend einer Nutzungsvereinbarung aus dem Jahr 2013 eingetragen; diese Vereinbarung bezieht sich auf eine Wohnung im Dachgeschoss (Penthouse) mit einer Wohnfläche von rund 507 m² und einem Garten von rund 1.000 m². Der Wert dieses Wohnungsgebrauchsrechts beläuft sich auf rund 1,439 Mio EUR, für die Dachgeschosswohnung wäre ein monatlicher Nettomietzins inklusive Betriebskosten von 8.053,87 EUR marktüblich. Die Beklagten leisten für die Benützung der Wohnung vereinbarungsgemäß keine Zahlungen an die Klägerin; es ist vereinbart, dass die Betriebs- und Nebenkosten von der Klägerin, Aufwendungen für Möbel und Garten hingegen von den Beklagten getragen werden.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein traditionsreiches „Familienunternehmen“ aus der Möbelbranche, wobei die Erstbeklagte als Tochter von KR R***** und F***** L***** Teil dieser Familie und der Zweitbeklagte der Ehemann der Erstbeklagten sind. Gesellschafter der Klägerin waren ursprünglich das Ehepaar KR L***** und deren drei Töchter, darunter die Erstbeklagte. Im Jahr 1996 wurden drei Privatstiftungen errichtet, die in weiterer Folge die Eigentümer der Geschäftsanteile an der Klägerin waren, und zwar hielten die F***** Privatstiftung (in der Folge: Stiftung) 51 %, die T***** Privatstiftung 28 % und die I***** Privatstiftung 21 % der Anteile an der Klägerin. Stifter dieser Privatstiftungen waren jeweils das Ehepaar L***** und eine der drei Töchter; die Erstbeklagte war dabei Mitstifterin der F***** Privatstiftung.
Laut Firmenbuchauszug ist Geschäftszweig der Privatstiftungen jeweils die Verwaltung von Vermögenswerten, der Stiftungszweck lautet „Unterstützung Begünstigter“, wobei die Stiftungsurkunde der Stiftung in der Fassung vom 20. 3. 2009 als Siftungszweck unter anderem die „Unterstützung der jeweiligen Begünstigten, insbesondere durch Gewährung von Geldleistungen“ vorsah. Die Begünstigten und Letztbegünstigten der Stiftung werden vom Stiftungsvorstand mit Zustimmung des Stiftungsbeirats bestimmt, nähere Bestimmungen die Begünstigten betreffend sind in der Stiftungszusatzurkunde geregelt. Den Begünstigten steht ein Rechtsanspruch auf Auflösung der Stiftung, auf einzelne Teile des Vermögens der Stiftung oder dessen Teilung, auf Bestellung als Begünstigte oder auf Erträge und Vermögensteile der Stiftung nicht zu, insbesondere auch kein Klagerecht gegenüber der Stiftung; dies gilt auch für Letztbegünstigte.
Regelungen zum Stiftungsvorstand der Stiftung finden sich in Punkt 8. der Stiftungsurkunde; demnach besteht der Vorstand aus drei Mitgliedern und wurde erstmalig von den Stiftern bestellt. Nach Punkt 8.2. steht zu ihren Lebzeiten der Erstbeklagten allein das Recht der Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstands zu. Punkt 8.3. ff lauten:
8.3. Nach Erreichen seines dreißigsten Lebensjahres steht Herrn P***** K*****, MBA, bei der nächstfolgenden Bestellung eines Mitgliedes des Stiftungsvorstandes das Recht zu, ein Mitglied des Stiftungsvorstandes für den Zeitraum bis zum Erreichen des dreißigsten Lebensjahres durch Frau M***** K***** zu bestellen oder auch abzuberufen. Die sonstigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes werden von [der Erstbeklagten] bestellt oder auch abberufen.
8.4. Ab Erreichen ihres dreißigsten Lebensjahres hat Frau M***** K***** bei der nächstfolgenden Bestellung des zuvor von Herrn P***** K*****, MBA, bestellten Mitgliedes des Stiftungsvorstandes das Recht, dieses gemeinsam mit Herrn P***** K*****, MBA, zu bestellen; das Recht der Abberufung kann dann auch nur mehr gemeinsam ausgeübt werden. Im Falle der Nichteinigung auf die Person des dritten Mitgliedes des Stiftungsvorstandes gilt Punkt 8.7. StU, zweiter Absatz.
[...]
8.7.
[...]
Kommt es binnen vier Wochen zu keiner Einigung über das dritte Mitglied des Stiftungsvorstandes, oder wird sonst das Recht zur Nominierung eines Mitglieds des Stiftungsvorstandes nicht rechtzeitig ausgeübt, so obliegt die Bestellung des weiteren Mitgliedes [dem Zweitbeklagten].
[...]
8.9.
[...]
Der Stiftungsvorstand kann die Ausübung von Befugnissen mit Zustimmung des Stiftungsbeirats an Dritte übertragen und Bevollmächtigte ernennen. Unzulässig ist die Übertragung von Befugnissen an oder die Bevollmächtigung von Ehegatten von Stiftern oder Nachkommen. Diese Beschränkung gilt ausdrücklich nicht für [den Zweitbeklagten].
