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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1996 §6 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Johann Baumüller in Tulln, vertreten durch Dr. Peter Kolb, Rechtsanwalt in Tulln, Wiener Straße 18, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. September 1998, Zl. RU1-B-9813/00, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Pfannhauser Gesellschaft m.b.H in Tulln, vertreten durch Dr. Bernd Brunner, Rechtsanwalt in Tulln, Karlsgasse 12), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 21. Juli 1997 beim Stadtamt Tulln eingelangten Antrag vom 18. Juli 1997 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für den Zu- und Umbau eines Bar-Kioskes, eines gedeckten Sitzplatzes und von Schallschutzwänden im Gastgarten auf dem Grundstück Nr. 30, EZ 159, KG Tulln. Über dieses Ansuchen hat die Baubehörde erster Instanz am 5. August 1997 eine Bauverhandlung durchgeführt, in der der Beschwerdeführer als Anrainer vorbrachte, die Errichtung des Bar-Kioskes sowie die überdachten Sitzplätze stünden im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, die vorgeschriebenen Auflagen reichten nicht aus, um die Immissionen (insbesondere Lärm) auf ein zumutbares Ausmaß zu reduzieren, die Sanitäranlagen reichten nicht aus, um den zu erwartenden Bedarf an derartigen Einrichtungen zu decken und die bestehende Küche im Arbeitsraum des Gastgartens verfüge über keine ausreichenden Einrichtungen zur Fettabscheidung, sodass eine Verlegung des Kanalabflusses befürchtet werde.
Aufgrund der Niederösterreichischen Bau-Übertragungsverordnung vom 3. Juni 1997, LGBl. 1090/2-1, hat die Stadtgemeinde Tulln den Bauakt am 13. Jänner 1998 der Bezirkshauptmannschaft Tulln übermittelt. Mit Bescheid vom 19. Mai 1998 hat diese Behörde die baubehördliche Bewilligung für das beantragte Vorhaben unter Vorschreibung von Auflagen erteilt, die Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Widerspruches zum Flächenwidmungsplan wurden abgewiesen, die übrigen Einwendungen wurden zurückgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. September 1998 abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, auf das gegenständliche Bauansuchen sei die Niederösterreichische Bauordnung 1996 anzuwenden. Diese sehe für gewerbliche Betriebsanlagen, die - wie im gegenständlichen Fall - einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, eine eingeschränkte Anrainerstellung vor. Subjektiv-öffentliche Rechte würden demnach nur nach dem § 6 Abs. 2 Z. 3 BO begründet; das heiße, dass die Anrainer gegen die Baubewilligung solcher Vorhaben nur mehr die Nichteinhaltung der Bebauungsweise, der Bebauungshöhe, des Bauwiches, der Abstände zwischen Bauwerken oder der zulässigen Höhe einwenden dürften, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster der Gebäude der Nachbarn dienten. Einwendungen, die sich auf den Brandschutz, Immissionsschutz etc. bezögen, könnten nur mehr im gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vorgebracht werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei der Entscheidung über die Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof § 6 Abs. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, anzuwenden, weil die den Gegenstand der Bewilligung bildende Anlage eine gewerbliche Betriebsanlage darstellt. Mit Beschluss vom 23. Februar 1999 hat sich der Verwaltungsgerichtshof den Bedenken, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 5. Oktober 1998, B 1494/98-8, hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der genannten Bestimmung dargelegt hat, angeschlossen und an den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich dieser Bestimmung einen Antrag gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellt.
Mit Erkenntnis vom 23. Februar 1999, G 231/98-6, hat der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 6 Abs. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, als verfassungswidrig aufgehoben. Mit Beschluss vom 8. Juni 1999, G 30/99-3, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, § 6 Abs. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 als verfassungswidrig aufzuheben, mit der Begründung, der Verfassungsgerichtshof habe bereits mit seinem Erkenntnis vom 23. Februar 1999 über die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung abgesprochen, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Der Beschwerdefall ist damit kein Anlassfall, auf den die auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Februar 1999 bereinigte Rechtslage anzuwenden wäre. Vielmehr ist im Beschwerdefall die Bestimmung des § 6 Abs. 3 Nö Bauordnung 1996 nach wie vor anzuwenden. Die Einwendungen, die sich auf den Brandschutz, den Immissionsschutz, etc. beziehen, sind im Beschwerdefall daher nicht beachtlich. Dass das Bauvorhaben die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder die zulässige Höhe nicht einhielte, wurde im Verfahren nicht behauptet.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen war dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren die Parteistellung eingeräumt. Seine Einwendungen wurden ebenso wie seine Berufung inhaltlich erledigt. Lediglich der Umfang der zulässigen Einwendungen war entsprechend der Bestimmung des § 6 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 eingeschränkt. Da die Nö Bau-Übertragungsverordnung LGBl. 1092/2-1 keine Übergangsbestimmung enthält, war sie auch auf anhängige Verfahren anzuwenden.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 31. August 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999050159.X00Im RIS seit
20.11.2000