TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/5 L509 1416776-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.07.2018

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28

Spruch

L509 1416776-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.05.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 19.11.2010 einen ersten Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.2.2013, Z. XXXX rechtskräftig abgewiesen und die Behandlung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof zur Zl. U858/2013 - 10 am 6.6.2013 abgelehnt.

Am 30.07.2013 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Asylantrag, welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.10.2017 nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ebenfalls als unbegründet abgewiesen und kein Aufenthaltstitel erteilt wurde.

Am 5.1.2018 stellte der Beschwerdeführer neuerlich - den gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz und begründete er diesen Antrag damit, dass er die Gründe, welche er bei seinem zweiten Asylantrag geltend gemacht habe, aufrecht halte. Vor ca. 15 Tagen seien vier seiner Freunde in seinem Heimatdorf in Pakistan erschienen und hätten diese ein Gewehrfeuer auf das Elternhaus eröffnet. Dabei hätten sie die Personen, welche sich im Haus befanden, schreiend aufgefordert herauszutreten und dabei auch den Namen des Beschwerdeführers genannt. Es würde sich dabei um eine Feindschaft handeln, die seit zwei Jahren zwischen zwei Familienclans besteht. Es hätte im Zuge dieser Feindschaft auch bei der Familie des Beschwerdeführers bereits ein Todesopfer und auf der Seite der anderen Familie vier Todesopfer gegeben. Die Gründe für diese Feindschaft hätte er bereits im zweiten Asylantrag erläutert. Er lebe darüber hinaus bereits seit sieben Jahren in Österreich, sei selbsterhaltungsfähig und nie in Konflikt mit den hier geltenden Gesetzen geraten. Er spreche bereits ein wenig Deutsch. Sein Lebensmittelpunkt sei in Österreich und er wolle hier legal leben. Dem Staate Österreich sei er nicht zur Last gefallen.

Bei der asylbehördlichen, niederschriftlichen Einvernahme am 6.2.2018 gab der Beschwerdeführer an, dass er derzeit keine Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente vorlegen könne. Sein Bruder habe ihm versprochen, eine Anzeigebestätigung und einen Zeitungsbericht zu übermitteln. Die Anzeigebestätigung sei ungefähr 7-8 Tage vor dem Tag der gegenständlichen Einvernahme ausgestellt worden. Die Anzeige sei gegen seinen Bruder, gegen den Beschwerdeführer selbst und gegen einen seiner Onkel erstattet worden.

Im Zuge der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Anzeige und den Zeitungsbericht bis zum 16.2.2018 bei der Asylbehörde vorzulegen.

Der Beschwerdeführer sei während seines Aufenthaltes hier in Österreich immer gemeldet gewesen. Er sei gesund und würde keine Medikamente nehmen. Er habe hier in Österreich keine Verwandten, seine Eltern lebten in Pakistan. Er lebe hier alleine in W. und er sei als Zeitungszusteller tätig. Er würde außerdem einen Deutschkurs absolvieren.

Die von ihm am 19.11.2010 angegebenen Asylgründe würden der Wahrheit entsprechen, ebenso jene, die er am 30.7.2013 anlässlich der damaligen Antragstellung geltend gemacht hat. Er habe immer noch dieselben Fluchtgründe, es gehe um einen Grundstücksstreit. Das Grundstück gehöre der Familie des Antragstellers und es sei von deren Gegnern in Besitz genommen worden. Dies habe er auch schon im Vorverfahren angegeben. Die Gegner hätten jetzt seinen Onkel, einen Bruder und den Beschwerdeführer angezeigt und sie wollten, dass die Familie des Beschwerdeführers den Gegnern das Grundstück offiziell überlasse. Es sei dabei zu einem Streit gekommen und es seien Schüsse gefallen. Aufgrund dieser Probleme könne er nicht nach Pakistan zurückgehen. Er sei seit sieben Jahren hier in Österreich und er wisse nicht, warum er von den Gegnern angezeigt wurde. Im Falle der Rückkehr habe er Angst um sein Leben. Er sei in Pakistan auch nach Islamabad und nach Karachi gezogen, aber auch dort sei sein Leben in Gefahr gewesen, da seine Gegner seinen Aufenthalt herausfinden könnten. Als Beweismittel legte der Beschwerdeführer lediglich eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses vor.

Mit Bescheid des BFA vom 14.05.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 57 (AsylG) wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt.