Unter Punkt 9. der Stiftungsurkunde sind Regelungen zum Stiftungsbeirat angeführt, welcher von den Stiftern und ihren Nachkommen zu bestellen ist.
Die Erstbeklagte und ihre Nachkommen sind Begünstigte der Stiftung. Darüber hinaus war die Erstbeklagte im Jahr 2009 Mitglied des Stiftungsbeirats; weitere Mitglieder waren der Sohn P***** K***** und zwei familienfremde Personen. Der Stiftungsbeirat wurde von den Begünstigten bestellt. Die Erstbeklagte hatte stets und hat viel Einfluss in der Stiftung und traf alle bzw eine Vielzahl der Entscheidungen. Ob bereits Zuwendungen seitens der Stiftung an die Erstbeklagte erfolgten, steht nicht fest. Der Zweitbeklagte, der nicht Begünstigter der Stiftung ist, hatte ein angespanntes Verhältnis zu seinem Schwiegervater; dies vor allem aufgrund unterschiedlicher Ansichten bezüglich der Geschäftspolitik und des Generationsunterschieds. In der Familie L***** bzw der Klägerin und den Privatstiftungen wurde stets Augenmerk darauf gelegt, dass die Beklagten im Rahmen der Familie nicht ein Zuviel an Aufwendungen erhalten.
Der Zweitbeklagte war allerdings einige Jahre als Geschäftsführer für die Klägerin tätig; er leistete viel für die Klägerin und sorgte für eine große Expansion. Die Erstbeklagte war einige Zeit als Geschäftsleiterin tätig sowie mehrere Jahre Mitglied des Aufsichtsrats und erbrachte auch ihrerseits viel für die Klägerin. Die Beklagten wurden für ihre Funktionen (neben dem Wohnuungsgebrauchsrecht) entlohnt, wobei die Höhe der Bezüge ebenso wenig feststeht wie hoch die marktübliche Entlohnung für die von den Beklagten ausgeübten Funktionen in vergleichbaren Unternehmen ist.
Die Erstbeklagte hatte ihre Konsulententätigkeit für die Klägerin (laut Vertrag) am 1. 4. 2005 begonnen und erhielt dafür in den beiden Folgejahren ein Honorar von 138.000 EUR jährlich; im Jahr 2009 wurde das Jahreshonorar auf 150.000 EUR erhöht und zu Wertsicherungszwecken an den Verbraucherpreisindex gekoppelt. Außerdem stand der Erstbeklagten für die Dauer ihrer Tätigkeit (zumindest ab 28. 7. 2009) ein Dienstwagen zur Verfügung, welcher auch für private Zwecke genutzt werden durfte.
Mit 31. 3. 2010 endete die Geschäftsführertätigkeit des Zweitbeklagten vor allem zugunsten eines „Generationenwechsels“ (und der damit einhergehenden Weitergabe der Tätigkeit an den Sohn P***** K*****); mit 1. 4. 2010 wurde er in den Aufsichtsrat des Unternehmens berufen. Im Jahr 1997 hatte die Klägerin dem Zweitbeklagten eine Pensionszusage für die Fälle von Krankheit, Unfall oder Übertritt in den Ruhestand gegeben, wonach dem Zweitbeklagten auf einer wertgesicherten Jahrespensionsbemessungsgrundlage von 2.270.000 ATS ein Ruhegenuss von 61 bis 70 % zustehen sollte. Für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied gebührte dem Zweitbeklagten eine jährliche, an den Verbraucherpreisindex zwecks Wertsicherung gebundene Vergütung von 100.000 EUR sowie eine Gewinnbeteiligung in der Höhe eines Drittels der bisherigen Leistungszusage. Zusätzlich erhielt der Zweitbeklagte weiterhin die ihm als Geschäftsführer gewährten Sachbezüge, nämlich Diensttelefon, Dienstwagen, Fahrer und Dienstwohnung ohne Anrechnung auf die Vergütung für die Dauer seiner Aufsichtsratsfunktion.
Der Wert des eingeräumten Wohnrechts wurde nicht genau als jeweiliger Gehaltsbestandteil eingerechnet. Anderen Geschäftsführern oder Aufsichtsratsmitgliedern (ohne Naheverhältnis zur Familie L*****) wäre dieses Wohnungsgebrauchsrecht nicht eingeräumt worden. In vielen Möbelhäusern der Klägerin befanden sich allerdings Wohnungen, wobei es Teil der Geschäftspolitik war, die Geschäftsleiter dort wohnen zu lassen. Einerseits wollte man dadurch eine Bindung an das Unternehmen erreichen und andererseits keine fremden Personen in Gebäuden der Klägerin wohnhaft haben. „Familienexterne“ Geschäftsführer oder Geschäftsleiter wohnten allerdings nur für die Zeit ihrer Tätigkeit in den Immobilien der Klägerin, wobei es aber auch vorkam, dass einzelne Führungspersonen niemals in den Immobilien der Klägerin wohnten; auch anderen Aufsichtsratsmitgliedern wurde kein Wohnrecht eingeräumt.
