TE Bvwg Beschluss 2018/6/28 L509 2190874-1

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Veröffentlicht am 28.06.2018
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Entscheidungsdatum

28.06.2018

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

L509 2190874-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger reiste am 28.10.2015 illegal in das Bundesgebiet von Österreich ein und stellte am 30.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, er sei aus dem Iran geflohen, weil dort strenge religiöse Gesetze gelten. Er könne nicht so leben, wie er möchte. Jeder müsse sich im Iran so umstellen, wie der Staat es verlange. Er habe nicht in Freiheit leben können. Nach seinen Befürchtungen im Falle der Rückkehr befragt, gab er an, er habe im Iran keine Freiheit, werde jedoch nicht verfolgt.

Am 06.10.2016 übermittelte der BF Kopien von Dokumenten mit der Bemerkung, er sei vom Islam zum Christentum konvertiert. Bei den Dokumenten handelte es sich um eine Bestätigung der evangelischen Kirche in V., dass er regelmäßig an den Gottesdiensten teilnehme und sich auf die Aufnahme in die Evangelische Kirche vorbereite. Weiters wurde ein Taufschein der evangelischen Pfarrgemeinde in V. vorgelegt mit dem Inhalt, dass er am 24.04.2016 getauft worden sei.

2. Am 23.01.2018 erfolgte die asylbehördliche Einvernahme des BF. Hierbei gab der BF zusammengefasst an, dass er zum Christentum konvertiert sei und im Fall der Rückkehr in den Iran mit Verfolgung aus religiösen Gründen zu rechnen habe. Um sein Vorbringen zu untermauern legte der BF zahlreiche Empfehlungsschreiben und Bestätigungen von Personen vor, die ihm einen regelmäßigen Besuch der Gottesdienste und Teilnahme am kirchlichen Leben in seiner näheren Umgebung bescheinigen. In der Einvernahme wurde der BF ausführlich zu den Beweggründen seines Religionswechsels und zu seinen Kenntnissen über die christliche Religion befragt.

3. Mit Bescheid es BFA vom 02.03.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und ihm der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Ebenso wurde ihm auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ein Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung in den Iran für zulässig erklärt sowie eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der BF während seines Aufenthaltes hier in Österreich bloß zum Schein konvertiert wäre, um sich dadurch einen Aufenthaltstitel im Wege des Asylrechts zu verschaffen. Einen Glaubenswechsel aus innerer Überzeugung habe nicht festgestellt werden können. Dabei stützte sich die belangte Behörde ausschließlich auf die Angaben des BF bei der asylbehördlichen Vernehmung und den Umstand, dass der BF bei seiner Erstbefragung andere Angaben zum Verfolgungsgrund gemacht habe. Die belangte Behörde vertritt in der Begründung ihrer Entscheidung des Weiteren die Ansicht, dass es einer über die Vernehmung des Antragstellers hinausgehenden Beweisaufnahme nicht bedurfte, da eine Konversion nicht vom Formalakt der Taufe und auch nicht von Kirchenbesuchen abhänge, sondern es sich dabei um einen höchstpersönlichen Umstand handle, über den weder ein nahestehender Geistlicher noch sonstige Kirchenmitglieder Auskunft geben könnten. Der BF habe verschiedene Zweige der evangelischen Kirche besucht und sich nicht mit den Unterschieden der evangelisch-lutherischen und der evangelischen Freikirche beschäftigt. Die belangte Behörde gestand dem BF zwar die Aneignung gewisser theoretischer Kenntnisse über das Christentum und die Teilnahme an der evangelischen Gemeinde zu, schloss jedoch aus seinen Ausführungen insgesamt, dass die Hinwendung zum Christentum nicht von innerer Überzeugung getragen sei. Eine Gefährdung des BF im Falle der Rückkehr wegen einer bloßen Scheinkonversion erkannte die belangte Behörde nicht.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 05.03.2018 wurde dem BF der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt. Mit weiterer Verfahrensanordnung vom 05.03.2018 wurde der BF verpflichtet, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

5. Mit Schriftsatz vom 27.03.2018 ließ der BF über seinen Rechtsberater, den er zur Vertretung bevollmächtigte, Beschwerde gegen den o. a. Bescheid einbringen. Zur Begründung wurde Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet. Im Einzelnen wendet sich der BF gegen die von der Behörde durchgeführte Gegenüberstellung der Erstbefragung mit der niederschriftlichen Vernehmung und verweist er auf das Erfordernis des § 19 Abs. 1 AsylG, wonach sich die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen habe und eine Gegenüberstellung mit den Ausführungen anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme nicht den Anforderungen einer amtswegigen Ermittlungspflicht entspreche. Bei der niederschriftlichen Einvernahme habe der BF frei erzählt und auf Nachfrage ausführlich zu seinen Asylgründen Stellung genommen. Der BF wendet sich auch gegen den Vorhalt, dass er eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch nehmen hätte können. Er hätte überall Iran von seinen Halbbrüdern und deren Vater gefunden werden können, da es sich bei diesen um Mitglieder der iranischen Regierung handle. Der BF habe auch seine Konversion in Österreich umfangreich und nachvollziehbar dargelegt und sei seine Hinwendung zum neuen Glauben Ausdruck einer innerlich gefestigten Überzeugungsbildung. Die Abwendung vom Islam sei durch die Taufe sowie des Vorbringens der Konversion im Rahmen der Einvernahme bereits offenkundig. Da die Vorlage einer Austrittsbestätigung (aus der islamischen Religionsgemeinschaft) in ähnlich gelagerten Fällen gehäuft verlangt wurde, könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er diese bereits vor der Einvernahme besorgt habe. Es widerspreche sich, wenn die belangte Behörde einerseits ein theologisches Fachwissen verlange und andererseits aber den Übertritt in eine andere Religion als höchstpersönlichen inneren Vorgang darstelle. Der Glaubensübertritt des BF beruhe auf einer innerlich gefestigten Überzeugung und es handle sich nicht um eine Scheinkonversion. Eine Konversion vom Islam werde als Apostasie betrachtet und diese sei im Iran verboten sowie mit langen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe bedroht. Religiöse Minderheiten wie auch Muslime, die zum Christentum konvertiert sind, würden im Iran auf dem Arbeitsmarkt und im Bildungswesen diskriminiert und könnte ihren Glauben nicht frei praktizieren.

Gestützt auf zahlreiche Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch sowie auf Länderinformationen der UK Home Office und des UNO-Menschenrechtsbeirates führt der BF aus, dass die öffentliche Ausübung des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung aktuell ohne Gefährdung des eigenen Leibes und Lebens nicht möglich sei. Die iranischen Sicherheitsbehörden und Regierung sei nicht gewillt und nicht in der Lage, dem BF den notwendigen Schutz zu bieten.

Mit der Beschwerde wird somit die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten, die Aufhebung der Rückkehrentscheidung und festgestellte Abschiebung sowie die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 oder gemäß § 55 AsylG beantrag; in eventu das Verfahren an die belangte Behörde zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Mit Schriftsatz vom 04.04.2018 wurden in einer Ergänzung zur Beschwerde weitere Empfehlungsschreiben und Ausführungen einer Vertrauensperson vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und den obigen Ausführungen.

2. Feststellungen:

Die belange Behörde stützt sich bei ihren Feststellungen, dass der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig sei und sich bloß zum Schein darauf berufe, vom islamischen Glauben zum Christentum konvertiert zu sein und deshalb im Falle der Rückkehr in den Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein, bloß auf die Aussage des Beschwerdeführers, ohne weitere Erhebungen durchgeführt zu haben. Einzig darauf gestützt geht sie davon aus, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsland Iran keiner Verfolgung ausgesetzt ist. Damit hat die belangte Behörde wesentliche Ermittlungen außer Acht gelassen und den Sachverhalt nicht vollständig erhoben. Wie sich aus der Aktenlage ergibt, war es durchaus möglich, das Umfeld des Beschwerdeführers, seine Praxis der Religionsübung, Hinweise auf seine innere Einstellung und überhaupt die näheren Umstände des angeblichen Religionswechsels zu erheben. Dazu ergeben sich aus der Aussage des Beschwerdeführers sogar Hinweise auf Zeugen, wie etwa den Pastor oder sonstige Personen, die den Beschwerdeführer beim Glaubenswechsel begleitet haben und Auskunft über den Werdegang des Beschwerdeführers hätte geben können.