Die belangte Behörde stellte fest, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens nicht geändert habe. Der Beschwerdeführer habe weder im Vorverfahren noch im nunmehrigen Asylverfahren Beweismittel für sein Vorbringen vorgelegt und er halte an seinem früheren Fluchtvorbringen fest. In weiterer Folge habe er keinerlei neuen oder glaubhaften Fluchtgründe vorgebracht, sondern sei festzustellen, dass zusammenfassend keine konkrete Verfolgung dargestellt wurde. Das gesamte Vorbringen sei bereits im Erstverfahren überprüft und als unglaubhaft eingestuft worden. Er habe bis dato keinerlei neuen Fluchtgründe vorgebracht bzw. habe er keine aussagekräftigen Beweismittel in das nunmehrige Verfahren eingebracht, die seine Glaubwürdigkeit bekräftigen würden. Der Beschwerdeführer hat überdies keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt. Das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Familienangehörigen, er besuche zwar einen Deutschkurs, sei aber nicht Mitglied von Organisationen oder Vereinen und es liege keine besondere Integrationsverfestigung beim Beschwerdeführer vor. Es gibt auch keine Hinweise auf das Vorliegen einer schweren körperlichen Krankheit oder auf eine schwere psychische Störung und der Beschwerdeführer verfüge nicht über eine Aufenthaltsberechtigung. Er sei zwar nicht straffällig geworden, allerdings könne man von einer Integration des Fremden auch nicht sprechen. Er habe es trotz des Aufenthaltes in Österreich nicht geschafft, sich hinreichend gesellschaftlich zu integrieren. Er gehe einer kleinen Nebenverdiensttätigkeit als Zeitungszusteller nach. Es könne nicht festgestellt werden, dass der faktischen Durchsetzung seiner Ausweisung ein längerfristiges Hindernis entgegenstünde.

Die abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsland Pakistan wurde mit umfangreichen Länderberichten dargelegt und dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer verzichtete auf eine Stellungnahme zu den Länderberichten.

In der Beweiswürdigung wurde ausgeführt, dass neu entstandene Tatsachen zunächst Asyl relevant sein müssen und einen glaubhaften Kern aufweisen müssten. Diesen Anforderungen habe der Beschwerdeführer nicht entsprochen. Zu seiner Person sei festzustellen, dass er keine Nachweise vorgelegt hat und die belangte Behörde begründet die Feststellungen zur Identität mit den Angaben, den Sprachkenntnissen und dem Wissen des Beschwerdeführers über sein Herkunftsland. Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers sei aber bereits in den vorangegangenen Asylverfahren ausreichend und sorgfältig geprüft worden und er habe zusammenfassend keine konkrete Verfolgung oder sonstigen Umstände vorgebracht, welche bei einer Rückkehr in das Heimatland eine tatsächliche Gefahr für sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit darstellen würden. Das Vorbringen sei bereits in den Vorverfahren als unglaubhaft erachtet worden. Im gegenständlichen Asylverfahren habe der Beschwerdeführer ebenso keine glaubhaften Gründe vorgebracht, weshalb er nicht nach Pakistan zurückkehren könne. Es sei dem Beschwerdeführer eine Frist zur Beweismittelvorlage gewährt worden, welche er ungenutzt verstreichen habe lassen.

Es liege entschiedene Sache vor. Der Beschwerdeführer habe im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt keinerlei Angaben mehr über ein allfälliges Feuergefecht oder gar über ein Todesopfer in seiner Familie gemacht. Vielmehr habe er angegeben, dass sein Onkel und sein Bruder angezeigt worden wären, weil es im Zuge eines Streites zu Schüssen gekommen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

2.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

2.3. Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten, werden durch das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 geregelt. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt (§ 1 leg cit).

Zu A)

3. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache

3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057). Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.04.2007, 2004/20/0100, ausführte, ist eine neue Sachentscheidung, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 15.10. 1999, 96/21/0097).

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, d.h. könnten die behaupteten neuen Tatsachen - gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung - zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl. VwGH 16.02.2006, 2006/19/0380; 29. 11.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626; 19.7.2001, 99/20/0418). Das Bundesasylamt hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 24.02.2000, 99/20/0173, mwN.).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).

Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen hat das Bundesasylamt jedoch als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl VwGH 7.6.2000, 99/01/0321; 29.6.2000, 99/01/0400; 15.9.2010, 2008/23/0334 mwN; 15.12.2010, 2007/19/0265).

"Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen hat.

3.2. Zunächst ist festzuhalten, dass das BFA zu Recht davon ausgegangen ist, dass der letzte Asylantrag des BF vom 30.07.2013 rechtskräftig abgewiesen wurde. Mit Erkenntnis vom 10.10.2017, Zl. L506 1416776-2/11E, wies das Bundesveraltungsgericht die Beschwerde gegen den negativen Bescheid des Bundesasylamtes gem. §§ 3, 8, 10 AsylG als unbegründet ab. Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an den BF am 31.10.2017 erwuchs dieses in Rechtskraft.