Das Ehepaar L***** lebte bis zu seinem Tod im Möbelhaus in S*****, eine Schwester der Erstbeklagten im Möbelhaus in K*****, in welchem sie operativ tätig war. So lebten auch die Beklagten seit 1977 in einer Wohnung im Möbelhaus in der M***** Straße, und zwar zunächst in einer Wohnung hinter dem Verkaufsraum; im Jahr 1992 wurde das Haus umgebaut und im Zuge dessen die Wohnung im Dachgeschoss errichtet, in welche die Beklagten sodann mit ihren Kindern übersiedelten. Der Vater der Erstbeklagten hatte gewollt, dass die Beklagten im Haus der Klägerin wohnten, um sie einerseits familiär zu binden, andererseits auch, um den Zweitbeklagten als Organ stärker mit dem Unternehmen zu verflechten.
Im Jahr 2009 verstarb der Vater der Erstbeklagten, was für einige Umstrukturierungen innerhalb der Klägerin und der Familie sorgte. In diesem Zusammenhang kam es zu vielen Besprechungen und Korrespondenzen zwischen den Privatstiftungen bzw deren Organen (unter anderem den Schwestern der Erstbeklagten) und den Beklagten, in deren Rahmen die Privatstiftungen als Gesellschafter der Klägerin übereinkamen, schriftlich festzuhalten, dass die Beklagten zum Benützen der Wohnung (Penthouse) berechtigt sind; darüber bestand zuletzt Konsens zwischen allen Beteiligten. Zu diesem Zweck wurde letztlich im Jahr 2009 eine Nutzungsvereinbarung 2009 errichtet, welche den Beklagten ein „unentgeltliches und lebenslanges Wohnrecht“ einräumte und außerdem vorsah, dass Betriebs-, Nebenkosten und Aufwendungen für die laufende Erhaltung der Wohnung von der Klägerin getragen werden; Kosten im Zusammenhang mit Einrichtung und Garten waren hingegen weiterhin von den Beklagten zu tragen. Diese Vereinbarung wurde von den Beklagten und Dr. W***** J***** als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Klägerin unterzeichnet. Sämtlichen Beteiligten war es dabei in erster Linie ein Anliegen, keine „fremden“ Personen in einem der Verkaufshäuser zu haben, und es war ihnen wichtig, dass die Beklagten in der Dachgeschosswohnung wohnen. Auch eine Regelung, bei welcher die Beklagten einen Mietzins zu entrichten gehabt hätten, wäre im Sinne aller gewesen, und sie hätten sich auch darauf geeinigt um zu garantieren, dass die Beklagten im Penthouse wohnen.
Als das Wohnungsgebrauchsrecht im Jahr 2013 verbücherungsfähig festgehalten wurde, war zunächst auch ein etwaiges Wohnungsgebrauchsrecht des Sohnes der Beklagten, P***** K*****, in einer Liegenschaft der Klägerin Thema; dieses wurde aber von den Privatstiftungen abgelehnt.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Nutzungsvereinbarung war der Zweitbeklagte Geschäftsführer der Klägerin; der Aufsichtsrat bestand aus der Erstbeklagten und zwei weiteren Personen. Dr. W***** J***** war vom Aufsichtsrat zum Abschluss der Nutzungsvereinbarung ermächtigt (Beilage ./F). Dieser und die beiden weiteren Mitglieder des Aufsichtsrats der Klägerin waren außerdem Mitglieder des Vorstands sowohl der Stiftung als auch der I***** Privatstiftung.
Am 5./6. 6. 2013 wurden die Geschäftsanteile an der Klägerin von den Privatstiftungen an S***** AG und G***** GmbH verkauft. Als Verhandler auf Seiten der Privatstiftungen trat in erster Linie Dr. W***** K***** auf, der Zweitbeklagte fungierte jedoch als Kontaktperson. Die Beklagten legten das ihnen eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht gegenüber den Käufern offen, wobei schließlich Einigung dahin erzielt werden konnte, dass den Beklagten weiterhin ein „unwiderrufliches und lebenslanges Wohnrecht“ in derselben Weise (einschließlich der Aufteilung der Kostentragung) zukommt. Die ursprüngliche Nutzungsvereinbarung aus dem Jahr 2009 wurde überarbeitet, um sie verbücherungsfähig zu machen; der Inhalt der Nutzungsvereinbarungen sollte allerdings ident bleiben.
Zu diesem Zeitpunkt waren der Sohn der Beklagten, P***** K*****, und eine weitere Person Geschäftsführer der Klägerin, welche die Nutzungsvereinbarung 2013 auf Seiten der Klägerin unterfertigten. Grund für die Umgestaltung der Vereinbarung war vor allem der Verkauf der Geschäftsanteile an der Klägerin. Das Wohnungsgebrauchsrecht der Beklagten wurde in die Verhandlungen einbezogen und deshalb auch der Kaufpreis reduziert. Aufgrund des Wohnungsgebrauchsrechts und insbesondere zum Thema, ob und in welcher Weise dieses Wohnungsgebrauchsrecht weiter bestehen sollte, gab es umfangreiche Verhandlungen, Gespräche und Diskussionen. Trotz bereits anfänglicher Offenlegung des Wohnungsgebrauchsrechts durch die Beklagten versuchten die Käufer, dieses auf verschiedene Arten zu beschränken oder aufzulösen; den Käufern war das Fortbestehen des Wohnungsgebrauchsrechts bereits bei den Verhandlungen ein Dorn im Auge. Auch nach Unterzeichnung des „Kauf- und Abtretungsvertrags“ weigerten sich die Käufer (teils auch die Klägerin), das Wohnungsgebrauchsrecht der Beklagten – trotz des Umstands, dass es in die Kaufpreisberechnung eingeflossen war – zu akzeptieren und machten dies gegenüber den Beklagten durch die nunmehrigen Klagevertreter bereits kurz nach der Kaufabwicklung geltend.
Am Tag der Unterzeichnung des Kauf- und Abtretungsvertrags übersandten die Käufer ein Schreiben an die Privatstiftungen als Verkäuferinnen, welches unter anderem folgenden Inhalt aufwies:
Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass die L*****-, K*****- und/oder C*****-Gesellschaften in der Vergangenheit als Familienunternehmen geführt wurden und in der Vergangenheit Transaktionen zwischen den L*****-, K*****- und/oder C*****-Gesellschaften einerseits und den Verkäufern oder den Begünstigten der Verkäufer oder anderen nahestehenden Personen andererseits stattgefunden haben, von denen unklar ist, ob diese zu fremdüblichen Bedingungen geschlossen wurden. Auf Basis der uns zur Verfügung gestellten Informationen, nehmen wir an, dass diese Transaktionen keinen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der L*****-, K*****- und/oder C*****-Gesellschaften hatten.
In diesem Zusammenhang bestätigen wir und verpflichten wir uns als zukünftige Eigentümer
(a) die Gültigkeit und Wirksamkeit dieser Transaktionen nicht in Frage zu stellen bzw anzufechten oder
(b) die Geschäftsführung der L*****-, K*****- und/oder C*****-Gesellschaften nicht anzuweisen oder diese dazu anzuregen, diesen Transaktionen nachzugehen oder deren Gültigkeit oder Wirksamkeit in Frage zu stellen bzw anzufechten,
jedoch nur unter der Voraussetzung, dass
(i) alle diese Transaktionen mit dem Vollzug enden und
(ii) alle diese Transaktionen für die Gesellschaften keine zukünftigen Verbindlichkeiten nach dem Vollzug schaffen.
Das Finanzamt Wien 1/23 sah in dem den Beklagten eingeräumten Wohnungsgebrauchsrecht eine verdeckte Gewinnausschüttung der Klägerin und verpflichtete zu Nachzahlungen.
Die Beklagten waren erfahrene Geschäftsleute und hinsichtlich gesellschaftsrechtlicher Umstände sehr bewandert. Sie wussten, dass es sich bei der Penthousewohnung um eine Wohnung der Klägerin handelte; aufgrund der Luxuriösität sowie unbeschränkten Dauer und den sonstigen Bezügen im Rahmen ihrer Funktionen musste ihnen bewusst gewesen sein, dass ein Missverhältnis zu den selbst erbrachten Leistungen bestand oder bestehen konnte.
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit des im Grundbuch eingetragenen Wohnungsgebrauchsrechts der Beklagten, dessen Löschung aufgrund seiner Unwirksamkeit (in eventu die Verpflichtung der Beklagten, in die Löschung einzuwilligen) und die Räumung der Wohnung. Die insoweit getroffenen Vereinbarungen verstießen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr; die Beklagten hätten vor und beim Verkauf der Anteile an der Klägerin einen faktisch derart großen Einfluss auf die Klägerin gehabt, dass sie jedenfalls als gesellschafterähnliche Personen anzusehen seien. Der Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts stehe keine Gegenleistung gegenüber, selbst bei Annahme, das Wohnungsgebrauchsrecht sei Teil des Entgelts der Beklagten gewesen, würde dies einem Fremdvergleich nicht standhalten. Sollte das Wohnungsgebrauchsrecht eine Anerkennung für erbrachte Leistungen der Beklagten gewesen sein, so stelle dies keine Gegenleistung im technischen Sinn dar. Die Parteien des Nutzungsvertrags hätten kollusiv zusammengewirkt, zumal ihnen – zumindest aufgrund der Bewertung durch die Steuerbehörden als verdeckte Gewinnausschüttung – der Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr bekannt gewesen sei bzw sein müsste.
Die Beklagten wendeten ein, die Anteile an der Klägerin seien bereits im Jahr 1996 den Privatstiftungen gewidmet worden, davor sei die Erstbeklagte lediglich zu 8 % an der Klägerin beteiligt gewesen; der Zweitbeklagte sei niemals deren Gesellschafter gewesen. Die Erstbeklagte sei lediglich potentiell Begünstigte der Stiftung, der Zweitbeklagte überhaupt nicht begünstigt, die Erstbeklagte habe auch keinen Rechtsanspruch auf eine Begünstigung. Das Wohnungsgebrauchsrecht sei nicht unentgeltlich überlassen worden, sondern habe aus deren Anstellungsverhältnissen bei der Klägerin und der damaligen Geschäftsphilosophie der L*****- und K*****-Gruppe resultiert; es sei auch fremdüblich. Ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr sei somit nicht erfolgt, jedenfalls wäre aber ausgehend vom hypothetischen Parteiwillen bei Abschluss der Vereinbarung bloß von Teilnichtigkeit auszugehen.
Die Vorinstanzen stellten Teilnichtigkeit des Wohnungsgebrauchsrechts hinsichtlich der Unentgeltlichkeit fest und wiesen die Mehrbegehren ab. Das Berufungsgericht sprach darüber hinaus aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und dass die Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob auch (Letzt-)Begünstigte einer Privatstiftung und deren Ehegatten als gesellschafterähnliche Personen (erfasste Gesellschafter) gemäß § 82 GmbHG anzusehen sind.
In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, das Verbot der Einlagenrückgewähr dürfe auch nicht durch Zwischenschaltung einer Privatstiftung unterlaufen werden. Die Erstbeklagte sei Begünstigte der Stiftung, die wiederum bis zum Verkauf der Anteile an der Klägerin 51%ige Gesellschafterin gewesen sei, sie habe außerdem stets Einfluss in der Stiftung gehabt; damit sei aber von einer gesellschafterähnlichen Stellung auszugehen. Dies habe dann aber auch für den Zweitbeklagten als ihren Ehegatten zu gelten, der im Übrigen ja selbst wohnungsgebrauchsberechtigt sei, was aus der Sicht der Klägerin eine zusätzliche Belastung darstelle, könne doch über die Wohnung erst nach Ableben beider Beklagter wieder verfügt werden. Als erfahrene und zum Teil auch akademisch wirtschaftlich ausgebildete Menschen wären die Beklagten verpflichtet gewesen, Überlegungen anzustellen, ob die Summe all ihnen zugekommener Vergütungen ein Äquivalent für die von ihnen erbrachten Leistungen darstellten; damit seien sie aber als grob fahrlässig anzusehen, weshalb die Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts als Einlagenrückgewähr anzusehen sei. Es liege allerdings bloß Teilnichtigkeit vor, weil der hypothetische Parteiwille bei Abschluss der Nutzungsvereinbarung im Jahr 2009 zur Vereinbarung einer zwar lebenslänglichen Wohnmöglichkeit, jedoch unter Leistung eines angemessenen Entgelts geführt hätte. Eine solche Vereinbarung halte aber einem Fremdvergleich stand.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen beider Parteien sind aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; jene der Klägerin ist außerdem berechtigt.
1. Nach § 82 Abs 1 GmbHG können die Gesellschafter ihre Stammeinlage nicht zurückfordern; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschaft von der Verteilung ausgeschlossen ist. Damit bewirkt § 82 Abs 1 GmbHG eine umfassende Vermögensbindung der GmbH. Unzulässig ist jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt, ausgenommen solche in Erfüllung des Dividendenanspruchs (Gewinnverwendung), sonstiger gesetzlich zugelassener Ausnahmsfälle und Leistungen auf der Grundlage fremdüblicher Austauschgeschäfte. Zweck dieser Vorschrift ist es, das Stammkapital „als dauernden Grundstock“ der Gesellschaft und als einziges „dem Zugriff der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt“ gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter abzusichern (stRsp, etwa 6 Ob 128/17t GesRZ 2018, 242 [Chr. Nowotny] = GES 2018, 237 [Fantur]).
1.1. Da die Kapitalerhaltungsvorschriften nach ihrem Sinn und Zweck jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen der Gesellschaft verringert (RIS-Justiz RS0105518&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False">RS0105518, RS0105532&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False">RS0105532), ist es nicht zweifelhaft, dass die Einräumung eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechts durch die Gesellschaft an Gesellschafter grundsätzlich einen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften darstellen kann. Unzulässig sind Zuwendungen und Vergünstigungen aller Art (RIS-Justiz RS0105532), also jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, der den Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt (RIS-Justiz RS0105518 [T1]). Erfasst wird daher auch eine unangemessen gering verrechnete (6 Ob 232/16k [ErwGr 2.2.] GesRZ 2017, 116 [Zehetner]) oder – wie hier – sogar unentgeltliche Sachüberlassung, weil die Gesellschaft üblicherweise solche Geschäfte nicht auch mit gesellschaftsfremden Dritten in dieser Form abgeschlossen hätte (Dritt- oder Fremdvergleich; Auer in Gruber/Harrer, GmbHG² [2018] § 82 Rz 36; RIS-Justiz RS0105540).
1.2. Dem Argument der Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung, es sei nicht davon auszugehen, dass sie keinerlei Gegenleistung für das Wohnungsgebrauchsrecht erbracht hätten, sind die Feststellungen des Erstgerichts entgegen zu halten, wonach die Beklagten für ihre Funktionen neben dem Wohnungsgebrauchsrecht entlohnt wurden (US 9), das Wohnungsgebrauchsrecht also nicht streng in die Entlohnung eingerechnet wurde (US 15). Im Übrigen wären die Beklagten für die Gleichwertigkeit ihrer Gegenleistungen behauptungs- und beweispflichtig gewesen, handelt es sich doch dabei um die Widerlegung der prima facie als unzulässig anzunehmenden (vgl 6 Ob 199/17h [ErwGr 2.2.] ecolex 2018/188 [Kapsch] = GesRZ 2018, 179 [Durstberger]: „außerhalb der Massengeschäfte sind alle zwischen der Gesellschaft und ihrem [Gesellschafter] getätigten Rechtsgeschäfte prima facie verdächtig“) Rückgewähr von Einlagen. Das Erstgericht konnte aber die jeweiligen Bezüge der Beklagten und deren allfällige Marktüblichkeit gerade nicht feststellen (US 9).
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist das Verbot der Einlagenrückgewähr auch auf ehemalige Gesellschafter unmittelbar anzuwenden, wenn die Leistung im Hinblick auf ihre ehemalige Gesellschafterstellung erbracht wird (RIS-Justiz RS0105536 [T8]). Die Erstbeklagte war nach ihren eigenen Behauptungen bis zum Erwerb der Geschäftsanteile an der Klägerin durch die Privatstiftungen 8 %-Gesellschafterin der Klägerin. Nach den Feststellungen des Erstgerichts (US 18) war ihr das Wohnungsgebrauchsrecht aufgrund dieser Gesellschafter-stellung zuerkannt worden. Dass, worauf die Beklagten in ihrer Revision hinweisen, zwischen der Beendigung der Gesellschafterstellung der Erstbeklagten (1996) und dem Abschluss der Vereinbarung (2009) mehrere Jahre vergangen waren (vgl dazu Karollus, „Durchgriff“ durch Privatstiftungen im Zusammenhang mit der Einlagenrückgewähr, ZFS 2015, 145 [151]) spielt hier keine Rolle (vgl 2.3.), ebenso wenig der Umstand, dass der Erstbeklagten das Wohnungsgebrauchsrecht wohl auch wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gründerfamilie eingeräumt wurde.
2.2. Das Verbot der Einlagenrückgewähr gilt zwar unmittelbar nur für Gesellschafter, nicht aber für Dritte, welche nach § 83 Abs 1 GmbHG nur bei Kollusion oder grober Fahrlässigkeit rückgabepflichtig sind (RIS-Justiz RS0105536). Verboten sind aber – bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (6 Ob 232/16k [ErwGr 3.1.]) – auf Veranlassung eines Gesellschafters vorgenommene Zuwendungen der Gesellschaft an einen dem Gesellschafter nahestehenden Dritten, so etwa nahe Angehörige (Bauer/Zehetner in Straube/Ratka, WK zum GmbHG [2017] § 82 Rz 82), zumal die Zuwendungen dann wirtschaftlich gesehen dem Gesellschafter selbst zukommen (6 Ob 14/14y [ErwGr 2.5.]; 6 Ob 114/17h [ErwGr 1.3.]). Dies gilt jedenfalls für den Ehegatten des Gesellschafters (Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Gesetz³ [2007] § 82 Rz 18; Bauer/Zehetner aaO; vgl die weiteren Nachweise bei Auer in Gruber/Harrer, GmbHG² § 82 Rz 23 FN 67), hier also den Zweitbeklagten.
2.3. Im vorliegenden Fall kommt außerdem hinzu, dass die Erstbeklagte (Mitstifterin der Stiftung) zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung betreffend das Wohnungsgebrauchsrecht a) Begünstigte der Stiftung war, deren Stiftungszweck auf „Unterstützung der jeweiligen Begünstigten, insbesondere durch Gewährung von Geldleistungen“ lautete und die wiederum 51 % der Gesellschaftsanteile der Klägerin hielt, b) faktisch großen Einfluss auf die Stiftung hatte und alle bzw eine Vielzahl von Entscheidungen selbst traf, c) Mitglied des Stiftungsbeirats und d) zur Bestellung des Stiftungsvorstands berechtigt war. Da somit die Stiftung von der Erstbeklagten (tatsächlich) beherrscht wurde (vgl 6 Ob 196/14p GesRZ 2015, 326 [Kalss] = ZFS 2015, 270 [Gordon]), haben die Vorinstanzen zutreffend die Erstbeklagte als von § 82 GmbHG erfasste Gesellschafterin angesehen (vgl auch Karollus, ZFS 2015, 145; Lamplmayr, Verbotene Einlagenrückgewähr durch Vermögensauskehr an Nichtgesellschafter [2016] 177 ff). Dass der Erstbeklagten (streng formal gesehen) als Begünstigter kein „Einflussrecht“ auf die Stiftung zukommt, ändert nichts daran, dass sie nach den Feststellungen faktisch großen Einfluss auf die Stiftung hatte und alle bzw eine Vielzahl von Entscheidungen selbst traf. Im Übrigen geht es
– entgegen der in der Revision der Beklagten vertretenen Auffassung – bei der hier zu beurteilenden Konstellation nicht ausschließlich um die Frage, ob die Erstbeklagte (isoliert betrachtet) als Begünstigte eine gesellschafterähnliche Stellung hatte, sondern ob bei Abschluss der Vereinbarung noch ein Zusammenhang mit ihrer früheren Gesellschafterstellung bestand (vgl Karollus, ZFS 2015, 145 [151]); ein solcher ist aber im Hinblick auf die tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Erstbeklagten in der Stiftung, ihrer Rechtsnachfolgerin als Mitgesellschafterin der Klägerin, zu bejahen.
2.4. Schließlich ist noch – wiederum in wirtschaftlicher Betrachtungsweise – zu berücksichtigen, dass die Erstbeklagte außerdem Mitglied des Aufsichtsrats der Klägerin und der Zweitbeklagte Geschäftsführer der Klägerin waren, sodass auch letzterer (als Ehemann der Erstbeklagten) als „unechter Dritter“ einem Gesellschafter der Klägerin gleichzuhalten war (H. Foglar-Deinhardstein
in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG [2018] § 82 Rz 74 f).
2.5. Damit kommt aber der Revision der Beklagten keine Berechtigung zu.
3. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Geschäft, das gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt, nach § 879 Abs 1 ABGB absolut nichtig ist (4 Ob 2078/96h; 6 Ob 14/14y; 6 Ob 232/16k; 6 Ob 114/17h; RIS-Justiz RS0117033). Zur Beantwortung der Frage, ob damit gänzliche oder lediglich Teilnichtigkeit gemeint ist, hat der erkennende Senat erst jüngst (6 Ob 239/16i [ErwGr 2.2.] GesRZ 2017, 263 [Foglar-Deinhardstein]) ausgeführt, bei Beurteilung der Rechtsfolgen sei immer der Verbotszweck maßgeblich; der Normzweck der §§ 82 f GmbHG sei aber immer auf Erhaltung und Wiederherstellung des Gesellschaftsvermögens gerichtet. Dies entspricht auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur (vgl die Nachweise bei Auer in Gruber/Harrer, GmbHG² § 82 Rz 64 FN 200).
3.1. Soweit in den – jeweils ein und dieselbe Einlagenrückgewähr betreffenden – Entscheidungen 6 Ob 132/10w (GesRZ 2011, 47 [Rüffler] = EvBl 2011/22 [Feuchtmüller] = immolex 2011/47 [Cerha]) und 6 Ob 110/12p (RWZ 2012/91 [Wenger] = GesRZ 2013, 38 [Torggler]) davon die Rede ist, dass sich die Frage, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr zu Teil- oder Gesamtnichtigkeit führt, ob also der (dort maßgebliche) Vertrag zur Gänze wegfällt oder der Mietvertrag selbst wirksam bleibt und lediglich das Entgelt entsprechend zu reduzieren ist, nach dem hypothetischen Parteiwillen richtet (6 Ob 110/12p [ErwGr 2.9.]), ist zu beachten, dass der erkennende Senat letztlich ausführte (ErwGr 2.11.), es komme im konkreten Fall auf die in der Literatur unterschiedlich beantwortete Frage, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr zu Teil- oder Gesamtnichtigkeit führt, nicht an, führten doch beide Auffassungen bei der Beurteilung bereits erbrachter Leistungen in der Regel zum selben Ergebnis. Damit stehen diese Entscheidungen letztlich aber nicht in Widerspruch zur Entscheidung 6 Ob 239/16i.
3.2. In der Entscheidung 7 Ob 142/07v (vgl auch 9 Ob 18/14h) führte der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG aus, zwar sei bei teilweiser Unerlaubtheit eines Rechtsgeschäfts nicht nach dem hypothetischen Parteiwillen, sondern nach dem Zweck der Verbotsnorm zu beurteilen, ob der Vertrag teilweise gültig oder zur Gänze ungültig ist, wobei der Restgültigkeit möglichst der Vorzug zu geben sei. Soweit allerdings der Verbotszweck weder für noch gegen Restgültigkeit bzw gänzliche Unwirksamkeit spricht, hänge es entsprechend § 878 Satz 2 ABGB doch vom hypothetischen Parteiwillen ab, ob der Vertrag teilweise aufrecht bleibt oder nicht. Dem haben sich Bollenberger (Verdeckte Einlagenrückgewähr durch Umsatzgeschäfte: Wertausgleich und Nichtigkeit, RdW 2008, 7 [9]) und U. Torggler (Rechtsfolgen verbotener Vermögensverlagerungen, in Kalss/Torggler, Einlagenrückgewähr II [2013], 89 [96 f]) angeschlossen. Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor:
Auch wenn es zutrifft, dass Unentgeltlichkeit kein zwingendes Wesensmerkmal der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts ist (RIS-Justiz RS0011831 [T1]; Koch in KBB5 [2017] § 521 Rz 5), macht der Umstand, dass Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde bzw zufolge Nichtigkeit der Vereinbarung unbeachtlich bleiben müsste, den Vertrag nicht automatisch zu einem entgeltlichen. Vielmehr würde dann im Vertrag eine Regelung über ein Entgelt fehlen. Insoweit unterscheidet sich die hier zu beurteilende Konstellation von dem der Entscheidung 6 Ob 110/12p zugrunde liegenden Sachverhalt, hatte dort doch die Gesellschaft einen vom Gesellschafter überhöht vorgeschriebenen Bestandzins zu zahlen; die Teilnichtigkeit der Zinsvereinbarung hinsichtlich des über einen angemessenen Betrag hinausgehenden Teils stellte bereits für sich ein wertäquivalentes Austauschverhältnis her (ebenso 8 Ob 20/13v; 6 Ob 240/16m). In der Entscheidung 7 Ob 142/07v wiederum war ein Anteilskaufvertrag zu beurteilen, bei dem sich Käufer und Verkäufer gegenüberstanden.
3.3. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, der hypothetische Parteiwille könne nicht nur eine dem Verbotszweck bereits ausreichend entsprechende Teilnichtigkeit rechtfertigen, wenn die Parteien den Vertrag ohne die verbotswidrige Bestimmung geschlossen hätten; vielmehr führe er darüber hinaus zum Recht des Gesellschafters, allenfalls auch gegen den Willen der Gesellschaft auf einen angemessenen Preis „aufzuzahlen“ und damit das Grundgeschäft zu retten (Böhler, Nichtigkeit des Geschäfts bei verdeckter Einlagenrückgewähr? ÖBA 2004, 433 [438], die für ein einseitiges Anpassungsrecht des Gesellschafters eintritt, wenn dies der Gesellschaft [von Böhler für den Regelfall bejaht] auch zumutbar ist; vgl auch Chr. Nowotny, Verdeckte Ausschüttung und Bestätigungsvermerk, RdW 1988, 23; U. Torggler, Voraussetzungen und Folgen einer „verdeckten Einlagenrückgewähr“, insb bei unangemessenen Mietzinsvereinbarungen zu Lasten der Gesellschaft, wbl 2011, 69 [72]).
Da diese Auffassung allerdings letztlich den Schutz des verbotswidrig Handelnden vor den Schutz der durch das Verbot Geschützten stellen würde, lehnt der erkennende Senat ein derartiges Wahlrecht des Gesellschafters gegen den Willen der Gesellschaft ab (ebenso Rüffler, GesRZ 2011, 47 [Entscheidungsanmerkung]; Karollus, ecolex 2008, 47 [49]; Koppensteiner, Nichtigkeit wegen Einlagenrückgewähr verbotswidriger Verträge? in FS Reich-Rohrwig [2014] 117 [128]; Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG [2004] 163; Bollenberger, RdW 2008, 7 [10]; vgl auch die Überlegungen von Bauer/Zehetner [in Straube/Ratka/Rauter, WK zum GmbHG § 82 Rz 77] zur Problematik der Bewertung der Gegenleistung; Artmann in Artmann/Karollus, AktG6 [2018] § 52 Rz 72 und Auer in Gruber/Harrer, GmbHG² § 82 Rz 64 f insbesondere bei Weggabe betriebsnotwendigen Vermögens oder Geschäften, die von vornherein nicht im betrieblichen Interesse der Gesellschaft sind). Die Beklagten haben im Verfahren eine „Aufzahlung“ in konkreter Höhe auch gar nicht angeboten, in ihrer Revisionsbeantwortung streben sie lediglich die Bestätigung der Entscheidung des Berufungsgerichts an. Damit ist aber auch nicht ersichtlich, wie die Klägerin einen konkreten Zahlungsanspruch gegen die Beklagten als Entgelt für das Wohnungsgebrauchsrecht erlangen sollte; es fehlt an einer Grundlage für ein Zahlungsbegehren, in der Vereinbarung ist von einer Entgeltlichkeit keine Rede. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt (wiederum) von den genannten Vorentscheidungen, blieben dort doch die Zahlungsvereinbarungen teilweise aufrecht. Im vorliegenden Verfahren hat das Erstgericht aber lediglich einen martküblichen monatlichen Nettomietzins einschließlich Betriebskosten in Höhe von 8.053,87 EUR festgestellt.
4. Damit war aber der Revision der Klägerin stattzugeben und die Unwirksamkeit der gegenständlichen Vereinbarung zur Gänze festzustellen. Darüber hinaus war sowohl dem Löschungs- als auch dem Räumungsbegehren stattzugeben:
4.1. Voraussetzung für eine Löschungsklage nach §§ 61 ff GBG ist die Verletzung eines im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechts des Klägers. Zur Löschungsklage berechtigen den eingetragenen bzw vom Beklagten verdrängten Eigentümer materiell unrichtige Einverleibungen, etwa des Eigentums, des Pfandrechts, von Reallasten, aber auch Urkundenhinterlegungen über Superädifikate (RIS-Justiz RS0037897); dies gilt auch für die Einverleibung eines Wohnungsgebrauchsrechts. Die Löschungsklage ist gegen denjenigen zu richten, der mit der bekämpften Eintragung unmittelbar Eigentümer oder Berechtigter geworden ist; dem im Grundbuch Eingetragenen oder eingetragen Gewesenen steht sie gegen denjenigen zu, durch dessen nachfolgende, auf einem materiell unwirksamen Titel beruhende Eintragung er aus dem Grundbuch verdrängt wurde (RIS-Justiz RS0102891).
4.2. Infolge Unwirksamkeit jener Vereinbarung, auf die die Beklagten ihr Nutzungsrecht an der Penthouse-Wohnung stützen, nutzen die Beklagten diese titellos; es besteht somit auch das Räumungsbegehren zu Recht.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO (die Klägerin hat hier keine Barauslagen verzeichnet), jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E123793European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00195.18X.1220.000Im RIS seit
23.01.2019Zuletzt aktualisiert am
19.03.2021