Entscheidungsdatum
07.08.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L506 2160443-1/8E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2017, Zl. XXXX, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend BF), eine iranische Staatsangehörige aus XXXX in der Provinz Khuzestan, ursprünglich schiitischen Glaubens, Angehörige der Volksgruppe der Araber, reiste illegal mit zwei minderjährigen Töchtern, XXXX, hg. Zl. XXXX, und XXXX, hg. Zl. XXXX, in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.05.2016 für sich und die genannten Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. In der Erstbefragung gab die BF an, sie sei verheiratet und habe drei Töchter. Zum Fluchtgrund befragt führte die BF aus, sie habe Probleme mit ihrem Ehemann gehabt; er habe sie und ihre Töchter geschlagen. Vor einem halben Jahr habe sie ihren Ehemann verlassen und sei zu ihren Eltern gezogen. Der Ehemann habe daraufhin das Haus der Eltern angezündet. Er sei von der Polizei festgenommen worden und sei im Gefängnis gewesen. Eine Scheidung sei im Iran für Frauen sehr schwer und sie habe daher ihr Land verlassen. Leider sei ihre älteste Tochter mangels Geldmittel für die Flucht im Heimatland geblieben. Bei Rückkehr fürchte sie, dass ihr Mann sie und ihre Töchter töten würde.
3. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 27.04.2017 gab die BF an, sie habe wegen der Eheprobleme und der Gewalttätigkeit ihres Ehemannes ihr Land verlassen. Es sei eine arrangierte Ehe gewesen, ihr Mann sei von Beginn an gewalttätig gewesen und sie habe bereits mehrmals versucht, ihren Mann zu verlassen und habe auch wiederholt die Scheidung eingereicht, jedoch die Klage wegen der Drohung ihres Mannes, ihr die Kinder wegzunehmen, wieder zurückgezogen, zumal nach iranischem Recht der Mann die Kinder bekomme. Im Jahr 2011 habe ihr Ehemann wegen ihres Trennungswunsches ihr Elternhaus angezündet und er sei deshalb auch zu Peitschenhieben und Gefängnisstrafe verurteilt worden. Vor zweieinhalb Jahren habe sie eine Wohnung gekauft, habe ihren Mann abermals verlassen und sei mit ihren Töchtern in diese Wohnung gezogen. Ihr Mann habe sie aber weiterhin bedroht, sodass sie die Wohnung verkauft und mit ihren beiden jüngeren Töchtern den Iran verlassen habe. Die ältere Tochter sei bei den Eltern der BF geblieben, da eine Flucht für junge Mädchen sehr gefährlich sei. Mittlerweilen wohne diese Tochter bei einer Schwester der BF. Zum Beweis ihres Vorbringens legte die BF neben Identitätsdokumenten ua auch Unterlagen zu den Schlichtungsverfahren und zu den ihr zugefügten Verletzungen vor.
Die mit ihr mitgereisten minderjährigen Töchter hätten keine eigenen Fluchtgründe.
Zu ihrer Integration brachte die BF neben Kursbesuchen und Kontakten zu Nachbarn auch vor, dass sie und ihre Kinder die Kirche besuchen würden, sie einmal wöchentlich zur Messe ginge und einen Kurs besuche. Sie habe auch die 40 Fasttage eingehalten.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 15.05.2017, Zl: XXXX, wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.)
Im diesbezüglichen Bescheid wurde festgestellt, dass die BF gegen ihren Ehemann im Jahr 2011 eine Anzeige wegen häuslicher Gewalt erstattet habe, eine aktuelle Bedrohung seitens des Ehemannes habe die BF jedoch nicht glaubhaft machen können. Festgestellt wurde auch, dass die BF in Österreich das Christentum kennengelernt habe, über eine Austrittserklärung aus der islamischen Glaubensgemeinschaft jedoch nicht verfüge und eine solche auch scheinbar nicht haben wolle.
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Ausführungen der BF teils widersprüchlich gewesen seien, sie eine Bedrohung des Ehemannes nur im Jahr 2011 nachweisen habe können, ihre Schilderung hinsichtlich des Wohnungserwerbes nicht mit den Länderfeststellungen im Einklang stünden und die Zustimmung des Ehemannes zur Ausstellung eines Reisepasses in Anbetracht seiner Drohungen nicht nachvollziehbar sei. Es läge daher die Vermutung nahe, dass die BF bereits geschieden sei und ihre Eheprobleme aus dem Jahr 2011 nunmehr zur Asylerlangung in Österreich verwende.
Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 AsylG zu verneinen sei.
Zu Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass die Rückkehrentscheidung im Falle des BF zulässig sei und keinen unrechtmäßigen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.
5. Mit Verfahrensanordnung vom 15.05.2017 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
6. Mit Schriftsatz vom 31.05.2017 erhob die BF durch ihre Vertretung rechtzeitig wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften vollumfängliche Beschwerde gegen den Bescheid des BFA. Zum Inhalt der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).
Im Rahmen der Beschwerde wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF in der katholischen Kirchengemeinde St. XXXX aktiv sei und die Taufe in den nächsten Monaten geplant sei. Dieses Vorbringen sei von der belangten Behörde bislang ignoriert worden und es werde die zeugenschaftliche Einvernahme der pastoralischen Mitarbeiterin der Kirchengemeinde beantragt. Das BFA habe auch verabsäumt, Länderfeststellungen zur Religionsfreiheit, Apostasie und Christentum im Iran zu treffen. Die BF habe ihr Land wegen der Gewalttätigkeiten ihres Ehemannes und der Sorge, dass die Kinder dem Ehemann zugesprochen werden würden, verlassen. Sie gehöre deshalb zur sozialen Gruppe der Opfer von häuslicher Gewalt und ihre Flüchtlingseigenschaft sei daher zu bejahen. Bei Rückkehr in den Iran habe sie Angst vor ihrem Ehemann und vor staatlicher Verfolgung aufgrund ihres Religionswechsels.
7. Gegenständliche Beschwerde langte samt dem bezughabenden Verwaltungsakt am 06.06.2017 beim Bundesverwaltungsgerichtes ein und wurde der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung am 14.06.2017 zugewiesen.
8. Am 22.06.2018 wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Taufscheine der BF und ihrer beiden Töchter übermittelt. Die Taufe fand am 21.05.2018 statt. Sowohl die BF als auch ihre älter Tochter XXXX wurden gleichzeitig auch gefirmt.
9. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
10. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin
1.1.1. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 31.05.2017 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage durch das BFA am 06.06.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.
1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
1.3. Prüfungsumfang
§ 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Gemäß § 21 Absatz 3 2. Satz BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Zu A)
1. Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG
1.1. Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 2 2. Satz VwGVG (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0167: "Tatsachenbereich") (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 Anm. 11).
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz dr Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche, detaillierte Erhebung des relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.
2. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG im gegenständlichen Fall:
2.1. Vorerst ist festzuhalten, dass im Falle der BF hinsichtlich ihrer beiden mitgereisten Töchter XXXX, hg. Zl. XXXX, und XXXX, hg. Zl. XXXX, ein Familienverfahren vorliegt.
Für beide Töchter hat die BF als gesetzliche Vertreterin angegeben, dass diese keine eigenen Fluchtgründe hätten und eine Einvernahme der Töchter nicht gewünscht bzw. nicht erforderlich sei (AS 105).
Gem. § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat [...].
Gemäß § 34 Abs 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben. Die belangte Behörde ist nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Ermittlungs- und Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:
2.2.1. Die BF stützte die Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz insbesondere auf die Gewalttätigkeit ihres Ehemannes und der Schwierigkeiten für eine Frau im Iran, die Scheidung zu erlangen. Zudem habe sie Angst gehabt, dass ihr ihr Ehemann die Töchter wegnehme. Bei der niederschriftlichen Einvernahme brachte die BF aber auch vor, dass sie und ihre Töchter sich jetzt in Österreich mit dem Christentum beschäftigen (AS 95) und seit etwa sieben Monaten die Kirche regelmäßig besuchen würden (AS 109). Sie habe auch die 40 Fasttage eingehalten und an der Veranstaltung zu Aschermittwoch teilgenommen (AS 109).
2.2.2. Obwohl das BFA somit Hinweise auf eine mögliche Hinwendung der BF zum Christentum hatte, ignorierte es dieses Vorbringen weitgehend. Schon die Durchsicht des Protokolls der niederschriftlichen Einvernahme lässt eine konkrete Befassung mit dem Christentum vermissen. So gab die BF gleich zu Beginn der Befragung an, dass sie sich jetzt mit dem Christentum beschäftige (AS 95), dennoch wurde sie dazu nicht näher befragt. Erst am Ende der Einvernahme, als die BF zu ihren Integrationsbemühungen befragt wurde und sie dabei ihre Kirchenbesuche erwähnte, reagierte die belangte Behörde auf diesen Umstand; die Nachfragen beschränkten sich jedoch darauf, welche Kirche die BF seit wann besuche, wie sie auf die Kirche gestoßen sei und in welchem Ausmaß sie nun das Christentum ausübe. Dazu ist festzuhalten, dass die BF diese an sie gerichteten Fragen auch beantwortete. Weitere Fragen zu Glaubensinhalten oder den Beweggründen der BF, warum sie sich zum Christentum hingezogen fühle und dem Praktizieren des Glaubens, sodass das diesbezügliche Vorbringen im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden kann, wurden nicht gestellt. Mag zwar die BF zum Entscheidungszeitpunkt des BFA (noch) nicht in Form der Taufe zum Christentum übergetreten sein, so hätte dennoch das BFA die Beweggründe und die Ernsthaftigkeit der Hinwendung zum Christentum umfassend hinterfragen müssen, zumal sich diesbezügliche Hinweise aus der Einvernahme vor dem BFA ergeben haben.
Aus Sicht des erkennenden Gerichtes verstößt das Prozedere der belangten Behörde gegen die in § 18 Abs. 1 AsylG normierten Ermittlungspflichten. Die Asylbehörden haben in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Einen Gesamteindruck hinsichtlich dieses Vorbringens der BF konnte das BFA mit seiner Vorgehensweise jedenfalls nicht erlangen.
2.2.3. Zwar stellte das BFA in der Folge im angefochtenen Bescheid fest, dass die BF Kontakt zu einer Kirche habe, aber nicht konvertiert sei (AS 219), beweiswürdigend traf es jedoch keinerlei Ausführungen dazu. Auch finden sich in den Feststellungen des BFA zur Lage im Herkunftsstaat der BF keinerlei Feststellungen insbesondere zu den Themenbereichen Religionsfreiheit, Christen, Apostasie und Konversion zum Christentum. Dass im Iran eine Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht, eine Religion zu wählen oder zu wechseln, nur in eingeschränktem Maße besteht und Konvertiten zudem Verfolgung und Bestrafung - bis hin zur Todesstrafe - droht, ist evident. Das BFA hat in seiner Entscheidung jedoch weder die Absicht der BF, bei Rückkehr in ihren Heimatstaat sich weiterhin mit dem Christentum zu befassen, erhoben noch gegebenenfalls die Konsequenzen daraus berücksichtigt. Mit dieser Vorgehensweise hat es das BFA jedoch in rechtswidriger Weise unterlassen, dahingehend Ermittlungen zu führen sowie in der Folge Feststellungen zum individuellen Vorbringen der BF zu treffen und sich mit diesen auch gehörig auseinanderzusetzen.
2.2.4. Im Ergebnis ist das Ermittlungsverfahren derart mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, dass das Vorbringen der BF umfassend dargelegt wurde.
Der Sachverhalt ist somit in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Die Bescheidbegründung erweist sich mangels Ermittlung der persönlichen Einstellung der BF zur christlichen Glaubensgemeinschaft sowie - gegebenenfalls - mangels Feststellung zur Situation von Personen im Iran, welche ihre Religion frei wählen und/oder ausüben wollen, als nicht tragfähig für die getroffene Entscheidung.
2.2.5. Es wird im fortgesetzten Verfahren nach hg. Ansicht zu erheben sein, in welcher Weise das Christentum das Leben der BF prägt und sie den christlichen Glauben auch praktiziert. In diesem Zusammenhang ist es zudem unerlässlich, auch die nach der Einvernahme durch das BFA geltend gemachten Komponenten - die BF und ihre Töchter sind mittlerweilen getauft - zu berücksichtigen sowie die Konsequenzen, welche mit einem Glaubenswechsel einhergehen, zu ermitteln und einer beweiswürdigenden Beurteilung zu unterziehen.
Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt es nicht darauf an, ob bei Verfolgungsbehauptungen wegen Glaubenskonversion ein Asylwerber aus Sicht einer christlichen Glaubensgemeinschaft zu dieser zu zählen ist, sondern ob die religiöse Einstellung von Antragstellern, deren Eruierung naturgemäß auf gewisse Schwierigkeiten stoßen mag, zumal es sich um innere Vorgänge handelt, die regelmäßig schwer zu objektivieren sind, gegeben ist.
Aus diesem Grund ist es nach Ansicht der erkennenden Richterin geboten, alle sich bietenden Beweise hinsichtlich einer möglichen Konversion zu erheben. Die BF hat in ihrer Beschwerde auch eine Zeugin namhaft gemacht, die das BFA einzuvernehmen haben wird. In der neuerlichen Einvernahme wird die BF auch zu Inhalten des von ihr besuchten Taufkurses zu befragen sein und zu ihrer Motivation, sich taufen zu lassen (inkl. Sinn, Inhalt und Symbole dieses Sakramentes). Auch ist die BF zu befragen, inwiefern sie am religiösen Leben der Gemeinde teilnimmt, sich engagiert und in welcher Art und Weise sie Glaubensinhalte tatsächlich umsetzt. Auch die Eigeninitiative hinsichtlich des Verstehens und Praktizieren des neuen Glaubens (etwa in Form des selbständigen Lesens der Bibel) spielt dabei nach Ansicht der erkennenden Richterin eine wesentliche Rolle.
Auch werden anschließend aktuelle und vollständige, auf das individuelle Vorbringen der BF bezogene, Länderfeststellungen in die Beurteilung mit einzubeziehen sein, um das Vorbringen der BF abschließend beurteilen zu können. Schließlich wird das Ermittlungsergebnis der BF zur Kenntnis zu bringen und ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen sein.
Erst in Gesamtschau der zu erfragenden und beurteilenden Faktoren unter Einbeziehung der vorliegenden Bestätigungen ist eine schlüssige Beweiswürdigung und abschließende Beurteilung der nunmehr erfolgten Konversion möglich, welche sich bereits während des behördlichen Verfahrens durch die Auseinandersetzung der BF mit dem Christentum abzeichnete.
2.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher auf den dargelegten Ermittlungsauftrag zu verweisen, welchem es im fortgesetzten Verfahren nachzukommen haben wird.
Ebenso wird das von der BF erstatte Vorbringen, sie sei wegen der Gewalttätigkeit ihres Ehemannes und der Sorge, ihre Kinder an ihn zu verlieren, mitzuberücksichtigen sein.
In Zusammenhang mit der angegebenen Gewalttätigkeit Ihres Ehemannes in dem Zeitraum (zweieinhalb Jahre, AS 101), in dem diese bis zur Ausreise eine eigene Wohnung bewohnte, wird der Sachverhalt ergänzend zu ermitteln sein. Es wird zu eruieren sein, aus welchem konkreten Grund (die BF gab in der behördlichen Niederschrift unsubstantiiiert an, sie habe sich schwer von ihrem Mann trennen können (AS 103)) die BF noch zweieinhalb Jahre zuwartete, um den Iran zu verlassen, wo diese doch weitere und permanente Übergriffe durch ihren Mann in der behördlichen Niederschrift behauptete (AS 101 VP: Er ist oft gekommen, hat angeläutet und mir gedroht...) und in der Erstbefragung angab, kurz vor der Abreise im März 2016 den Ausreiseentschluss gefasst zu haben (AS 13).
Die BF wird auch zu befragen sein, aus welchem Grund diese lediglich Anzeigen bzw. Schriftstücke aus dem Jahr 2011 vorlegen konnte, obwohl sie bis zur Ausreise Übergriffe durch ihren Mann behauptete bzw. wird die Behörde von der BF zu erfragen haben, weshalb keine neuerlichen Anzeigen erstattet wurden.
Auch fallen gravierende Widersprüche hinsichtlich der Angaben der BF in der Erstbefragung und jener in der behördlichen Einvernahme auf. Diese werden der BF in der behördlichen Einvernahme zur Abgabe einer Stellungnahme vorzuhalten und im Anschluss einer Beweiswürdigung zu unterziehen sein. So erklärte die BF in der Erstbefragung bis zur Bewusstlosigkeit von ihrem Mann gewürgt worden zu sein, was sie in der Einvernahme nicht erwähnte. Auch gab die BF an, auf ihre Anzeigen hin sei nichts unternommen worden, wohingegen sie in der behördlichen Einvernahme erklärte, diese Anzeigen zurückgezogen zu haben. Die BF gab in der EB auch an, vor einem halben Jahr zu ihren Eltern gezogen zu sein, während diese in der Einvernahme angab, zweieinhalb Jahre vor der Ausreise in eine eigene Wohnung gezogen zu sein. Auch den sechsmonatigen Gefängnisaufenthalt ihres Mannes, den sie in der Erstbefragung angegeben hatte, erwähnte die BF nicht in der behördlichen Einvernahme, sondern erklärte sie dort, ihr Mann habe der Strafe durch Schmiergeldzahlung entgehen können.
Sämtliche diesbezügliche Angaben der BF werden einer Beweiswürdigung zu unterziehen sein.
Ergänzend ist festzuhalten, dass es sich dem erkennenden Gericht nicht erschließt, aus welchem Grund die belangte Behörde von der mangelnden Existenz eines Familienverfahrens im angefochtenen Bescheid der Beschwerdeführerin ausging und wird dies in der neuerlichen behördlichen Entscheidung zu korrigieren sein.
2.4. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit aktuellen und auf objektiv nachvollziehbaren Quellen beruhenden Länderfeststellungen verlangt (vgl. VwGH 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389).
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, zuletzt in seinem Erkenntnis vom 7.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).
2.5. Das BFA übersah, dass beweiswürdigende Überlegungen zur Stichhaltigkeit einer Fluchtgeschichte sich regelmäßig nicht auf das Vorbringen des Asylwerbers beschränken dürfen. Vielmehr bedarf es idR auch einer Betrachtung der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat des Betreffenden, weil seine Angaben letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0002; in diesem Sinne auch VwGH 28.1.2005, 2004/01/0476). Von den Asylbehörden ist eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten. Die Behauptungen des Asylwerbers sind auch am Verhältnis zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen (VwGH 30.9.2004, 2001/20/0135, in diesem Sinne auch VwGH 31.5.2005, 2005/20/0176). Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis 2001/10/02 B 2136/00 davon aus, dass sich die Asylbehörden nicht mit Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat begnügen dürfen, sondern fallbezogen konkrete Ermittlungen in Bezug auf das individuelle Vorbringen tätigen müssen, um dieses einer Plausibilitätskontrolle unterziehen zu können.
Im vorliegenden Fall wurde ein Vorbringen der BF, nämlich ihre Hinwendung zum christlichen Glauben, nicht anhand der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat der BF betrachtet und hält somit die Beweiswürdigung des BFA in einer Gesamtschau einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand und ist somit auch nicht geeignet, die Entscheidung des BFA tragfähig zu begründen.
Dass BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren eine umfassende Glaubwürdigkeitsprüfung hinsichtlich der behaupteten Fluchtgründe vorzunehmen haben und wird die BF ein weiteres Mal ausführlich und konkret zu ihrer religiösen Einstellung und zu ihrem Fluchtvorbringen zu befragen sein. Ohne entsprechende weitere Verfahrensschritte und Ermittlungen erweist sich die getroffene Entscheidung jedenfalls als nicht haltbar. Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens unter Zugrundelegung aktueller und individueller Feststellungen wird die belangte Behörde nachzuholen haben.
2.6. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen.
Insbesonders ist im gegebenen Fall aus obigen Erwägungen davon auszugehen, dass es sich aufgrund der zentralen Bedeutung der behördlichen Einvernahme für die Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes durch die Nichtbeachtung eines Vorbringens der BF - nämlich ihre Hinwendung zum Christentum - und das Unterlassen von weiterführenden, den Sachverhalt erhellenden Fragen um gravierende Ermittlungslücken im Sinne der Erkenntnisse des VwGH, Ra 2014/03/0054 vom 30.06.2015 sowie VwGH, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, handelt.
Insbesonders ist im gegebenen Fall aus obigen Erwägungen davon auszugehen, dass es sich aufgrund der zentralen Bedeutung der behördlichen Einvernahme für die Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes und das Unterlassen von weiterführenden, den Sachverhalt erhellenden Fragen um gravierende Ermittlungslücken im Sinne der Erkenntnisse des VwGH, Ra 2014/03/0054 vom 30.06.2015 sowie VwGH, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, handelt.
Wie oben dargestellt, kann es nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichtes sein, die im gegenständlichen Fall dazu erforderlichen - jedoch im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wesentlich mangelhaft gebliebenen - Ermittlungen nachzuholen, um dadurch erst zu den erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zu gelangen.
2.7. Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall eine kassatorische Entscheidung zu treffen. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des BF gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
Die Rechtssache war daher spruchgemäß an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur neuerlichen Ermittlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das BFA wird im fortzusetzenden Verfahren die dargestellten Mängel zu verbessern haben. Dabei werden auch, wie bereits erwähnt, das in der Beschwerde erstattete Vorbringen der BF und die vorgelegten Beweismittel zu berücksichtigen sein.
3. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ergangene Judikatur ist ausführlich und auf den gegebenen Fall anwendbar.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Apostasie, Ermittlungspflicht, Kassation, Konversion, mangelndeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L506.2160443.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.01.2019