3.3. Weiters kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der maßgebliche Sachverhalt in einer gem. § 68 AVG relevanten Weise geändert hat, dies aus folgenden Gründen:

3.3.1. Der BF begründete im gegenständlichen Verfahren seinen Antrag zum einen damit, dass er seine alten Fluchtgründe aufrechterhalte.

3.3.2. Damit stützt sich der BF jedoch auf bereits im Vorverfahren vorgebrachte und vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 10.10.2017, Zl. L506 1416776-2/11E, als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant erachtete Angaben, über die auch bereits rechtskräftig abgesprochen wurde. Wird - wie hier im vorliegenden Fall - die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich ein Asylwerber auf sie, so liegt kein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Antrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

3.3.3. Weiters führte der BF zur Begründung seines Folgeantrages an, dass er immer noch denselben Fluchtgrund habe, wobei es um einen Grundstücksstreit ginge. Ein Grundstück der Familie des BF sei von Gegnern in Besitz genommen worden. Die Gegner hätten jetzt seinen Onkel, seinen Bruder und den BF selbst angezeigt, weil sie wollten, dass ihnen das Grundstück offiziell überlassen werde. Es sei zu einem Streit gekommen und dabei seien Schüsse gefallen. Aus diesen Gründen könne er nicht nach Pakistan zurückgehen.

Übereinstimmend mit den Ausführungen des BFA im gegenständlich angefochtenen Bescheid ist davon auszugehen, dass es diesem Vorbringen jedenfalls an einem glaubhaften Kern mangelt.

Entsprechend der Judikatur des VfGH muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/056; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Zum einen kann das Vorbringen des BF nicht nachvollzogen werden, da er es bei der asylbehördlichen Einvernahme abweichend zur Erstbefragung vorgetragen hat. Die belangte Behörde stellte eindeutig fest, dass er in der Erstbefragung von einem Feuergefecht sprach, bei dem es Tote sowohl bei den Gegnern als auch in seiner Familie gegeben habe, während er bei der asylbehördlichen Vernehmung lediglich von einer Anzeige gegen ihn und Mitglieder seiner Familie sprach. Es müsste dies wohl ein sehr dramatisches Ereignis gewesen sein - so es den Tatsachen entsprechen würde - dass es nicht nachvollziehbar erscheint, dass der BF davon nur oberflächlich und noch dazu in zentralen Punkten abweichend erzählt. Mit der Vorlage von Kopien von Schriftstücken, die zum großen Teil unleserlich sind und welche erst mit der Beschwerde vorgelegt wurden, ist für den BF nichts gewonnen. Kopien von Schriftstücken, die unleserlich sind, können weder übersetzt noch auf ihre Echtheit und Authentizität überprüft werden.

Darüber hinaus hat der BF in vorangegangenen Asylverfahren regelmäßig widersprüchliche Angaben gemacht und führte dies in jedem der Verfahren zu abweisenden Entscheidungen. Da der BF nunmehr neuerlich widersprüchliche Angaben tätigte, ist von seiner persönlichen Unglaubwürdigkeit auszugehen und beinhaltet sein Vorbringen, welches bloß um einen neuerlichen, oberflächlich erzählten Angriff gegen seine Familie - oder wohl auch nur um eine neuerliche Anzeige gegen ihn und einige seiner Familienmitglieder - erweitert wurde, keineswegs einen glaubhaften Kern. Der belangten Behörde ist demnach nicht entgegenzutreten, wenn es von einer bereits entschiedenen Sache ausgeht.

Der BF hat auch bis dato keine Personaldokumente vorgelegt, obwohl es ihm möglich war, andere Schriftstücke aus Pakistan beizuschaffen. Ein Nachweis über seine Identität liegt daher immer noch nicht vor. Es erscheint dem Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, dass es dem BF sehr wohl - wenn auch spät im Verfahren - möglich war, Kopien von Schriftstücken aus Pakistan zu beschaffen, wobei dazu der Kontakt mit seinem in Pakistan lebenden Bruder aufgenommen wurde. Anstrengungen zu unternehmen, um seine Identität nachzuweisen, erscheint dem BF offenbar nicht von großer Wichtigkeit zu sein, was nach Überzeugung des erkennenden Richters angesichts der bisherigen persönlichen Unglaubwürdigkeit des BF als Kalkül auszulegen ist. Jedenfalls wird - abgesehen von der nicht vorhandenen Möglichkeit, die vorgelegten Schriftstücke ob ihrer Unlesbarkeit zu übersetzen und überprüfen zu lassen - die Verifizierung von Ereignissen, die sich im Ausland zugetragen haben, wesentlich erschwert, wenn nicht einmal die Identität desjenigen zweifelsfrei geklärt ist, der solche Ereignisse für die Untermauerung seines Vorbringens ins Treffen führt.