Damit verletzt die belangte Behörde ihre Ermittlungsplicht in eklatanter Weise und lassen sich derartige Verfahrensschritte keineswegs "einsparen", zumal die Einvernahme von Zeugen in solchen Fällen ganz wesentlich zur Verifizierung der Aussagen des Antragstellers beitragen können und ein Verzicht darauf wohl zu einer nicht zulässigen antizipierenden Beweiswürdigung führt. Die gegenständliche von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung ist schon aus diesem Grunde jedenfalls unschlüssig. Nebenbei bemerkt verursacht die belangte Behörde dadurch nur weiteren Aufwand, der letztlich auf das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelinstanz überwälzt werden würde.

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

2.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

2.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 28 VwGVG lautet:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Da Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden; VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063.

Im Zuge der Prüfung der behaupteten Konversion hat es die belangte Behörde im Hinblick auf die Ermittlung der aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers unterlassen, die Personen als Zeugen der religiösen Aktivitäten des BF in Österreich zu befragen, von denen aufgrund ihres Kontaktes zum BF und des Umstandes, dass sie diesen getauft bzw. bei seine religiösen und gesellschaftlichen Aktivitäten begleitet haben, durchaus Auskünfte über das Leben und die Einstellungen des BF zu erwarten sind. Allein die Annahme, dass diese möglicherweise nur für die Konversion sprechende Auskünfte über den BF geben werden, entbindet die Behörde insbesondere dann nicht von der Ermittlungspflicht, wenn sie selbst an der Ernsthaftigkeit des Religionswechsels zweifelt. Die belangte Behörde hat, obwohl der Aufnahme weiterer Beweise keine tatsächlichen Hindernisse entgegenstanden, nur die Aussage des Beschwerdeführers zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Asylwerbers zu seiner Konversion herangezogen. Die belangte Behörde hätte in dieser konkreten Fallkonstellation jedenfalls Vertreter der Evangelischen Kirche und Glaubensgemeinschaften, bei denen er die Vorbereitung zur Taufe und des Weiteren seine Religion praktiziert zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts und somit insbesondere zur Frage der Ernsthaftigkeit der Konversion als Zeugen einvernehmen müssen. Indem die belangte Behörde dies unterlassen hat, ist ihr ein gravierender Verstoß gegen die in § 18 Abs. 1 AsylG 2005 normierte amtswegige Ermittlungspflicht und sohin gegen einen tragenden Grundsatz des Verfahrensrechts unterlaufen (vergl. dazu 23.05.2017, Ra 2017/18/0028).

Die gänzliche Unterlassung dieser Ermittlungstätigkeit stellt sich für das Bundesverwaltungsgericht als krasser bzw. gravierender Verstoß gegen die Ermittlungspflicht der belangten Behörde dar.

Der belangten Behörde musste bewusst sein, dass sich die Befragung von Zeugen im gegenständlichen Verfahren zur Sachverhaltsfeststellung als notwendig erweist. Es sind also konkrete Anhaltspunkte anzunehmen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Somit hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall, wie oben dargestellt, essentielle Ermittlungen unterlassen und ist sie davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei, ohne sich mit sämtlichen, hierfür notwendigen Voraussetzungen bzw. dem entsprechend relevanten Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, weswegen im gegenständlichen Fall im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung des VwGH davon auszugehen ist, dass besonders krasse bzw. gravierende Ermittlungslücken vorliegen, die eben zur Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde (das BFA) führen.

Die Rechtssache war daher spruchgemäß an die belangte Behörde zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird im fortzusetzenden Verfahren die dargestellten Mängel zu verbessern haben.

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.

Zu B)

Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Behebung und Zurückverweisung eines angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG wegen Ermittlungsmängel konzeptionell im Wesentlichen der Bestimmung des § 66 Abs. Abs. 2 AVG (bzw. des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012). Die zu diesen Bestimmungen ergangene Judikatur ist ausführlich und auf den hier in Betracht kommenden § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG infolge seiner konzeptionellen Ausgestaltung anwendbar (vergl. z.B. 17.10.2006, Zl 2005/20/0459 und grundsätzlich zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG in Asylverfahren VwGH 21.11.2002, Zln. 2002/20/0315, 2000/20/0084 und insbesondere VwGH vom 21.06.2010, Zl. 2008/19/0379, wo der VwGH ausdrücklich einen Vergleich zwischen den beiden Normen § 66 Abs. 2 AVG und § 41 Abs. 3 ASylG 2005 - Fassung vor dem 01.01.2014 - zieht).

Schlagworte

Befragung, Ermittlungspflicht, Kassation, Konversion, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Religion, Zeugenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L509.2190874.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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