TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/18 VGW-031/019/15467/2018

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Veröffentlicht am 18.12.2018
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Entscheidungsdatum

18.12.2018

Index

90/02 Kraftfahrgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

KFG 1967 §103 Abs2
KFG 1967 §134 Abs1
VStG §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. Pichler über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 18.10.2018 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ... vom 27.9.2018, Zl. ..., betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Kraftfahrgesetz (KFG)

zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ..., vom 27.9.2018 zugestellt am 1.10.2018, GZ: ..., wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„1.Datum/Zeit   06.02.2018, 19:01

    Ort:                           Wien, 22., S2 Höhe Hermann Gebauer Straße KM 2,95, Richtung Süden

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kfz mit dem Kennzeichen W-..., der Fa. C. GmbH nach außen Berufener unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 30.03.2018, zugestellt am 04.04.2018, innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kfz am 06.02.2018, 19:01 in Wien, 22., S2 Höhe Hermann Gebauer Straße KM 2,95, Richtung Süden, gelenkt hat.

Sie haben als zur Vertretung der angeführten Firma gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt wurde.

Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.

Sie wären als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 103 Abs. 2 KFG iVm § 9(1) VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von:  falls diese uneinbringlich ist,  Freiheitsstrafe von Gemäß

                           Ersatzfreiheitsstrafe von     

1.   € 110,00 0 Tage(n) 22 Stunde(n)     §134 Abs. 1

0 Minute(n)       KFG

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 11,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:

                                             € 121,00

Die angeführte Firma haftet für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder einen verantwortlichen Beauftragten verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten im angeführten ausmaß zur ungeteilten Hand.“

Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen aus dem Akteninhalt, genauer der ordnungsgemäßen Zustellung der Lenkererhebung und dem mangelnden Eingang der entsprechenden Auskunft bei der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ..., ergeben.

2. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin führte er an, dass die gegenständliche Lenkererhebung nicht gesetzeskonform gewesen sei, da sie an die Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges W-... gerichtet war. Die Firma C. GmbH sei jedoch lediglich Inhaberin einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten mit dem gegenständlichen Kennzeichen und somit nicht zur Beantwortung der Lenkererhebung verpflichtet gewesen.. Schließlich beantragte er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens.

II. Sachverhalt:

Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1. Die C. GmbH ist Inhaberin des Probefahrtkennzeichens W-.... Sie hat somit eine Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten mit diesem Kennzeichen inne.

2. Herr A. B. ist zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C. GmbH.

3. Mit Schreiben der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ... vom 30.3.2018 wurde die Firma C. GmbH als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-... aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 6.2.2018 um 19:01 in 1220 Wien, S2 Höhe Hermann Gebauer Straße KM 2,95, Richtung Süden gelenkt hat.

Die am 4.4.2018 nachweislich zugestellte Aufforderung blieb unbeantwortet.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

1. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, Würdigung des Beschwerdevorbringens sowie der Anfertigung eines Auszuges aus dem Kfz-Zentralregister.

2. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Lenkerauskunft zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma C. GmbH war. Ebenso der Umstand, dass er auf die Aufforderung (Lenkererhebung) der belangten Behörde nicht reagierte.

3. Der Umstand, dass es sich bei dem Kennzeichen W-... um ein Probekennzeichen handelt, die Firma C. GmbH Inhaberin des Probefahrtkennzeichens W-... ist und somit eine Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten mit diesem Kennzeichen hat, ergibt sich aus dem vom Verwaltungsgericht Wien angefertigten Auszug des Kfz-Zentralregisters des Bundesministeriums für Inneres vom 30.11.2018.

IV. Rechtsgrundlagen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG. 1967), BGBl. Nr. 267/1967, lauten:

„§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

[…]

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

[…]

§ 134. Strafbestimmungen

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

V. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Hält man sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 19.6.1991, 90/03/0164) vor Augen, bildet es ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 103 Abs. 2 KFG 1967 (welches auch Gegenstand einer Verfolgungshandlung zu sein hat), dass einem Beschuldigten die Verletzung der dort normierten Auskunftspflicht „als Zulassungsbesitzer“ zur Last gelegt wird, sodass es einen Verstoß gegen § 44a Z 1 VStG darstellt, wenn diese Eigenschaft nicht im Spruch des Straferkenntnisses aufscheint. Diese Überlegungen gelten in einem allfälligen Strafverfahren ebenfalls gegen jene Person, welche nach Benennung durch den Zulassungsbesitzer (weil dieser die verlangte Auskunft nicht erteilen kann) die Auskunftspflicht trifft, sodass nicht nur diese Eigenschaft als „Auskunftspflichtiger“ im Sinne des § 44a Z 1 VStG im Spruch zum Ausdruck kommen muss, sondern zudem Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung zu sein hat (vgl. u.a. VwGH 9.3.2001, 97/02/0067). Im Lichte dieser Judikatur muss dies konsequenterweise auch für den - im Kraftfahrgesetz ebenfalls ausdrücklich vorgesehenen - Besitzer einer Probefahrtbewilligung gelten.

Bei der Anlastung einer Auskunftsverweigerung stellt demnach die Eigenschaft als Besitzer einer Probefahrtbewilligung ein essentielles Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 dar, weil diese Bestimmung zwischen dem Zulassungsbesitzer und dem Besitzer einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten klar unterscheidet (vgl. dazu auch VwGH 3.9.2003, 2002/03/0012).

Aus der eben wieder gegeben Rechtsprechung ist die Notwendigkeit zu folgern, den Besitzer einer Bewilligung für Probefahrten bereits im Zuge des behördlichen Auskunftsverfahren als solchen zu bezeichnen, um diesen zur Abgabe einer entsprechenden Auskunft zu verpflichten. Dies geschah im vorliegenden Fall nicht, weil die vom Beschwerdeführer vertretene GmbH zur Beantwortung der behördlichen Anfrage unrichtig als „Zulassungsbesitzerin“ aufgefordert wurde.

Da das gegenständliche Auskunftsverlangen aus den oben angeführten Gründen nicht rechtswirksam erfolgte, war der Beschwerdeführer auch zu keiner Reaktion verpflichtet.

Er hat somit kein strafbares Verhalten gesetzt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

2. Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

4. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Lenkerauskunft; Auskunftspflichtiger; Probefahrtbewilligung; Tatbestandsmerkmal; Tatanlastung; Verfolgungshandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.019.15467.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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