Es ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass der neuerliche Antrag gestellt wurde, um ein fremdenbehördliches Verfahren zu vermeiden und einer fremdenbehördlichen Effektuierung der Abschiebung hintanzuhalten. In Summe konnte daher nicht davon ausgegangen werden, dass dem nunmehrigen Fluchtvorbringen ein Wahrheitsgehalt zukommt.

Der Beschwerde ist es nicht gelungen, der behördlichen Entscheidung substantiiert entgegenzutreten, da die von der belangten Behörde in das Verfahren eingeführten Länderfeststellungen durchwegs auf hinreichend aktuelles Quellenmaterial verweisen. Dieses stammt größten Teils aus den Jahren 2016 und 2017 und kann deshalb noch nicht als veraltet bezeichnet werden, zumal die Sicherheitslage in Pakistan in diesen Jahren nur marginale Veränderungen erfahren hat. Das BVwG verkennt nicht, dass diese zwar in einigen Regionen des Landes als nicht besonders gut bezeichnet werden kann, aber auch wiederum nicht so schlecht ist, dass die Rückkehr eines pakistanischen Staatsbürgers in seinen Heimatstaat mit unmittelbar drohender Gefahr des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit verbunden wäre. Die belangte Behörde hat sich sehr wohl mit Art. 3 EMRK auseinandergesetzt und sowohl ausführliche Feststellungen zur Sicherheitslage in Pakistan als auch zur den persönlichen Voraussetzungen des BF für den Fall der Rückkehr getroffen. Der BF ist unbestritten gesund und arbeitsfähig. Er hat außerdem ein soziales Netzwerk durch seine nächsten Verwandten in Pakistan, dass er von diesen bei der Rückkehr jederzeit unterstützt werden kann. Sohin geht der Vorwurf der Beschwerde, die belangte Behörde hätte sich nicht mit Abschiebungshindernissen auseinandergesetzt ins Leere.

Wie die belangte Behörde richtig feststellte, weist das erneute Vorbringen des BF - wie schon sein ursprüngliches Vorbringen keinen glaubhaften Kern auf, folglich ist es auch nicht erforderlich, dass sie Feststellungen zur Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit pakistanischer Behörden trifft. Auch dieses Argument der Beschwerde geht angesichts der persönlichen Unglaubwürdigkeit des BF ins Leere.

3.4. Eine entscheidungsrelevante Änderung hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des BF in Österreich seit dem Abschluss des letzten Asylverfahrens konnte in Übereinstimmung mit dem BFA nicht festgestellt werden.

Weder ist vom Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens des BF in Österreich auszugehen noch sind Umstände hervorgetreten, die auf eine besondere soziale Verfestigung seiner Person schließen lassen. Hinsichtlich des vorgelegten Informationskarte des Vereines "Fit für Integration", welcher Deutschkurse anbietet, ist festzustellen, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der BF tatsächlich bereits über wesentliche, berücksichtigungswürdige Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Dass er zuvor, etwa während des laufenden Asylverfahrens, bereits irgendwelche Anstrengungen unternommen hätte, die deutsche Sprache zu erlernen, kam nicht hervor. Zum Vorbringen, dass der BF berufstätig und selbsterhaltungsfähig sei, ist auszuführen, dass, selbst wenn man nun aufgrund der beruflichen Tätigkeit des BF von dessen Selbsterhaltungsfähigkeit ausgehen würde, darauf hinzuweisen ist, dass darüber hinaus keine entscheidungsrelevante Integration des BF erkennbar ist. So ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass der BF etwa in einem Verein tätig ist bzw. sich sonst hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Integration in Österreich engagiert.

Im Ergebnis zeigt sich somit keine zwischenzeitlich seit Abschluss des Erstverfahrens erfolgte, derart fortgeschrittene und zu berücksichtigende Integration, die zu einer Änderung in der Beurteilung des Rechts auf eine schützenswertes Privat- und Familienleben führen würde.

3.5. Das oben dargestellte Vorbringen vermag daher keinen neuen Sachverhalt, welcher eine neue Sachentscheidung als zulässig erscheinen ließe, zu begründen, weshalb, wie auch bereits vom BFA zutreffend ausgeführt wurde, nicht von einer behaupteten entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderung nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens auszugehen ist.

3.6. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des BFA war daher abzuweisen. Eine Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 17 BFA-VG konnte aufgrund der in der Hauptsache getroffenen Entscheidung entfallen.

4. Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht).

Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem BF zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem BF näher zu erörtern.

Zu B)

5. Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor und ist die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung gemäß Art 133 Abs 4 B-VG daher nicht zulässig.

Schlagworte

Folgeantrag, Glaubwürdigkeit, Identität der Sache, Prozesshindernis
der entschiedenen Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L509.1416776.3.00

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten